Peter Gauweiler
Peter Gauweiler (* 22. Juni 1949 in München) ist ein deutscher promovierter Jurist, Publizist und ehemaliger Politiker der CSU. Von 2013 bis 2015 war er stellvertretender Vorsitzender seiner Partei. Von 2006 bis 2015 war er Vorsitzender des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages und von 1990 bis 1994 war er Bayerischer Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen. Zuvor war Gauweiler ab 1986 Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern gewesen. Am 31. März 2015 trat Gauweiler von seinem Amt als stellvertretender CSU-Vorsitzender zurück. Ebenfalls legte er sein Mandat als Bundestagsabgeordneter wegen innerparteilicher Differenzen in der Eurorettungspolitik nieder.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur am Ludwigsgymnasium München begann Gauweiler ein Studium der Rechtswissenschaft, welches er mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Nach dem Referendariat legte er auch das zweite Staatsexamen ab. 1978 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit Konfliktsituationen des Gemeinderatsmitgliedes – eine Betrachtung über Funktions- und Rollenkonflikte des Organwalters der Volksvertretung der besonderen Gebietskörperschaft Gemeinde. Gauweiler ist als Rechtsanwalt geschäftsführender Partner der Münchner Anwaltskanzlei Bub, Gauweiler & Partner.
Parteilaufbahn
Als Reaktion auf die Studentenbewegung, die aus seiner Sicht sozialistische Ziele verfolgte, trat er 1968 der CSU bei. Zu dieser Zeit leitete er auch den Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Am 23. November 2013 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der CSU gewählt.
Abgeordnetentätigkeit
Von 1972 bis 1982 gehörte Gauweiler dem Stadtrat von München und von 1990 bis 2002 dem Bayerischen Landtag an.
Seit 2002 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 2002 bis 2005 stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien. Seit 2006 war er Vorsitzender des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Ausschusses.
Peter Gauweiler ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises München-Süd in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte er hier 38,2 % der Erststimmen. Sein Direktmandat hat er bei der Bundestagswahl 2013 mit einem Ergebnis von 43,4 % verteidigt.
Im April 2012 berichtete Der Spiegel mit Verweis auf Abgeordnetenwatch.de, dass Gauweiler seit der Bundestagswahl 2009 insgesamt 36 von 62 Abstimmungen im Bundestag aufgrund von Abwesenheit verpasst hatte. Dies war die höchste Fehlquote aller Bundestagsabgeordneten. Zwischen 2002 und 2009 fehlte er bei einem Drittel der Abstimmungen.<ref>Linke schwänzen im Bundestag am häufigsten. Spiegel Online. 25. April 2012. Abgerufen am 8. März 2013.</ref> In der Legislaturperiode bis 2013 fehlte er sogar bei der Hälfte aller Abstimmungen. Eine diesbezügliche Anfrage von Abgeordnetenwatch.de ließ er unbeantwortet.<ref>Dr. Peter Gauweiler (CSU) - Abgeordneter Bundestag 2009-2013. Parlamentwatch. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref>
Am 31. März 2015 erklärte Gauweiler gegenüber dem Bundestagspräsidenten gemäß § 46 Absatz 1 Nr.4 Bundeswahlgesetz seinen Mandatsverzicht.<ref>Gauweiler will Eurorettung nicht länger mittragen. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 31. März 2015. Abgerufen am 13. April 2015.</ref>
Öffentliche Ämter
Von 1982 bis 1986 war Gauweiler berufsmäßiger Stadtrat und Kreisverwaltungsreferent in München. Er setzte eine erhebliche Ausweitung des Münchener Sperrbezirks durch, womit die Prostitution weitestgehend in die Stadtrandbereiche verbannt wurde. Außerdem lieferte sich Gauweiler als Kreisverwaltungsreferent eine vielbeachtete Privatfehde mit Richard Süßmeier, dem Sprecher der Wiesn-Wirte.
