Weihnachtsringsendung
Die Weihnachtsringsendung war eine propagandistische Radiosendung des nationalsozialistischen „Großdeutschen Rundfunks“ während des Zweiten Weltkriegs. Zwecks „Verbindung von Front und Heimat“ wurde in den Jahren 1940 bis 1943 jeweils am Heiligen Abend eine Sendung mit Grüßen von ausgewählten Soldaten der Wehrmacht an die „Heimatfront“ sowie Einspielungen mit Berichten aus vom Deutschen Reich besetzten Gebieten ausgestrahlt. Zur Gestaltung und Durchführung der Weihnachtsringsendung arbeiteten die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, Wehrmachtdienststellen, Propaganda-Kompanien und die Deutsche Reichspost zusammen.
Die heutige medienwissenschaftliche Literatur betrachtet die insgesamt vier Sendungen als eine Mischung aus Kriegs- bzw. NS-Propaganda und weihnachtlichem Brauchtum.<ref>Pressemitteilung des Rundfunkmuseums der Stadt Fürth zur (Sonder-) Ausstellung „Kriegsweihnacht 1940-1943 – Weihnachtsringsendungen im 2. Weltkrieg“ (November 2004 bis Januar 2005; PDF; 9 kB) vom 5. November 2004 von Gerd Walther; Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 40–46; Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47–48; Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (269–273) <Online (PDF; 166 kB) S. 4–7>.</ref> Dieses Rundfunkformat war Bestandteil des „nationalsozialistischen Weihnachtskults“.
Inhaltsverzeichnis
- 1 „Militarisierung“ der Ringsendung
- 2 Heiligabend 1939
- 3 Durchgeführte Weihnachtsringsendungen
- 4 Heiligabend 1944
- 5 Zeitgenössische Stimmen
- 6 „Meldungen aus dem Reich“
- 7 Aufzeichnungen, Feldpostbriefe und Soldaten-Erinnerungen
- 8 Medienwissenschaftliche Bewertung
- 9 Literatur
- 10 Weblinks
- 11 Einzelnachweise
„Militarisierung“ der Ringsendung
Die „Militarisierung“ des allgemeinen Rundfunkformats „Ringsendung“ ist gemeinsam von dem Propagandaministerium und dem Oberkommando der Wehrmacht vorgenommen worden.<ref>Max Bonacker: Goebbels' Mann beim Radio. Der NS-Propagandist Hans Fritzsche (1900–1953). Oldenbourg, München 2007, (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 94), ISBN 978-3-486-58193-5, S. 170 Google Bücher Vorschau.</ref> Die starke Einbindung des Militärs zeigt sich darin, dass ein zeitgenössischer Beitrag später nicht von der ‚Weihnachts‘-, sondern der ‚Wehrmacht‘-Ringsendung spricht.<ref>Siehe J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (11); Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423 (424); Artikel Unser schönstes Weihnachten. Ringsendung ruft Großdeutschland und seine Soldaten. In: Nationalsozialistische Rundfunk-Korrespondenz. RK. Jahrgang 1940, Heft 53 (30. Dezember 1940), S. 4 (5), (ZDB-ID 546660-x); [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (302).</ref>
Allgemeines zur Technik
Die Propaganda-Kompanien der Wehrmacht stellten an den Außenstationen in den besetzten Gebieten die Mikrophone und Übertragungsapparate, die Leitungsnetze (Rundfunk- und Fernsprechleitungen) wurden durch Wehrmacht und Reichspost geschaltet, so dass die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft im Haus des Rundfunks in Berlin die Zusammenschaltung<ref>Ein Propaganda-Foto einer elfköpfigen Personengruppe in einem „Technikraum“ zur Weihnachtsringsendung 1942 mit der Beschreibung Bei der Weihnachts-Ringsendung im Zentral-Regieraum in Berlin – Gruppenleiter Werner Plücker (vor dem Mikrophon) gestaltete auch zur Weihnacht 1942 die traditionelle Ringsendung zwischen Front und Heimat. Die technische Abwicklung dieser Sendung, bei der insgesamt 50000 km Leitungsstrecke beansprucht wurden, überwachten der technische Direktor Herbert Dominik [Chefingenieur im Reichspropagandaministerium und technischer Direktor der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft] (stehend Mitte), Obering. Dr. Ludwig Heck [Leiter der technischen Betriebsstelle des Berliner Funkhauses] (rechts) und Dr. Ing. Gerhard Schadwinkel (links). Aufnahme: Reichs-Rundfunk ([Valentin] Kubina) findet sich in dem Zeitungsartikel von [Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17 (Online <PDF; 1,74 MB>). Ein stark verkleinerter (und retuschierter <Löschung einer Person>) Bildausschnitt mit nur sechs Personen (jpg-Bild) dieses Propaganda-Fotos findet sich auf der Homepage des Rundfunkmuseums der Stadt Fürth.</ref> vornehmen konnte.<ref>Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 Online (PDF; 1,7 MB); H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5; Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423 (424); L[udwig] Heck: Die technische Durchführung der Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 420; Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89.</ref> Die „Reporter“ waren Soldaten der Propaganda-Kompanien.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41.</ref>
Die Zuspielung von den einzelnen Übertragungsorten nach Berlin erfolgte über Telefon- und Rundfunkleitungen, die keine Standleitungen im heutigen Sinne waren, sondern manuell in den Wählämtern geschaltet wurden.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41.</ref> Die „gute Sprechqualität“ der weit entfernten Stationen (z. B. Nordkap) wurde durch militärische Richtfunkverbindungen bewerkstelligt.<ref>So für die Sendung 1942 bei Karl Otto Hoffmann: Ln- Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe. Band II – Der Weltkrieg. Teil 2: Drahtnachrichtenverbindungen. Richtfunkverbindungen 1939–1945. Vowinckel, Neckargemünd 1973, S. 406.</ref>
Wie für das Reichsrundfunkprogramm üblich, wurden die Sendungen aus der Abspielzentrale in Berlin über ein sternförmiges (meistens kabelgebundenes) Leitungsnetz („rotes Netz“) allen Rundfunksendern mittels Schaltstellen und Rundfunk-Verstärkerämtern<ref>Für die Sendung 1940 findet sich die Zahl 86 für die beteiligten Verstärkerämter bei F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49 (51).</ref> zugeleitet.<ref>Hans Rindfleisch: Technik im Rundfunk. Ein Stück deutscher Rundfunkgeschichte von den Anfängen bis zum Beginn der achtziger Jahre. Mensing, Norderstedt 1985, ISBN 3-87533-004-8, S. 71–73.</ref> Die „geheimen Wehrmachtsnachrichtenverbindungen über UKW und Feldkabelnetz“ wurden somit „ausnahmsweise […] ins öffentliche Rundfunknetz eingespeist“.<ref>Friedrich Kittler: Synergie von Mensch und Maschine. In: Florian Rötzer, Sara Rogenhofer (Hrsg.): Kunst machen? Gespräche und Essays. 2. Auflage. Boer, München 1991, ISBN 3-924963-23-1, S. 90 (100) <Online-Teilauszug eines Langzitates der Erstveröffentlichung aus der Zeitschrift KUNSTFORUM international. Band 98 (Januar/Februar 1989), Ästhetik des Immateriellen? Das Verhältnis von Kunst und Neuen Technologien. Teil II, S. 108 (115 f.)>.</ref> Die Soldaten an den Fronten konnten den Reichsrundfunk mit hochwertigen Geräten empfangen und waren somit akustisch eingebunden.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 42.</ref>
Mit dem Juni 1940 wurden die Rundfunkprogramme der einzelnen Reichssender zusammengelegt. Es gab nur noch zwei Vollprogramme (Reichsprogramm und Deutschlandsender). Das einheitliche Reichsprogramm wurde über alle Reichssender und ihre Nebensender per Mittelwelle übertragen und hinzu kam über Langwelle der Deutschlandsender.
Sendung 1940
Unter dem Titel Deutsche Weihnacht 1940 – 90 Millionen feiern gemeinsam – 40 Mikrophone verbinden Front und Heimat wurde 1940 die erste Weihnachtsringsendung produziert und am 24. Dezember von 16.00 bis 17.00 Uhr ausgestrahlt.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47; H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (12). Ein kleiner Ausschnitt mit der Sendeankündigung aus einer Programmzeitschrift (jpg-Bild), allerdings ohne Quellenangabe (wahrscheinlich Der Deutsche Rundfunk. Rundschau und Programm für alle Funk-Teilnehmer. Zeitschrift der am Deutschen Rundfunk beteiligten Kreise.), findet sich auf dem Onlineportal „www.rundfunkmuseum.at“.</ref> Die Moderation übernahm der „Erfinder“ der Ringsendung, Werner Plücker.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47; Walter Roller: Tondokumente zur Kultur- und Zeitgeschichte 1939–1940. Ein Verzeichnis. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2006, (Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs. Band 18), ISBN 3-86650-540-X, S. 557 (Dokument-Nr. 1610).</ref>
Vorbereitungen
Die ersten Vorbesprechungen zur Weihnachtsringsendung, die mit der Erstellung eines sogenannten „Spielbuches“ als Sendemanuskript endeten, gab es bereits unmittelbar nach der Ringsendung Deutsche Soldaten auf Wacht vom Nordkap bis zur Biscaya vom 1. September 1940.<ref name="Eckert301302" /> Ab dem 20. Dezember fanden umfangreiche nächtliche Proben zum Gesprächsinhalt und zur Schaltung der Leitungen statt.<ref>Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 Online (PDF; 1,7 MB); H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (6, 8, 10, 12); Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423 (424); [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (302); F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49 (51).</ref> Die Soldaten und Angehörigen sollten „an das Sprechen über ein Mikrophon gewöhnt“ werden.<ref>F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49 (51).</ref> Ziel der Vorbereitungen war neben der „Kontrolle über jedes gesagte Wort“ die Berücksichtigung von militärischer Geheimhaltung bei manchen Schaltorten.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 40.</ref> Die Sprechverbindungen zu Flugzeug und Schiff wurden über Kurzwelle ermöglicht.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41.</ref>
In den Rundfunkhäusern Paris, Krakau und Gleiwitz wurden Schaltstellen eingerichtet, die als Unterzentralen aus ihrem Aktionsbereich die Übertragungsorte gebündelt nach Berlin leiteten.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41; [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (302).</ref> Ziel war, dass die einzelnen Schaltorte miteinander sprechen konnten und nicht nur mit der Zentrale in Berlin.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41.</ref> Von den Übertragungsorten sind über das Berliner Fernamt je eine Hör- und Sprechleitung zum Haus des Rundfunks geschaltet worden.<ref>F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49.</ref> Die Strecke der Übertragungs- und Meldeleitungen soll mehr als 20.000 km betragen haben.<ref>So die Zahl bei Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423 (424) und [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (302); die Zahl von 34.000 km findet sich bei Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 (93).</ref>
Inhalt
Der Propagandaminister Joseph Goebbels hatte allgemein für das Weihnachtsprogramm 1940 angewiesen, dass der Rundfunk für die „Volksgenossen, die von ihren Familien getrennt“ sind das „Gefühl des gemeinsamen Erlebens der Feiertage“ ohne „Rührseligkeit“ vermitteln müsse.<ref>Äußerung von Joseph Goebbels auf der Ministerkonferenz am 4. Dezember 1940. In: Willi A. Boelcke (Hrsg.): Kriegspropaganda 1939–1941. Geheime Ministerkonferenzen im Propagandaministerium. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1966, S. 579 (581); dort in der Konferenz war auch noch 19 Uhr als Beginn der Weihnachtsringsendung geplant.</ref> Die Weihnachtsringsendung beinhaltete unter anderem ein Studiogespräch, Grüße zwischen sechs deutschen Soldaten in Narvik und ihren Angehörigen (Mutter oder Braut)<ref name="Eckert301303">[Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (303).</ref> in Graz,<ref>Die Schaltung zwischen Narvik und Graz sowie die Vorbereitungen dazu schildert für Narvik der Schriftsteller und Soldat einer Propaganda-Kompanie, Hans-Jürgen Nierentz, In: H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (6–8); die Abläufe in Graz schildert der Schriftsteller Glatzer In: Franz Glatzer: „Es ist Weihnacht, die Heimat ruft!“. Hundert Millionen grüßen durch den Äther ihre Söhne an der Front. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 425.</ref> Berichte aus dem Schwarzwald und vom Brocken sowie Erlebnisberichte von der Front.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (271) <Online (PDF; 166 kB) S. 6>.</ref> Ergänzt wurde die Sendung unter anderem durch Gespräche mit einem Aufklärungsflugzeug (Flugboot über der Nordsee vor Englands Küste<ref>F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49 (51).</ref>),<ref>Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422; Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423.</ref> einem Vorpostenboot auf Hoher See, einem deutschen Zerstörer im Atlantik,<ref>Hinweis auf den Atlantik und den gefallenen Kommodore Friedrich Bonte bei Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422; eine andere Quelle sagt „dicht vor dem Feind“ (siehe F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49).</ref> der Deutschen Heeres- und Luftwaffenmission in Rumänien (Soldaten der Lehrtruppen)<ref>F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49.</ref> und der Deutschen Freiwilligen-Kompanie in Italienisch-Ostafrika;<ref>Hier wurde eine aufgezeichnete Schallplattenaufnahme eingespielt (siehe Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 <423>).</ref> hinzu kamen ideologisch gefärbte Berichte unter anderem mit den Titeln Lothringen gehört nun zur deutschen Heimat und Die Kohlengruben in Ost-Oberschlesien gehören wieder zu Deutschland.<ref>Zusammenfassung des kompletten Sendeablaufs bei Walter Roller: Tondokumente zur Kultur- und Zeitgeschichte 1939–1940. Ein Verzeichnis. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2006, (Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs. Band 18), ISBN 3-86650-540-X, S. 557 (Dokument-Nr. 1610). In dem Verzeichnis von 1975 ist das Tondokument noch nicht nachgewiesen (siehe Walter Roller: Tondokumente zur Zeitgeschichte 1939–1945. Hrsg. Deutsches Rundfunkarchiv. Frankfurt am Main 1975, (Bild- und Tonträgerverzeichnisse. Band 4), S. 75–76 <Dort fehlt in der chronologischen Darstellung die Weihnachtsringsendung 1940.>). Eine kürzere Darstellung des Sendeablaufs bei Rainer E. Lotz (Hrsg.): Deutsche National-Discographie. Serie 4: Discographie der deutschen Sprachaufnahmen. Band 4. Lotz, Bonn 2004, ISBN 3-9805808-9-X, S. 1288.</ref>
