Karpaten
Die Karpaten (früher: Karpathen, tschech., slowak. und poln. Karpaty, ukrain. Карпати [Karpaty], rumän. Carpați, ungar. Kárpátok, serb. Карпати [Karpati]) sind ein Hochgebirge in Mitteleuropa, Osteuropa und Südosteuropa. Sie bilden einen über 1.300 km langen, 100–350 km breiten, nach Westen offenen Bogen, der am Nordwestrand des Wiener Beckens mit dem Karpatenvorland<ref>Karpatenvorland: Geografische Lage auf lehrerweb.at. Gesichtet am 18. Juli 2013.</ref>, beziehungsweise bei Bratislava (Pressburg), beginnt und an den Flüssen Morava, Nišava und Timok im Osten Serbiens endet. Die Karpaten sind der nördlichste Teil des alpidischen Gebirgsgürtels, innerhalb dessen sich westlich die Alpen und südlich Balkan und Rhodopenmassiv anschließen, während Dinariden und Apenninen nach Südwesten versetzt parallel liegen.
Das höchste Massiv der Karpaten ist die Hohe Tatra (mit dem Gerlachovský štít, 2655 m n.m., zugleich der höchste Berg der Slowakei). Gefolgt wird es vom Făgăraș-Massiv (Fogarascher Gebirge) in den Südkarpaten (mit der Moldoveanu-Spitze, 2.544 m, höchster Berg Rumäniens). Neben den Alpen bilden die Karpaten das bestimmende Gebirgssystem in Mitteleuropa.
Anteil an den Karpaten haben Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Polen, die Ukraine, Rumänien und Serbien.
Inhaltsverzeichnis
Name
Der Name Karpaten ist vorrömischen Ursprungs. Seine Herkunft ist umstritten. Zu den Vorschlägen gehören das indogermanische *kar- 'loben' oder albanisch karpe 'Fels' aus indogermanisch *(s)ker- 'schneiden' (vgl. deutsch 'Kerbe' und 'Kar'). Die Form Karpaten wird in griechischen (ó Karpátes oros [so bei Ptolemäus, 2. Jahrhundert n. Chr.], tó Karpafon oros), römischen (Carpates montes, Carpatae) und mittellateinischen Texten (Carpati montes, Alpes Bastarnicae [Tabula Peutingeriana]) erwähnt und war für das Volk der Karpen im 2. Jahrhundert n. Chr. östlich der Ostkarpaten namengebend (oder umgekehrt). Da der Name vorrömischen Ursprungs ist, sind ältere Ansichten, wonach der Name sich vom slawischen Wort chrb 'Gebirgskamm' herleiten könnte, kaum haltbar.
In der römischen Zeit wurden die Karpaten nach den Sarmaten auch als Montes Sarmatici bezeichnet. In offiziellen Dokumenten des Königreichs Ungarn aus dem 13. und 14. Jahrhundert wurden die Karpaten als Thorchal, Tarczal oder als Montes Nivium bezeichnet.
Gliederung
Die Karpaten werden in verschiedene Teile gegliedert. Üblich sind hierbei zwei Prinzipien: einerseits horizontal, andererseits vertikal.
Horizontale Gliederung
Diese ergibt sich aufgrund des Alters, der Gesteinsart und der Oberflächenart.
- Die Äußeren Karpaten ziehen sich von Wien und Bratislava über das Grenzgebiet zwischen Tschechien und der Slowakei, dann über das Grenzgebiet zwischen der Slowakei und Polen (nördlich der Gebirge Malá Fatra, Tatra, Vihorlatské vrchy), dann über die meisten Waldkarpaten, über Teile Rumäniens bis zu einer Stelle nördlich von Bukarest. Höchster Berg ist der Babia Góra (Teufelsspitze) (1.725 m).