1986 wurde er zum Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern ernannt. In diesem Amt wurde er besonders durch seine umstrittenen Vorschläge zur Bekämpfung von AIDS bekannt. Er warf der damaligen Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth (CDU) Fehler in der Bekämpfungsstrategie vor und forderte stattdessen verpflichtende Reihenuntersuchungen für die Angehörigen der „Risikogruppen“, zu denen er vor allem Nicht-Europäer zählte, sowie eine Meldepflicht für mit dem HI-Virus Infizierte.<ref>Auf dem Holzweg. Zeit Online. 29. Mai 1987. Abgerufen am 8. März 2013.</ref> Gauweilers „Maßnahmenkatalog“ wurde jedoch mit großer Mehrheit vom Bundesrat abgelehnt.<ref name="Keine Kur nach Gauweilers Rezepten">Keine Kur nach Gauweilers Rezepten. Zeit. 2. Oktober 1987. Abgerufen am 8. März 2013.</ref>
Nach der Landtagswahl 1990 wurde Gauweiler am 30. Oktober 1990 als Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen in die von Ministerpräsident Max Streibl geleitete Bayerische Staatsregierung berufen. Er behielt dieses Amt zunächst auch unter dessen ab 1993 amtierenden Nachfolger Edmund Stoiber, musste aber am 23. Februar 1994 auf Druck der CSU zurücktreten, nachdem das Magazin Stern berichtet hatte, Gauweiler habe mehrere Jahre lang seine Anwaltskanzlei unrechtmäßig verpachtet. Ein Untersuchungsausschuss – mit CSU-Mehrheit – sprach Gauweiler von den Hauptvorwürfen frei.<ref>CSU Peter Gauweiler – „Kanzlei-Affäre“ wurde Stoiber zu heiß. Focus Online. 28. September 2007. Abgerufen am 8. März 2013.</ref>
Nebentätigkeiten
Im März 2014 wurde bekannt, dass Gauweiler neben seinem Einkommen für seine Tätigkeit als Abgeordneter pro Jahr mehr als 500.000 Euro für Nebentätigkeiten erhält. Er steht damit mit Abstand an der Spitze der deutschen Abgeordneten.<ref>Ranking der Nebeneinkünfte: Gauweiler ist Top-Verdiener im Bundestag. Spiegel Online. 21. März 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref> Im Juli 2014 wurde die geschätzte Höhe der Nebeneinkünfte auf ein Minimum von 967.500 Euro, aufgrund neuer Berechnungen, korrigiert.<ref>DPA: Nebenverdiener im Bundestag: Gauweiler kratzt an der Millionen-Euro-Grenze. In: Spiegel Online. Spiegel Online GmbH, 27. Juli 2014, abgerufen am 28. Juli 2014. </ref>
Gastbeiträge in Zeitungen
Von 2001 bis 2005 verfasste Peter Gauweiler regelmäßig eine Kolumne in der Bild-Zeitung zu aktuellen politischen Themen. Er verfasst die Donnerstagskolumne im Münchner Merkur.
Privatleben
Peter Gauweiler ist evangelisch,<ref>Lebenslauf. Peter Gauweiler. Abgerufen am 8. März 2013.</ref> verheiratet und Vater von vier Kindern. Er wohnt in München.
Politische Positionen
Außenpolitik
- Irak-Krieg als Verstoß gegen das Völkerrecht
„Sowohl die Intervention der USA im Irak als auch die Bombardierung Jugoslawiens und seiner Hauptstadt Belgrad durch die Nato geschah ohne Mandat der Vereinten Nationen. Dies ist von der deutschen Völkerrechtslehre zutreffend und mit Nachdruck als völkerrechtswidrig bewertet worden.“
Und weiter: Im Irak-Krieg sei die Weltöffentlichkeit mit der Unwahrheit bedient worden. Eine vergleichbare Überprüfung der Aussagen deutscher Amtsträger während des Bundeswehreinsatzes gegen Jugoslawien habe es im Bundestag bis heute nicht gegeben.
- Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr – Klage beim Bundesverfassungsgericht
Unmittelbar nach dem Beschluss des Bundestages am 9. März 2007, die Natotruppen in Afghanistan durch den Einsatz von Tornado-Flugzeugen zu unterstützen, reichte er gemeinsam mit dem Abgeordneten Willy Wimmer dagegen Klage beim Bundesverfassungsgericht ein<ref>Dietrich Murswiek: Organstreit Gauweiler/Wimmer – Antragsschrift (PDF; 359 kB) Uni Freiburg. 9. März 2007. Abgerufen am 14. März 2013.</ref> mit der Begründung, dass (nicht nur hierdurch) eine andere völkerrechtliche Interpretation des NATO-Vertrages geduldet und unterstützt werde, dessen Änderung jedoch der expliziten parlamentarischen Zustimmung bedarf. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.<ref>Dietrich Murswiek: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreitverfahren (PDF; 127 kB) Uni Freiburg. 9. März 2007. Abgerufen am 14. März 2013.</ref> Die Abgeordneten machten geltend, der Tornado-Einsatz führe zu einer stillschweigenden Änderung des NATO-Vertrags, die mit dem Allgemeinen Gewaltverbot der UN-Charta und des Völkergewohnheitsrechts nicht vereinbar sei und gegen die Artikel 24, 25 und 26 des Grundgesetzes verstoße, wodurch Deutschland völkerrechtswidrige Aktionen der USA unterstütze.<ref>Dietrich Murswiek: Zusammenfassung der Argumentation zur Tornado-Klage (PDF; 101 kB) Uni Freiburg. 9. März 2007. Abgerufen am 14. März 2013.</ref> Prozessbevollmächtigter im Organstreitverfahren war Dietrich Murswiek.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde am 12. März vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts abgewiesen, weil die in der Hauptsache gestellten Anträge unzulässig seien. Soweit die Antragsteller geltend machen, die Bundesregierung habe Rechte des Bundestages verletzt, seien sie als einzelne Abgeordnete nicht befugt, Rechte des Bundestages geltend zu machen. Soweit sie die Verletzung eigener Rechte geltend machen, fehle es an deren schlüssigen Darlegung.<ref>Eilantrag gegen Tornado-Einsatz abgelehnt – Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 29/2007 zum Beschluss 2 BvE 1/07. Bundesverfassungsgericht. 12. März 2007. Abgerufen am 14. März 2013.</ref>
Am 16. Oktober 2008 stimmte er zuletzt auch gegen die Fortführung des Einsatzes deutscher Streitkräfte in der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) in Afghanistan.
- Auslandseinsätze der Bundeswehr
Im Februar 2014 nahm Gauweiler eine Rede von Bundespräsident Joachim Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz zum Anlass, sich zu den bisherigen Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu äußern.<ref>SiKo-Rede: Gauweiler warnt vor Gaucks Thesen. Münchner Merkur. 3. Februar 2014. Abgerufen am 10. Februar 2014.</ref> Er warnte vor neuen Einsätzen der Bundeswehr und kritisierte die Pläne von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Ausweitung von Bundeswehr-Einsätzen in Afrika wie Opération Serval in Mali.<ref>CSU-Vize Gauweiler sieht Bundeswehrpläne für Afrika sehr reserviert. Zeit Online. 3. Februar 2014. Abgerufen am 10. Februar 2014.</ref> Im September 2014 äußerte Gauweiler deutliche Kritik am Verfassungsverständnis des Bundesverfassungsgerichts und der Regierungspolitiker, die Auslandseinsätze befürworten. Das Bundesverfassungsgericht habe „etwas in die Verfassung“ gelesen, was „dort nicht enthalten ist“. Verteidigungseinsätze der Bundeswehr seien materiell-rechtlich „nur bei einem bewaffneten Angriff auf das Bundesgebiet rechtmäßig“. Gauweiler kritisiert auch den veränderten Verteidigungsbegriff der Nato und hält ihn für eine „krasse Fehlentwicklung“. Der „regionale Bezugsrahmen der Nato“ werde „ins Unendliche ausgedehnt“. Auch humanitäre Interventionen seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Bundeswehr müsse sich auf ihren eigentlichen Auftrag besinnen, der in der Landesverteidigung bestehe.<ref>Zurück zur Landesverteidigung. Süddeutsche Zeitung. 5. Juni 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref>
