Ehebruch
Ehebruch ist nach rechtlicher Definition „der zumindest bedingt vorsätzliche Vollzug des Beischlafs eines Ehegatten mit einer dritten Person anderen Geschlechts“.<ref>Vgl. Gerhard Köbler: Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte. München 1997. s.v. "Ehebruch". Hier online verfügbar: http://koeblergerhard.de/zwerg-index.html.</ref>
Vor allem in Gesellschaften mit patrilinearen Gesellschaftsordnungen wird Ehebruch der Frau streng bestraft. In matrilinearen Gesellschaften hingegen, in denen der biologischen Vaterschaft keine große Bedeutung beigemessen wird, gilt der Ehebruch meist als minder schweres Delikt.
In derselben Gesellschaft können unterschiedliche, teilweise sogar sich gegenseitig ausschließende Konzepte des Ehebruchs vorkommen.<ref>Helmut Lukas, Vera Schindler, Johann Stockinger: Ehebruch. In: Interaktives Online-Glossar: Ehe, Heirat und Familie. Universität Wien. 1993-1997. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Trotz mitunter sehr schwerer Strafen kommt Ehebruch in allen von Anthropologen untersuchten Gesellschaften vor.<ref>Helen Fisher: Anatomy of Love – A natural History of Mating, Marriage, and why we stray. Random House, New York 1992, ISBN 0-449-90897-6 (S. 87: „There exists no culture in which adultery is unknown, no cultural device or code that extinguishes philandering.“).</ref> Gegen Ehebruch zu sein, lässt nicht auf ein Bekenntnis zur Monogamie und gegen Polygamie schließen.<ref>Boris Kálnoky: Wie türkische Frauen unter der Vielweiberei leiden. Die Welt. 4. Juni 2011. Abgerufen am 29. März 2013.</ref>
Inhaltsverzeichnis
Rechtliches
Europa
Im September 2010 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Ehebruch durch Angestellte einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft nur in Ausnahmefällen deren Kündigung rechtfertigt.<ref>Kirche: Kündigung wegen Ehebruchs ist illegal – meistens. Focus. 23. September 2010. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Rund hundert Jahre vorher gingen die meisten Länder Europas noch mit Haftstrafen gegen Ehebruch vor.<ref>Max Marcuse (Hrsg.): Handwörterbuch der Sexualwissenschaft. De Gruyter, 1923, S. 72-74 (Auszüge bei Google, abgerufen am 29. März 2013).</ref>
Deutschland
In Deutschland wird Ehebruch seit dem 1. September 1969 (1. StrRG) nicht mehr strafrechtlich sanktioniert. Ursprünglich sollte damals mit der Begründung einer „sittenprägenden und sittenerhaltenden Wirkung“ die angedrohte Haftstrafe verdoppelt werden.<ref>Schuld ohne Strafe?. Der Spiegel. 10. April 1967. Abgerufen am 29. März 2013.</ref><ref>Nicht gesprungen. Der Spiegel. 12. Mai 1969. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Seit dem 1. Juli 1977 ist durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts auch die Schuldfrage bei Scheidungen entfallen und somit Ehebruch kein Grund für eine solche mehr. Grundsätzlich entscheidend ist nur noch, ob die Ehegatten seit längerem getrennt leben.<ref>Scheidungsgründe. In: Bürgerliches Gesetzbuch. Bundesministerium der Justiz. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Nur durch sehr schwere Fälle von Ehebruch gehen Ansprüche auf Unterhalt verloren.<ref>Kein Unterhalt bei Ehebruch?. Deutscher Anwaltverein. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Generell kann allenfalls die Unterlassung von Ehebruch in der gemeinsamen Wohnung des Ehepaares zivilrechtlich durchgesetzt werden.<ref name="Schramm">Edward Schramm: Ehe und Familie im Strafrecht. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2011, ISBN 978-3-16-150929-2 (Auszüge bei Google, abgerufen am 29. März 2013).</ref>
