Kertsch
Kertsch | ||||||
Керч | ||||||
Wappen von Kertsch |
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Basisdaten | ||||||
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Oblast: | Autonome Republik Krim | |||||
Rajon: | Kreisfreie Stadt | |||||
Höhe: | 10 m | |||||
Fläche: | 108 km² | |||||
Einwohner: | 144.504 (2013) | |||||
Bevölkerungsdichte: | 1.338 Einwohner je km² | |||||
Postleitzahlen: | 98300 | |||||
Vorwahl: | +380 6561 | |||||
Geographische Lage: | 36,48|primary | dim=10000 | globe= | name= | region=UA-43 | type=city
}} |
KOATUU: | 111200000 | |||||
Verwaltungsgliederung: | 1 Stadt | |||||
Bürgermeister: | Oleg Ossachyj | |||||
Adresse: | вул. Кірова 17 98300 м. Керч | |||||
Statistische Informationen | ||||||
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Kertsch (ukrainisch Керч; russisch Керчь; krimtatarisch Keriç) ist eine Hafenstadt der gleichnamigen Halbinsel Kertsch mit 144.500 Einwohnern (2013).<ref name="Bevölkerungsentwicklung">Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Bevölkerungsentwicklung auf World Gazetteer</ref>
Inhaltsverzeichnis
Geografie
Kertsch liegt auf der nach der Stadt benannten Halbinsel Kertsch, die ihrerseits das östliche Ende der Halbinsel Krim bildet. Von hier aus besteht eine ständige Fährverbindung über die Straße von Kertsch zu der gegenüberliegenden Halbinsel Taman zum Hafen von Kawkas (Russland), von dem aus eine Busverbindung zum etwa 150 km südlicher gelegenen Noworossijsk besteht. Die Brücke über die Straße von Kertsch befindet sich im Bau.
Geschichte
An der Stelle der Stadt Kertsch befand sich das antike Pantikapaion, eine griechische Kolonialstadt, die im 7. Jahrhundert v. Chr. von Milet aus gegründet wurde und später der Sitz der Könige des Bosporanischen Reichs war. Sie wurde im 4. Jahrhundert n. Chr. von den Hunnen zerstört. Im 6. Jahrhundert wurde hier die byzantinische Festung Bosporus errichtet.
Nach der Chasaren-Herrschaft im 7. Jahrhundert, in der die Stadt Karscha oder Tscharscha („der Markt“) hieß, kam sie im 10. Jahrhundert als Kortschew unter die Kontrolle des Kiewer Rus, ab 1239 unter die Tataren-Herrschaft und dann unter die der Goldenen Horde.
Zeitweilig herrschte hier die Handelsmacht der Venezianer und Genuesen über die von ihnen Vosporo, Bosporo oder Cerkio genannte Stadt. 1340 bot Toloktomur, der damalige Emir von Solgat (Krim), den Venezianern die Stadt Vosporo mit ihrem Hafen und einem dazu gehörigem Gebiet an, sodass sie ebenso vollkommen Herrn darin wären wie die Genuesen in Caffa.<ref name=kertsch>Wilhelm Heyd: Die italienischen Handelscolonien am schwarzen Meer, (2. Artikel) in: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft Bd. 19, 1863 (S. 163)</ref>
Wann Kertsch an die Genuesen kam ist nicht bekannt.<ref name=vosporo>Wilhelm Heyd: Die italienischen Handelscolonien am schwarzen Meer, (2. Artikel) in: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft Bd. 19, 1863 (S. 184)</ref> Die früheste Erwähnung eines genuesischen Konsulats in Kertsch fällt in das Jahr 1456.<ref name="vosporo" />
Im 15. Jahrhundert gehörte Kertsch zum Krim-Khanat, und 1475 kam die Stadt wie die gesamte Krim unter den Einfluss des Osmanischen Reiches.
