Luzerne
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Luzerne (Medicago sativa)
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Medicago sativa | ||||||||||||
L. |
Die Luzerne (Medicago sativa), auch Saat-Luzerne, Alfalfa, Schneckenklee oder Ewiger Klee, engl. lucerne genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Schneckenklee (Medicago) in Unterfamilie Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Sie ist auch eine Nutzpflanze.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Luzerne wächst als überwinternd grüne, ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von bis zu 1 Meter. Sie besitzt ein tiefreichendes Wurzelsystem von über 4,5 Metern Ausdehnung, was sie ungünstige Niederschlagsperioden (Dürren) gut überstehen lässt.
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht von Juni bis September.
Ökologie
Die Luzerne wächst als Hemikryptophyt (Schaftpflanze), zuweilen auch als Chamaephyt. Sie ist ein ausgesprochener Tiefwurzler. Durch Blattgelenke sind nächtliche Schlafbewegungen möglich, wobei sich die Fiedern zum Schutz vor nächtlichem Wärmeverlust nach oben zusammenlegen.
Wie andere Hülsenfrüchtler (Leguminosen) besitzt die Luzerne die Fähigkeit, mit Hilfe von symbiotischen Knöllchenbakterien (Rhizobien) Stickstoff aus der Luft aufzunehmen, und ist dadurch in der Lage, unabhängig vom vorhandenen Stickstoff im Boden Protein zu bilden. Die Luzerne lebt mit ihrer wirtsspezifischen Art Sinorhizobium meliloti in Symbiose.<ref name="UniHamburg">biologie.uni-hamburg</ref>
Blütenökologisch handelt es sich um vormännliche „Nektar führende Schmetterlingsblumen“ mit Schnellmechanismus. Die Spannung zwischen Schiffchen und Geschlechtssäule wird durch ein Schwellgewebe an der Unterseite der Staubfadenröhre hervorgerufen. Der Pollen wird bereits bei der Öffnung der Blüte entleert und den Besuchern beim Aufsitzen an den Bauch geschleudert. Beim Schnellvorgang bekommen die Bestäuber einen Schlag, was viele Bienenarten nicht stört. Aber die lernfähigen Honigbienen vermeiden nach einiger Zeit den unangenehmen Schlag, indem sie den Nektar mit ihrem Rüssel von der Seite her erreichen. Dadurch bleibt allerdings die Bestäubung aus. Daher werden seit den 1960er Jahren Blattschneiderbienen der Art Megachile rotundata ausgebracht, um Samenansatz zu erreichen. Die Blüten sind selbststeril, da Pollen und Narbe durch ein Häutchen getrennt sind, das durch den Schnellmechanismus zerrissen wird.
Die Blüten werden fast ausschließlich von Hummeln besucht, wie u. a. Versuche in Schweden ergaben. Dort wurden Luzernefelder zu weniger als 1 % von Bienen, aber zu 78 % von Hummeln bestäubt. In Finnland hat man daher den Anbau in solche Gebiete verlegt, in denen noch sehr viele Hummeln vorkommen.<ref name="Hintermeier">Helmut und Margrit Hintermeier: Bienen, Hummeln, Wespen im Garten und in der Landschaft. 2. Auflage. Obst- und Gartenbauverlag, München 1997, ISBN 3-87596-098-X.</ref>
Die Samen werden aus den mehrsamigen, spiraligen, sich nur wenig öffnenden Hülsen durch den Wind herausgeschleudert. Danach können sie sich als Rollfrüchte weiter ausbreiten; meist erfolgt jedoch eine Zufallsausbreitung durch Huftiere. Die Fruchtreife erfolgt ab August. Vegetative Vermehrung ist durch Verzweigung des Rhizoms möglich.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32.<ref name="Oberdorfer2001" />
Vorkommen