- Krim-Krise
Zur Frage der russischen Politik gegenüber der Krim äußerte Gauweiler Verständnis für die russische Position. Im Münchner Merkur berief er sich am 14. September 2014 auf einen Brief Alexander Issajewitsch Solschenizyns von 1991 an Boris Jelzin, in dem Solschenitzyn „Noworossija“ (Neurussland) und viele andere Gebiete der Ukraine jenseits des Dnepr als geschichtlich niemals zur Ukraine gehörig bezeichnete. Die Grenzziehungen Lenins seien widersinnig und rein taktisch motiviert gewesen. Solschenitzyin befürwortete Volksabstimmungen in allen umstrittenen Gebieten der Ukraine: „Ein jedes Gebiet soll selbst bestimmen, wohin es gehören will“.<ref>Europa der Regionen, Solschenizyn und Schottland (PDF) Münchner Merkur. 11. September 2014. Abgerufen am 27. Februar 205.</ref>
- Ukraine-Krise
In der Krim-Krise kritisierte Gauweiler im März 2014 das Verhalten der deutschen Regierung gegenüber Russland. Wirtschaftliche Sanktionen und eine größere Truppenpräsenz, die gefordert wurden, bezeichnete er als „Säbelrasseln“ und „gefährliche Kraftmeierei“. USA und EU hätten Deutschland „in eine gefährliche Drohungseskalation gebracht“. Der Westen habe nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das neue Russland ignoriert und ständig frustriert.<ref>Gauweiler hält deutsche Russland-Politik für gefährlich. stern. 26. März 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref>
Beim politischen Aschermittwoch im März 2014 sagte Gauweiler: „Wir sind für die Partnerschaft. Wir sind für die Partnerschaft mit Kiew, aber Moskau gehört genauso zu Europa dazu und wir lassen nicht zu, dass das europäische Russland von Kiew, von anderen, ausgegliedert wurde. Wir sind für die Zusammenarbeit mit Russland.“ Gauweiler forderte eine Rückbesinnung der deutschen Politik auf die „richtungsbestimmende Klugheit“ von Franz Josef Strauß und zitierte zustimmend seinen Ausspruch: „Wenn Deutschland und Russland gute Beziehungen hatten, dann war das immer gut für Europa.“<ref>Verhältnis zu Russland: CSU-Politiker kritisieren Gauweiler. Spiegel Online. 6. März 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref><ref>Rede von Peter Gauweiler - Politischer Aschermittwoch der CSU am 05.03.2014. YouTube. 5. März 2015. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref><ref>Mit Franz Josef Strauß Richtung Moskau. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 5. März 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref>
Am 12. September 2014 reiste Gauweiler nach Moskau, um als Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Auswärtige Kultur das „Jahr der Sprache und Literatur in Russland und in Deutschland“ zu eröffnen. Während seines Besuchs kritisierte er die Sanktionspolitik gegen Russland. Diese sei eine feige Politik, die in die falsche Richtung gehe sagte er am 12. September 2014 gegenüber der dpa. Die Erfahrungen im Iran und im Irak hätten gezeigt, dass solche Strafmaßnahmen nicht wirkten. Es sei nötig, Brücken zu bauen und miteinander zu reden. Man müsse nicht alles akzeptieren, aber die Gegenseite verstehen. „Russland gehört zu Europa! Sanktionen sind der falsche Weg.“<ref>Was macht CSU-Vize Gauweiler in Moskau?. Bild. 13. September 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref> Gauweiler traf in Moskau auch mit Vertretern der Kirchen, der Wirtschaft und hochrangigen Politikern zusammen, er sprach auch mit dem russischen Parlamentspräsident Sergei Naryschkin.<ref>Gauweiler: Kritik an deutscher Russland-Politik. Offenbach-Post. 13. September 2014. Abgerufen am 27. Februar 2015.</ref>