- Die Inneren Karpaten entsprechen den übrigen Karpaten. Vereinfachend kann man sagen, dass die Inneren Karpaten die höchsten Teile der Karpaten umfassen (Tatra, Niedere Tatra, Slowakisches Erzgebirge, Nördliches Ungarisches Mittelgebirge, Rodnaer Gebirge, Retezatgebirge, Parâng-Gebirge, Harghita-Gebirge und so weiter). Die Inneren Karpaten werden in den Mittelslowakischen Block im Norden, den Ostkarpatischen Block und Südkarpatischen Block im Südosten, das Apuseni-Gebirge sowie in die vulkanischen Gebirge unterteilt. Die vulkanischen Gebirge (Vihorlat, Bükk, Munții Calimani, Gurghiuer Gebirge, Harghita-Gebirge usw.), die den innersten und jüngsten Teil des Karpatenbogens bilden, werden oft als eine eigenständige Gruppe (die „innersten“ Karpaten) ausgegliedert.
Vertikale Gliederung
Diese beruht auf geologisch-tektonischen, physiografischen und groben morphografischen Kriterien:
- Westkarpaten: Diese entsprechen weitgehend dem Gebiet der Slowakei und den angrenzenden Gebieten Österreichs (nordöstlichstes Österreich ab dem Wiener Becken), Tschechiens (östliches Mähren), Polens (südliches Polen, Landesteil Kleinpolen) sowie Ungarns (nördliches Ungarn). Die Grenze zu den Waldkarpaten (Ostkarpaten im weiteren Sinne) verläuft im Nordosten der Slowakei etwa entlang der Linie Bardejov–Michalovce. Der höchste Teil der Westkarpaten und zugleich der gesamten Karpaten ist die Tatra (Gerlsdorfer Spitze mit 2655 m). Die (Äußeren) Westkarpaten umfassen auch eine Serie von Gebirgen, die traditionell den Namen Beskiden tragen. Die Niederen Beskiden (sk: Nízke Beskydy, pl: Beskid Niski) in der Ostslowakei und in Polen gehören jedoch bereits zu den (Äußeren) Ostkarpaten.
- Südostkarpaten (auch: Ostkarpaten im weitesten Sinne):
- Ostkarpaten im weiteren Sinne: Diese bestehen geomorphologisch aus den Ostbeskiden (Gruppe aus Niedere Beskiden, Bieszczady, Bukovské vrchy, das ukrainische Galizien), den Ukrainischen Karpaten (sk: Ukrajinské Karpaty, ua: Ukrajins'ki Karpaty) und den Ostkarpaten im engeren Sinne. Die Bezeichnungen der einzelnen Hauptteile der Ostkarpaten sind recht umstritten. Die Ostbeskiden und die Ukrainischen Karpaten werden im deutschen Sprachraum eher frei auch als Waldkarpaten (sk: Poloniny, ua: Lisysti Karpaty) bezeichnet. Manchmal werden aber die Waldkarpaten auch mit den Ukrainischen Karpaten oder aber mit den Ostbeskiden gleichgesetzt, wobei bei den Ostbeskiden das zusätzliche Problem entsteht, dass diese selbst nicht genau abgegrenzt sind (siehe unter Beskiden). Früher, aber häufig auch heute noch, werden sogar die gesamten Ostkarpaten im weiteren Sinne als Waldkarpaten bezeichnet. Folgt man – wie in der heutigen Geografie verbreitet – der ersten vorstehend genannten Unterteilung, so ergibt sich die folgende Einteilung der Ostkarpaten im weiteren Sinne:
- Waldkarpaten: Die Waldkarpaten liegen in der Ostslowakei (siehe oben), in Polen, der Ukraine sowie ein kleines Stück in Rumänien. Sie enden am Prisloppass in Rumänien. Ihre höchste Erhebung ist die Howerla (2060 m) in der Ukraine, zugleich der höchste Berg des Landes.
- Ostkarpaten im engeren Sinne: Diese liegen vollständig auf dem Gebiet Rumäniens, zwischen dem Prislop-Pass und dem Predeal-Pass. Mit dem Pietros erreichen sie 2305 m. Viele Gebirgszüge sind vulkanisch (siehe oben unter Innere Karpaten).