Im Jahr 1774 wurden Kertsch und die Festung Jeni-Kale an das Russische Reich angeschlossen.
1821 erhielt der aus Genua stammende Raffaele Scassi, Geschäftsmann und Freund des Großfürsten Michael Pawlowitsch Romanow, Bruder des Zaren Alexander I., die Erlaubnis zum Bau des Hafens von Kertsch, die Ernennung zum Gouverneur des Hafens, ein Darlehen von 200 Tausend Rubel und eine zehnjährige Steuerbefreiung auf importierte und exportierte Waren in und aus dem Kaukasus<ref>Stefano Mensurati, Giulia Giacchetti Boico, Il genocidio dimenticato. Gli italiani di Crimea, Libreria Editrice Goriziana, 2013, ISBN 9788861021723 (S. 4)</ref>. Im Dezember 1822 wurde der Hafen eröffnet.
1827 gab es in Kertsch ein Vizekonsulat des Königreichs Sardinien. Mit Dekret vom 4. Oktober 1828 wurde Antonio Felice Garibaldi (1778–1846), der Onkel des italienischen Freiheitskämpfers Giuseppe Garibaldi, Vizekonsul von Kertsch, und 1832 wurde Raffaele Chichizola zum Vizekonsul in Kertsch ernannt. Nach seinem Tod im Jahr 1851 wurde er durch seinen Bruder Pietro ersetzt. Letzterer wurde 1860 auch zum Handelsvertreter des Königreichs beider Sizilien in Kertsch ernannt. 1884 bekam Kertsch ein Vizekonsulat des Königreichs Italien.
1835 gab es in Kertsch ein „Liebhaber-Theater, wo die Damen und dasigen Beamten durch ihr gelungens Spiel dem Publicum eine angenehme Unterhaltung gewähren“, und am 18. Oktober 1835 wurden „die Stadt-Bibliothek und das Casino durch ein Festmahl eröffnet.“<ref>Rigasche Zeitung Nr. 126 vom 23. Oktober 1835 (S. 2)</ref>
In den 1830er Jahren begannen erste planmäßige Ausgrabungen in Kertsch. Der Ort ist namensgebend für den Kertscher Stil, einen charakteristischen Keramik-Stil aus Athen, der besonders in die griechischen Kolonien am Schwarzen Meer exportiert wurde. Im Krimkrieg wurde Kertsch 1855 durch die Briten zerstört.
Im Zweiten Weltkrieg war Kertsch hart umkämpft. Die Stadt wurde erstmals nach hartem Widerstand im November 1941 von der Wehrmacht erobert. Am 27. November meldete die Ortskommandantur in ihrem Tätigkeitsbericht an den Kommandanten des rückwärtigen Armeegebiets 553: „Die Liquidation der Juden wird wegen der gefährdeten Ernährungslage der Stadt beschleunigt durchgeführt werden.“ Am 28. November wies die Ortskommandantur die örtlichen Juden an, sich am 29. November auf dem Heumarkt zu melden. Von dort wurden sie vom Sonderkommando 10b der Einsatzgruppe D der Sicherheitspolizei und des SD ins nahelegene Dorf Bagerowo transportiert, wo sie in einem Panzergraben erschossen wurden. Etwa 2500 Juden wurden so vom 1. bis 3. Dezember ermordet.<ref>Bert Hoppe (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 – 1945. Bd. 7. Sowjetunion mit annektierten Gebieten I. Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. Oldenbourg, München, S. 389f; Zitat auf S. 390, FN 6. ISBN 978-3-486-58911-5.</ref>
Am 30. Dezember wurde Kertsch von der Roten Armee durch eine Seelandung zum sowjetischen Brückenkopf. Im Mai 1942 wurde Kertsch abermals von der Wehrmacht erobert, wobei 160.000 sowjetische Soldaten getötet oder gefangen genommen wurden (Unternehmen Trappenjagd). Angehörige der Feldgendarmerie sowie des Sonderkommando 10b spürten überlebende Juden auf, die dann vom SD erschossen wurden.<ref>Bert Hoppe (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 – 1945. Bd. 7. Sowjetunion mit annektierten Gebieten I. Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. Oldenbourg, München, S. 390, FN 7. ISBN 978-3-486-58911-5.</ref>
Rund 10.000 nicht evakuierte sowjetische Soldaten leisteten zusammen mit Teilen der Bevölkerung in einem Bergwerk (heutige Katakomben) bis zu ihrer Vernichtung im Oktober 1942 weiterhin erbitterten Widerstand (Belagerung der Steinbrüche von Adschimuschkai). Am 31. Oktober 1943 scheiterte eine weitere sowjetische Seelandung. Während der deutschen Besetzung wurden 15.000 Einwohner getötet und weitere 14.000 deportiert. Diese Ereignisse wurden auch als Beweise im Nürnberger Prozess verwendet. Die größtenteils zerstörte Stadt wurde schlussendlich am 11. April 1944 befreit.