Folgende Übertragungsorte wurden in die Sendung eingebunden: Narvik (Telegraphenamt),<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (8).</ref> Marienburg (Schlosshof der Ordensburg),<ref>Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422.</ref> Gumbinnen (Privates Wohnhaus),<ref>Hier grüßte der Vater, Herr Peitschat, seine sechs Söhne an der Front und seine Söhne grüßten von ihren Standorten zurück (siehe Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 und [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (303). Die Schilderung des Ablaufs in Gumbinnen findet sich bei Alfred Karrasch: Vater Peitschat spricht mit seinen sechs Söhnen. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 426). Ein passendes Propaganda-Foto (jpg-Bild), allerdings ohne Bildbeschreibung und Quellenangabe, findet sich auf der Homepage des Rundfunkmuseums der Stadt Fürth; dieses Foto zeigt eine dreiköpfige Personengruppe vor einem Mikrofon (wahrscheinlich) in einem Wohnraum, so dass dies eventuell die „Grußszene“ im Haus der Familie Peitschat in Gumbinnen in der Weihnachtsringsendung 1940 darstellen könnte.</ref> Warschau, Kattowitz (unter anderem Kohleschacht),<ref>Der Bericht kam u. a. aus dem Kohleschacht Ferdinand in 500 m Tiefe (siehe Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 und F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49).</ref> Graz, Feldberg, Saarbrücken (unter anderem Hochofen),<ref>Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422); eine andere Quelle konkretisiert die Beteiligten als Rüstungsarbeiter (siehe F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49).</ref> Hendaye, Kanalküste (Cap Gris-Nez), Potsdam und Brocken.<ref>Siehe die Kartenzeichnungen in Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 Online (PDF; 1,7 MB); H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (9); Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423 (424); Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 (90) und am genauestens F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49 (50).</ref> Nach zeitgenössischer Propaganda waren die Sprecher bei den Schaltungen zum Feldberg, zum Brocken und nach Marienburg sozusagen „Vertreter der deutschen Stämme und Landschaften“ und bei der Einbindung von der Saar mit Hochofen und Kattowitz mit Kohleschacht verkörperten sie das „schaffende Deutschland“.<ref name="Eckert301303" /> Die Programmankündigungen in den Rundfunkzeitschriften betonten vorab den Grußaustausch durch das „schaffende Deutschland zur kämpfenden Front“.<ref>Zum Beispiel der Artikel Frohe Rundfunk-Weihnacht für Front und Heimat. Ein Feiertags-Programm mit vielen schönen Gaben – Die Reichsminister Dr. Goebbels und Rudolf Heß sprechen. In: Hier Berlin und alle deutschen Sender. Rundfunkzeitschrift. Jahrgang 1940, Heft 52, S. 2 (ZDB-ID 541891-4).</ref> Die Texte zwischen den Soldaten und ihren Angehörigen waren aber nur scheinbar „aus dem Stegreif“, vielmehr sind sie „einstudiert“ und ohne „wahre Spontanität“.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41.</ref>
Tondokument
Die komplette Sendefassung der Weihnachtsringsendung 1940 ist im Deutschen Rundfunkarchiv<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte – Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47; Walter Roller: Tondokumente zur Kultur- und Zeitgeschichte 1939–1940. Ein Verzeichnis. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2006, (Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs. Band 18), ISBN 3-86650-540-X, S. 557 (Dokument-Nr. 1610) mit Verweis auf Archiv-Nr. 2955859 und einer Aufzeichnungslänge von 63:16 Minuten; Rainer E. Lotz (Hrsg.): Deutsche National-Discographie. Serie 4: Discographie der deutschen Sprachaufnahmen. Band 4. Lotz, Bonn 2004, ISBN 3-9805808-9-X, S. 1288 (Google Bücher Snippet-Ansicht) mit Verweis auf [17 Schellack-Schall-] Platten mit der Nr. RRG 62864–[62]880 und einer Aufzeichnungslänge von 62:09 Minuten.</ref> vorhanden; im Internet<ref>Tondokument auf YouTube – Fassung der Weihnachtsringsendung 1940; es fehlen einige Sendebeiträge und zusätzliche Weihnachtsmusik ist zugemischt.</ref> findet sich eine fast vollständige Fassung. Auch vier einzelne kurze Sendeteile des Originaltons sind im Internet zugänglich. Zu finden sind der Sendungsbeginn mit der Programm-Ansage,<ref>Tondokument – Ansage der Weihnachtsringsendung 1940</ref> ein Teil mit dem Austausch von Grüßen zwischen Narvik und Graz,<ref>Tondokument – Teil der Grüße in der Weihnachtsringsendung 1940</ref> der Schlussteil<ref>Tondokument – Schlussteil der Weihnachtsringsendung 1940 (MP3; 704 kB)</ref> mit dem Aufruf zur gemeinsamen Feier einer „Deutschen Weihnacht“ sowie ein knapp siebenminütiger Zusammenschnitt<ref>Zu hören sind der Sendebeginn mit den Einleitungsworten von Werner Plücker, die Glocken der Garnisonkirche in Potsdam und die Schaltung zum Zerstörer in einem Feature von Radio Corax aus Halle mit dem Titel Schlacht um Stalingrad im Nazi-Rundfunk. In der mp3-Aufnahme befindet sich dieser Zusammenschnitt zwischen 9:05 und 15:51 Minuten.</ref> von drei Sendeabschnitten. Auf einer im Handel erhältlichen Audio-CD befinden sich fast alle Beiträge der Sendung mit teils gekürzten Fassungen.<ref>Heimat deine Sterne. Vol. 7 Kriegsweihnacht 1940. Hrsg. UraCant Musikverlag Fridhardt Pascher. 2003, EAN 7640104020110; die Gesamtlaufzeit aller Beiträge der gut eine Stunde umfassenden Weihnachtsringsendung 1940 ist auf der CD nur 37:25 Minuten (Rest der CD ist zeitgenössische Weihnachtsmusik). Komplett fehlen die Sendebeiträge: Deutsche Freiwilligenkompanie in Italienisch-Ostafrika und aus Kattowitz „Kohlengruben in Ost-Oberschlesien“.</ref> Die Anfangsteile der Sendebeiträge der CD-Fassung sind im Internet abrufbar.<ref>Kurzausschnitte (jeweils die ersten 30 Sekunden als Hörprobe) unter Verkaufs-Portal „www.zinnfigur.com“.</ref>
Der Schlussteil der Sendung lautet:
- „[Studiosprecher Werner Plücker mit Orgelmusik von Hermann Heiß<ref>Walter Roller: Tondokumente zur Kultur- und Zeitgeschichte 1939-1940. Ein Verzeichnis. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2006, (Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs. Band 18), ISBN 3-86650-540-X, S. 557 (Dokument-Nr. 1610).</ref> im Hintergrund und in den teils großen Sprechpausen]: Jetzt haben sich Front und Heimat versammelt, wie sich eine einzige große und glückliche Familie an einem solchen Tage versammeln mag, froh und zuversichtlich. Und nun feiern wir wirklich gemeinsam die ‚Deutsche Weihnacht 1940‘. – Geht jetzt zu Euren Lichterbäumen. Haltet die Flamme an die erste schimmernde Wachskerze. Zündet die zweite, die dritte an, so wie wir es jetzt hier tun. Und dann sollen sich die Türen vor unserer gespannten Erwartung öffnen. – Weihnachtliche Klänge dringen an unser Ohr. – ‚Deutsche Weihnacht‘ ist es jetzt vom Polarkreis bis zum fernsten Süden, vom Atlantik bis zum Ostraum, auf See und über See und in fremden Erdteilen. – Wachsame, wehrhafte und trotz allem wundervolle Weihnacht.
- [Ansager]: Hier ist der Großdeutsche Rundfunk mit allen Sendern, angeschlossen sämtliche Sender der besetzten Gebiete. Wir brachten Ihnen unsere Sendung ‚Deutsche Weihnacht 1940‘. Unsere Sendung ist beendet.“
Livesendung
Die Sendung 1940 war (wahrscheinlich) eine fast vollständige Livesendung mit nur wenig Einsatz von Schallplatten als Tonträger.<ref>So auch die zeitgenössische Schilderung für den gemischten Einsatz von Platte und Übertragung bei F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49–50.</ref> Eingesetzte Platten waren wohl die seit Anfang der 1930er Jahre vorhandenen Deceltih-Scheiben zum Selbstschneiden (teils mittels tragbaren Geräten). Der Erfinder und Moderator, Werner Plücker, führte mit Blick auf damals gestellte zweifelnde Fragen von Rundfunkhörern aus: „Es ist dies vielleicht zum Teil die Schuld unserer Techniker, da die Qualität aller Übertragungen so unwahrscheinlich gut war, daß man hätte glauben können, es sei auch hier die Schallplattenaufnahme zu Hilfe genommen worden“.<ref>Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 (423).</ref> Ein zeitgenössischer Rundfunkwissenschaftler verweist darauf, dass der Hörer im damaligen Rundfunk „zu sehr an die Zwischenschaltung der Platte gewöhnt“ gewesen sei.<ref name="Eckert301302" /> Er hebt hervor, dass die Sendung „original und nicht von Platten über die Sender [gegangen]“ sei.<ref name="Eckert301302" /> Lediglich die drei Beiträge von dem Aufklärungsflugzeug, der Militärmission aus Rumänien und der Freiwilligenkompanie aus Afrika seien mittels Schallplatten eingespielt worden.<ref>[Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (303); ähnlich F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49 (51).</ref>
Diese Behauptung in den zeitgenössischen Beiträgen lässt sich für 1940 nicht widerlegen; anders bei der Sendung zwei Jahre später. Gegen eine vollständige Abspielung einer Gesamtaufnahme spricht zum Beispiel, dass die ursprünglich geplante Schaltung zu dem Militärgenesungsheim in Zakopane während der Sendung aus Zeitgründen entfiel.<ref>Auf diesen Sendeablauf verweisen Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 (423) und [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301 (303).</ref> Anscheinend konnte in der Sendestunde das „Spielbuch“ nicht zeitgerecht abgearbeitet werden.
Für eine Livesendung spricht der Sendeteil „Gumbinnen“. Dort wird vom Studiosprecher zweimal (scheinbar vergeblich) der „Obergefreite“ Fritz Peitschat gerufen. Erst nachdem der mittlerweile zum „Unteroffizier“ beförderte Soldat zweimal mit Betonung seines neuen Dienstgrades den Ruf bestätigt und eine andere Sprechstelle gratuliert, merkt der Studiosprecher es.<ref>Dieser Sprechteil befindet sich beim Teilstück „Gumbinnen“ zwischen Aufzeichnungsminute 0:52 und 1:14 bei der Audio-CD-Fassung Heimat deine Sterne. Vol. 7 Kriegsweihnacht 1940. Hrsg. UraCant Musikverlag Fridhardt Pascher. 2003, EAN 7640104020110.</ref> Anscheinend war das „Spielbuch“ an dieser Stelle veraltet und während der Proben war die Beförderung noch nicht ausgesprochen.<ref>Darauf verweist auch Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 41.</ref> In einer Aufzeichnungssendung wäre diese Passage wahrscheinlich korrigiert worden.
Sendung 1941
1941 wurde die zweite Weihnachtsringsendung produziert.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48).</ref> Die Sendung mit dem Titel Grüße der Heimat – Grüße der Front wurde um 18.00 Uhr ausgestrahlt.<ref>Meldungen aus dem Reich (Nr. 249) vom 8. Januar 1942. In: Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Band 9: Meldungen aus dem Reich Nr. 247 vom 18. Dezember 1941 – Nr. 271 vom 26. März 1942. Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, S. 3132 (3136) <Google Bücher Snippet-Ansicht>.</ref> Die Sendelänge ist unbekannt.
Zum Inhalt kann nur auf ein Gedicht mit dem Titel Weihnachtsringsendung 1941 in der zeitgenössischen Literatur<ref>Heinrich Anacker: Weihnachtsringsendung 1941. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1941/42, Heft 21/22, S. 430.</ref> verwiesen werden, das in sechs Strophen sehr verkürzt und propagandistisch den Inhalt der Sendung mit Grüßen zwischen Soldaten und Angehörigen schildert.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 43.</ref> Die ersten zwei Strophen des Gedichtes mit Hinweisen auf damals von Deutschland besetzte Gebiete lauten:
<poem lang="nl" style="margin-left:2em; float:left;"> Überallhin auf der Erde, wo Deutsche wohnen, Überallhin, wo des Reiches Soldaten stehn, Hoch von der Arktis bis zu den südlichen Zonen, Alle vereinend, die Klänge der Weihenacht gehn: </poem> <poem style="margin-left:2em; float:left;"> Glocken der Heimat ertönen in Hellas und Flandern. Klingen in einsamen Bunkern an Newa und Don. Über die Wogen, zu einsamen Booten sie wandern – Jenseits der Meere noch jubelt ihr seliger Ton. </poem> <div style="clear:left" />
Aus den weiteren Strophen ergibt sich inhaltlich, dass Soldaten „Lieder der Weihnacht“ gesungen haben sollen, ein „Vater aus Wien“ seinen Soldatensohn im Norden gegrüßt habe und eine „Mutter am Rhein“ von ihrem Soldatensohn von der Wolga gegrüßt worden sei.
Tondokumente dieser Sendung sind bisher in den Archiven nicht aufgefunden worden.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 43.</ref> Auch ein Verzeichnis (Katalog) des Deutschen Rundfunkarchivs beinhaltet keinen Nachweis für die Weihnachtsringsendung 1941.<ref>Siehe Walter Roller: Tondokumente zur Zeitgeschichte 1939–1945. Hrsg. Deutsches Rundfunkarchiv. Frankfurt am Main 1975, (Bild- und Tonträgerverzeichnisse. Band 4), S. 123 (Dort fehlt in der chronologischen Darstellung ein Eintrag für den 24. Dezember 1941.).</ref> Somit kann keine Aussage getroffen werden, ob es eine Livesendung war oder ob eine Bandaufnahme zu Hilfe genommen wurde.