Schweiz
Aus dem Strafgesetzbuch der Schweiz ist der Ehebruch seit dem Jahr 1989 gestrichen, was im Kanton Genf schon im Jahr 1875 vorübergehend erfolgt war.<ref>Ehebruch. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2006. Abgerufen am 29. März 2013.</ref>
Österreich
Als letzter Staat Europas strich Österreich im Jahr 1997 den Ehebruch aus dem Strafgesetzbuch.<ref name="Spiegel 2004-09-10">Debatte über Untreue-Gesetz: Noch 1997 drohte Österreichs Ehebrechern Gefängnis. Spiegel Online. 10. September 2004. Abgerufen am 29. März 2013.</ref><ref>StGB § 194. Rechtsinformationssystem des Bundes, 28. Februar 1997, abgerufen am 10. September 2013. </ref>
Im Hochmittelalter drohte in Wien die Todesstrafe durch Pfählung, wenn nicht nur der ehebrechende Mann verheiratet war.<ref>Wie es das Recht verlangt. Westdeutscher Rundfunk. 22. März 2005. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Im ersten gesamtösterreichischen Gesetzbuch, der Constitutio Criminalis Theresiana von 1768 (Art. 77) war es noch ein Offizialdelikt, seit dem Josephinischen Strafgesetz von 1787 (2. Teil, §§ 44-46<ref>Justizgesetzsammlung. 1786-1787 Nr. 611. 13. Januar 1787, S. 53, abgerufen am 10. September 2013. </ref>) war es ein Antragsdelikt.
Liechtenstein
Im Strafgesetzbuch existiert keine Erwähnung des Ehebruches. Seit 1974 sind Scheidungen legalisiert.
Philippinen
Auf den Philippinen – als Beispiel eines katholisch geprägten, nicht islamischen Staates – steht Ehebruch unter Strafe, aber selbst führende Politiker zeigen sich öffentlich abwechselnd mit ihrer Ehefrau und einer Nebenfrau.<ref>Scheidung auf Philippinisch. Berliner Zeitung. 24. November 2007. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Scheidungen sind gemäß der Verfassung nur der muslimischen Minderheit erlaubt.
Südkorea
Im Februar 2015 hob das höchste Gericht Südkoreas die 1953 eingeführte Strafbarkeit des Ehebruchs auf, nachdem es die Bestrafung für verfassungswidrig erklärt hatte.<ref>Kondomboom nach Ehebruchurteil in Südkorea. Österreichischer Rundfunk, 26. Februar 2015</ref>
USA
In rund zwei Dutzend Staaten der USA ist Ehebruch ein Vergehen oder Verbrechen, wird aber selten verfolgt.<ref name="NYT">Adultery, an Ancient Crime That Remains on Many Books. The New York Times. 14. November 2012. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> In Michigan droht bei Ehebruch eine lebenslange Haftstrafe, allerdings ist seit 1971 niemand wegen Ehebruchs verurteilt worden.<ref>Adultery could mean life, court finds (Memento vom 6. Februar 2007 im Internet Archive).</ref> In Maryland steht auf Ehebruch eine Gebühr von 10 US-Dollar.<ref>New York Penal Law Section 255.17. Abgerufen am 25. Oktober 2011.</ref> In den US-Streitkräften wird Ehebruch geahndet, wenn er die Disziplin beeinträchtigt.<ref name="NYT" /> Die Hälfte der Ehemänner sowie ein Viertel der Ehefrauen gab Anfang der 1950er Jahre Ehebruch zu, und inzwischen herrscht Gleichstand.<ref name="Washington Post">Jonathan Turley: Of Lust and the Law. The Washington Post. 5. September 2004. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Rund ein Zehntel der Ehepaare in den USA führt einvernehmlich eine offene Ehe.<ref name="Washington Post" />
Ehebruch in ausgewählten Kulturen
Im antiken Athen