Kertsch erhielt nach dem Krieg nicht den Status einer Heldenstadt und somit keine zentrale Aufbauhilfe. Daher musste die Stadt den Wiederaufbau aus eigenen Mitteln finanzieren. Erst 1973 wurde Kertsch dann doch noch zur Heldenstadt erklärt. Die 1935 eröffnete Straßenbahn Kertsch wurde im Kriegsverlauf 1941 ebenfalls zerstört und nicht wieder aufgebaut. Seit 1971 ist die Stadt mit dem Nord-Krim-Kanal verbunden, über den Wasser vom Dnepr auf die Krim geleitet wird.
Italiener in Kertsch
In zwei Auswanderungswellen (1820 und 1870) kamen Fischer, Kaufleute, Kapitäne, Schiffbaufachmänner und Bauern aus Ligurien, Kampanien und aus den apulischen Städten Trani, Bisceglie und Molfetta nach Kertsch, denen bald Notare, Ärzte, Ingenieure, Architekten und Künstler folgten.
1922 lebten zirka 2.000 Personen italienischer Abstammung in Kertsch. Sie litten unter der Verfolgung in den 1930er Jahren und wurden „zur eigenen Sicherheit“ in drei Deportationsschüben (28./29. Januar 1942, 8./10. Februar 1942, 24. Juni 1944) nach Kasachstan und Sibirien deportiert.<ref>Stefano Mensurati, Giulia Giacchetti Boico, Il genocidio dimenticato. Gli italiani di Crimea, Libreria Editrice Goriziana, 2013, ISBN 9788861021723 (S. 9)</ref> Von den rund 2.000 Deportierten kehrten rund 300 von ihnen in den 1950er und 1960er Jahren nach Kertsch zurück.
Bevölkerung
Zusammensetzung der Bevölkerung laut der Volkszählung 2001:
Anzahl | Angaben in Prozent<ref>http://sf.ukrstat.gov.ua</ref> | |
Russen | 124.430 | 78,7 |
Ukrainer | 24.298 | 15,4 |
Weißrussen | 1.795 | 1,1 |
Krimtataren | 1.635 | 1,0 |
Armenier | 518 | 0,3 |
Tataren | 383 | 0,2 |
Juden | 322 | 0,2 |
Moldawier | 280 | 0,2 |
Aserbaidschaner | 228 | 0,1 |
Bevölkerungsentwicklung
1897 | 1923 | 1926 | 1939 | 1959 | 1970 | 1979 | 1989 | 2001 | 2005 | 2013 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
33.347 | 25.986 | 34.624 | 104.443 | 98.769 | 127.608 | 156.827 | 174.365 | 157.007 | 152.564 | 144.504 |
Quelle: 1897–1989<ref name="Demographische Entwicklung"> Demographie ukrainischer Städte auf pop-stat.mashke.org</ref>; 2001–2013<ref name="Bevölkerungsentwicklung"/>
Sehenswürdigkeiten
- Berg Mitridat mit Ausblick auf die Stadt, die Straße von Kertsch, die Insel Tusla und die russische Halbinsel Taman
- Ruinen der Akropolis von Pantikapaion aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. auf dem Berg Mitridat
- Große Mithridates-Treppe mit mehr als 400 Stufen, gebaut 1833–1840 nach einem Projekt des italienischen Architekten Alexander Digby
- Katholische Kirche, erbaut 1830–1840 im klassizistischen Stil mit Toskanischer Säulenordnung nach einem Entwurf des italienischen Architekten Alexander Digby
- Zarenkurgan aus dem 4. Jahrhundert v. Chr.