Sendung 1942
1942 gestaltete der Großdeutsche Rundfunk zum dritten Mal eine Weihnachtsringsendung. Sie wurde – entgegen der zeitlichen Vorplanung, die noch 18.00 bis 19.30 Uhr vorsah<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte – Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48).</ref> – von 19.25 bis 20.55 Uhr ausgestrahlt.<ref>Siehe Programmabdruck für den Donnerstag, 24. Dezember 1942, Der Rundfunk von heute. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 24. Dezember 1942, Nr. 358, S. 6 (unten), (ZDB-ID 532075-6); klassische Rundfunkprogrammzeitschriften gab es seit Juni 1941 – aus Papiereinspargründen und weil ein einheitliches Programm über alle deutschen Sender lief – nicht mehr, so dass die Tagespresse sehr kurze einspaltige, drei bis vier Zentimeter hohe Abdrucke vornahm (siehe Thomas Bauer: Deutsche Programmpresse 1923 bis 1941. Entstehung, Entwicklung und Kontinuität der Rundfunkzeitschriften. Saur, München u. a. 1993, (Rundfunkstudien. Band 6), ISBN 3-598-21575-4, S. 286–291); Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (404), der auf die anschließende Rede von Propagandaminister Joseph Goebbels um 21.00 Uhr hinweist. Auch Goebbels führt in seinem Tagebuch aus, dass er seine Weihnachtsrede nach der Weihnachtsringsendung um 21.00 Uhr gehalten habe (Eintrag 25. Dezember 1942 in Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Im Auftrag des Institutes für Zeitgeschichte und mit Unterstützung des Staatlichen Archivdienstes Rußlands. Teil II. Diktate 1941–1945. Band 6. Oktober-Dezember 1942. München u. a. 1996, ISBN 3-598-22137-1, S. 506 <Zeile 183–184>).</ref> Die Moderation der Sendung erfolgte wieder durch Werner Plücker.<ref>Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6)</ref> Die Sendung soll laut zeitgenössischer Literatur 100 Millionen Rundfunkhörer in Deutschland gehabt haben.<ref>Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 (93); Franz Glatzer: „Es ist Weihnacht, die Heimat ruft!“. Hundert Millionen grüßen durch den Äther ihre Söhne an der Front. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 425.</ref> Die Strecke der Übertragungs- und Meldeleitungen soll 50.000 km betragen haben.<ref>Die Zahl mit „über“ 50.000 km bei Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (405) und Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6) sowie „rund“ 50.000 km bei [Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17 <Online (PDF; 1,8 MB)>. Die Zahl von sogar 80.000 km bei Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 (93).</ref>
„Produktionsfahrplan“
Die Vorbereitungen hatten im Oktober begonnen.<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401.</ref> Eingebunden wurde das Propagandaministerium und das Oberkommando der Wehrmacht.<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (402).</ref> Ab dem 18. Dezember erfolgten sechs nächtliche Proben.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48); Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (404).</ref>
Um die besondere ideologische Gestaltung des Programms zu garantieren, gab es bindende Grundsätze. Für die Sendung ist der Ablaufplan<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48–51).</ref> der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft mit den verbindlichen Anregungen für die Gestaltung der einzelnen Sendungsbeiträge erhalten geblieben. Die Verbindlichkeit hebt der Redakteur der Sendung in einem zeitgenössischen Zeitschriftenbeitrag mit den Formulierungen „verbindliches Rüstzeug“ und „festliegende Richtschnur“ hervor.<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (402, 403).</ref> Die erste Fassung ist Ende Oktober erstellt worden und die Endfassung des „Rohfahrplans“ wird vom Redakteur mit dem 4. November angegeben.<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (402, 403).</ref> Allerdings gibt der überlieferte Plan nicht in allen Teilen den letztlich über den Sender gegangenen Ablauf wieder (zum Beispiel der Schlussteil).
Dieser „Produktionsfahrplan“ verlangte mit seinen Gestaltungsrichtlinien von den Frontübertragungsorten unter anderem „kräftige Unterstreichung des harten kämpferischen Einsatzes“ und „herzerfrischende, keineswegs sentimentale, Sehnsucht erweckende Grüße von einigen sorgfältig ausgewählten Kameraden“.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48); Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21, S. 401 (403).</ref>
Inhalt
Es wurden – neben Gesprächen mit zwei<ref>Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6); die Beteiligung von zwei U-Booten ergibt sich auch aus dem Vortrag des Chefs MND (Marinenachrichtendienst) auf der Lagebesprechung beim Chef Skl (Seekriegsleitung) am 23. Dezember 1942 <siehe Werner Rahn, Gerhard Schreiber (Hrsg.): Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939–1945. Teil A. Band 40. Dezember 1942. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes in Verbindung mit dem Bundesarchiv-Militärarchiv und der Marine-Offizier-Vereinigung. <Faksimile-Edition>. Mittler, Herford/Bonn 1993, ISBN 3-8132-0640-8, Original-S. 467 (Google Bücher Snippet-Ansicht)>.</ref> U-Booten<ref>Ein U-Boot soll 2.500 km vom atlantischen Einsatzhafen entfernt gewesen sein (siehe Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 <405>).</ref> (unter anderem U 758),<ref>Erwähnung dieses U-Bootes mit Grüßen in der Weihnachtsringsendung 1942 und dem Einlauf in den Hafen St. Nazaire am Heiligabend 1942 in einem Brief eines teilnehmenden Marinesoldaten nach dem Krieg; dieser Brief an den Autor ist abgedruckt in Lothar-Günther Buchheim: Die U-Boot-Fahrer. Die Boote, die Besatzungen und ihr Admiral. 2. Auflage. Piper, München/Zürich 1998, ISBN 3-492-04044-6, S. 256 Google Bücher Snippet-Ansicht.</ref> einem Minensuchboot und einem Flugzeug<ref>Es soll ein im Einsatz befindlicher Jagdfliegerpilot mit seiner Frau gesprochen haben (siehe Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 <405>).</ref> – folgende Übertragungsorte der Front eingebunden: Hafen am Eismeer (Liinahamari im Gebiet Petsamo), Schwarzmeerhafen Kertsch, Wjasma, Atlantikküste (St. Nazaire, Bordeaux), Marseille,<ref>Der „Abschnitt Marseille“ ist laut Tätigkeitsbericht der 338. [sic!, falsch] [335.] Infanterie-Division zusammen mit der Propaganda-Kompanie 649 erstellt worden (siehe Ahlrich Meyer: Die Razzien in Marseille 1943 und die Propagandaphotographie der Deutschen Wehrmacht. In: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte. Band 22/3 (1995), S. 127 (148 Fußnote 90) mit Hinweis auf Bundesarchiv <BA-MA, RH 26-335/16, Bl. 101> Online-Fassung). Weitere Einzelheiten zu den Mitwirkenden (Sängergruppe des Musik-Korps, Handharmonikaspieler sowie zwei Grenadiere mit Grüßen an Angehörige in München und Frankfurt am Main) sind ebenfalls in dem gleichen Tätigkeitsbericht aufgeführt (siehe Ahlrich Meyer (Hrsg.): Der Blick des Besatzers. Propagandaphotographie der Wehrmacht aus Marseille 1942–1944 = Le regard de l’occupant. Marseille vue par des correspondants de guerre allemands, 1942–1944. Edition Temmen, Bremen 1999, ISBN 3-86108-725-1, S. 165 (166) mit der Dokumentation des Tätigkeitsberichts vom 2. Januar 1943 der Abt. Ic der 335. Infanterie-Division zum Kriegstagebuch Dezember 1942 [BA-MA, RH 26-335/16]).</ref> Zakopane,<ref>Das Militärgenesungsheim mit einer Weihnachtsfeier von Verwundeten war der erste Schaltort (siehe Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (404); Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 <49>).</ref> Tunis, Catania, Kreta, Mittelfinnland (Rovaniemi),<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (405).</ref> Kaukasus (Pjatigorsk),<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (50).</ref> Stalingrad und Meshno (nahe Leningrad) sowie die Funkhäuser Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, München, Graz, Breslau und Königsberg für die Grüße<ref>Ein Propaganda-Foto (jpg-Bild-Datei) mit einer fünfköpfigen Personengruppe vor einem Mikrofon zur Weihnachtsringsendung 1942 mit der Beschreibung Innigste Verbindung zwischen Führung und Volk, zwischen Front und Heimat wurde der Rundfunk in einem Jahrzehnt nationalsozialistischen Aufbaues. Hier ein Bild aus der großen Weihnachtsringsendung 1942: Eine Familie im Funkhaus Berlin spricht mit dem ältesten Sohn und Bruder, der am Eismeer steht. Aufnahme: RRG / [Valentin] Kubina findet sich als Titelbild der Zeitschrift Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2 (ISSN 0016-2841).</ref> der beteiligten Angehörigen von Soldaten.<ref>Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 (90–91) mit Kartenzeichnung.</ref> Hinsichtlich der „Sprechstelle Stalingrad“ wird von manchen vermutet, dass sie nicht aus Stalingrad kam, sondern aus dem rückwärtigen (gut 700 km entfernten) Charkow.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 44 und auch ein damaliger Militärarzt aus Stalingrad in seinem Erlebnisbericht Otto Rühle: Genesung in Jelabuga. Autobiographischer Bericht. Verlag der Nation, Berlin 1967, S. 34 (Google Bücher Snippet-Ansicht); ein anderer deutscher Soldat aus Stalingrad gibt in einem Erinnerungsbericht seine Zweifel hinsichtlich der Korrektheit des Ortes wieder (siehe Dieter Peeters: Vermißt in Stalingrad. Als einfacher Soldat überlebte ich Kessel und Todeslager 1941–1949. Zeitgut Verlag, Berlin 2005, (Sammlung der Zeitzeugen. Band 28), ISBN 978-3 933336-77-4, S. 36 <Vorschau auf google books>).</ref>
In der Sendung wurden Front und Heimat abwechselnd eingespielt und es erfolgte der Austausch von Weihnachtsgrüßen. Am Ende wurden alle beteiligten Stationen von der Front zum gemeinsamen Singen von Stille Nacht, heilige Nacht zusammengeschaltet. Gesungen wurde nicht die im Nationalsozialismus umgedichtete „entchristliche“ Fassung, sondern der Originaltext (z. B. hochheilige Paar und holder Knabe) der ersten Strophe. Manche vermuten, dass der Gesang nicht von den Fronten kam, sondern aus Rundfunkstudios mit der Zumischung von Effekten für die Vortäuschung von Authentizität.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 44.</ref> Die Sendung schloss musikalisch ab mit dem Choral<ref>Wahrscheinlich handelte es sich um den 5. Satz der Kantate Ein feste Burg ist unser Gott, BWV 80 von Johann Sebastian Bach, denn dort lautet die erste Textzeile Und wenn die Welt voll Teufel wär und die vierte Es soll uns doch gelingen.</ref> „Und wenn die Welt voll Teufel wär, es muss uns doch gelingen“.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte – Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (51); Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (405).</ref>
Nach der Ausstrahlung der Sendung erhielt die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft inhaltliche Kritik von der Partei-Kanzlei der NSDAP, weil die Sprecher von der „Heimat zur Front“ die Soldaten nur in einem einzigen Fall mit dem Gruß „Heil Hitler!“ statt „Guten Tag“ oder „Grüß Gott“ angesprochen hätten und dies eine schlechte Vorbildwirkung für die Bevölkerung sei.<ref>Diese Kritik schrieb aus der Partei-Kanzlei der dortige Referatsleiter des Verbindungsbüros zum Propagandaministerium, Reichsamtsleiter Walter Tießler, am 20. Januar 1943 an den Rundfunk-Abteilungsleiter im Propagandaministerium, Hans Fritzsche. Tießler bezog sich mit einem wörtlichen Langzitat auf einen Bericht des stellvertretenden Gauleiters der Gauleitung Sudetenland an die Partei-Kanzlei, der ihm „behördenintern“ auszugsweise zugeleitet worden war. Eine Rückmeldung zu dieser Kritik ist nicht überliefert (siehe die beiden – jeweils ein Blatt umfassenden – verfilmten Original-Schriftstücke „Notiz für Pg. [Parteigenosse] Tießler vom 19. Januar 1943 – Az. II B 1“ und „Notiz für Pg. Fritzsche vom 20. Januar 1943“ aus dem Bundesarchiv (BA NS 18/337) in Akten der Partei-Kanzlei der NSDAP. Rekonstruktion eines verlorengegangen Bestandes. Sammlung der in anderen Provenienzen überlieferten Korrespondenzen, Niederschriften von Besprechungen usw. mit dem Stellvertreter des Führers und seinem Stab bzw. der Partei-Kanzlei, ihren Ämtern, Referaten und Unterabteilungen sowie mit Heß und Bormann persönlich. Teil II. Mikrofiches. Band 2. Box 2. Mikrofiche 97–185 [Blatt-Nr. 40414–77995]. Hrsg. Institut für Zeitgeschichte. Saur, München u. a. 1983, DNB-Datensatz), Mikrofiche Nr. 150 (Blatt-Nr. 63187 u. 63188).</ref>
Tondokument
Von der Weihnachtsringsendung 1942 ist der Schlussteil<ref>Tondokument – Schlussteil der Weihnachtsringsendung 1942 (MP3; 2,3 MB)</ref> im Originalton im Internet zugänglich. Auch im Deutschen Rundfunkarchiv ist nur dieser knapp fünfminütige Sendeteil erhalten geblieben.<ref>Deutsches Rundfunkarchiv – Archiv-Nr. 2570043; Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47; auch ein Verzeichnis (Katalog) des Deutschen Rundfunkarchivs beinhaltet nur den dort mit einer Sendelänge von 4:55 Minuten vorhandenen Schlussteil (siehe Walter Roller: Tondokumente zur Zeitgeschichte 1939–1945. Hrsg. Deutsches Rundfunkarchiv. Frankfurt am Main 1975, (Bild- und Tonträgerverzeichnisse. Band 4), S. 166 <Dokument-Nr. 490>).</ref> Die aktuelle Literatur entnimmt den Charakter einer propagandistischen Inszenierung exemplarisch auch diesem Schlussteil.