Vom antiken Athen sind humoristisch übertriebene Schilderungen von Aristophanes verbreitet, die nicht der Realität entsprechen.<ref name="Krause">Jens-Uwe Krause: Kriminalgeschichte der Antike. C. H. Beck, 2004, ISBN 3-406-52240-8, S. 40-42 (Auszüge bei Google, abgerufen am 29. März 2013).</ref> So wird unter Berufung auf diesen von der Rettichstrafe erzählt.<ref>Debra Hamel: Trying Neaira – The True Story of a Courtesan's Scandalous Life in Ancient Greece. Yale University Press, 2003, ISBN 0-300-09431-0, S. 69 (Auszüge bei Google, abgerufen am 29. März 2013).</ref> Tatsächlich konnten Hausherren jeden mit einer Frau ihrer Familie außerehelich ertappten Mann sofort straflos töten oder dessen Todesstrafe einklagen.<ref name="Krause" /> Ansonsten war der Umgang von Ehemännern mit unverheirateten Frauen gesellschaftlich akzeptiert, die Konventionen sollten lediglich Kuckuckskinder vermeiden. Ehebrechende Ehefrauen wurden aus der Familie verstoßen und von religiösen Zeremonien ausgeschlossen.<ref name="Krause" />
Die griechische Mythologie erzählt vom fortgesetzten Ehebruch durch Aphrodite und Ares, aus dem mehrere gemeinsame Kinder hervorgegangen seien. Homer schrieb über die Aufdeckung dieses Ehebruchs durch den Ehemann Hephaistos und das folgende, aus späterer Sicht schwer nachvollziehbare Homerische Gelächter.<ref>Peter Mauritsch: Sexualität im frühen Griechenland. Böhlau Verlag, 1992, ISBN 3-205-05507-1, S. 62 ff (Auszüge bei Google, abgerufen am 29. März 2013).</ref>
Im antiken Rom und im rezipierten römischen Recht Europas
Im römischen Recht galt seit 18 v. Chr. die lex Iulia de adulteriis, ein unter Augustus erlassenes Gesetz, das seinerseits ältere Normen der Selbsthilfe regulierte und kodifizierte. Durch die lex wurde die Feststellung des Ehebruchs und die Bestrafung der Schuldigen zu einem wesentlichen Teil der hausgerichtlichen Rechtsprechung der betroffenen Familie entzogen und öffentlich geregelt. Ergänzt wurde dieses Gesetz im römischen und später im byzantinischen Reich durch Erlasse aus dem 2. bis 6. Jahrhundert. In dieser ergänzten Form steht es im Corpus Iuris Civilis und hat bis in die Neuzeit Einfluss auf das europäische Eherecht ausgeübt.
Danach hatte der Mann gegenüber der Frau die stärkere Rechtsposition. Er war jedoch aber auch verpflichtet, sich von seiner Frau zu trennen und innerhalb von zwei Monaten öffentliche Anklage gegen dieselbe, sowie gegen den Liebhaber wegen Ehebruchs zu erheben. Wurde die Klageerhebung unterlassen, lief der Ehemann Gefahr, selbst wegen Kuppelei (lenocinium) belangt zu werden. Dann konnte die Anklage auch von Dritten erhoben werden. Die Ehefrau konnte das im umgekehrten Fall nicht. Wenn ein Vater seine noch im Haus wohnende Tochter beim Ehebruch ertappte, konnte er sie und den Ehebrecher straflos töten. Der Ehemann hatte ein solches Recht anfangs noch nicht. Ihm wurde aber zugestanden, den Ehebrecher zu töten, wenn dieser zu dem negativ hervorgehobenen Personenkreis gehörte, der im Gesetz aufgeführt war.<ref>Jens-Uwe Krause: Kriminalgeschichte der Antike. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52240-8, V. Kriminalität im römischen Reich, S. 176 f.</ref> In einem Gesetz der späten Kaiserzeit aber wurde auch er straflos gestellt, wenn er einen auf frischer Tat ertappten Ehebrecher tötete. Dies wurde allerdings in einem byzantinischen Gesetz von 542 wieder eingeschränkt.
Als Strafe für Ehebruch war der Tod durch das Schwert vorgesehen. Wenn aber eine Reihe von weiteren Gesetzen der Ehebrecherin jedes weitere eheliche Zusammenleben verbot, so hatten solche Normen nur Sinn, wenn die Frau noch längere Zeit weiterlebte. Daraus ist zu folgern, dass die schwere Strafandrohung auch bei Verurteilten nicht immer zur Vollstreckung führte. Auch wird wegen stark eingeschränkter verfahrensrechtlicher Voraussetzungen und zahlreicher Ausnahme-Tatbestände nur ein sehr kleiner Teil der Ehebrüche überhaupt Gegenstand von Gerichtsverfahren gewesen sein.