Zu AIDS-Kranken
Gauweiler wurde heftig kritisiert, als er 1987 auf AIDS-Kranke das Bundesseuchengesetz anwenden wollte. Er entwickelte für Bayern einen Maßnahmenkatalog, der Zwangstests und Absonderungen vorsah.<ref>vgl. z.B. „Wir haben dieses Land aufgeklärter gemacht“ – Vor 25 Jahren startete die Kampagne „Gib Aids keine Chance“ – zu einer Zeit, da Politiker Infizierte einfach nur wegsperren wollten in: Süddeutsche Zeitung, Nr.167, S.11, 21./22.Juli 2012.</ref> Allgemein wurde das Gesetz als völlig unpassend angesehen. Eine Bundesratsinitiative Bayerns wurde mit zehn zu eins abgelehnt.<ref name="Keine Kur nach Gauweilers Rezepten"/>
Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf
Als Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern wurde Gauweiler durch seine harte Linie im Kampf um die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf bundesweit bekannt.<ref>Seehofer setzt auf Gauweiler. Süddeutsche Zeitung. 7. Januar 2012. Abgerufen am 5. März 2015.</ref> Nach Auseinandersetzungen von Atomkraftgegnern mit der bayerischen Polizei in Wackersdorf wurde Mitte der 80er Jahre auf Initiative Gauweilers das bayerische Unterstützungskommando (USK) gegründet<ref name="Zeit-Online Print Archiv">Neue Polizei. Zeit Online. 4. Dezember 1987. Abgerufen am 5. März 2015.</ref><ref>vgl. Winter, Martin: Politikum Polizei: Macht und Funktion in der Bundesrepublik S.113</ref> und bald darauf auch in Wackersdorf eingesetzt.
Weihnachten 1986 verbrachte Gauweiler zusammen mit 1.000 Beamten in einem Zelt auf dem WAA-Bauplatz und spendierte Weißwürste, während trotz Bannmeile etwa 3.000 WAA-Gegner zum Bauzaun zogen und Polizisten Schneeballwürfe mit Knüppeleinsatz konterten.<ref>"Mir san die Chaoten" - Der Widerstand in Wackersdorf. taz.de. 31. Mai 1989. Abgerufen am 5. März 2015.</ref>
Wehrmachtsausstellung
Als 1997 die Wehrmachtsausstellung in München gezeigt werden sollte, startete Gauweiler eine Kampagne dagegen. Er organisierte im März eine Postwurfsendung an 300.000 Münchener Haushalte.<ref>Peter Gauweilers Wurfsendung an 300.000 Münchener Haushalte, März 1987. haGalil. Abgerufen am 8. März 2013.</ref> Gauweiler begriff die Ausstellung als eine bösartige Verunglimpfung deutscher Soldaten und riet dem Initiator der Ausstellung, Jan Philipp Reemtsma, er solle lieber „eine Ausstellung machen über die Toten und Verletzten, die der Tabak angerichtet“ habe.<ref>WDR 24. Februar 2007 – Vor 10 Jahren: Wehrmachts-Ausstellung in München eröffnet: „An allen Verbrechen beteiligt“ </ref> Gegen die Ausstellungseröffnung durch Bürgermeister Christian Ude am 24. Februar 1997 demonstrierten Gauweiler und Mitglieder seiner Partei mit einer zeitgleich stattfindenden Kranzniederlegung am Grabmal für den unbekannten Soldaten.<ref>Klaus Große Kracht: Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945, Göttingen 2005, S. 157.</ref> Die Auseinandersetzung um die Wehrmachtsausstellung wurde auch vor Gericht geführt.<ref>Gauweiler darf Aussage nicht mehr wiederholen. haGalil. Abgerufen am 8. März 2013.</ref> Zu den Auseinandersetzungen um die Wehrmachtsausstellung, u. a. in München, erschien im Jahr 2007 – also genau zehn Jahre nach dieser Kampagne – der Dokumentarfilm Der unbekannte Soldat von Michael Verhoeven.<ref>Der unbekannte Soldat. STUDIOCANAL GmbH. Abgerufen am 8. März 2013.</ref>
Beutekunst
Gauweiler erregte Aufsehen mit seinem Vorschlag, auf die Rückgabe der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus Deutschland in die Sowjetunion verbrachten Kulturgüter zu verzichten.