- Südkarpaten (auch: Transsilvanische Alpen, Siebenbürger Alpen): Sie folgen vom Predealpass aus nach Westen. Sie befinden sich in Rumänien und zum kleineren Teil in Serbien. Sie erreichen mit dem Moldoveanu 2544 Meter Höhe. Wichtigste Gebirge sind das Fogarascher Gebirge und das an Bergseen besonders reiche Retezatgebirge. Das Banater Gebirge ist der letzte Gebirgszug im Westen. Rumänien bezeichnet das Banater Gebirge und das Apuseni-Gebirge als Westkarpaten (Carpații Occidentali).
- Ostkarpaten im weiteren Sinne: Diese bestehen geomorphologisch aus den Ostbeskiden (Gruppe aus Niedere Beskiden, Bieszczady, Bukovské vrchy, das ukrainische Galizien), den Ukrainischen Karpaten (sk: Ukrajinské Karpaty, ua: Ukrajins'ki Karpaty) und den Ostkarpaten im engeren Sinne. Die Bezeichnungen der einzelnen Hauptteile der Ostkarpaten sind recht umstritten. Die Ostbeskiden und die Ukrainischen Karpaten werden im deutschen Sprachraum eher frei auch als Waldkarpaten (sk: Poloniny, ua: Lisysti Karpaty) bezeichnet. Manchmal werden aber die Waldkarpaten auch mit den Ukrainischen Karpaten oder aber mit den Ostbeskiden gleichgesetzt, wobei bei den Ostbeskiden das zusätzliche Problem entsteht, dass diese selbst nicht genau abgegrenzt sind (siehe unter Beskiden). Früher, aber häufig auch heute noch, werden sogar die gesamten Ostkarpaten im weiteren Sinne als Waldkarpaten bezeichnet. Folgt man – wie in der heutigen Geografie verbreitet – der ersten vorstehend genannten Unterteilung, so ergibt sich die folgende Einteilung der Ostkarpaten im weiteren Sinne:
Flora und Fauna
Die niedrigeren Lagen der Karpaten sind bewaldet. Die Waldgrenze schwankt zwischen 1.150 m und 1.900 m. Die Vegetation und die Tierwelt ähneln zum Teil derjenigen der Alpen.
Die rumänischen Karpaten überzieht das größte noch bestehende, geschlossene Waldgebiet Europas. Mehr als ein Drittel aller in Europa noch wildlebenden Großraubtiere – Braunbären, Wölfe und Luchse – ist hier beheimatet. Im Oberlauf des Argeș und in seinen Zuflüssen kommt (oder kam) endemisch der extrem seltene Groppenbarsch vor.
Wichtigste Flüsse mit den jeweiligen Ländern ihrer Quelle
In Österreich und Tschechien:
In Polen:
- Wisła (Weichsel)
- San (Saan, Sayn)
- Wisłok (Weisslog)
- Osława (Oslawa)
- Wisłoka (Wittewater)
- Dunajec (Dunajez)
In der Slowakei:
- Váh (Waag)
- Dunajec (Dunajez)
- Hron (Gran)
- Ipeľ (Eipel)
- March
- Nitra (Neutra)
- Orava (Arwa)
- Poprad (Popper)
- Turiec (Waag)
- Uh (ukr. Usch)
In der Ukraine:
- Dnister (rumän. Nistru)
- Pruth (rumän. Prut)
- Sereth (rumän. Siret)
- Theiß (ungar. Tisza, serb., slowak. und rumän. Tisa)
- Stryj
- Sbrutsch
- Usch (slow. Uh)
In Ungarn
- Ipeľ (ungar. Ipoly)
In Rumänien
- Argeș
- Bârsa (Burzen)
- Bega (serb. Begej)
- Buzău
- Bistrița
- Cibin (Zibin)
- Dâmbovița
- Jiu
- Târnava (Kokel)
- Kreisch (rumän. Criș, ungar. Körös)
- Mara
- Mieresch
- Moldova
- Alt (rumän. Olt)
- Pruth (rumän. Prut)
- Someș (Somesch; ungar. Szamos)
- Temesch (rumän. Timiș, serb.Tamiš)
In Serbien
Tourismus
Im Gegensatz zu den Alpen sind – mit Ausnahme der Tatra und der Prahova-Region – die Karpaten noch nicht sehr stark vom Tourismus geprägt. Verschiedene Regionen (u. a. Poiana Brașov, Predeal) sind dabei, sich zu touristischen Zentren auch für ausländische Gäste zu entwickeln.
