Lyrik
Als Lyrik (griechisch λυρική (ποίησις)) – die zum Spiel der Lyra gehörende Dichtung – bezeichnet man die Dichtung in Versform, welche die dritte literarische Gattung neben der Epik und der Dramatik darstellt. Lyrische Werke werden auch Gedichte (oder veraltend Poeme) genannt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Begriffsgeschichte
- 2 Kriterien der sprachlichen Form
- 3 Geschichte der Lyrik
- 3.1 Altertum und Antike
- 3.2 Europäisches Mittelalter
- 3.3 Entwicklungen ab dem Spätmittelalter
- 3.3.1 Deutschsprachige Lyrik
- 3.3.2 Englischsprachige Lyrik
- 3.3.3 Französischsprachige Lyrik
- 3.3.4 Griechische Lyrik
- 3.3.5 Italienische Lyrik
- 3.3.6 Polnische Lyrik
- 3.3.7 Portugiesische Lyrik
- 3.3.8 Russische Lyrik
- 3.3.9 Slowenische Lyrik
- 3.3.10 Spanischsprachige Lyrik
- 3.3.11 Japanische Lyrik
- 3.3.12 Persische Lyrik
- 3.4 Status der Lyrik im Islam
- 4 Gegenwart
- 5 Beispiele
- 6 Siehe auch
- 7 Anthologien
- 8 Literatur
- 9 Weblinks
- 10 Einzelnachweise
Begriffsgeschichte
Lyrik
Die Unterscheidung der Dreiheit Lyrik–Epik–Dramatik geht auf die griechische Antike zurück. Der Ordnungsbegriff „Lyrik“ (in der Form lyrische Poesie) wird seit dem 18. Jahrhundert als Gattungsbezeichnung verwendet, seit dem 19. Jahrhundert wird er zudem oft synonym mit Poesie, Gedicht und (seltener) Dichtung gebraucht. Der Verfasser poetischer Texte formuliert Gefühle und Gedanken eines lyrischen Subjekts, das der Perspektive des Autors entsprechen kann, aber nicht muss. Beziehungen zwischen Subjekt und der es umgebenden Welt werden dabei oft in hohem Maße reflektiert und abstrahiert. Lyrik ist häufig metaphernreich, rhetorisch stark strukturiert, rhythmisiert, manchmal gereimt und (seltener) mit Musik verbunden, was auf ihren Ursprung verweist: Im antiken Griechenland wurde der Vortrag von Dichtung in der Regel von einer Leier (Lyra oder Kithara) begleitet.
Gedicht
Mit dem Begriff „Gedicht“ wurde ursprünglich alles schriftlich Abgefasste bezeichnet; in dem Wort „Dichtung“ hat sich noch etwas von dieser Bedeutung erhalten. Seit ca. dem 18. Jahrhundert wird der Begriff im heutigen Sinn nur noch für poetische Texte verwendet.
Ein umfangreiches (oft mehrteiliges oder als Zyklus angelegtes) dichterisches Werk mit lyrischen und epischen Elementen (mit oder ohne verbindliche metrische Struktur) wird als Langgedicht bezeichnet.
Kriterien der sprachlichen Form
Lyrische Texte unterscheiden sich sprachlich-formal von epischen und dramatischen vor allem durch ihre Kürze, ihre strengere sprachliche Form, ihre semantische Dichte (Ausdruckskraft) und sprachliche Ökonomie (Prägnanz), ihre Subjektivität und ihren Bezug auf ein lyrisches Subjekt (z. B. ein lyrisches Ich, Du oder Wir). Dazu werden in erhöhtem Maße und auf verschiedenen Ebenen rhetorische und formale Ausdrucksmittel verwendet (siehe beispielsweise Reim, rhetorische Figur, Metapher), was nicht selten zu einer vom Gewohnten abweichenden Anordnung von Wörtern, Wortgruppen und Sätzen führt. Eine besondere Rolle spielen zudem die lautlichen Qualitäten des verwendeten Sprachmaterials, von einfachen Assonanzen bis hin zur Form der Onomatopoesie. Bei einzelnen Autoren der antiken und mittelalterlichen Lyrik, vor allem jedoch in der Lyrik des Barock und später in literarischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts, etwa der konkreten Poesie, wird die graphische Gestalt des Textes zu einem eigenständigen, teilweise dominanten, Formelement erhoben (siehe auch Figurengedichte).