Das Tondokument hat viele akustisch schwer verständliche Passagen wegen starker Rückkopplungen, elektronischer Schwingungen und Halleffekten. Die Sprecher haben teils „forsche, derbe, freundliche [… oder] sachliche Stimmen“, wobei allerdings auch manche „verzerrten, oft nicht mehr menschenähnliche Klänge“ zu vernehmen sind.<ref>Herwart Vorländer: Das Tondokument im zeitgeschichtlichen Unterricht. In: Uwe Uffelmann (Hrsg.): Didaktik der Geschichte. Aus der Arbeit der Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs. Für die Landesfachschaft Geschichte in Verbindung mit der Landeszentrale für Politische Bildung. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 1986, ISBN 3-7883-0847-8, S. 287 (300).</ref> Das Tondokument lautet:<ref>Eine nur wenig falsche Transkription (auch mit passender Beschreibung der Stimmen) bei Herwart Vorländer: Das Tondokument im zeitgeschichtlichen Unterricht. In: Uwe Uffelmann (Hrsg.): Didaktik der Geschichte. Aus der Arbeit der Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs. Für die Landesfachschaft Geschichte in Verbindung mit der Landeszentrale für Politische Bildung. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 1986, ISBN 3-7883-0847-8, S. 287 (299). Eine etwas weniger vollständige und mit mehr Schreibfehlern behaftete Transkription bei Uta C. Schmidt: Radioaneignung. In: Inge Marßolek, Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radio im Nationalsozialismus. Zwischen Lenkung und Ablenkung. edition diskord, Tübingen 1998, (Zuhören und Gehörtwerden. Band 1), ISBN 3-89295-638-3, S. 243 (337–338); es fehlt z. B. die Meldung einer Station beim Aufruf durch den Studio-Sprecher, der Schlusstext des Studio-Sprechers mit dem Aufruf der einzelnen Stationen zum Singen und zusätzlich sind einige ausländische Ortsnamen falsch geschrieben. Eine noch stärker gekürzte Transkription bei Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (273) <Online (PDF; 166 kB) S. 9>.</ref>
- „[Studiosprecher Werner Plücker]: Achtung an alle. Noch einmal sollen sich nun unter dem Eindruck dieser Stunden, die wir zusammen erlebten, alle Kameraden an den entferntesten Übertragungsstellen melden und Zeugnis ablegen durch ihren Ruf von dem umfassenden Erlebnis dieser unserer Ringsendung. Achtung, ich rufe noch einmal den Eismeerhafen Liinahamari.
- [Jeweils im Wechsel Außenstation und Studiosprecher Werner Plücker]: Hier ist der Eismeerhafen Liinahamari. – Achtung, ich rufe noch einmal Stalingrad. – Hier ist Stalingrad. Hier ist die Front an der Wolga. – Achtung, noch einmal die Lappland-Front. – Hier ist die Baracke im finnischen Winterwald. – Achtung, noch einmal Süd-Frankreich. Die Luftwaffe. – Hier ist ein Feldflugplatz in Süd-Frankreich. – Und noch einmal die Kriegsmarine und das Heer in Süd-Frankreich. – Hier ist La Ciotat an der französischen Riviera. – Achtung, Achtung, noch einmal der Kampfraum um Rschew. – Hier ist die Front südwestlich Toropez und Kalinin. Der Kampfraum um Rschew. – Achtung, der Ruf noch einmal zum Golf von Biskaya. – Hier ist die Hafenstadt an der süd-französischen Atlantikküste. – Achtung, noch einmal Leningrad. – Hier ist die Front vor Leningrad und am Wolchow. – Achtung, die Kanalküste. – Hier Sicherungsverbände der Kriegsmarine am Kanal. – Achtung, noch einmal die Kaukasus-Front. – Hier meldet sich die Front im Kaukasus. – Achtung, die U-Boot-Fahrer im Atlantik. – Hier ist ein Unterseeboot-Stützpunkt am Atlantik. – Achtung, Catania. – Hier ist die Mittelmeerfront und Afrika. – Achtung, Zakopane. – Aus dem Heeresgenesungsheim in der Tatra grüßen die Verwundeten ihre Kameraden an den Fronten. – Achtung, noch einmal Kreta. – Hier ist Kreta. Posten im Mittelmeer. – Achtung, noch einmal der Schwarzmeerhafen.
- [Außenstation „Schwarzmeerhafen“]: Hier ist noch einmal der Schwarzmeerhafen auf der Halbinsel Krim. Wir bitten Euch Kameraden, jetzt in das schöne alte deutsche Weihnachtslied Stille Nacht mit einzustimmen. [Singende Männer-Stimmen mit Klavierbegleitung im Hintergrund] Stille Nacht, heilige Nacht!
- [Studiosprecher Werner Plücker und gleichzeitig Fortsetzung des Gesangs durch Außenstation „Schwarzmeerhafen“ sowie nach und nach weitere Außenstationen mit überlagertem, aber immer mehr auseinanderfallendem Gesang<ref>Ein zum „Singen“ passendes Propaganda-Foto eines kleinen Chors und eines kleinen Orchesters – jeweils in Marinebekleidung – zur Weihnachtsringsendung 1942 mit der Beschreibung Marineartilleristen am Schwarzen Meer singen für die Weihnachtsringsendung des Großdeutschen Rundfunks – Foto: PK Karbach findet sich in dem (faksimilierten) Fotoartikel Weihnachten bei der Kriegsmarine. In: Die Kriegsmarine. Eine kommentierte Auswahl abgeschlossener, unveränderter Beiträge aus der Propaganda-Zeitschrift der Deutschen Kriegsmarine [Die Kriegsmarine. Deutsche Marine-Zeitung. Herausgegeben mit Unterstützung des Oberkommandos der Kriegsmarine <ZDB-ID 541886-0>]. Band 3. 1942. Verlag für geschichtliche Dokumentation, Hamburg 1978, ISBN 3-921789-02-8, S. 161 (Eine Angabe, aus welchem Heft <mit Seitenzahl> des Jahrgangs 1942 der Zeitschrift die abgedruckte Seite stammt, fehlt für alle faksimilierten Artikel in der Buchdokumentation.).</ref> von „Stille Nacht, heilige Nacht“ (1. Strophe) mit Klavierbegleitung im Hintergrund]: Diesem spontanen Wunsch unserer Kameraden fern drunten im Süden am Schwarzmeer schließen sich nun alle Stationen an. Jetzt singen sie schon am Eismeer und in Finnland. Und jetzt singen sie im Kampfraum um Rschew. Und jetzt schalten wir dazu alle [sic!] die anderen Stationen. Leningrad. Stalingrad. Und jetzt kommt dazu Frankreich. Kommt dazu Catania und singt Afrika. Und nun singt alle mit. Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute das alte deutsche Volkslied.
- [Außenstationen mit Fortsetzung (1:21 Minuten) des überlagerten Gesangs „Stille Nacht, heilige Nacht“ (Wiederholung der 1. Strophe)]: Stille Nacht, heilige Nacht! Alles schläft, einsam wacht. Nur das traute, hochheilige Paar. Holder Knabe im lockigen Haar, Schlaf in himmlischer Ruh, Schlaf in himmlischer Ruh.“
„Live-Charakter“
Es handelte sich nach aktueller Literaturauffassung um keine Livesendung, wie es der Redakteur der Sendung<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401–405.</ref> damals noch darzustellen versuchte.<ref>Siehe z. B. Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 44–46 und die weiteren aktuellen Beiträge in der Literaturliste.</ref> Die Sendung 1942 zeigt sich als „eine geschickte Zusammenstellung von Drehbuch und Regie, unterlegt mit Hall- und Krächzgeräuschen vermeintlicher Authentizität“ aus dem Rundfunkstudio.<ref>Joachim-Felix Leonhard: Staatsgewalt in Staatsgestalt. Massenmedien und Herrschaft im 20. Jahrhundert. In: Franz-Reiner Erkens (Hrsg.): Die Sakralität von Herrschaft. Herrschaftslegitimierung im Wechsel der Zeiten und Räume. Fünfzehn interdisziplinäre Beiträge zu einem weltweiten und epochenübergreifenden Phänomen. Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003660-5, S. 213 (222) Google Bücher Vorschau.</ref> Der „Produktionsfahrplan“ der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft zeigt, dass die Einspielungen Tage zuvor erfolgten, auf Magnetophon-Band (statt Schallplatte) festgehalten und danach zu einer Sendung „gestaltet“ wurden.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47.</ref> Alle Übertragungsorte mussten laut Ablaufplan einen „Sicherheitsbeitrag“ durch Kurier oder Überspielen liefern, um einem Leitungsausfall während der Proben vorzubeugen.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48).</ref> Selbst dieser Ablaufplan spricht davon, dass die Gesamtsendung als Aufnahme vom Magnetophon-Band erfolgte.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte – Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48).</ref> Für eine vollständige Gestaltung der Sendung aus Studioaufnahmen gibt es jedoch keinen Beleg.
Gegen eine Livesendung spricht, dass eines der beteiligten U-Boote (U 758) bereits vor der Ausstrahlung der Sendung wieder in einen Atlantik-Hafen eingelaufen war.<ref>Erwähnung dieses U-Bootes mit Grüßen in der Weihnachtsringsendung 1942 und dem Einlauf in den Hafen St. Nazaire am Heiligabend 1942 in einem Brief eines teilnehmenden Marinesoldaten nach dem Krieg; dieser Brief an den Autor ist abgedruckt in Lothar-Günther Buchheim: Die U-Boot-Fahrer. Die Boote, die Besatzungen und ihr Admiral. 2. Auflage. Piper, München/Zürich 1998, ISBN 3-492-04044-6, S. 256 Google Bücher Snippet-Ansicht.</ref> Kennzeichnend für die „Gestaltung“ der Sendung ist, dass alle Übertragungsleitungen im Mischraum des sogenannten Hörspiel-Komplexes im Berliner Funkhaus zusammenliefen.<ref>Hinweis auf den Hörspiel-Komplex bei L[udwig] Heck: Die technische Durchführung der Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 420 (421).</ref>
Die Konstruktion der Weihnachtsringsendung 1942 als „radiophone Inszenierung“ greift mit einer Art Konferenzschaltung auf die Mittel des Hörspiels und der Reportage zurück.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (276) <Online (PDF; 166 kB) S. 13>.</ref> Die Sendung war „manipuliert […], indem durch geschickte Zusammenschnitte vorpräparierter Beiträge eine Live-Sendung simuliert wurde“.<ref>Günter Grull: Radio und Musik von und für Soldaten. Kriegs- und Nachkriegsjahre 1939–1960. Herbst, Köln 2000, (WHV. Band 55), ISBN 3-923925-66-2, S. 177 Fußnote 8 (Google Bücher Snippet-Ansicht).</ref> Für die Sendung ist sozusagen das „Tonband […] als Geheimwaffe“ genutzt worden.<ref>Friedrich Kittler: Synergie von Mensch und Maschine. In: Florian Rötzer, Sara Rogenhofer (Hrsg.): Kunst machen? Gespräche und Essays. 2. Auflage. Boer, München 1991, ISBN 3-924963-23-1, S. 90 (100) <Online-Teilauszug eines Langzitates der Erstveröffentlichung aus der Zeitschrift KUNSTFORUM international. Band 98 (Januar/Februar 1989), Ästhetik des Immateriellen? Das Verhältnis von Kunst und Neuen Technologien. Teil II, S. 108 (115 f.)>.</ref> Außerdem war der „Erfinder“ der Sendung, Werner Plücker, ein ausgewiesener Hörspiel-Autor.<ref>Siehe seine propagandistischen Werke bei Wolfram Wessels: Hörspiele im Dritten Reich. Zur Institutionen-, Theorie- und Literaturgeschichte. Bouvier, Bonn 1985, (Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft. Band 366), ISBN 3-416-01926-1, S. 188–189, 248–250, 407, 503–504.</ref>
Die zeitgenössische Rundfunkliteratur bezeichnete das Sendeformat ohne Umschweife als „Hörwerk“ und riet sogar „die Vollmontage als die verläßlichere Form der gemischten Form vorzuziehen“, da sonst „Überraschungen […] durch Leitungsstörungen, mangelhafte Leitungen, Fehlschaltungen“ möglich seien.<ref>Siehe E[ugen] Kurt Fischer: Dramaturgie des Rundfunks. Vowinckel, Heidelberg/Berlin/Magdeburg 1942, (Studien zum Weltrundfunk und Fernsehrundfunk. Band 4), S. 121.</ref> Das „Hörwerk“ als Mischform aus Hörspiel und Hörbericht sei ein „gestalteter Hörbericht“.<ref>Gerhard Eckert: Der Rundfunk als Führungsmittel. Vowinckel, Heidelberg/Berlin/Magdeburg 1941, (Studien zum Weltrundfunk und Fernsehfunk. Band 1), S. 43.</ref> Derartige Sendungen „verlebendigten“ ein „Thema mit allen denkbaren funkischen Mitteln“.<ref>Gerhard Eckert: Der Rundfunk als Führungsmittel. Vowinckel, Heidelberg/Berlin/Magdeburg 1941, (Studien zum Weltrundfunk und Fernsehfunk. Band 1), S. 110 (Google Bücher Snippet-Ansicht).</ref> Die Benutzung der Aufzeichnung mittels Platte oder Magnetophonband wird in der zeitgenössischen Literatur zur Verhinderung eines Misslingens der Sendung bei Hörberichten als Normalfall dargestellt.<ref>Siehe beispielsweise Gerhard Eckert: Der Rundfunk als Führungsmittel. Vowinckel, Heidelberg/Berlin/Magdeburg 1941, (Studien zum Weltrundfunk und Fernsehfunk. Band 1), S. 43, 93.</ref>
Die Aufnahmetechnik war im Jahr 1942 beim Magnetophon-Band hinsichtlich des Klangs verbessert worden, da mittlerweile die bisher fehlende Hochfrequenz-Vormagnetisierung eingesetzt wurde. Dies verhinderte zum Beispiel ein starkes Rauschen oder Klirren. Durch diesen technischen Fortschritt beim Tonband wurde im Rundfunkbetrieb der Einsatz von Schallplatten (oft selbst geschnittene Decelith-Scheiben) als Tonträger immer seltener.