Sie wird in Mitteleuropa oft feldmäßig angebaut und sie verwildert beständig; dann besiedelt sie Wegränder, ruderal werdende Halbtrockenrasen und Trockenwiesen.<ref name="Aichele1994" /> Sie fehlt im mitteleuropäischen Tiefland und in den höheren Mittelgebirgen gebietsweise; sonst kommt sie in Mitteleuropa zerstreut vor.<ref name="Aichele1994" />
Die Luzerne gedeiht am besten auf tiefgründigen, etwas kalkhaltigen, aber nur mäßig nährstoff- und humusreichen Lehm- oder Lößböden.<ref name="Aichele1994" />
Landwirtschaft
Die Luzerne wird weltweit als Vieh-Futter, aber auch als Lebensmittel (Sprossen) angebaut. Sehr häufig, wenn nicht überwiegend, handelt es sich bei den angebauten Pflanzen in Mitteleuropa jedoch nicht um die reine Art Medicago sativa, sondern um die Bastard-Luzerne (Medicago ×varia).<ref name="Sebald1992">Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 3: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Rosidae): Droseraceae bis Fabaceae, Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1992, ISBN 3-8001-3314-8.</ref>
Geschichte der Kultivierung
Schon in Persien war die Luzerne eine wichtige Futterpflanze für Pferde.<ref name="Matenaers1912">F. F. Matenaers: Der Luzernebau. Nach den praktischen Erfahrungen, wissenschaftlichen Beobachtungen u. Untersuchungen in Nordamerika. Parey, Berlin 1912</ref> Nach Überlieferungen wurde sie um etwa 470 v. Chr. nach Griechenland gebracht. Von dort kam sie etwa um 150–50 v. Chr. nach Italien, wo sie als Futter für Schafe genutzt wurde. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts n. Chr. brachten die spanischen Kolonialherren die Luzerne nach Amerika, primär nach Mexico und Peru. Nach Deutschland kam sie aus Italien durch Waldenser aus dem Luserna-Tal im Piemont, die 1699 bei Wurmberg die Siedlung Lucerne gründeten. Die Verbreitung, zunächst in Württemberg, wird dem Waldenser Anton Seignoret zugeschrieben.<ref></ref> Die Sichelluzerne wird erst seit etwa 200 Jahren in nördlichen Gebieten angebaut.<ref name="H31">Otto E. Heuser: Die Luzerne. Eigenschaften, Anbau und Verwertung einer wertvollen Futterpflanze. Parey, Berlin 1931</ref>Als Luzerne und Wiesen(=Rot-)klee im 19. Jahrhundert nach Australien und Neuseeland eingeführt wurden, zeigte sich, dass wegen der dort nicht vorkommenden Hummeln kein nennenswerter Samenertrag erzielt werden konnte. Auf Vorschlag von Charles Darwin wurden daraufhin 1885 vier Hummelarten importiert, um die Bestäubung sicherzustellen.<ref name="Hintermeier"/>
Bis in die heutige Zeit hat sich Luzerne in gemäßigten bis subhumiden tropischen Gebieten behauptet.
Anbau
Ihre stickstoffbindende Fähigkeit verbessert die Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Böden. Wenn sie auf geeigneten Böden angebaut wird, ist die Luzerne eine ergiebige Futterpflanze. Die Aussaat erfolgt im Frühling auf einem gut abgesetzten Saatbett mit einem pH-Wert von etwa 6,8 bis 7,5.
Luzerne wird meist als Silage oder Grünmehl für Pellets, wegen hoher Bröckelverluste seltener als Heu geerntet, kann aber auch beweidet werden. Sie erreicht ein Alter von fünf bis zwölf Jahren, abhängig von zum Beispiel Boden und Klima. In Deutschland wird sie 2–3 Jahre genutzt, in anderen Klimazonen länger. In den meisten Klimazonen wird Luzerne drei oder vier Mal pro Jahr geschnitten. Der Ertrag beträgt etwa 10 t Trockenmasse/ha und Jahr, schwankt aber regional, abhängig vom Wetter und Stadium der Reife, wenn sie geschnitten wird. Dabei sollte die Pflanze einmal pro Jahr zur Blüte gelangen, um mehrere Jahre nutzbar zu bleiben.