Erst im spätrömischen Recht war die Scheidung überhaupt durch Vorgabe von Scheidungsgründen eingeschränkt. Im Scheidungsgesetz des Theodosius (449) war grundsätzlich nicht nur der Ehebruch der Frau ein Scheidungsgrund, sondern auch der des Mannes. Im Detail gab es dabei weiter Ungleichheiten zu Ungunsten der Frau.
Im späteren süd- und mitteleuropäischen Recht hat das römische Recht zum Ehebruch, vermittelt über die italienische Strafrechtsdoktrin, jahrhundertelang eine Tradition der Ungleichheit aufrechterhalten. Unter seinem Einfluss standen zum Beispiel Art. 145 der Bambergensis und auch noch Art. 229, 230 Code Civil und Art. 324 II, 337, 339 Code pénal. Nach den letzteren, unter persönlichem Einfluss Napoleons zustande gekommenen Normen war ein Ehebruch der Frau immer Scheidungsgrund. Ein Ehebruch des Mannes führte nur zur Scheidung, wenn der Mann seine Konkubine in der ehelichen Wohnung gehalten hatte. Strafrechtlich wurde ein Ehebruch der Frau härter bestraft als ein solcher des Mannes. Ein Ehemann, der seine in der Ehewohnung ertappte Frau oder deren Liebhaber auf der Stelle tötete, wurde dafür nicht bestraft. Für eine Ehefrau, die ihren Mann ertappte, gab es solch ein Strafprivileg nicht.
Dieser Tradition der Ungleichheit steht eine Tradition der Gleichheit gegenüber, die auf kanonisches Recht zurückgeht und in Teilen Deutschlands zum Beispiel in Art. 120 der Carolina von 1532 Aufnahme fand.
Germanen
Bei den Germanen war der Ehebruch der Frau ein unter Umständen todeswürdiges Verbrechen. Zumindest musste sie damit rechnen, mit geschorenem Haar und unbekleidet durchs Dorf geprügelt zu werden. Moorleichen junger Frauen sind als hingerichtete Ehebrecherinnen interpretiert worden, wobei es sich bei der lange Zeit als Mädchen angesehenen Moorleiche von Windeby I, das zu den Paradebeispielen gehört, nach neuesten Untersuchungen um einen Jungen handelt. Nach dem Recht der Franken, dem ältesten niedergeschriebenen germanischen Recht, waren bis ins 11. Jahrhundert durch einseitigen Willen entstandene Raubehen im Gegensatz zum Ehebruch kein Rechtsbruch.<ref name="Schramm" />
Judentum
Die jüdische Tradition des Alten Testaments versteht Ehebruch als Einbruch von außen in eine etablierte eheliche Gemeinschaft. Ein Mann kann insofern die eigene Ehe nicht brechen, als nur die geschlechtliche Gemeinschaft einer verheirateten oder verlobten Frau mit einem anderen Mann als Ehebruch gilt – in diesem Fall werden jedoch beide als gleichermaßen schuldig befunden.
Nach dem Deuteronomium Kap.22, Vers 22 war die Strafe für den im Siebenten Gebot verbotenen Ehebruch die Steinigung für den in eine Ehe einbrechenden Mann und die untreue Ehefrau. In Leviticus hingegen war nur dann der Ehebruch strafbar, wenn es sich beim betrogenen Ehemann nicht um einen Fremden handelte (Lev. 20,10). Daher kam es im Falle Davids nicht zur Steinigung, sondern nur zum Skandal, da Urija ein Hethiter war. In der Praxis kam es jedoch oft nur zur Scheidung: Der Mann verstieß seine Frau und heiratete eine andere oder er ließ sich wegen Ehebruchs der Frau scheiden.