Zusammenfassend wird in der aktuellen Literatur festgestellt, dass die Sendung von 1942 vermutlich der „Versuch [war], das in den Vorjahren gebotene [in dem Wissen] zu übertrumpfen […], dass dies die technischen Möglichkeiten eigentlich nicht erlauben“.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 46.</ref>
Sendung 1943
Die letzte Weihnachtsringsendung wurde 1943 produziert.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48).</ref> In die Vorbereitung fiel ein britischer Bombenangriff am 18. November 1943 auf das Berliner Funkhaus mit starken Zerstörungen.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 46.</ref> Die Sendung mit dem einfachen Titel „Weihnachtsringsendung“ dauerte etwas über eine Stunde und wurde von 19.55 bis 21.00 Uhr ausgestrahlt.<ref>Programmabdruck für den Freitag, 24. Dezember 1943. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Berliner Ausgabe. 24. Dezember 1943, Nr. 358, [Beiblatt] Berliner Beobachter, S. 1 (rechte Spalte Mitte), (ZDB-ID 532074-4).</ref> Dies war die zeitliche Vorplanung.<ref>Um 21 Uhr sollte nach der Weihnachtsringsendung der Propagandaminister Joseph Goebbels im Rundfunk sprechen. Dies kündigte der Abteilungsleiter im Propagandaministerium, Hans Fritzsche, am 11. Dezember 1943 auf der täglichen Rundfunkarbeitsbesprechung an (siehe dokumentiertes Zitat bei Martin Hartwig: Deutschlandfunk-Feature „Zunächst die Tagesparole – Die Rundfunkarbeitsbesprechungen des Propagandaministeriums“ vom 4. Juni 2002 – unkorrigiertes Sendemanuskript).</ref> Nach der Sendung erfolgte die Rede von Propagandaminister Joseph Goebbels.<ref>Ankündigung der Rede im Artikel Dr. Goebbels spricht heute. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Berliner Ausgabe. 24. Dezember 1943, Nr. 358, S. 1 (unten rechts), (ZDB-ID 532074-4). Auch Goebbels führt in seinem Tagebuch aus, dass er nach der Ringsendung um 21 Uhr seine Weihnachtsrede gehalten habe (Eintrag 25. Dezember 1943 in Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Im Auftrag des Institutes für Zeitgeschichte und mit Unterstützung des Staatlichen Archivdienstes Rußlands. Teil II. Diktate 1941–1945. Band 10. Oktober–Dezember 1943. Saur, München u. a. 1994, ISBN 3-598-22306-4, S. 549 <Zeile 189–190>).</ref>
Zum Inhalt der Sendung gibt es in der Literatur keine Angaben. Allerdings hatte das Propagandaministerium an die Rundfunkmitarbeiter allgemein für die Weihnachtszeit 1943 die Weisung erteilt, dass „nur sehr wenig von Weihnachten geredet“ werden solle.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte – Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48) mit Verweis auf die Rundfunkarbeitsbesprechungen des Propagandaministeriums (siehe dokumentiertes Zitat des Abteilungsleiters Hans Fritzsche auf der Besprechung am 11. Dezember 1943 bei Martin Hartwig: Deutschlandfunk-Feature „Zunächst die Tagesparole – Die Rundfunkarbeitsbesprechungen des Propagandaministeriums“ vom 4. Juni 2002 – unkorrigiertes Sendemanuskript).</ref> Dies dürfte ebenso für die Gestaltung der Weihnachtsringsendung gegolten haben.
Ein überliefertes Tondokument scheint es nicht zu geben. Auch ein Verzeichnis (Katalog) des Deutschen Rundfunkarchivs beinhaltet keinen Nachweis über die Weihnachtsringsendung 1943.<ref>Walter Roller: Tondokumente zur Zeitgeschichte 1939–1945. Hrsg. Deutsches Rundfunkarchiv. Frankfurt am Main 1975, (Bild- und Tonträgerverzeichnisse. Band 4), S. 203 (Dort fehlt in der chronologischen Darstellung ein Eintrag für die Sendung 1943.).</ref>
Heiligabend 1944
Die Ausstrahlung einer „klassischen“ Weihnachtsringsendung 1944 ist nach der Quellenlage eher unwahrscheinlich. Es gibt für den 24. Dezember im einheitlichen Reichsprogramm des Großdeutschen Rundfunks keinen Hinweis zu einer derartigen Sendung.<ref>Siehe Programmabdruck Reichsprogramm und Deutschlandsender für den Sonntag, 24. Dezember 1944, Der Rundfunk am Sonntag. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Berliner Ausgabe. 23. Dezember 1944, Nr. 344, S. 4 (links Mitte), (ZDB-ID 532074-4); Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48); einzelne Reichssender mit eigenständigen Programmen gab es seit Juni 1940 nicht mehr.</ref> Tondokumente einer derartigen Sendung sind in den Archiven nicht aufgefunden worden. Auch ein Verzeichnis (Katalog) des Deutschen Rundfunkarchivs beinhaltet keinen Nachweis für eine Weihnachtsringsendung 1944.<ref>Siehe Walter Roller: Tondokumente zur Zeitgeschichte 1939–1945. Hrsg. Deutsches Rundfunkarchiv. Frankfurt am Main 1975, (Bild- und Tonträgerverzeichnisse. Band 4), S. 245; dort fehlt in der chronologischen Darstellung ein Eintrag für den 24. Dezember 1944.</ref> Große Schaltungen zu weit entfernten und von Deutschland besetzten Ländern waren aufgrund des Frontverlaufes Ende 1944 ohnehin nicht mehr möglich.<ref>Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 46.</ref>
Allerdings gab es Vorplanungen, die nicht umgesetzt wurden. Zum beabsichtigten Inhalt gibt es folgende überlieferte Absichten des Reichsrundfunks: Erstens sollte es eine „vollkommen neue Weihnachtsringsendung“ geben. Zweitens enthalte sie „einen sehr netten Einfall mit einem Lied, was sich Soldaten wünschen[; dies seien …] Post, Lieder zum Singen und schöne Musik aus dem Lautsprecher“. Und drittens sollten zum Schluss der Sendung „Glocken der Heimat“ erklingen.<ref>Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte – Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47 (48) mit Hinweis auf diese Äußerungen von dem Abteilungsleiter im Propagandaministerium, Hans Fritzsche, auf einer der täglichen Rundfunkarbeitsbesprechungen.</ref>
Propagandaminister Joseph Goebbels erwähnt allerdings in seinem Tagebuch, dass am Heiligabend bei der Ringsendung „insbesondere die Übertragung aus den Atlantik-Stützpunkten, […] vom deutschen Volke mit tiefer Bewegung zur Kenntnis genommen worden“ sei.<ref>Eintrag 31. Dezember 1944 in Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil II. Diktate 1941–1945. Band 14. Oktober–Dezember 1944. Im Auftrag des Institutes für Zeitgeschichte und mit Unterstützung des Staatlichen Archivdienstes Rußlands. Saur, München u. a. 1999, ISBN 3-598-22310-2, S. 500 <Zeile 171–173> (Google Bücher Snippet-Ansicht).</ref> Dieser von Goebbels fälschlich als „Ringsendung“ bezeichnete Rundfunkbeitrag war wahrscheinlich nur die Sendung „Die Frontweihnacht“ von 19.30 bis 20 Uhr im Reichsprogramm; außerdem gab es von 16 bis 18 Uhr die Sendung „Weihnachten in deutschen Gauen“.<ref>Siehe Martin Blümcke: „Das Wunder des Beisammenseins“ – Weihnachtsringsendungen im Zweiten Weltkrieg. In: Booklet (Beiheft) zur Audio-CD Heimat deine Sterne. Vol. 7 Kriegsweihnacht 1940. Hrsg. UraCant Musikverlag Fridhardt Pascher. 2003, EAN 7640104020110, S. [2 <15> Seiten-Nummerierung fehlt]; Programmabdruck Reichsprogramm für den Sonntag, 24. Dezember 1944, Der Rundfunk am Sonntag. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Berliner Ausgabe. 23. Dezember 1944, Nr. 344, S. 4 (links Mitte), (ZDB-ID 532074-4); Benennung der Sendungen auch bei Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 46.</ref> Unklar wird die Überlieferung aber auch durch einen Aktenteil im Propagandaministerium mit dem Stichwort „Weihnachts-Ringsendungen“ in einem der „wöchentlichen Tätigkeitsberichte des Leiters der Abteilung Propaganda – Chef des Propagandastabes – als Zusammenfassung der Berichte der Reichspropagandaämter […]“ vom 28. Dezember 1944.<ref>Dieser „Bericht“ ist im Bundesarchiv (laut „Findbuch“) im Bestand R 55 (Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda) mit der Archiv-Signatur 601 (S. 269) überliefert [allerdings noch nicht vom Wiki-Bearbeiter eingesehen] (siehe Bestand R 55. Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. [als Maschinenschrift gedruckt]. Bearbeitet von Wolfram Werner. Bundesarchiv, Koblenz 1979, (Findbücher zu Beständen des Bundesarchivs. Band 15), S. 289, 297 <Google Bücher Snippet-Ansicht>).</ref>
Zeitgenössische Stimmen
Bei allen zeitgenössischen Literaturstimmen muss beachtet werden, dass diese Autoren Teil der gleichgeschalteten Medien (Rundfunk und Presse) im Nationalsozialismus waren. Deshalb kann keine medienkritische Äußerung zu den Weihnachtsringsendungen erwartet werden, sondern jeder Beitrag ist Teil der Propaganda im Umfeld der Sendungen.
Auftrag des Rundfunks
Die Weihnachtsringsendung sei eine „den Weltenraum umspannende Feierstunde“.<ref>Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6), zur Sendung 1942.</ref> Die Sendung sei angesichts des Krieges „nach Inhalt und Anlage eine Forderung, die der Großdeutsche Rundfunk zu erfüllen hatte“.<ref>Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 zur Sendung 1940.</ref> Das Sendeformat zeige, „welche Aufgaben der Rundfunk gerade während des Krieges lösen kann“.<ref>Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 (Online) (PDF; 1,7 MB) zur Sendung 1940.</ref> Der Rundfunk habe deshalb „in ganz besonders klarer und schöner Weise einen Eindruck von seiner umfassenden Mission gegeben“.<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (8) zur Sendung 1940.</ref> Schon die Proben hätten eine „ergreifende Stimmung“ bei den Mitarbeitern verbreitet.<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (6) zur Sendung 1940.</ref>
Rundfunktechnik
Die Weihnachtsringsendung habe „auf die besten Erfahrungen der Rundfunk-Übertragungstechnik“ bauen können.<ref>Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 (Online) (PDF; 1,7 MB) zur Sendung 1940.</ref> Die „Übertragung von Wechselgesprächen zwischen den Fronten“ sei eine „Höchstleistung des Deutschen Rundfunks“.<ref>Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 zur Sendung 1942.</ref> Die Weihnachtsringsendung sei die „bisher vollkommenste Leistung einer […] Konferenzschaltung über größte Entfernungen“ gewesen.<ref>Gerhard Eckert: Der Rundfunk als Führungsmittel. Vowinckel, Heidelberg/Berlin/Magdeburg 1941, (Studien zum Weltrundfunk und Fernsehfunk. Band 1), S. 96 (Google Bücher Snippet-Ansicht) zur Sendung 1940.</ref> Mit der Sendung habe die „ganze Kraft und Gewalt des Rundfunks […] aus allen Ecken Europas gestrahlt“.<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (8) zur Sendung 1940.</ref> Das „Wunder Rundfunk“ habe gewirkt<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (7) zur Sendung 1940.</ref> und die Technik habe ein „Weihnachtswunder“ ermöglicht.<ref>[Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17 <Online (PDF; 1,8 MB)> zur Sendung 1942.</ref> Dieses „Wunder ‚Technik‘ [… habe] wieder einmal Raum und Zeit besiegt“.<ref>Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6)</ref> Die Technik sei ein „dienstbares Instrument“<ref>Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401 (402) zur Sendung 1942.</ref> und eine „Zauberleistung“<ref>Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6), zur Sendung 1942.</ref> gewesen. Die Weihnachtsringsendung sei ein „eindrucksvolles Beispiel für die gute Gemeinschaftsarbeit“ von Wehrmacht, Reichspost und Rundfunk.<ref>Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423 (424) zur Sendung 1940.</ref> Die Ringsendung sei ein „Höhepunkt des Rundfunkschaffens [und] leuchtender Ausdruck dessen, was der Rundfunk unter nationalsozialistischer Führung [wurde]“.<ref>[Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17 <Online (PDF; 1,8 MB)> zur Sendung 1942.</ref>
Funktion des Sendeformates
Der Rundfunk schlage zu Weihnachten „ein Band um uns alle, und alle Trennungen, alle Fernen [seien …] aufgehoben“.<ref>Artikel Frohe Rundfunk-Weihnacht für Front und Heimat. Ein Feiertags-Programm mit vielen schönen Gaben – Die Reichsminister Dr. Goebbels und Rudolf Heß sprechen. In: Hier Berlin und alle deutschen Sender. Rundfunkzeitschrift. Jahrgang 1940, Heft 52, S. 2 (ZDB-ID 541891-4) zur Sendung 1940.</ref> Die Sendung sei „Mittler zwischen Heimat und Front“<ref>Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422 (423) zur Sendung 1940.</ref> und sie vereine „Front und Heimat zu einem einzigartigen Gemeinschaftserleben“.<ref>Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89 zur Sendung 1942.</ref> Der Rundfunk zeige: „Kaum stand je Front und Heimat so eng verbunden im gegenseitigen Gedenken beieinander wie in der Verbindung durch diese einzigartige Sendung“.<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (11) zur Sendung 1940.</ref> Die Aussage „Im Raum der Ätherwellen wölbte sich das Haus der riesigen Familie, die wir mit unseren Soldaten bilden.“ wurde immer wieder hervorgehoben.<ref>Artikel Unser schönstes Weihnachten. Ringsendung ruft Großdeutschland und seine Soldaten. In: Nationalsozialistische Rundfunk-Korrespondenz. RK. Jahrgang 1940, Heft 53 (30. Dezember 1940), S. 4, (ZDB-ID 546660-x).</ref>
Wirkung der Sendung
Es sei eine „großartige und einmalige“ Sendung gewesen.<ref>Alfred Karrasch: Vater Peitschat spricht mit seinen sechs Söhnen. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 426 zur Sendung 1940.</ref> Sie sei „überall im Lande […] ein ganz starkes Erlebnis gewesen“.<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (8) zur Sendung 1940.</ref> Alle Hörer hätten „im Banne der Zwiesprache“ zwischen Front und Heimat gestanden.<ref>Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 (Online) (PDF; 1,7 MB) zur Sendung 1940.</ref> Während der Ringsendung habe man „die große Zuversicht und den starken, bedingungslosen Glauben an den Sieg des Reiches […] fühlen“ können.<ref>[Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17 <Online (PDF; 1,8 MB)> zur Sendung 1942.</ref> Deshalb hätten auch alle „dem Großdeutschen Rundfunk für dieses Erlebnis […] heißen Dank gesagt“.<ref>Artikel Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22 (Online) (PDF; 1,7 MB) zur Sendung 1940.</ref> Die Sendung sei ein Geschenk, „deren Größe und Einmaligkeit im stummen Dank eines ganzen Volkes ihren Ausdruck findet“.<ref>Franz Glatzer: „Es ist Weihnacht, die Heimat ruft!“. Hundert Millionen grüßen durch den Äther ihre Söhne an der Front. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 425 zur Sendung 1940.</ref> In der Weihnachtsringsendung wurde der „Rundfunk [fernab der Technik …] ein Ausdruck des Seelischen, ein Zusammenhang der edelsten Kräfte im deutschen Menschen; in dieser Stunde schwang in ihm das Leben der Nation“.<ref>[Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17 <Online (PDF; 1,8 MB)> zur Sendung 1942.</ref> Der große Eindruck werde „zeitlebens unvergesslich bleiben“.<ref>H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5 (11) zur Sendung 1940.</ref>
Auch der Propagandaminister Joseph Goebbels rühmt in seinem Tagebuch die Weihnachtsringsendung, weil sie „Front und Heimat in der wirkungsvollsten Weise verbindet“;<ref>Eintrag 25. Dezember 1943 in Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Im Auftrag des Institutes für Zeitgeschichte und mit Unterstützung des Staatlichen Archivdienstes Rußlands. Teil II. Diktate 1941–1945. Band 10. Oktober–Dezember 1943. Saur, München u. a. 1994, ISBN 3-598-22306-4, S. 549 <Zeile 190>.</ref> die Sendungen seien „wunderbar und ergreifend“ gewesen.<ref>Eintrag 25. Dezember 1942 in Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Im Auftrag des Institutes für Zeitgeschichte und mit Unterstützung des Staatlichen Archivdienstes Rußlands. Teil II. Diktate 1941–1945. Band 6. Oktober–Dezember 1942. Saur, München u. a. 1996, ISBN 3-598-22137-1, S. 506 <Zeile 183–184>.</ref>
„Meldungen aus dem Reich“
Die Meinung der deutschen Rundfunkhörer zu den Weihnachtsringsendungen ergibt sich mit aller wissenschaftlichen Vorsicht aus den Meldungen aus dem Reich vom Sicherheitsdienst der SS. Diese Meldungen waren geheime innenpolitische Lageberichte zur Stimmung der Bevölkerung für höhere NS-Funktionäre.