Um bayerische Bauern speziell bei der Fütterung von Rindern unabhängiger von Import-Soja aus Übersee zu machen, unterstützt Landwirtschaftsminister Helmut Brunner den Anbau heimischer Luzerne verstärkt. Er sieht im Vergleich zur Sojabohne Vorteile bezüglich des Proteingehalts, des Weiteren zeichne sich die Luzerne durch Stickstoffdüngerersparnis, Angepasstheit an trockene Standorte und die Fähigkeit zur Bodenverbesserung aus. Für Bienen und Insekten stelle sie eine reichhaltige Futterquelle dar.<ref name="BayrMELF"> Bayrisches Staatsministerium Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Luzerne statt Soja.</ref>
Der Wasserbedarf beträgt etwa 500–650 mm je Doppelzentner Trockenmasse.
Gentechnisch veränderte Luzerne
2005 wurde in den USA der erste gentechnisch veränderte (gv) Alfalfa sowohl als Nahrungsmittel als auch als Futtermittel zugelassen. Der von der Firma Monsanto entwickelte RoundupReady-Alfalfa ist gegen Roundup (ein Breitbandherbizid) resistent. Im ersten Anbaujahr 2006 wurde dieser Alfalfa in den USA auf einer Fläche von rund 80.000 bis 100.000 Hektar angebaut.<ref name="tg2010">Anonymus: Anbau von Gentechnik-Alfalfa in den USA: Grünes Licht nach Umweltprüfung. In: TransGen. 21. Januar 2010, Online</ref>
2007 wurde die Zulassung in den USA nach umfangreichen Protesten durch Umwelt- und Verbraucherschutzgruppen auf Anordnung eines kalifornischen Gerichtes wieder aufgehoben, da der Zulassung erst eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgehen müsse. Seither war der Anbau nur unter starken Einschränkungen möglich. Im Dezember 2009 veröffentlichte das United States Department of Agriculture (USDA) seinen Prüfungsbericht, der die Gefahr von Umweltschäden als „unwahrscheinlich“ ansah und empfahl, den Anbau von RoundupReady-Alfalfa ohne Auflagen freizugeben.<ref name="tg2010" /> Am 27. Januar 2011 gab der Animal and Plant Health Inspection Service des USDA bekannt, dass RoundupReady-Alfalfa nach umfangreichen und transparenten Prüfungen wieder uneingeschränkt für den Anbau freigegeben ist.<ref name="USDA-Roundup"> USDA Announces Decision to Fully Deregulate Roundup Ready Alfalfa. USDA press release, 27. Januar 2011</ref>
Weitere Zulassungen für den Anbau des Produktes bestehen in Kanada und Japan. Freilandversuche wurden darüber hinaus in Argentinien durchgeführt sowie 1994 in Belgien und Spanien; eine kommerzielle Nutzung wird in Europa allerdings vorerst nicht erwartet.<ref> Eintrag bei der Transgen Lebensmitteldatenbank: Luzerne - Alfalfa. 29. Oktober 2009.</ref>
Zusammensetzung
100 g frisches Blattgut enthalten:<ref name="Ternes2005">Ternes, Täufel, Tunger, Zobel: Lebensmittel-Lexikon. 4. Auflage. Behr's Verlag, 2005, ISBN 3-89947-165-2.</ref>
Inhaltsstoff | g bzw. mg |
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Wasser | 79,5 g |
Kohlenhydrate | 12,2 g |
Eiweiß | 6,9 g |
Fett | 0,13 g |
Kalium | 137 mg |
Calcium | 16,6 mg |
Natrium | 1,2 mg |
Eisen | 0,34 mg |
Carotin | 28,1 mg |
Weitere Inhaltsstoffe sind Cumarinderivate und Saponine. Samen enthalten die gesundheitsschädliche Aminosäure Canavanin, die bei der Keimung größtenteils abgebaut wird.<ref name="vanWyk2005">B.-E. van Wyk: Food Plants of the World. Timber Press, 2005, ISBN 978-0-88192-743-6. S. 243.</ref>
Literatur
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
Einzelnachweise
<references> <ref name="Aichele1994"> Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. Band 2: Eibengewächse bis Schmetterlingsblütengewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1994, ISBN 3-440-06192-2.</ref> <ref name="Oberdorfer2001">Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 588.</ref> </references>
Weblinks
- Luzerne. In: FloraWeb.de.
- Verbreitungskarte für Deutschland. In: Floraweb.
- Medicago sativa L. bei Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 15. November 2015.
- Luzerne in der Naturheilkunde bei Phytodoc.de.
- Datenblatt mit Fotos.