In der Regel unterscheiden sich lyrische Texte von solchen der Prosa auch durch ihre äußere Form (Vers, Versmaß, Strophenbau). Im Lauf der Gattungsgeschichte verlor dieses Kriterium allerdings an Bedeutung; so finden sich bereits in Goethes Dichtung Gedichte ohne Reimschema und mit freien Rhythmen, die dann im 19. Jahrhundert in Frankreich als vers libre kultiviert wurden. Mit dem weitgehenden Verzicht auf die Regeln der Metrik und der Orientierung an der lebendigen Rede nähert sich der freie Vers der Prosa an. Zentrales Distinktionsmerkmal und Formelement lyrischer Texte bleibt letztlich der Vers selbst, der durch absichtsvollen, sinnstiftenden Zeilenumbruch (u. a. in Form des Enjambements) entsteht – im Unterschied dazu sind die Zeilenumbrüche in Prosatexten rein technisch erzeugt, folgen keiner textimmanenten Logik und sind für die Konstitution der Textbedeutung irrelevant.
Aus der Sicht eher linguistisch orientierter Lyriktheorien wird ein lyrischer Text als überstrukturierter Text aufgefasst. Diese Überstrukturierung bezieht sich auf die in der Sprachwissenschaft angesetzten Ebenen jeder sprachlichen Äußerung wie Phonologie, Semantik oder Syntax. So werden Reime als phonologische Überstrukturierung aufgefasst, Metaphern als semantische usw.
Aspekte der Form
Poetische Texte treten in zahlreichen sprachlichen Formen auf. Auf verschiedenen Ebenen der sprachlichen Gestaltung unterscheidet man Versfuß (Anapäst, Daktylus, Jambus, Trochäus u. a.), Versform (Alexandriner, Blankvers, Hexameter, Pentameter u. a.), Strophenform (Odenstrophen wie Alkäische Strophe, Asklepiadeische Strophe und Sapphische Strophe, Chevy-Chase-Strophe, Distichon, Sestine, Stanze (mit den Sonderformen Siziliane, Nonarime, Huitain, Spenserstrophe), Terzine u. a.) und Gedichtform (Akrostichon, Elegie, Epigramm, Ghasel, Haiku, Hymne, Lied, Collage, Montage, Ode, Prosagedicht, Ritornell, Senryū, Sonett u. a.). Über den einzelnen Text hinaus geht etwa die 14 Sonette und ein Meistersonett umfassende Form des Sonettenkranzes. Gedichte, die sich diesen (und anderen) Bestimmungen entziehen, haben gelegentlich eine explizit offene Form.
Historische, heute kaum noch verwendete lyrische Formen sind u. a. Dithyrambos, Kanzone, Madrigal und Rondeau.
Subgenres
Thematisch, stilistisch und/oder performativ bestimmte Subgenres von Lyrik sind u. a. Bildreihengedicht, Dinggedicht, Figurengedicht, Kinderlyrik, Lautpoesie, Liebesgedicht, Naturlyrik, Rollengedicht, Unsinnspoesie sowie zahlreiche Formen des Scherzgedichts (z. B. Clerihew, Klapphornvers, Leberreim, Limerick, Wirtinnenvers) und der Gelegenheitsdichtung.
Naturgedicht
Im Naturgedicht<ref>handmann.phantasus.de</ref> spielt die Natur eine besondere Rolle, etwa als Spiegel der Befindlichkeit oder als Quelle einer höheren Wahrheit, die durch die Naturbetrachtung erlangt werden kann (z. B. Paul Heyse: Vorfrühling, Johann Wolfgang von Goethe: Auf dem See).