Nach diesen Berichten habe zu Weihnachten 1940 die Ringsendung den „weitaus tiefsten Eindruck“ hinterlassen, „stelle sicher eine technische Glanzleistung dar“ und habe „über alles gut gefallen“.<ref>Meldungen aus dem Reich (Nr. 152) vom 9. Januar 1941. In: Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Band 6: Meldungen aus dem Reich Nr. 142 vom 18. November 1940 – Nr. 179 vom 17. April 1941. Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, S. 1886 (1888).</ref>
In der Bevölkerung habe hinsichtlich der Sendung 1941 „der Eindruck geherrscht […], daß die Sendung an Lebendigkeit und Frische etwas hinter der des Vorjahres gestanden habe“, trotzdem habe die Sendung „größte innere Anteilnahme gefunden und aufs eindringlichste die enge Verbundenheit von Front und Heimat zur Darstellung gebracht“.<ref>Meldungen aus dem Reich (Nr. 249) vom 8. Januar 1942. In: Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Band 9: Meldungen aus dem Reich Nr. 247 vom 18. Dezember 1941 – Nr. 271 vom 26. März 1942. Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, S. 3132 (3136).</ref>
Aus der Sendung 1942 mit der Einbindung eines „Sprechers“ aus Stalingrad wird in der Bevölkerung der Schluss gezogen, dass dies „die vielen Befürchtungen beseitigt [habe], daß Stalingrad nicht nur abgeschnitten, sondern aufgegeben sein könnte“.<ref>Meldungen aus dem Reich (Nr. 346) vom 29. Dezember 1942. In: Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Band 12: Meldungen aus dem Reich Nr. 332 vom 5. November 1942 – Nr. 362 vom 25. Februar 1943. Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, S. 4597 (4601) <Google Bücher Snippet-Ansicht>.</ref> Außerdem gibt es für 1942 die Erwähnung, dass „Presse und Rundfunk [der …] allgemeinen Stimmung [(keine laute Weihnachtsfreude)] sehr entgegen gekommen“ seien.<ref>Meldungen aus dem Reich (Nr. 346) vom 29. Dezember 1942. In: Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Band 12: Meldungen aus dem Reich Nr. 332 vom 5. November 1942 – Nr. 362 vom 25. Februar 1943. Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, S. 4597 (4599).</ref>
Für Weihnachten 1943 verweisen die Berichte zwar darauf, dass in der Bevölkerung eine „eigentliche Weihnachtsstimmung nicht habe aufkommen können“, eine Bewertung der letzten Weihnachtsringsendung durch die Bevölkerung fehlt jedoch in der Überlieferung.<ref>SD-Berichte zu Inlandsfragen vom 3. Januar 1944 (Grüne Serie). In: Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS. Band 16: SD-Berichte zu Inlandsfragen vom 27. Dezember 1943 (Rote Serie) – 20. April 1944 (Weiße Serie). Berichte an die Parteikanzlei vom Januar 1944. Meldungen aus den SD-Abschnittsbereichen vom 4. Februar 1944. Bericht an den Reichsschatzmeister der NSDAP vom 23. März 1944 – 13. April 1944. Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-158-1, S. 6203.</ref>
Aufzeichnungen, Feldpostbriefe und Soldaten-Erinnerungen
Neben den Veröffentlichungen in der zeitgenössischen Presse oder den Meldungen aus dem Reich sind relativ ungefilterte Äußerungen der Bevölkerung zur Einordnung der Sendungen interessant. Es zeigt sich, dass die von der Propaganda beabsichtigten Wirkungen bei der Bevölkerung und den Soldaten vielfach eintraten.
Eine Chronik des oberschlesischen Dorfes Wellendorf (Turze), die von der dortigen Schule geführt wurde, vermerkt im Jahr 1942: „Am Hl. Abend vermittelte uns der deutsche Rundfunk durch eine Ringsendung einen gewaltigen Eindruck deutscher Kraft aus den entferntesten Teilen Europas.“<ref>Norbert Piechula (Hrsg.): Alte Chronik von Wellendorf [Turze]. Stara kronika Turza. 1866–1945. [Transkription aus der alten deutschen Sütterlin-Handschrift]. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-2469-9, S. 77 (Google-Bücher Vorschau).</ref>
Auch die Feldpostbriefe von Soldaten zeigen die Wirkung der Sendung. Der Gefreite Paul Wortmann schreibt am Heiligabend aus Stalingrad an seine Eltern und Geschwister: „Ein Erlebnis besonderer Art war auch die Weihnachts-Ringsendung, die Ihr sicher auch gehört habt. Ein Soldat, nicht weit von uns, sprach darin und ich bin gewiss, dass in diesem Augenblick unsere Gedanken nahe beieinander waren.“<ref>Siehe Brief in Jens Ebert (Hrsg.): Feldpostbriefe aus Stalingrad. November 1942 bis Januar 1943. Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0826-8, S. 199 (Google-Bücher Vorschau).</ref> Ebenfalls aus Stalingrad vermerkt der Soldat Karl W. in seinem Brief unter dem Datum „Kriegsweihnachten 1942“ das gemeinsame Hören der Sendung mit folgenden Worten: „Ihr habt gestern Abend doch bestimmt in der Ringsendung durch den Rundfunk, die Grüße von allen Fronten gehört und auch bestimmt hier von Stalingrad. Wir haben ja auch Radio und haben den hl. Abend sehr gemütlich verbracht.“<ref>Siehe Brief in Jens Ebert: „Der Kessel von Stalingrad ist nicht zu beschreiben“. Feldpostbriefe aus Stalingrad 1942/1943. In: Ulrich Herrmann, Rolf-Dieter Müller (Hrsg.): Junge Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Kriegserfahrungen als Lebenserfahrungen. Juventa-Verlag, Weinheim/München 2010, ISBN 978-3-7799-1138-8, S. 166 (187) <Google-Bücher Vorschau>.</ref> Der Obergefreite Karl Bühler schrieb aus Stalingrad: „Am Radio erfreuten wir uns zunächst der Ringsendung von 19 Uhr 20 bis zum Beginn der Goebbelsrede. Auch aus Stalingrad kamen Weihnachtsgrüße ins Reich, worüber wir uns besonders freuten, bewiesen doch diese Grüße – trotz aller Lügen der Gegner – dass die deutsche Wehrmacht und nicht etwa die Bolschewisten Stalingrad nach wie vor in der Hand haben. Dabei wird es auch bleiben!“<ref>Zitiert in Sendemanuskript des Radiobeitrags Deutschlandlandfunk: Feldpostbriefe aus Stalingrad. Teil 12. Von Verblendung und verlorenem Glauben vom 29. November 2002.</ref>
Auch die Erinnerungen von Soldaten nach dem Krieg sind gekennzeichnet von der Wirkung des propagandistischen Sendeformates. Ein Leutnant, der damals in Stalingrad war, berichtet: „Als Stalingrad gerufen wurde, begannen wir zu frösteln. Als dann ‚Stille Nacht, heilige Nacht’ erklang, rollten unsere Tränen. Von da an sprach niemand mehr ein Wort – vielleicht eine Stunde lang.“<ref>Zitiert in Guido Knopp: Stalingrad. Das Drama. Bertelsmann, München 2002, ISBN 3-570-00693-X, S. 271 (Google-Bücher Snippet-Ansicht).</ref>
Medienwissenschaftliche Bewertung
Die Weihnachtsringsendung 1942 ist – trotz der nur knapp fünf Minuten langen Tonüberlieferung – die bekannteste, denn viele Hörfunk- und Literaturbeiträge befassen sich gerade mit dieser Sendung als Beispiel für die medien- und politikwissenschaftliche Bewertung des Sendeformates. Die erste Sendung von 1940 mit der Komplettüberlieferung wird nur selten als Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Betrachtung gewählt. Auch für den Schulunterricht wird das Tondokument 1942 von Geschichtsdidaktikern empfohlen.<ref>Siehe z. B. Herwart Vorländer: Das Tondokument im zeitgeschichtlichen Unterricht. In: Uwe Uffelmann (Hrsg.): Didaktik der Geschichte. Aus der Arbeit der Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs. Für die Landesfachschaft Geschichte in Verbindung mit der Landeszentrale für Politische Bildung. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 1986, ISBN 3-7883-0847-8, S. 287 (298–301).</ref>
Allgemein wird vermerkt, dass die Sendung 1942 „damals stark beeindruckte […, aber] auf uns heute geradezu gespenstisch wirken kann“.<ref>Herwart Vorländer: Das Tondokument im zeitgeschichtlichen Unterricht. In: Uwe Uffelmann (Hrsg.): Didaktik der Geschichte. Aus der Arbeit der Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs. Für die Landesfachschaft Geschichte in Verbindung mit der Landeszentrale für Politische Bildung. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 1986, ISBN 3-7883-0847-8, S. 287 (300).</ref> Die Weihnachtsringsendungen „untermalten akustisch […] Höhepunkte des Jahreslaufs [… und] waren und stützten Rituale, boten Anlaß zur Sentimentalität und fungierten als Ventile oder Verstärker sonst unterdrückter Gefühle“.<ref>Karin Falkenberg: Radiohören. Zu einer Bewußtseinsgeschichte 1933 bis 1950. Falkenberg, Haßfurt/Nürnberg 2005, ISBN 3-927332-07-0, S. 132.</ref>
Gestaltung der Sendung
Die Strategie der Weihnachtsringsendung ist propagandistisch, findet sich allerdings nicht in den „Kategorien einer rhetorisch-manipulativen Propagandakonzeption“ klassischer Art.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (270) <Online (PDF; 166 kB) S. 5>.</ref> Die Gestaltung der Sendung hatte „eine von vornherein kalkulierte Tiefenwirkung“.<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 283.</ref> Mit Blick auf den technischen Verknüpfungsaufwand über zivile und militärische Wege kann man davon sprechen, dass das „Volk […] mit dem Krieg an allen Fronten verschaltet“ wurde.<ref>Wolfgang Hagen: Das Radio. Zur Geschichte und Theorie des Hörfunks – Deutschland/USA. Fink, München 2005, ISBN 3-7705-4025-5, S. 141.</ref>
In der Ringsendung ist „der Sound des Technischen – Knattern, Krächzen, Hall – neben der Montage und der stimmlichen Darstellung ein wesentliches Wirkungsmittel“ für den zu erzielenden Effekt gewesen.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (281) <Online (PDF; 166 kB) S. 19>.</ref> Während in den vorherigen Sendungen „in langweiligster Weise Grüße […] ausgetauscht“ wurden, „erhöht[e] man 1942 die Geschwindigkeit des Hin- und Herschaltens und scheut[e] sich auch nicht davor, die Rückkopplungseffekte [zur Verhinderung eines zu perfekten Eindrucks beim Radiohörer …] einfach geschehen zu lassen“.<ref>Wolfgang Hagen: Das Radio. Zur Geschichte und Theorie des Hörfunks – Deutschland/USA. Fink, München 2005, ISBN 3-7705-4025-5, S. 141–142.</ref> Die „Wirkungsweise […] läßt sich über eine rein schriftliche Wiedergabe […] allenfalls ansatzweise erfahren“, denn nur die „akustische Überlieferung“ offenbart den Charakter der Weihnachtsringsendung.<ref>Uta C. Schmidt: Radioaneignung. In: Inge Marßolek, Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radio im Nationalsozialismus. Zwischen Lenkung und Ablenkung. edition diskord, Tübingen 1998, (Zuhören und Gehörtwerden. Band 1), ISBN 3-89295-638-3, S. 243 (337).</ref> Als Bewertung im Vergleich Presse und Rundfunk ist sogar feststellbar: „Zu solcher Wirkung wäre Druckerschwärze nicht fähig gewesen.“<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 284.</ref>
Diese „Sound-Konstruktion“ wollte die „fehlende räumliche Präsenz durch intensivierte Ansprache […] kompensieren“, damit Heimat und Front sich verbunden fühlten.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (269) <Online (PDF; 166 kB) S. 4>.</ref> Das Sendeformat ist ein Versuch durch die Zusammenschaltung von Front und Heimat ein „imaginäres ‚inneres Deutschland’ mit Hilfe des ‚Erlebens der Ringsendung’ als eine Wirklichkeit zu konstruieren“.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (276) <Online (PDF; 166 kB) S. 13>.</ref> Eine „kontinentumspannende Leistung deutscher Technik demonstrierte zugleich die kontinentale Ausdehnung deutscher Herrschaft“.<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 284.</ref> Die „komplexe Struktur“ der Sendung und die Nutzung der „komplexen Technologien“ ist zugleich eine „Drohung […, dass die gleiche Technik auch] ganze Städte und Landstriche zu pulverisieren“ vermag.<ref>Friedrich Kittler: Synergie von Mensch und Maschine. In: Florian Rötzer, Sara Rogenhofer (Hrsg.): Kunst machen? Gespräche und Essays. 2. Auflage. Boer, München 1991, ISBN 3-924963-23-1, S. 90 (100) <Online-Teilauszug eines Langzitates der Erstveröffentlichung aus der Zeitschrift KUNSTFORUM international. Band 98 (Januar/Februar 1989), Ästhetik des Immateriellen? Das Verhältnis von Kunst und Neuen Technologien. Teil II, S. 108 (115 f.)>.</ref>