Europäische Union und Euro
Ende 2003 stellte Gauweiler einen Antrag auf die Aufnahme eines Gottesbezuges in den Vertrag über eine Verfassung für Europa. Kurz nach der Ratifizierung des Verfassungsvertrags durch den Bundesrat am 27. Mai 2005 reichte er eine Klage gegen den Vertrag beim Bundesverfassungsgericht ein, die dazu führte, dass Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz vorerst nicht unterschrieb.
Seine Verfassungsbeschwerde gegen den Vertrag von Lissabon war teilweise erfolgreich. Gauweiler hatte sie über seinen Prozessbevollmächtigten, den Staatsrechtsprofessor Karl Albrecht Schachtschneider, eingereicht; sie war später von Dietrich Murswiek<ref>Dietrich Murswiek: Der Vertrag von Lissabon und das Grundgesetz. Uni Freiburg. Dezember 2008. Abgerufen am 12. März 2013.</ref> anwaltlich vertreten worden. Am 30. Juni 2009 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Bundestag und Bundesrat auch künftig beschließen dürfen, die Entscheidung über einzelne Regelungen an das Europäische Parlament bzw. an den EU-Ministerrat zu delegieren. Jedoch seien hierbei die nationalstaatlichen Belange, insbesondere die Verfassungsidentität der Bundesstaaten, vorrangig zu beachten.<ref>Leitsätze, BVerfG, 2 BvE 2/08. Bundesverfassungsgericht. 30. Juni 2009. Abgerufen am 12. März 2013.</ref>
Für diesen Teilerfolg in Karlsruhe wurde Gauweiler von allen im Bundestag vertretenen Parteien Lob und Anerkennung zuteil.<ref>Verfassungsurteil zu EU-Vertrag: Bundestag freut sich über neue Macht. Spiegel Online. 1. Juli 2009. Abgerufen am 12. März 2013.</ref>
Im Mai 2010 stimmte Gauweiler im Bundestag gegen einen Milliardenkredit an Griechenland und gegen den Euro-Rettungsschirm in Höhe von 750 Milliarden Euro. Er reichte im Mai 2010 eine Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Über diese wurde seit dem 5. Juli 2011 verhandelt. Die Klage beinhaltete die Verletzung des Grundgesetzes der Bundesrepublik und der Fundamentalnormen der europäischen Währungsverfassung durch die Rettungspakete für Griechenland.<ref>Prozess in Karlsruhe: Euro-Gegner werfen Regierung Rechtsbrüche vor. Spiegel Online. 5. Juli 2011. Abgerufen am 12. März 2013.</ref><ref>Griechenland-Hilfe: Karlsruher Richter steuern auf ein „Ja, aber“ zu. Spiegel Online. 5. Juli 2011. Abgerufen am 12. März 2013.</ref><ref>Dietrich Murswiek: Eröffnungsstatement in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht über den „Euro-Rettungsschirm“ (PDF; 146 kB) Peter Gauweiler. 5. Juli 2011. Abgerufen am 12. März 2013.</ref> Am 7. September 2011 wies das Bundesverfassungsgericht die Klage ab.<ref>Politiker bejubeln Karlsruher Urteil. stern.de. 7. September 2011. Abgerufen am 12. März 2013.</ref>
Gauweiler stimmte am 29. Juni 2012 im Bundestag gegen den europäischen Fiskalpakt und den ESM. Wenig später reichte er beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde ein. Gründe für die Beschwerde sieht er wegen möglicher Verstöße gegen das Grundgesetz und Verluste von Souveränitätsrechten des deutschen Bundestags.<ref>Klagen gegen Rettungsschirm: Euro-Kritiker hoffen auf Veto der Verfassungsrichter. Spiegel Online. 30. Juni 2012. Abgerufen am 12. März 2013.</ref>