- Türkische Festungsanlage Jenikale aus dem 17. Jahrhundert
- Katakomben aus dem Zweiten Weltkrieg in einem ehemaligen Bergwerk
- Das archäologische Museum, gegründet 1826, mit der goldenen Speisekammer.
- Denkmal gegen Grausamkeit und Gewalt am Bahnhof von Kertsch<ref>erinnert werden die rund 53.000 Volksdeutschen, 181.000 Tataren, 14.500 Griechen, 12.000 Bulgaren, 11.300 Armenier. Vergessen wurden die rund 5.000 Italiener, die seit 1820 in Kertsch lebten.</ref>
Gliederung
Bis 1988 gliederte sich die Stadt in 3 Rajone (Rajon Kirow, Rajon Lenin, Rajon Ordschonikidse), die aus sich den eingemeindeten Orten Arschynzewo (Аршинцево), Adschymuschkaj (Аджимушкай), Herojewske (Геройевське), Hlejky (Глейки), Jenikale (Єнікале), Kamjanka (Кам'янка), Kapkany (Капкани), Mytschuryno (Мичурино), Opasne (Опасне), Pidmajatschnyj (Підмаячній), Rybna (Рибна), Schukowka (Жуковка), Soldatska Slobidka (Солдатська Слобідка), Synjahyno (Синягино), Wojkowa (Войкова), Zementnaja Slobidka (Цементна Слобідка) zusammensetzten. Seit Auflösung der Stadtrajons gibt es nur noch eine zentrale Stadtverwaltung.
Söhne und Töchter der Stadt
- Nicolas Notovitch (* 1858), Journalist und Schriftsteller
- Lukas (Walentin Woino-Jassenezki; 1877–1961), Erzbischof von Simferopol und Krim und Heiliger der Russisch-Orthodoxen Kirche
- Jewgenija Rudnewa (1920–1944), sowjetische Bomberpilotin
- Maria Efrosinina (* 1979), Fernsehmoderatorin
Städtepartnerschaften
- Weißrussland Mahiljou, Weißrussland, seit 1998
- Russland Smolensk, Russland, seit 1998
- Türkei Çanakkale, Türkei, seit 1999
- Russland Orjol, Russland, seit 2004
- Russland Odinzowo, Russland, seit 2004
- Russland Sotschi, Russland, seit 2005
- Ukraine Sewastopol, Ukraine, seit 2009
- Russland Temrjuk, Russland, seit 2012
- Russland Tula, Russland, seit 2014
Literatur
- Silvano Gallon – Giulia Giacchetti Boico – Edoardo Canetta – Tito Manlio Altomare, Stefano Mensurati Gli Italiani di Crimea. Nuovi documenti e testimonianze sulla deportazione e lo sterminio (a cura di Giulio Vignoli), Edizioni Settimo Sigillo, Roma, 2012, ISBN 9788861481008.
Weblinks
- Stadtverwaltung (russisch)
- Stadtmagazin (russisch)
- Kertsch Fotos (russisch)
- Denkmal "gegen Grausamkeit und Gewalt" am Bahnhof von Kertsch, 17. Mai 2003
Einzelnachweise
<references />
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