Somit ist die Weihnachtsringsendung 1942 „einerseits die symbolhafte Inszenierung des Großmachtanspruchs und andererseits die Erzeugung sakraler Stimmung durch die Sendeform selbst“.<ref>Joachim-Felix Leonhard: Staatsgewalt in Staatsgestalt. Massenmedien und Herrschaft im 20. Jahrhundert. In: Franz-Reiner Erkens (Hrsg.): Die Sakralität von Herrschaft. Herrschaftslegitimierung im Wechsel der Zeiten und Räume. Fünfzehn interdisziplinäre Beiträge zu einem weltweiten und epochenübergreifenden Phänomen. Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003660-5, S. 213 (221) Google Bücher Vorschau.</ref> Trotzdem erscheinen die Meldungen der Soldaten an den Außenstationen „wie in einem Ritual formelhaft“.<ref>Hans Dieter Schäfer: Nationalsozialistische Gebrauchsformen [Vortrag]. In: Bernhard Gajek, Erwin Wedel (Hrsg.): Gebrauchsliteratur. Interferenz – Kontrastivität. Beiträge zur polnischen und deutschen Literatur- und Sprachwissenschaft. Materialien des Germanistisch-polonistischen Symposiums. Regensburg, 22.–27. Oktober 1979. Lang, Frankfurt am Main/Bern 1982, (Europäische Hochschulschriften. Reihe I, Deutsche Sprache und Literatur. Band 474), ISBN 3-8204-7089-1, S. 237 (243–244) und Zweitveröffentlichung: Hans Dieter Schäfer: Nationalsozialistische Gebrauchsformen [Vortrag auf dem Germanistisch-polonistischen Symposium der Universität Regensburg am 25. Oktober 1979]. In: Das gespaltene Bewusstsein. Deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933–1945. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1984, (Ullstein Sachbuch. Band 34178), ISBN 3-548-34178-0, S. 137 (145).</ref> Demgegenüber ist das Schlusslied Stille Nacht wegen „schlimmster akustischer Verzerrung“ kaum zu verstehen, so dass durch die „fiebrig-flirrenden, metallisch-blechernen Halleffekte, in denen das mit Eigenechos kakophonisch überlagerte Weihnachtslied ins Gekreische versinkt, [eher …] die Apokalypse schon anklingen“ lassen.<ref>Wolfgang Hagen: Das Radio. Zur Geschichte und Theorie des Hörfunks – Deutschland/USA. Fink, München 2005, ISBN 3-7705-4025-5, S. 142.</ref> Das Lied „scheint bereits aus einem akustischen Jenseits zu kommen […] hat etwas von einer elektronisch-roboterhaften Parodie auf menschliche Stimmen“.<ref>Herwart Vorländer: Das Tondokument im zeitgeschichtlichen Unterricht. In: Uwe Uffelmann (Hrsg.): Didaktik der Geschichte. Aus der Arbeit der Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs. Für die Landesfachschaft Geschichte in Verbindung mit der Landeszentrale für Politische Bildung. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 1986, ISBN 3-7883-0847-8, S. 287 (300).</ref> Ohnehin gehört die Nutzung des Liedes Stille Nacht zum „gespaltenen Bewußtsein des Nationalsozialismus“, denn christliche Weihnachtslieder gehörten nicht zur „nationalsozialistischen Weihnacht“.<ref>Ester Gajek: „Wilde Nacht! Streikende Nacht!“. Politische Weihnacht im 20. Jahrhundert und ihre Relevanz für ausgewählte „Stille Nacht“-Umdichtungen. In: Thomas Hochradner (Hrsg.): „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ zwischen Nostalgie und Realität. Joseph Mohr – Franz Xaver Gruber – Ihre Zeit. Verein „Freunde der Salzburger Geschichte“, Salzburg 2002, (Salzburger Studien. Forschungen zu Geschichte, Kunst und Kultur. Band 4), ISBN 3-9500712-7-X, S. 209 (214).</ref> Der Nationalsozialismus versuchte vergeblich mit zwei Strategien die Beliebtheit des Liedes zu brechen (Textumdichtung und -umdeutung sowie neues Lied „Hohe Nacht der klaren Sterne“).<ref>Werner Thuswaldner: Stille Nacht! Heilige Nacht!. Die Geschichte eines Liedes. Residenz, Salzburg/Wien/Frankfurt 2002, ISBN 3-7017-1310-3, S. 137–149.</ref>
Im Vergleich zum sonstigen Programm des Großdeutschen Rundfunks zeigt sich die Weihnachtsringsendung als eine Steigerung der „Kitsch-Harmonie [der …] ‚gemeinschaftsbildenden’ Sendungen“ im Zweiten Weltkrieg.<ref>Peter Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reiches. Gewalt und Faszination des deutschen Faschismus. Ellert und Richter, Hamburg 2006, ISBN 3-8319-0213-5, S. 214.</ref> Es war „rührselige[s] Nationaltheater“.<ref>Dossier: Kriegsende 1945. Der Alltag (1). Von Fettkarten und Rübenmus. von Michael Kubitza auf Online-Portal des Bayerischen Rundfunks.</ref> Es ist ein „Massenspektakel über alle Reichssender und über sämtliche Wehrmachtssender“ gewesen.<ref>Günter Grull: Radio und Musik von und für Soldaten. Kriegs- und Nachkriegsjahre 1939–1960. Herbst, Köln 2000, (WHV. Band 55), ISBN 3-923925-66-2, S. 148.</ref> Man kann mit Blick auf den technischen Aufwand von einem „propagandistischen Auftrag der Rundfunktechnik“ sprechen.<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 284.</ref> Die „Sendung funktioniert, [denn] sie entfaltet ihre Wirkung, gerade weil die Technik hörbar“ wurde.<ref>Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267 (281) <Online (PDF; 166 kB) S. 19>.</ref> Somit geriet „die ‚Rundfunkbotschaft’ […] in die ‚Hörigkeit’ der Technik, sie war nicht mehr die getreue akustische Wiedergabe des übertragenen Geschehens“.<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 285.</ref> Es wird auf Grund der Art der Sendeform mit dem „Gesang künftiger Bewohner der Soldatengräber“ sogar folgender Schluss gezogen: „Eigentlich hätte Weihnachten […] am Ende des Zweiten Weltkrieges abgeschafft werden müssen, nachdem […] Goebbels’ Rundfunk die so genannte Weihnachtsringsendung durch den Äther gehen ließ.“<ref>Manfred Schreiber: Weihnachtskarneval. Eine Auslöschung. Plädoyer für die Kitschfreiheit und gegen die Festesfolter. In: Literaturen. Das Journal für Bücher und Themen. 2002, Heft 1/2 (Januar/Februar), S. 4.</ref>
„Virtuelle Volks- und Kriegsgemeinschaft“
Die Weihnachtsringsendungen sollten vor allem Emotionen vermitteln.<ref>So schon zur Sendung 1940 Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 40.</ref> Ziel war es, ein „eindrucksvolles Dokument sowohl der Kriegsgemeinschaft als auch der technischen Modernität des Reiches als vertrauensbildende Maßnahme im Hinblick auf einen Endsieg“ zu produzieren.<ref>Frank Vossler: Propaganda in die eigene Truppe. Die Truppenbetreuung in der Wehrmacht 1939–1945. Schöningh, Paderborn u. a. 2005, (Krieg in der Geschichte. Band 21), ISBN 3-506-71352-3, S. 238.</ref> So hat man letztendlich „an die Sentimentalität, die Hoffnungsbereitschaft und den Durchhaltewillen von Millionen appelliert“ und die Sendung an Heiligabend dazu benutzt.<ref>Peter Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reiches. Gewalt und Faszination des deutschen Faschismus. Ellert und Richter, Hamburg 2006, ISBN 3-8319-0213-5, S. 214.</ref> Damit ist die „eindrucksvollste Verbindung von industrieller Perfektion und seelisch maskierter Destruktivität“ erreicht worden.<ref>Hans Dieter Schäfer: Nationalsozialistische Gebrauchsformen [Vortrag]. In: Bernhard Gajek, Erwin Wedel (Hrsg.): Gebrauchsliteratur. Interferenz – Kontrastivität. Beiträge zur polnischen und deutschen Literatur- und Sprachwissenschaft. Materialien des Germanistisch-polonistischen Symposiums. Regensburg, 22.–27. Oktober 1979. Lang, Frankfurt am Main/Bern 1982, (Europäische Hochschulschriften. Reihe I, Deutsche Sprache und Literatur. Band 474), ISBN 3-8204-7089-1, S. 237 (244) und Zweitveröffentlichung: Hans Dieter Schäfer: Nationalsozialistische Gebrauchsformen [Vortrag auf dem Germanistisch-polonistischen Symposium der Universität Regensburg am 25. Oktober 1979]. In: Das gespaltene Bewusstsein. Deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933–1945. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1984, (Ullstein Sachbuch. Band 34178), ISBN 3-548-34178-0, S. 137 (145).</ref> Durch die technisch aufwendige Gestaltung der Weihnachtsringsendung sollte das „Heimatgefühl bewahrt und der Glaube an die grenzenlose Macht der deutschen Armee gefördert“ werden.<ref>Frank Vossler: Propaganda in die eigene Truppe. Die Truppenbetreuung in der Wehrmacht 1939–1945. Schöningh, Paderborn u. a. 2005, (Krieg in der Geschichte. Band 21), ISBN 3-506-71352-3, S. 237–238.</ref> Ein „‚Weltreich’ mit deutschem Gemüt“ ist inszeniert worden.<ref>Uta C. Schmidt: Radioaneignung. In: Inge Marßolek, Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radio im Nationalsozialismus. Zwischen Lenkung und Ablenkung. edition diskord, Tübingen 1998, (Zuhören und Gehörtwerden. Band 1), ISBN 3-89295-638-3, S. 243 (337).</ref> In der Sendung konnte man gleichzeitig „die Inszenierung von Wirklichkeit und die Erzeugung einer emotionalen Stimmung“ finden.<ref>Joachim-Felix Leonhard: Medien und NS-Diktatur – Eine Einführung. In: Bernd Heidenreich, Sönke Neitzel (Hrsg.): Medien im Nationalsozialismus. Schöningh, Paderborn 2010, ISBN 978-3-506-76710-3, S. 13 (24).</ref> Der Hörer wurde in einen „Trancezustand versetzt“.<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 284.</ref> Es war ein „Menetekel aus Faszination und subtiler Gewalt“.<ref>Michael Marek: Gleichschaltung an Heiligabend: „Ich rufe Stalingrad …“. In: Hamburger Abendblatt vom 23. Dezember 2000, Nr. 300, S. 10 (Online).</ref>
Bei der Weihnachtsringsendung handelte es sich um ein „Mittel zur Steigerung des Durchhaltevermögens“ der Bevölkerung.<ref>Joachim-Felix Leonhard: Staatsgewalt in Staatsgestalt. Massenmedien und Herrschaft im 20. Jahrhundert. In: Franz-Reiner Erkens (Hrsg.): Die Sakralität von Herrschaft. Herrschaftslegitimierung im Wechsel der Zeiten und Räume. Fünfzehn interdisziplinäre Beiträge zu einem weltweiten und epochenübergreifenden Phänomen. Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003660-5, S. 213 (222) Google Bücher Vorschau.</ref> Eine „Wir-Gruppe [wurde mit der Sendung …] zelebriert“.<ref>Clemens Schwender: „Ja mein Lieber, die Göbbels-Rede hast Du auch gehört?“ – Wahrnehmung und Funktion der Massenmedien in Feldpostbriefen des Zweiten Weltkrieges. In: Claudia Gunz, Artur Pelka, Thomas F. Schneider (Hrsg.): Information Warfare. Die Rolle der Medien (Literatur, Kunst, Photographie, Film, Fernsehen, Theater, Presse, Korrespondenz) bei der Kriegsdarstellung und -deutung. V&R unipress, Göttingen 2007, (Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs. Band 22), ISBN 978-3-89971-391-6, S. 270 (278) Google Bücher Vorschau.</ref> Man kann es auch einen „virtuellen Raum einer ‚Volksgemeinschaft’“ nennen.<ref>Uta C. Schmidt: Radioaneignung. In: Inge Marßolek, Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radio im Nationalsozialismus. Zwischen Lenkung und Ablenkung. edition diskord, Tübingen 1998, (Zuhören und Gehörtwerden. Band 1), ISBN 3-89295-638-3, S. 243 (337).</ref> Das Radio diente der „Schaffung einer virtuellen Kriegsgemeinschaft, die die Einheit von Front und Heimat schweißen sollte“.<ref>Inge Marßolek: „Aus dem Volke für das Volk.“. Die Inszenierung der „Volksgemeinschaft“ im und durch das Radio. In: Inge Marßolek, Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radiozeiten. Herrschaft, Alltag, Gesellschaft (1924–1960). Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1999, (Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunksarchivs. Band 25), ISBN 3-932981-44-8, S. 121 (135).</ref> Diese mit Hilfe des Rundfunks „in Szene gesetzte Gemeinschaft“ war für das Dritte Reich „eine wichtige Voraussetzung für das Handeln im Krieg“,<ref>Clemens Schwender: „Ja mein Lieber, die Göbbels-Rede hast Du auch gehört?“ – Wahrnehmung und Funktion der Massenmedien in Feldpostbriefen des Zweiten Weltkrieges. In: Claudia Gunz, Artur Pelka, Thomas F. Schneider (Hrsg.): Information Warfare. Die Rolle der Medien (Literatur, Kunst, Photographie, Film, Fernsehen, Theater, Presse, Korrespondenz) bei der Kriegsdarstellung und -deutung. V&R unipress, Göttingen 2007, (Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs. Band 22), ISBN 978-3-89971-391-6, S. 270 (278) Google Bücher Vorschau.</ref> „um letzten Endes – wie es die Propaganda beabsichtigte – den Krieg erträglicher erscheinen zu lassen und ‚eiserne Festigkeit und Entschlossenheit’ zu suggerieren“.<ref>Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924–1976. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, ISBN 3-550-07365-8, S. 284.</ref> Die „Gleichschaltung [an Heiligabend ist] weihevoll auf die Spitze getrieben“ worden.<ref>Michael Marek: Gleichschaltung an Heiligabend: „Ich rufe Stalingrad …“. In: Hamburger Abendblatt vom 23. Dezember 2000, Nr. 300, S. 10 (Online).</ref> Es wurde „nicht Fiktion, sondern Betrug“ erzeugt, in dem „Ferne vorgetäuscht [wurde], wo die Betrüger in der Nähe saßen“.<ref>Joachim-Felix Leonhard: Was wird aus dem Wort durch den Ton? – Radio und Hörer: Hineinhören in die Zeit. In: Askan Blum (Hrsg.): Bibliothek in der Wissensgesellschaft. Festschrift für Peter Vodosek. Saur, München 2001, ISBN 3-598-11567-9, S. 301 (306).</ref>