Am 9. September 2012 stellte Gauweiler vor dem Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag, um im Verfahren zum ESM eine Urteilsverschiebung zur Neubewertung der Verfassungsmäßigkeit zu erreichen.<ref>Gauweiler stellt Eilantrag wegen EZB-Plan. Spiegel Online. 9. September 2012. Abgerufen am 13. März 2013.</ref><ref>Hoffen auf das Karlsruher Donnerwetter. Süddeutsche Zeitung. 10. September 2012. Abgerufen am 13. März 2013.</ref><ref>Eilantrag soll Karlsruher ESM-Urteil verschieben. Zeit Online. 9. September 2012. Abgerufen am 13. März 2013.</ref> Die EZB hatte kurz zuvor verkündet, Staatsanleihen von EU-Staaten in unbegrenztem Umfang kaufen zu wollen<ref>EU-Kommission erwartet spanischen Hilfsantrag. Spiegel Online. 9. September 2012. Abgerufen am 13. März 2013.</ref> (zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits Staatsanleihen im Nominalwert von über 200 Milliarden gekauft; Deutschland haftet dafür gemäß seinem Anteil an der EZB in Höhe von etwa 27 Prozent). Dass die EZB überhaupt Staatsanleihen von EU-Staaten kauft, gilt als Verstoß gegen die No-Bailout-Klausel, also die Nichtbeistands-Klausel in mehreren EU-Verträgen. Das Bundesverfassungsgericht verschob die Urteilsverkündung nicht.<ref>Karlsruhe hält an Termin für ESM-Entscheidung fest. Spiegel Online. 11. September 2012. Abgerufen am 13. März 2013.</ref>
Transrapid
Gauweiler bezeichnete den Transrapid München als „teuerste Vorortbahn der Welt“ und hielt dessen Einsatz in München für deplatziert. Er schlug vor, die vorgesehenen Gelder für die Fertigstellung des Mittleren Rings in München zu verwenden und die Konzeptstudie einer Transrapidverbindung Berlin–Moskau anzugehen.<ref>Transrapidgelder München-Erding sofort für Vollendung des Mittleren Ringes freigeben (PDF; 56 kB) Peter Gauweiler. 24. September 2004. Abgerufen am 14. März 2013.</ref>
Innere Sicherheit
Gauweiler war einer von vier Unionsabgeordneten, die 2005 im Bundestag gegen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung votierten.<ref>Positionen der Bundestagsabgeordneten zur Vorratsdatenspeicherung. FoeBud e.V.. Abgerufen am 14. März 2013.</ref>
Liberalisierung oder Privatisierung der Wasserversorgung
Gauweiler war der einzige Abgeordnete der Regierungsparteien, der am 28. Februar 2013 im Bundestag für den Antrag Wasser ist Menschenrecht – Privatisierung verhindern der Fraktion Die Linke stimmte.<ref>Wasser als Menschenrecht. Deutscher Bundestag. 28. Februar 2013. Abgerufen am 6. März 2013.</ref> Als einer von fünf Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion stimmte er am gleichen Tag auch für den Antrag Keine Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür von Bündnis 90/Die Grünen.<ref>Keine Privatisierung der Wasserversorgung. Deutscher Bundestag. 28. Februar 2013. Abgerufen am 7. März 2013.</ref>
Rückzug von allen politischen Ämtern
Seinen Rücktritt vom stellvertretenden Parteivorsitz und die Niederlegung seines Bundestagsmandats am 31. März 2015 begründete Gauweiler in einer Presseerklärung mit den Differenzen zwischen seiner Position und der Parteilinie. Seine Position entspreche den Parteibeschlüssen zur Euro-Politik, die er seinen Wählern als seine Zielsetzung vorgestellt habe: „Von mir ist öffentlich verlangt worden, dass ich – weil CSU-Vize – im Bundestag so abstimme, dass ich mich für das Gegenteil dessen entscheide, was ich seit Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht und vor meinen Wählern vertrete und was ich als geltenden Inhalt der CSU-Programme verstehe. Dies ist mit meinem Verständnis der Aufgaben eines Abgeordneten unvereinbar.