Das Alte Testament überliefert die Geschichte von König David, der die verheiratete Batseba schwängert, während deren Ehemann Urija im Krieg ist. Um den Ehebruch zu kaschieren, versucht er, das Kind dem Ehemann unterzuschieben, indem er diesen zum Fronturlaub zu seiner Frau schickt. Urija lehnt allerdings aus Solidarität mit seinen weiter kämpfenden Kameraden ab, bei ihr zu schlafen. Letztlich lässt er den Mann an die vorderste Front stellen, wo er getötet wird. David heiratet Batseba, wird aber vom Propheten Natan scharf angeklagt (2. Sam Kapitel 11 und 12) und muss bereuen; das Kind stirbt kurz nach der Geburt. Die Ehe zwischen David und Batseba bleibt jedoch bestehen, das nächste Kind ist Salomo, der David später mit Zustimmung Natans auf den Thron nachfolgt.
In der Zeit des zweiten Tempels galt die Frau als potentielle Ursache des Ehebruchs – die Pharisäer beispielsweise achteten darauf, Frauen nicht zu berühren (einige sogar, sie möglichst nicht zu sehen).
Offener Ehebruch, beispielsweise die Beziehung zwischen Herodes Antipas und Herodias, galt unter gläubigen Juden in der Zeit des zweiten Tempels als Skandal.
Philon von Alexandria, um Christi Geburt lebender Denker des hellenistischen Judentums, ordnete die verstreuten mosaischen Gesetze den Dekaloggeboten zu, wobei das Gebot gegen Ehebruch folgendes umfasste: vorehelichen Geschlechtsverkehr, Inzest, Heirat mit Töchtern fremder Völker, Wiederheiratung desselben Partners nach vorheriger Scheidung, Berührung während der Menstruation, wissentlich unfruchtbare Frauen heiraten, gleichgeschlechtliche Handlungen sowohl mit Jünglingen als auch mit Männern, Effeminität von Männern, Eunuchen, Bestialität (Zoophilie) und Prostitution.<ref>Philon, The Special Laws 3.1-82</ref> .
Christentum
In Johannes 8,2–11 (sogenannte Pericope Adulterae, vermutlich nicht ursprünglicher Teil des Johannesevangeliums) wird Jesus angesichts einer beim Ehebruch ertappten Frau gefragt, ob sie gesteinigt werden soll – ein Nein widerspräche dem Gesetz Mose, ein Ja ebenfalls, da nach 5. Mose 22,24 beide, die Frau und der Mann, gesteinigt werden sollen. Jesus antwortete: „Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie.“ Daraufhin verlassen die Kläger den Platz. Jesus sagt zur Frau: „Ich verurteile dich auch nicht. Sündige von jetzt an nicht mehr.“
In Markus 10,2-12 sagt Jesus öffentlich, dass die Trennung einer Ehe nicht im Willen Gottes für die Schöpfung liege – als Erläuterung dann wesentlich deutlicher, dass jede Scheidung im Grunde ein Ehebruch sei. Die entsprechende Passage des Matthäusevangeliums verurteilt die Scheidung "außer wegen Unzucht". Matthäusevangelium 5,27-32 steht: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben. Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht ebenfalls Ehebruch.“
In der katholischen Kirche wird der fortgeführte Ehebruch als schwere Sünde angesehen, die unter anderem vom Empfang des Sakraments der Eucharistie ausschließt. Dieser Ausschluss kann durch die Versöhnung mit Gott im Bußsakrament aufgehoben werden, was in diesem Fall die gleichzeitige Lösung der ehebrecherischen Bindung erfordert. Bei wiederverheirateten Geschiedenen wird das Zusammenleben wie „Bruder und Schwester“ akzeptiert, also ohne sexuelle Beziehung. Die Ostkirchen lehnen den Ehebruch selbst ebenso scharf ab, erlauben aber Geschiedenen eine ein- oder zweimalige Wiederverheiratung; allerdings wird diese im Vergleich zu einer ersten Ehe nach einem anderen Ritus vollzogen, bei dem nicht Festlichkeit, sondern Buße im Vordergrund steht.
