Mariä Aufnahme in den Himmel
Mariä Aufnahme in den Himmel (lateinisch Assumptio Beatae Mariae Virginis), auch Mariä Himmelfahrt oder Vollendung Mariens ist ein Hochfest der römisch-katholischen Kirche am 15. August. In der altkatholischen Kirche wird der 15. August als Heimgang Mariens bezeichnet. Ähnliches gilt für die orthodoxen Kirchen und insbesondere die syrisch-orthodoxe Kirche, die das Fest ebenfalls am 15. August – je nach Teilkirche des alten oder neuen Kalenders – unter dem Namen Entschlafung der hochheiligen Meisterin unser, der Gottesgebärerin begehen (kurz Entschlafung Mariens, Dormitio, so auch alter katholischer Name). Am 15. August des alten Kalenders (28. August des neuen) folgen die russisch-, serbisch-, georgisch-, und die koptisch-orthodoxe Kirche mit Entschlafung der hochheiligen Gottesgebärerin. An dem 15. August nächstgelegenen Sonntag feiert die armenisch-apostolische Kirche Mariä Himmelfahrt.
Inhaltsverzeichnis
Theologischer Hintergrund
Das Fest Mariä Aufnahme in den Himmel geht auf ein Marienfest zurück, das Cyrill von Alexandrien im 5. Jahrhundert einführte. Dieses Fest legte er auf den 15. August. Mit der Nachfeier dieses Festes endet in den Ostkirchen das Kirchenjahr, das am 1. September mit der Vorfeier der Geburt der Gottesgebärerin am 8. September beginnt.
Der Glaube an die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel ist seit dem 6. Jahrhundert bezeugt und wurde 1950 von Papst Pius XII. in der Apostolischen Konstitution Munificentissimus Deus für die römisch-katholische Kirche zum Dogma erhoben. In die Lauretanische Litanei wurde die Anrufung „du Königin, in den Himmel aufgenommen“ eingefügt. Das von Papst Pius XII. im Jahr 1954 eingeführte Fest Maria Königin wurde 1969 auf den 22. August, den Oktavtag des Maria-Himmelfahrt-Fests, verlegt.
Über die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel wird zwar nicht in den kanonischen Schriften berichtet, jedoch werden einige Schriftstellen als Hinweise darauf gedeutet (vergleiche etwa Offb 12,1 EU und Krönung Mariens). In apokryphen Evangelien wird ausführlich darüber berichtet, die Apostel seien von ihren Missionsorten durch die Luft an das Sterbebett Marias gebracht worden, entweder nach Jerusalem oder nach Ephesus. Sie hätten Maria nach deren Tod bestattet – auch der Leichenzug mit Straf- und Heilungswundern an jüdischen Zuschauern wird beschrieben<ref>Klaus Schreiner: >Marias Heimgang< (Transitus Mariae) als Quelle antijüdischer Bildformen. In: Ders.: Rituale, Zeichen, Bilder. Formen und Funktionen symbolischer Kommunikation im Mittelalter, Köln (Böhlau) 2011, S. 244ff.</ref> – und das Grab mit einem großen Stein verschlossen; aber sofort sei Christus mit den Engeln erschienen, der Stein sei weggewälzt worden und Christus habe Maria herausgerufen. Diese Niederschrift, die wahrscheinlich auf eine verlorengegangene Schrift Transitus Mariae (Hinübergang Mariens, geschrieben um 400) zurückzuführen ist, wurde besonders für die liturgischen Texte der byzantinischen Kirchen wichtig.
Auch wenn umgangssprachlich im Deutschen der Ausdruck Mariä Himmelfahrt geläufig ist, ist das Festgeheimnis der Aufnahme Mariens in den Himmel von dem der Himmelfahrt Christi zu unterscheiden. In vielen Sprachen werden daher zwei verschiedene Bezeichnungen benutzt, etwa im Lateinischen: Ascensio Domini ‚Auffahrt des Herrn‘, aber Assumptio Mariae ‚Aufnahme Mariens‘. Allerdings sagen die Griechen, die nicht von ‚Mariä Himmelfahrt‘ reden (vgl. unten), für ‚Christi Himmelfahrt‘ ἡ Ἀνάληψις τοῦ Κυρίου, was lateinisch Assumptio Domini hieße.