Historische Genres
Historische lyrische Genres sind u. a. Meistersang, Minnesang, Sangspruchdichtung, Bukolik bzw. Schäferdichtung und Trobadordichtung; weitgehend historisch sind darüber hinaus zahlreiche Sonderformen wie etwa die Makkaronische Dichtung.
Genreübergreifende Formen
Genreübergreifende Formen gebundener Rede sind beispielsweise Ballade, Romanze und Haibun. Zeitgenössische Mischformen finden sich u. a. im Spoken Word. Auch Liedtexte (aller Genres) sowie Hip Hop und Rap haben Gemeinsamkeiten mit poetischen Texten.
Geschichte der Lyrik
Die Lyrik ist eine der frühen literarischen Formen. Wenn auch die frühesten überlieferten lyrischen Texte nicht als Gedichte im heutigen Sinne verstanden wurden – das Vorkommen von Reim bzw. Alliteration, einer Metrik oder eines sprachlichen Rhythmus’ genügt, um etwa die Merseburger Zaubersprüche oder frühe religiöse Texte als lyrische Texte einzustufen.
Der heutige Begriff von Lyrik geht auf den antiken griechischen Kulturkreis zurück; dort war die Lyrik zunächst das zur Lyra gesungene Lied, das in den Chorgesängen der antiken Dramen und im religiösen Kultus seinen „Sitz im Leben“ hatte. Bis heute steht Lyrik in einer gewissen Beziehung zur Musik und zum Lied.
Altertum und Antike
- Echnaton (der ägyptische Aton-Hymnus, 14. Jahrhundert v. Chr.)
- König David, (der hebräische Psalter, 1000 v. Chr.)
- die altgriechischen Dichter Archilochos, Terpandros, Alkaios von Lesbos und Sappho im 7. Jahrhundert v. Chr., sowie Anakreon im 6. Jahrhundert v. Chr.
- die lateinischen Dichter des Römischen Reiches Catull, Tibull, Properz, Ovid und Horaz im 1. Jahrhundert v. Chr.
Europäisches Mittelalter
Im volkssprachlichen Mittelalter treten Individualpersönlichkeiten vor allem im Minnesang und in der Spruchdichtung hervor: die provencalischen Trobadours (ab Ende des 11. Jahrhunderts), Walther von der Vogelweide (12. Jahrhundert), Oswald von Wolkenstein, Frauenlob (13. Jahrhundert). Hauptsächlich wurde die mittelalterliche Lyrik gesungen und mündlich tradiert; die Quellen, zunächst Handschriften und später auch Drucke, auf denen das heutige Wissen über die Lyrik des Mittelalters beruht, sind häufig erst lange nach der Entstehung der Texte entstanden. Deren Urfassungen sowie die Transformationen, denen sie vor ihrer Niederschrift unterlegen haben, lassen sich nur selten durch Quellenvergleiche rekonstruieren. Geistliche Lyrik (z. B. die Sequenzen) und die lateinische Vagantendichtung sind oft anonym in größeren Sammlungen überliefert, etwa der Carmina Burana (11./12. Jahrhundert). Die Meistersänger des ständisch geprägten Spätmittelalters (u. a. Hans Sachs, 16. Jahrhundert) inszenierten ihre Dichtung als ein lern- und abprüfbares Silben- und Töne-Handwerk.