Zusammenfassend für die Medienwissenschaft lässt sich hinsichtlich des Ziels, der Machart und der ideologischen Grundausrichtung des Sendeformates (insbesondere für 1942) folgendes feststellen:<ref>Diese Zusammenfassung findet sich auf dem Portal MediaCulture-Online als „Abstract“ des umfassenden Aufsatzes von Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267–285. <Online-Fassung des Aufsatzes (PDF; 161 kB)></ref>
„In der […] Weihnachtsringsendung von 1942 ging es nicht um tagespolitische Ziele und Inhalte. Vielmehr war die Radiosendung eine imposante mediale Inszenierung der NS-Propaganda-Maschinerie, die den Zuhörern an den Fronten und in den deutschen Wohnzimmern das ideologisch geprägte Gemeinschaftserlebnis einer gigantischen Weihnachtsfeier vorgaukelte. Dabei signalisierten die akustisch zugeschalteten Frontabschnitte […] die geopolitische Unterwerfung dieser Länder und Regionen unter das militärische Diktat des nationalsozialistischen Staates und seines Herrschaftsanspruchs. So vermittelten beispielsweise Rauschen und Knacken in der Leitung oder unterbrochene Verbindungen den Eindruck von Authentizität. [Es ist auffallend …], wie die Macher dieser Sendung gezielt auf Mittel des Hörspiels und der Reportage zurückgriffen, um in der Vorstellung der Hörer die Größe der eroberten deutschen Gebiete entstehen zu lassen. Der ‚Sound‘ als solcher wird so zum Politikum.“
Eine zusammenfassende Bewertung aus literaturwissenschaftlicher Sicht mit Blick auf das Schlusslied Stille Nacht und die Meldungen aller Außenstationen in der Weihnachtsringsendung 1942 lautet:<ref>Hans Dieter Schäfer: Nationalsozialistische Gebrauchsformen [Vortrag]. In: Bernhard Gajek, Erwin Wedel (Hrsg.): Gebrauchsliteratur. Interferenz – Kontrastivität. Beiträge zur polnischen und deutschen Literatur- und Sprachwissenschaft. Materialien des Germanistisch-polonistischen Symposiums. Regensburg, 22.–27. Oktober 1979. Lang, Frankfurt am Main/Bern 1982, (Europäische Hochschulschriften. Reihe I, Deutsche Sprache und Literatur. Band 474), ISBN 3-8204-7089-1, S. 237 (244) und Zweitveröffentlichung: Hans Dieter Schäfer: Nationalsozialistische Gebrauchsformen [Vortrag auf dem Germanistisch-polonistischen Symposium der Universität Regensburg am 25. Oktober 1979]. In: Das gespaltene Bewusstsein. Deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933–1945. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1984, (Ullstein Sachbuch. Band 34178), ISBN 3-548-34178-0, S. 137 (145).</ref>
„Die Beschwörung der Stationen führte am Heiligen Abend dem Hörer die Ausdehnung des Reiches authentisch als Wunder vor; die sich durch Halten der Stellungen äußernde Habgier verlangte nach sakraler Weihe und seelischer Einverleibung, für die das Weihnachtslied gleichermaßen sorgte. Stille Nacht veränderte sich im neuen Zusammenhang zur zynischen Gebrauchsform des Eroberungskrieges; die Verse, in denen das traute hochheilige Paar ‚einsam wacht’, und die durch die Erinnerung an Familienfeste ins Träumen gebrachte deutsche Innerlichkeit verblendeten mit Hilfe der staunenswerten Rundfunktechnik wirksamer als jeder erfundene Text das Monströse.“
Literatur
Aktuelle Beiträge (Auswahl neben den Einzelnachweisen)
- Thomas Riegler: Meilensteine des Rundfunks. Daten und Fakten zur Entwicklung des Radios und Fernsehens. Band 2. Siebel, Meckenheim 2009, ISBN 978-3-88180-682-4, S. 40–46. (ausführliche Darstellung aller Weihnachtsringsendungen)
- Ansgar Diller: Die Weihnachtsringsendung 1942. Der Produktionsfahrplan der RRG. In: Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Jahrgang 29 (2003), Heft 1/2, S. 47–51. ISSN 0175-4351 <Online-Fassung (PDF; 835 kB)> (Einführung zu allen Weihnachtsringsendungen und Dokumentation des Ablaufplans zur Sendung 1942)
- Dominik Schrage: „Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute“ – Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942. In: Daniel Gethmann, Markus Stauff (Hrsg.): Politiken der Medien. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005, (sequenzia. Band 11), ISBN 3-935300-55-7, S. 267–285. <Online-Fassung (PDF; 161 kB) mit anderer Seitennummerierung> (Standardwerk zur medienwissenschaftlichen Bewertung der Sendung 1942)
- Katja Rothe: Katastrophen hören. Experimente im frühen europäischen Radio. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2009, (Kaleidogramme. Band 55), ISBN 978-3-86599-093-8, S. 77–80. (kurze medienwissenschaftliche Bewertung der Sendung 1942)
- Michael Marek: 24.12.1942: Der Deutschlandsender strahlt eine Weihnachtsringsendung aus – SWR2 Zeitwort vom 24. Dezember 2010 – Sendemanuskript (PDF; 40,8 kB). (kurze Darstellung der Sendung 1942)
- Michael Marek: Gleichschaltung an Heiligabend: „Ich rufe Stalingrad …“. In: Hamburger Abendblatt vom 23. Dezember 2000, Nr. 300, S. 10 <Online-Fassung>. (ZDB-ID 40002-6) (kurze Darstellung der Sendung 1942)
- Hans Widlroither: Millionen lauschten am Heiligen Abend 1942 vor den Radioapparaten. In: Der Bandlkramer. Kulturbrief der Stadtgemeinde Groß-Siegharts. Folge 8, Dezember 2009, S. 7 <Online-Fassung (PDF; 1,94 MB)>. (ZDB-ID 2382833-X) (kurze Darstellung der Sendung 1942)
- Herwart Vorländer: Das Tondokument im zeitgeschichtlichen Unterricht. In: Uwe Uffelmann (Hrsg.): Didaktik der Geschichte. Aus der Arbeit der Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs. Für die Landesfachschaft Geschichte in Verbindung mit der Landeszentrale für Politische Bildung. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 1986, ISBN 3-7883-0847-8, S. 287 (298–301). (Verwendung der Sendung 1942 für Schulunterricht)
Zeitgenössische Beiträge (NS-Zeit)
- Werner Plücker: Wir bauten die Weihnachtsbrücke „Front – Heimat“. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 422–423. (ZDB-ID 552180-4) (Schilderung von Vorbereitung und Ablauf der Sendung 1940 durch den „Erfinder“ des Sendeformates und (Sende-)Gruppenleiter „Allgemeine volkstümliche Unterhaltung“ bei der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft)
- Wilhelm Bartholdy: Deutsche Kriegsweihnacht 1942. Eine Rückschau auf die Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 401–405. (ZDB-ID 552181-6) (ausführliche Darstellung von Vorbereitung und Inhalt der Sendung 1942 durch den Redakteur)
- H[ans-]J[ürgen] Nierentz, A[xel] Neels: Briefe aus Narvik und Hendaye. In: Welt-Rundfunk. Jahrgang 4 (1940), Heft 5/6, S. 5–12. (ZDB-ID 380008-8) (beispielhafte Schilderung von Vorbereitung und Ablauf der Sendung 1940 durch zwei Soldaten einer Propaganda-Kompanie)
- Die Weihnachtsringsendung – eine Großleistung von Organisation und Technik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 14 (1941), Heft 2, S. 22. ISSN 0016-2841 <Online-Fassung (PDF; 1,63 MB)> (technische Einzelheiten zur Sendung 1940)
- Ludwig Heck: Die technische Leistung bei der Weihnachtsringsendung. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 423–424. (ZDB-ID 552180-4) (technische Einzelheiten zur Sendung 1940 durch den Leiter der technischen Betriebsstelle des Berliner Funkhauses)
- F[ritz] Budischin: Wie wurde die Weihnachtsringsendung im Rundfunk technisch durchgeführt? In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 65 (1941), Heft 4 (25. Januar 1941), S. 49–51. (ZDB-ID 547421-8) (technische Einzelheiten zur Sendung 1940 durch einen Mitarbeiter des Reichspostministeriums)
- [Gerhard] Gerd [sic!] Eckert: Rückblick auf die Wehrmacht-Ringsendung. In: Die Literatur. Monatsschrift für Literaturfreunde. Jahrgang 43 (1940/41), Heft 6, S. 301–303. (ZDB-ID 214969-2) (Schilderung von Vorbereitung und Ablauf der Sendung 1940 durch einen Rundfunkwissenschaftler)
- L[udwig] Heck: Die technische Durchführung der Weihnachtsringsendung. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1942/43, Heft 21 (10. Januar 1943), S. 420–421. (ZDB-ID 552181-6) (technische Einzelheiten zur Sendung 1942 durch den Leiter der technischen Betriebsstelle des Berliner Funkhauses)
- Krum: Weihnachtsringsendung 1942. In: Die Deutsche Post. Wochenschrift für das Post- und Fernmeldewesen. Jahrgang 67 (1943), Heft 10 (6. März 1943), S. 89–93. (ZDB-ID 547421-8) (technische Einzelheiten zur Sendung 1942 durch einen Mitarbeiter des Reichspostministeriums)
- Wilhelm Schnauck: Weihnachts-Ringsendung 1942. Vom Eismeerhafen bis nach Afrika. Die Grüße von der Front zur Heimat über 50000 km. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Norddeutsche Ausgabe. 25./26./27. Dezember 1942, Nr. 359/360/361, S. 9, (ZDB-ID 532075-6) (Schilderung der Sendung 1942)
- [Erich] Schwandt: Zehn Jahre nationalsozialistische Rundfunktechnik. In: Funkschau. Zeitschrift für Funktechniker. Funkschau des Monats. Magazin für den Praktiker. Jahrgang 16 (1943), Heft 2, S. 17–18. ISSN 0016-2841 <Online-Fassung (PDF; 1,74 MB)> (Schilderung der propagandistischen Wirkung der Technik zur Sendung 1942)
- Franz Glatzer: „Es ist Weihnacht, die Heimat ruft!“. Hundert Millionen grüßen durch den Äther ihre Söhne an der Front. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 425. (ZDB-ID 552180-4) (Schilderung des Grußteils Narvik-Graz in Sendung 1940 durch den Leiter des Gau-Presseamtes Steiermark der NSDAP)
- Alfred Karrasch: Vater Peitschat spricht mit seinen sechs Söhnen. In: Schul-Rundfunk. Zweiwochenschrift für die Erziehungsarbeit. Jahrgang 1940/41, Heft 22 (19. Januar 1941), S. 426. (ZDB-ID 552180-4) (Schilderung der Grüße aus Gumbinnen in Sendung 1940)
- Heinrich Anacker: Weihnachtsringsendung 1941. In: Reichsrundfunk. Jahrgang 1941/42, Heft 21/22, S. 430. (ZDB-ID 552181-6) (kurzes Gedicht zur Sendung 1941)
Weblinks
Tondokumente der Ringsendungen
- Weihnachtsringsendung 1940 (1:14 Stunde - einige Sendebeiträge fehlen) auf YouTube
- Ansage der Weihnachtsringsendung 1940 (0:18 Minuten) auf Onlineportal „www.Rundfunkmuseum.at“
- Teil der Grüße in der Weihnachtsringsendung 1940 (1:08 Minuten) auf Onlineportal „www.Rundfunkmuseum.at“
- Schlussteil der Weihnachtsringsendung 1940 (2:56 Minuten; MP3; 704 kB) auf Onlineportal „www.Radiomuseum.org“
- Weihnachtsringsendung 1940 – Einzelbeiträge – Kurzausschnitte zu den meisten Sendebeiträgen (jeweils die ersten 30 Sekunden als Hörprobe) auf Verkaufs-Portal „www.zinnfigur.com“
- Schlussteil der Weihnachtsringsendung 1942 (4:45 Minuten; MP3; 2,3 MB) auf Homepage des „Rundfunkmuseums der Stadt Fürth“
Aktuelle Radiobeiträge
- WDR ZeitZeichen vom 24. Dezember 2015 Erste Weihnachtsringsendung ausgestrahlt (am 24.12.1940) (14:39 Minuten) in der ARD Mediathek (Textbeitrag Stichtag 24. Dezember 1940 - Erste „Weihnachtsringsendung" wird ausgestrahlt - Mix aus NS-Propaganda und Brauchtum)
- SWR2 Zeitwort vom 24. Dezember 2010 24.12.1942: Der Deutschlandsender strahlt eine Weihnachtsringsendung aus (3:46 Minuten) auf „www.podcast.de“
- Medienportal – DRadio Wissen. Radiogeschichte Weihnachts-Propaganda gegen Kriegsmüdigkeit von Michael Marek vom 23. Dezember 2010 auf Homepage „www.dradio.de“ u. a. mit Radiobeitrag vom 23. Dezember 2010 (8:18 Minuten)
- Rundfunkportal – SWR2 Archivradio: Eine kleine Geschichte des Hörfunks Original oder Fälschung? zur Weihnachtsringsendung 1942 auf Homepage „www.swr.de“ (u. a. Hörbeitrag in einer „Zufalls“-Endlosschleife, der nicht ansteuerbar ist oder zum Download zur Verfügung steht)
Einzelnachweise
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