Das Fest hat auch den schon früher bezeugten Namen Dormitio Mariae (lat.), Koimesis (griech.) oder Mariä Entschlafung. In der orthodoxen Kirche, die die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel nicht dogmatisiert hat, wird ausschließlich diese Bezeichnung verwendet. Auf der Festikone nimmt Christus die Seele Marias (dargestellt als Wickelkind) in Empfang, und im Kontakion des Festes heißt es: „Die in Fürbitten unermüdliche Gottesgebärerin [...] haben Grab und Tod nicht überwunden, denn sie als die Mutter des Lebens hat er zum Leben hinübergeführt.“
Brauchtum
Katholische Kirche
In alten Kalendern findet sich das Fest als vnser frawn tag der schidung, vnsern Vrowen tag der schidung, unser fraun tag der schidung, unnser Frauen Tag der Schidung, unser lieben frawn tag der schidung, Unser Lieben Fraun tag der Schidung, heiliger tag der schidung durch Gots lieb vnd der junckfrawen Maria, beziehungsweise in Transkriptionen als Unserer Frauen Tag der Scheidung oder unserer lieben Frauen Tag der Scheidung.
An diesem Tag werden in der katholischen Kirche verbreitet auch Kräuter gesegnet. In Urkunden des 14. Jahrhunderts heißt es etwa „Unserer Lieben Frauen Wurzelweihe“.
Vor allem im süddeutschen Raum und in Tirol finden abends feierliche Pontifikalämter mit anschließenden Prozessionen statt. Zu den bedeutendsten zählt die Fatima-Schiffsprozession in Lindau am Bodensee mit sieben Schiffen und rund 4.000 Besuchern.<ref>Schwäbische Zeitung: "Himmelfahrt: Tausende pilgern auf dem Bodensee" (vom 14. August 2009, abgerufen 11. August 2014)</ref> Das mit Abstand größte Pontifikalamt mit Lichterprozession wird im bayerisch-schwäbischen Wallfahrtsort Maria Vesperbild gefeiert. Im Sommer 2009 kamen allein 18.000 Gläubige.<ref>Augsburger Allgemeine: "Mariä Himmelfahrt - Ein österliches Fest im Sommer" (abgerufen 16. August 2009)</ref> Seit dem Jahr 1640 finden zu den Gnadenbildern in St. Marien und St. Laurentius in Warendorf im Münsterland Wallfahrten statt. Das Fest wird am Wochenende nach dem Fest mit einer großen Stadtprozession begangen. Im ostwestfälischen Ort Ostenland bei Delbrück wird seit 2010 am jeweils darauf folgenden Sonntag das Fest Mariä Himmelfahrt mit einer großen Lichterprozession begangen.<ref>Fabian Güth: Große Jubiläums-Lichterprozession in Ostenland am 17. August 2014. Pastoralverbund Boke-Ostenland, 16. Juli 2014, abgerufen am 5. August 2014. </ref>
In Italien ist der 15. August, der Tag von Mariä Himmelfahrt, traditionell ein arbeitsfreier Feiertag namens Ferragosto, der wahrscheinlich auf die Römerzeit zurückgeht.
Orthodoxe Kirche
In der orthodoxen Kirche findet vor dem Fest der Entschlafung Mariens das zweiwöchige Marienfasten statt, in dem nach Möglichkeit auf Fleisch, Fisch, Milchprodukte und in der Regel auch auf Wein und Öl verzichtet werden soll.
Armenisch-Apostolische Kirche
In der Armenisch-Apostolischen Kirche wird unmittelbar im Anschluss an das Fest, das am Sonntag zwischen dem 12. und 18. August stattfindet, die Traubenernte gesegnet. Erst danach kann mit der Verarbeitung der Trauben begonnen werden.<ref>Feasts Related to Mary. The Armenian Church</ref> Der Ursprung des Festes liegt in der Verehrung der altarmenischen Muttergottheit Anahit, die sich aus der iranischen Anahita entwickelt hat. Für die urartäischen Könige im 1. Jahrtausend v. Chr. war es als Zeichen ihrer Machtfülle zwingend erforderlich, bei Amtsantritt einen Weinberg zu stiften. Für die nachfolgenden Armenier entwickelte sich daraus der Weinbau zu einem Symbol der nationalen Identität, weshalb er mit einer christlichen Tradition verbunden wurde.<ref>Hripsime Pikichian: Festival and Feast. In: Levon Abrahamian, Nancy Sweezy (Hrsg.): Armenian Folk Arts, Culture, and Identity. Indiana University Press, Bloomington 2001, S. 217</ref>
Gesetzlicher Feiertag
Auf der Mainzer Synode von 813 wurde unter Leitung von Erzbischof Richulf das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel trotz einer vorangegangenen Vereinheitlichung der christlichen Feiertage dem Generalkalender hinzugefügt.<ref>Wilhelm Kohl: Das Domstift St. Paulus zu Münster, Volume 1, 1987, S. 413; ISBN 978-3-11-011030-2</ref> Mariä Himmelfahrt ist ein gesetzlicher Feiertag in Österreich (§ 7 Arbeitsruhegesetz), der Staatsfeiertag im Fürstentum Liechtenstein (Arbeitsgesetz Art. 18 Abs. 2), ein den Sonntagen gleichgestellter Feiertag in acht Kantonen der Schweiz (nach Art. 20a Abs. 1 ArG) sowie in sieben weiteren Kantonen ein zumindest in einigen Gemeinden arbeitsfreier Tag, in zwei Ländern Deutschlands zumindest teilweise ein gesetzlicher Feiertag, im Saarland nach § 2 SFG<ref>Gesetz über die Sonn- und Feiertage (PDF; 21 kB)</ref> und in Bayern nach Artikel 1 des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage<ref>Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage (PDF; 22 kB)</ref> in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung; das sind nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung derzeit 1704 von 2056 Gemeinden (83 %).<ref>Verzeichnis der Gemeinden Bayerns mit überwiegend katholischer oder evangelischer Bevölkerung des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung, abgerufen am 15. August 2013</ref> Unter „überwiegend“ wird dabei nicht die absolute Mehrheit, sondern die relative im Vergleich mit dem evangelischen Bevölkerungsanteil verstanden. Daher ist der Tag zum Beispiel in München gesetzlicher Feiertag, obwohl der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung nur gut ein Drittel beträgt.