Größere Städte
- Banská Bystrica – Slowakei
- Bielsko-Biała (Bielitz-Biala) – Polen
- Bor – Serbien, liegt südlich der Donau, im Serbischen Erzgebirge
- Brașov (Kronstadt) – Rumänien
- Bratislava – Slowakei
- Drobeta Turnu Severin – Rumänien
- Košice – Slowakei
- Miskolc – Ungarn
- Mukatschewe (Munkács) – Ukraine
- Nowy Sącz (Neu Sandez) – Polen
- Ostrava – Tschechien
- Petroșani – Rumänien
- Piatra Neamț – Rumänien
- Ploiești – Rumänien, gelegen am südlichen Fuße des Gebirges
- Poprad – Slowakei
- Prešov – Slowakei
- Reșița – Rumänien
- Sanok – Polen
- Sibiu (Hermannstadt) – Rumänien
- Sighetu Marmației – Rumänien
- Suceava – Rumänien
- Tschernywzy (Czernowitz) – Ukraine
- Ushhorod – Ukraine
- Vršac – Serbien
- Zakopane – Polen
- Žilina – Slowakei
- Zlín – Tschechien
Schutzmaßnahmen
Im Jahr 2003 schlossen sich sieben Karpatenländer zusammen und beschlossen die Karpatenkonvention in deren Rahmen eine Koordination der Schutzmaßnahmen stattfindet.
Am 24. Mai 2010 wurden in fünf Ländern unter Teilnahme von etwa 30 Nationalparks und Schutzgebieten der "Tag der Nationalparks in den Karpaten" begangen, um das Gebiet einerseits bekannter zu machen, andererseits die Schutzwürdigkeit herauszustreichen.<ref>Naturschutz für einen Naturschatz: Tag der Karpaten im Pester Lloyd vom 20. Mai 2010 abgerufen am 28. April 2011.</ref>
Literatur
- Urs-Beat Brändli, Jaroslaw Dowhanytsch (Red.): Urwälder im Zentrum Europas. Ein Naturführer durch das Karpaten-Biosphärenreservat in der Ukraine. Eidgenössische Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf. Karpaten-Biosphärenreservat Rachiw. Verlag Haupt, Bern/Stuttgart/Wien 2003. ISBN 3-258-06695-7
- Bernhard Hänsel: Die Steppe und das Karpatenbecken im Spannungsfeld zwischen nomadischen und seßhaften Lebensformen. in: Prähistorische Archäologie Südosteuropa. Das Karpatenbecken und die osteuropäische Steppe. Bad Bramstedt 12.1998, 7–18. ISSN 0723-1725
- Ruffini, F.V., Ptáček, P. (Hrsg.): Atlas of the Carpathian Macroregion. EURAC Research und Department of Geography, Faculty of Science, Palacký University. ISBN 978-80-244-2354-8.
- Kurt Scharr (Hrsg.): Die Karpaten. Balthasar Hacquet und das „vergessene“ Gebirge in Europa. Studien-Verlag, Innsbruck/Wien/Bozen 2005. ISBN 3-7065-1952-6
- Henning Schwarz: Rumänische Karpaten. Wanderführer. Aragon, Moers 1995. ISBN 3-89535-043-5
- Michael Schneeberger, Frank-Michael Lange: Die rumänischen Waldkarpaten. Maramures, Viseu de Sus und ein Abstecher in die Bukowina. Schelzky & Jeep, Berlin 1998. ISBN 3-89541-139-6
- Rainer Slotta, Volker Wollmann, Ion Dordea: Das Gold der Karpaten – Roșia Montană und sein Bergbau zur Ausstellung im Deutschen Bergbau-Museum vom 27. Oktober 2002 bis zum 5. Mai 2003. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2003. ISBN 3-921533-95-3
- Uwe Hartmann: Steinbachs Naturführer: Süßwasserfische. Mosaik Verlag, 2002
Einzelnachweise
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