Entwicklungen ab dem Spätmittelalter
Deutschsprachige Lyrik
Englischsprachige Lyrik
Im altenglischen Epos Beowulf singt ein Skop von der Weltschöpfung. Das Gedicht The Battle of Maldon lässt sich bereits auf das 11. Jahrhundert datieren. Nach der Christianiserung Englands entstanden zahlreiche religiöse Gedichte, wobei sich an manchen Elegien wie im The Wanderer noch die Umbrüche der Zeit bemerkbar machen. Naturgedichte wie The Seafarer beinhalten heidnische und christliche Motive. Einer der ersten namhaften Lyriker ist Cynewulf. Nach der Eroberung Englands durch normannische Truppen im Jahre 1066 verschwand das Altenglische als allgemeine Literatursprache. Das in mittelenglischer Sprache verfasste Werk Brut des Dichters Layamon gehört zu den wichtigsten Dichtungen des 13. Jahrhunderts. Es ist nicht nur mit angelsächsischem Vokabular durchsetzt, sondern steht am Anfang der literarischen Artus-Rezeption in England, zu der auch die bekannte Versdichtung Sir Gawain and the Green Knight zählt. Im 14. Jahrhundert entstehen Allegorien und Gedichte wie Piers Plowman, Patience und Pearl.
Als Formerneuerer ersetzte Geoffrey Chaucer schließlich im 15. Jahrhundert den germanischen Stabreim durch den Endreim und passte den ursprünglich französischen Balladenvers der englischen Sprache an. Dieser Rhyme royal besteht aus sieben Versen, jambischen Fünfhebern und dem Reimschema ababbcc. Die starke Wirkung Chaucers zeigte sich besonders in der hohen Zahl seiner Nachahmer, zu denen u. a. John Gower, John Lydgate und John Hoccleve zählen. Selbst der schottische König James I. verfasste Gedichte im Stil Chaucers.
Im 16. Jahrhundert schrieb Sir Thomas Wyatt die ersten Sonette in englischer Sprache. Sir Phillip Sidneys Sonettzyklus Astrophel and Stelle setzte das schon in Wyatts Dichtung angelegte englische Sonett endlich durch. Daneben verfasste der Jesuit Robert Southwell religiöse Gedichte und Thomas Campion Lieder. Die englische Sonettdichtung fand ihren Höhepunkt mit William Shakespeare. Weitere Sonettdichter sind Walter Raleigh, Michael Drayton und Samuel Daniel. Edmund Spenser schrieb die Versepen The Shepheardes Calender und The Faerie Queene.
John Donnes metaphysische Dichtung grenzte sich im 17. Jahrhundert von der starren Sonettdichtung der englischen Renaissance ab. Die Cavalier poets Ben Jonson, Richard Lovelace und Edmund Waller nahmen sich weltlicher Themen an. Im späten 18. Jahrhundert überwanden Thomas Gray und Robert Burns die Auswirkungen der Restauration, deren Dichtung sich hauptsächlich auf die Übersetzung lateinischer Klassiker beschränkte, und besonders der spätere Nationaldichter Schottlands Burns ebnete den Weg zur englischen Romantik. Die Romantik repräsentieren die Dichter William Blake, William Wordsworth, Samuel Taylor Coleridge, Percy Bysshe Shelley, Lord Byron und John Keats. Zur viktorianischen Epoche werden Alfred Tennyson und Robert Browning gezählt. Hauptvertreter des Symbolismus war der Ire William Butler Yeats, aber auch spätere Dichter der Moderne wie der Waliser Dylan Thomas können teilweise zu dieser Richtung gerechnet werden.
Bedeutende US-amerikanische Lyriker sind u. a. Edgar Allan Poe, Walt Whitman und Emily Dickinson im 19. Jahrhundert, Wallace Stevens, E. E. Cummings, William Carlos Williams, Ezra Pound, Elizabeth Bishop, Sylvia Plath, Ann Sexton, Allen Ginsberg und John Ashbery im 20. Jahrhundert. Eine wichtige Rolle spielte die Lyrik auch in der Popkultur seit den 1960er Jahren, etwa bei John Lennon, Cat Stevens, Bob Dylan, Leonard Cohen und anderen Songwritern.