Ebenfalls ein gesetzlicher Feiertag ist Mariä Himmelfahrt in einer Reihe weiterer überwiegend katholischer Länder, wie etwa Belgien, Frankreich, Italien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Malta, Polen, Portugal, Slowenien und Spanien, ebenso in den überwiegend orthodoxen Staaten Griechenland, Georgien, Rumänien und Zypern.
Im Bundesland Tirol wurde das Fest Mariä Himmelfahrt im Jahr 1959 zum Gedenken an die Befreiung Tirols im Jahr 1809 zum Landesfeiertag mit der Bezeichnung Hoher Frauentag erklärt.<ref>Der hohe Frauentag abgerufen am 15. August 2013</ref>
Heraldik
Die in den Himmel aufgenommene Gottesmutter erscheint unter anderem im Wappen der Gemeinde Santa Maria in Calanca.
Musik
Heinz Martin Lonquich komponierte 2003 eine deutsche Messe für das Fest Mariae Himmelfahrt.
Mariengedenktag evangelischer Kirchen
Der 15. August wird auch von manchen evangelischen Kirchen mit Maria verbunden. Da der Gedanke einer leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel mit der evangelischen Theologie nicht vereinbar ist, gilt der Tag schlicht als Todestag und damit Gedenktag der Maria, der offiziell in den Heiligenkalendern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika und der Lutherischen Kirche - Missouri-Synode sowie der Anglikanischen Kirchen geführt wird.<ref>15. August im Ökumenischen Heiligenlexikon</ref> Vor der Einführung des Evangelischen Namenkalenders fand sich dieses Datum unter Namen wie „Mariä Verscheiden“ auch in regionalen evangelischen Kalendern des deutschsprachigen Raumes.
Siehe auch
Literatur
- Stephen J. Shoemaker: Ancient Traditions of the Virgin Mary’s Dormition and Assumption. Oxford University Press, Oxford u. a. 2002, ISBN 0-19-925075-8 (Oxford Early Christian Studies).
- Hermann Sasse: Maria und der Papst – Bemerkungen zum Dogma von der Himmelfahrt Mariae. In: Hermann Sasse: In statu Confessionis. Herausgegeben von Friedrich Wilhelm Hopf. Band 1. Verlag Die Spur, Berlin u. a. 1966; S. 205–217.
- Karl Spiegel: Der Würzbüschel am Feste Mariae Himmelfahrt in Unterfranken, Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde, Neue Folge, 26/27 (1911), S. 201–212.
Weblinks
- Ikonen der Entschlafung der Gottesmutter
- Das Christentum – Die Feste (religion.orf.at)
- Manfred Becker-Huberti: Kräuterweihe Mariä Himmelfahrt.
- The rejection of the term Theotokos by Nestorius Constantinople and the refutation of his teaching by Cyril of Alexandria
- Die Geschichte der heiligen Maria in einer alten äthiopischen Handschrift, 2007, Übersetzung, Kapitel 8.13.10f (CANT Nr. 150–153)
- Maria – Assunta – Aufnahme Marias in den Himmel Ökumenisches Heiligenlexikon
- Karte der Gemeinden im Freistaat Bayern, in denen im Jahr 2014 Mariä Himmelfahrt (nicht) gesetzlicher Feiertag war
Einzelnachweise
<references />