Die gegenseitige Pflicht zur Treue in der Ehe ist in allen christlichen Kirchen bis heute unbestritten. Unterschiede gibt es in der Beurteilung des Schweregrads einer Verletzung dieser Pflicht und in den für diesen Fall geltenden Regeln. Diese unterscheiden sich heute weniger nach Konfessionen als nach konservativer oder liberaler Einstellung über Konfessionsgrenzen hinweg. So ist beispielsweise die Haltung von konservativen Katholiken und Evangelikalen vergleichbar; ebenso die Haltung von liberalen Katholiken und liberalen Protestanten.
Das Konzil von Trient schloss in seiner 24. Sitzung im Jahr 1563 "nach der Lehre des Evangeliums und des Apostels" diejenigen aus der Kirche aus, die eine Wiederverheiratung im Falle des Ehebruchs für möglich hielten.<ref>Konzil von Trient, 24. Sitzung (11. November 1563), Kanon 7: Wer sagt, die Kirche irre, wenn sie lehrte und lehrt, gemäß der Lehre des Evangeliums und des Apostels könne das Band der Ehe wegen Ehebruchs eines der beiden Gatten nicht aufgelöst werden, und keiner von beiden, nicht einmal der unschuldige, der keinen Anlaß zum Ehebruch gegeben hat, könne, solange der andere Gatte lebt, eine andere Ehe schließen, und derjenige, der eine Ehebrecherin entläßt und eine andere heiratet, und diejenige, die einen Ehebrecher entläßt und einen anderen heiratet, begingen Ehebruch: der sei mit dem Anathema belegt. Übersetzung nach Stefan Ihli: Die potestas vicaria des Papstes. Ursprung, Reichweite und Grenzen, NomoK@non-Webpublikation, 2000, hier Rdnr. 19; vgl. zu den Hintergründen der komplizierten Formulierung auch Rudolf Weigand: Das Scheidungsproblem in der mittelalterlichen Kanonistik. In: Theologische Quartalschrift, Bd. 151, 1971, S. 52–60, hier S. 59 f.</ref>
Islam
Im klassischen islamischen Recht stellt Ehebruch keinen eigenen Straftatbestand dar. Die Grenze wird vielmehr zwischen "erlaubtem Geschlechtsverkehr" (nikāḥ) und "unerlaubtem Geschlechtsverkehr" (Zinā) gezogen. Unerlaubt ist Geschlechtsverkehr immer dann, wenn er außerhalb eines ehelichen Verhältnisses oder eines Konkubinats des Mannes mit der eigenen Sklavin stattfindet. Auch der Geschlechtsverkehr eines Unverheirateten gilt also als Zinā. Allerdings wird durch den Status des Ihsān eine Differenzierung eingeführt, die dazu führt, dass Verheiratete, denen dieser Status zugeordnet wird, beim Zinā schärfer bestraft werden als solche Personen, die noch nie rechtsgültig verheiratet waren. Während bei letzteren Zinā entsprechend Sure 24:2 nur mit Auspeitschung bestraft wird, ist bei denjenigen, die verheiratet waren oder sind, nach weit überwiegender Meinung der Rechtsgelehrten auf Steinigung zu erkennen.<ref>Vgl. Tilman Nagel: Das islamische Recht. Eine Einführung. Westhofen 2001. S. 88. und Mathias Rohe: Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart. 2. Aufl. München 2009. S. 125.</ref> Grundlage für diese strafrechtliche Regelung sind verschiedene Überlieferungen, wonach der Prophet einen verheirateten Mann, der sich des Zinā schuldig gemacht hatte, steinigen ließ, sowie der Steinigungsvers.
In einigen Staaten, in denen das klassische islamische Recht in reiner oder modifizierter Form angewendet wird (z.B. in Iran, Sudan, Jemen, Mauretanien, Nigeria), wird die Steinigungsstrafe bis heute vollstreckt.<ref>Steinigung - ein Überblick. Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Dazu wird die verurteilte Person entweder bis zur Brust im Boden vergraben oder frei stehend umzingelt. Es ist genau festgelegt, wie groß die Steine sein müssen, damit der Tod nicht schon nach dem ersten Steinwurf eintritt. In vielen islamisch geprägten Ländern dagegen ist Zinā kein eigener Straftatbestand mehr, wie z. B. in der Türkei, in Ägypten, Tunesien, Jordanien, Albanien, in den palästinensischen Autonomiegebieten und in Indonesien.