“ „Wenn dies – wie geschehen – öffentlich in einen kategorischen Gegensatz zur Parteilinie gestellt wird, muss ich die Konsequenzen ziehen.“ In einem Brief an den Bundestagspräsidenten gab er außerdem seiner Besorgnis über die Aushöhlung der Demokratie Ausdruck. „Es freut mich, wenn ich – auch durch streitige Auseinandersetzungen mit der Parlamentsmehrheit vor dem Bundesverfassungsgericht – einen Beitrag gegen die Ausdünnung des Demokratieprinzips leisten konnte und damit die Volksvertretung gestärkt habe.“<ref>Erklärung von Dr. Peter Gauweiler (PDF) Dr. Peter Gauweiler. 31. März 2015. Abgerufen am 13. April 2015.</ref><ref>CSU-Politiker Peter Gauweiler tritt zurück. Süddeutsche Zeitung. 31. März 2015. Abgerufen am 13. April 2015.</ref>
Ehrungen
- 1986: Medaille „München leuchtet“ in Gold
- 1989: Bundesverdienstkreuz am Bande
- 1990: Träger des Titels „Ehrenfreund“ der Stadt Tel Aviv
- 1991: Bayerischer Verdienstorden
- 1993: Ehrenbürgerwürde der Stadt Marktredwitz
Kabinette
Veröffentlichungen
- Was tun gegen Aids? Wege aus der Gefahr. Percha am Starnberger See: Verlag R. S. Schulz 1989, ISBN 3-7962-0194-6.
- mit Christoph Stölzl (Hrsg.): Bayerische Profile. Langen-Müller, München 1998, ISBN 3-7844-2551-8.
- mit Christian Ude: Briefwechsel. Prinzedition in Keyser Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-86886-016-0.
- mit Christian Ude: Briefwechsel zwei. Prinzedition in Keyser Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86886-017-7.
- mit Christian Ude: Briefwechsel drei. Prinzedition in Keyser Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86886-020-7.
- mit Christian Ude: Briefwechsel vier. Prinzedition in Keyser Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86886-023-8.
- Bernhard von Gudden und die Entmündigung und Internierung König Ludwigs des Zweiten aus juristischer Sicht. In: Hanns Hippius und Reinhard Steinberg (Hrsg.): Bernhard von Gudden. Springer, Berlin 2007, S. 93-107, ISBN 978-3-540-39721-2.
Zitate
„Politik interessiert einen oder interessiert einen nicht. Wenn sie einen interessiert, dann interessiert sie einen, bis man stirbt. Man kann Politik nicht wie einen Gladiatorenkampf im Kino betrachten. Denn man will sich einerseits selbst in die Auseinandersetzungen hineinstürzen, auf Neudeutsch ‚einbringen‘. Man sieht, dass es einfach viele Dinge gibt, die geklärt werden müssten, die gemacht werden müssten. Und dann fragt man sich: ‚Warum machen die das nicht?‘“
Weblinks
- Peter Gauweiler in der Internet Movie Database (englisch)
- Literatur von und über Peter Gauweiler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Peter Gauweiler
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Lebenslauf bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- Verfassungsklage gegen den Vertrag von Lissabon
- Peter Gauweiler auf abgeordnetenwatch.de
- Dr. Peter Gauweiler auf Bundes-Adler.de
Einzelnachweise
<references />
Max Streibl (1970–1977) | Alfred Dick (1977–1990) | Peter Gauweiler (1990–1994) | Thomas Goppel (1994–1998) | Werner Schnappauf (1998–2007) | Otmar Bernhard (2007–2008) | Markus Söder (2008–2011) | Marcel Huber (2011–2014) | Ulrike Scharf (seit 2014)
Personendaten | |
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NAME | Gauweiler, Peter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist und Politiker (CSU), MdL, MdB |
GEBURTSDATUM | 22. Juni 1949 |
GEBURTSORT | München |