Französischsprachige Lyrik
Die französischsprachige Lyrik Frankreichs beginnt im ausgehenden Mittelalter mit François Villon und Charles de Valois, duc d’Orléans (beide 15. Jahrhundert). Bedeutende Lyriker der Renaissance waren Pierre de Ronsard und Joachim Du Bellay, für die französische Klassik ist François de Malherbe, für die Aufklärung Jacques Delille zu nennen. In der Romantik sind Alphonse de Lamartine, Alfred de Musset und Victor Hugo von Bedeutung, etwa zeitgleich schrieben die „Parnassiens“ Théophile Gautier und Théodore de Banville. Die großen französischen Dichter der frühen Moderne (Symbolismus) sind Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud, Paul Verlaine und Stéphane Mallarmé. Bedeutende Lyriker zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind Guillaume Apollinaire und Paul Valéry, später André Breton, Paul Éluard, Ivan Goll, Tristan Tzara, Yves Bonnefoy u. a.
Griechische Lyrik
Die wichtigsten (neu-)griechischen Lyriker der Moderne waren Konstantinos Kavafis, Kostis Palamas, Odysseas Elytis, Giorgios Seferis und Giannis Ritsos.
Italienische Lyrik
In Italien waren die Lyriker der Renaissance Dante Alighieri (13. Jahrhundert) und Petrarca (14. Jahrhundert) bahnbrechend, weitere wirkmächtige Lyriker waren Michelangelo (15. Jahrhundert) und Torquato Tasso (16. Jahrhundert). Giacomo Leopardi (Anfang 19. Jahrhundert) und Gabriele D’Annunzio (19./20. Jahrhundert) waren jeder auf seine Weise Erneuerer der italienischen Dichtung; im 20. Jahrhundert waren Giuseppe Ungaretti, Eugenio Montale und Andrea Zanzotto – auch international – wegweisend.
Polnische Lyrik
Der Nationaldichter Polens ist Adam Mickiewicz (19. Jahrhundert). Die wichtigsten polnischen Lyriker des 20. Jahrhunderts waren Czesław Miłosz, Zbigniew Herbert, Tadeusz Różewicz und Wisława Szymborska; ein bedeutender Gegenwartsdichter ist Adam Zagajewski.
Portugiesische Lyrik
Der Nationaldichter Portugals ist Luís de Camões (16. Jahrhundert), ihm ist auch der Nationalfeiertag gewidmet;<ref name="WDL">The Lusiads. 1800-1882. Abgerufen am 31. August 2013.</ref> neben ihm steht António Ferreira. Einflussreiche Lyriker des 19. Jahrhunderts sind der Romantiker Soares de Passos und die symbolistischen Dichter Antero de Quental und Cesário Verde. In der portugiesischen Lyrik des 20. Jahrhunderts ist Fernando Pessoa die wichtigste Stimme; ein weiterer Dichter von Weltrang ist Eugénio de Andrade.
Russische Lyrik
Nach den russischen Nationaldichtern des 19. Jahrhunderts Alexander Puschkin und Michail Lermontow waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem Sergei Jessenin, Osip Mandelstam, Anna Achmatova, Marina Zwetajewa, Boris Pasternak und Wladimir Majakowski herausragende russische Dichter. Für die Entwicklung des russischen Futurismus und nachfolgende Avantgarden sind Velimir Chlebnikov und Alexei Krutschonych entscheidend. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebten viele bedeutende russische Lyriker außerhalb des Landes, etwa Joseph Brodsky in den USA und Alexeij Parschtschikov in Deutschland.
Slowenische Lyrik
Als slowenischer Nationaldichter gilt France Prešeren (19. Jahrhundert). Weitere bedeutende Lyriker des 19. Jahrhunderts waren Dragotin Kette und Josip Murn. Im 20. Jahrhundert sind Srečko Kosovel und Matej Bor zu nennen, die bedeutendsten Dichter waren Dane Zajc und Tomaž Šalamun.
Spanischsprachige Lyrik
Luis de Góngora und Francisco de Quevedo (16./17. Jahrhundert) sind die wichtigsten Lyriker des spanischen Barock. Bedeutende Lyriker des 20. Jahrhunderts sind u. a. Juan Ramón Jiménez, Antonio Machado sowie die Lyriker der Generación del 27 Ramón Gómez de la Serna, Rafael Alberti, Vicente Aleixandre, Jorge Guillén, Pedro Salinas, Miguel Hernández und Federico García Lorca.