Damit es zu einer Verurteilung wegen Zinā kommt, bedarf es nach klassischer Lehre eines vierfachen freiwilligen Geständnisses des Delinquenten bzw. der Delinquentin oder vier glaubwürdiger männlicher Zeugen, die den genitalen Kontakt in unverhüllter Form beobachtet haben.<ref>Vgl. George-Henri Bousquet: L’ethique sexuelle de l’Islam. Paris 1966. S. 66f.</ref> Ein Ehemann, der seine Frau des Ehebruchs verdächtigt, kann anstelle der vier Zeugen einen vierfachen Verfluchungsschwur (liʿān) zu ihren Lasten ablegen. Hierbei muss er viermal bezeugen, dass er die Wahrheit spricht, und beim fünften Mal den Zorn Gottes auf sich herabrufen, falls er die Unwahrheit sagt. Die Ehefrau kann sich von der Wirkung dieses Eides nur dadurch befreien, indem sie ihrerseits vier Mal beeidet, dass ihr Mann lügt, und beim fünften Mal schwört, dass sie der Zorn Gottes treffen solle, wenn ihr Mann die Wahrheit gesagt haben sollte (Q 24:6-9). Die Ehe zwischen den beiden gilt nach einem solchen Vorgang allerdings als aufgelöst. Falls die Frau schwanger ist, wird das Kind ihr zugeordnet.<ref>Vgl. Patrick Franke: "Die islamische Sexualethik vor den Herausforderungen der sexuellen Moderne: Abwehrreaktionen, Anpassungsversuche und Gegenentwürfe" in U. Busch (Hg.): Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. Nationale und internationale Perspektiven. Baden-Baden 2010. S. 85-110. S. 89.</ref>
Ehebruch in der Kunst
Seit der Antike ist Ehebruch ein populäres Thema der Epik. In den aus dem Mittelalter stammenden Erzählungen über Lancelot und Guinevere sowie über Tristan und Isolde sind die beiden Ehebrecher die romantischen Helden, deren tragisches Schicksal bis in die Gegenwart immer wieder neu künstlerisch verarbeitet wird.
In der Renaissance wurde Ehebruch vorwiegend humorvoll und deftig dargestellt.<ref>Ehebruchroman. Universität Duisburg-Essen. Abgerufen am 29. März 2013.</ref> Vom 16. Jahrhundert an wurde Ehebruch besonders intensiv im Theater thematisiert. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich dann die spezielle Literaturgattung des Ehebruchromans und wurde zur bevorzugten Form des Gesellschaftsromans. Maßgebliche Werke sind Der scharlachrote Buchstabe von Nathaniel Hawthorne, Madame Bovary von Gustave Flaubert, Anna Karenina von Leo Tolstoi und Effi Briest von Theodor Fontane.
Ehebruch in der Mittelschicht um die jüngste Jahrtausendwende ist die Konstante im Lebenswerk von John Updike.<ref>Volker Hage: John Updikes 75. Geburtstag: Der unermüdliche Ehebrecher. Spiegel-Verlag. 18. März 2007. Abgerufen am 29. März 2013.</ref>
Siehe auch
Literatur
- Donald S. Marshall, Robert C. Suggs (ed.): Human Sexual Behavior. Variations in the Ethnographic Spectrum. Basic Books, London 1971.
- Arne Duncker: Gleichheit und Ungleichheit in der Ehe – Persönliche Stellung von Frau und Mann im Recht der ehelichen Lebensgemeinschaft 1700-1914. Böhlau Verlag, 2003, ISBN 3-412-17302-9, S. 677-721, 1105-1107 (Auszüge bei Google).
- John Burton: "Law and exegesis: the penalty for adultery in Islam" in Gerald Hawting (ed.): Approaches to the Qur'ān. London: Routledge 1993. S. 269-284.
Weblinks
- Ehebruch im deutschen und französischen Recht um 1900 - Stellungnahme der damaligen Frauenbewegung (Memento vom 25. März 2007 im Internet Archive)
- Adulterium. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 1, Leipzig 1732, Spalte 587–590.
Einzelnachweise
<references />
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