Der bedeutendste spanischsprachige Lyriker Chiles ist Pablo Neruda, der Perus César Vallejo. Der bedeutendste spanischsprachige Lyriker Mexikos ist Octavio Paz.
Japanische Lyrik
Der allgemeine Begriff für Gedicht im Japanischen ist uta (歌, in Zusammensetzungen auch -ka oder 唄), was auch „Lied“ bedeutet. Traditionell unterscheidet man japanische Gedichte (Waka) und chinesische Gedichte (Kanshi). Die Hauptformen des Waka sind das Kurzgedicht, Tanka, mit 5-7-5-7-7-Moren und das Langgedicht, Chōka, mit 5-7-5-7- … -5-7-7-Moren. Aus der Verkettung von Tanka entstand das Kettengedicht, Renga, dessen Eröffnungsvers mit 5-7-7-Moren später zur eigenständigen Gedichtform Haiku wurde. Ähnlich kurz ist auch das Senryū, das außerhalb Japans nach dem Haiku die bekannteste Form japanischer Poesie darstellt.
Gedichte sind bereits in den beiden ältesten überlieferten japanischen Werken, den Reichschroniken Kojiki und Nihonshoki von 712 bzw. 720 n. Chr. enthalten. 759 n. Chr. erschien mit dem Man’yōshū die erste Gedichtanthologie, die knapp 4500 Gedichte umfasst, wobei ein Teil der Gedichte bis in das frühe 6. Jahrhundert n. Chr. zurückreicht. Obwohl die Werke im Man’yōshū zum Großteil der Hofdichtung zuzuordnen sind, finden sich darin auch Gedichte aus dem einfachen Volk, etwa Soldatengedichte. Die japanischen Kaiser ließen von 905 mit dem Kokin-wakashū bis 1439 mit dem Shinshokukokin-wakashū regelmäßig Waka-Anthologien wie die Sammlungen aus einundzwanzig Epochen zusammenstellen.
Die bedeutendsten Dichter bis ins 12. Jahrhundert wurden als „Die Sechsunddreißig Unsterblichen der Dichtkunst“ bezeichnet. Als die bedeutendsten Dichter der Edo-Zeit (17.–19. Jahrhundert) gelten Matsuo Bashō, Yosa Buson und Kobayashi Issa, während für die Moderne Hagiwara Sakutarō, Ishikawa Takuboku, Masaoka Shiki, Miyazawa Kenji, Ogiwara Seisensui, Takamura Kōtarō und Yosano Akiko zu nennen sind.
Persische Lyrik
Der wichtigste historische iranische Dichter ist Abū ʾl-Qāsim Firdausī (10. Jahrhundert). Das von ihm verfasste Epos Schāhnāme (persisch شاهنامه / Šāhnāma, auch Šāhnāmeh, dt. Königsbuch oder Buch der Könige) gilt als Nationalepos der persischsprachigen Welt; mit nahezu 60.000 Versen ist es mehr als doppelt so umfangreich wie Homers Epen und mehr als sechsmal so lang wie das Nibelungenlied. Ein weiterer herausragender Dichter ist Hafis (14. Jahrhundert), dessen Werk unter anderem Goethe zu seinem West-östlichen Divan inspirierte. Auf diesem Weg nahm Hafis Dichtung nachhaltig Einfluss auch auf die europäische Lyrik. Im 20. Jahrhundert gilt Forough Farrokhzad als eine der bekanntesten iranischen Dichterinnen.
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Status der Lyrik im Islam
Im Koran ist den zumeist schicksalsgläubigen altarabischen Dichtern ein eigener, kritischer Abschnitt gewidmet. Die letzten vier Verse der „Die Dichter“ (asch-Schuʿara) genannten Sure 26 setzen sie mit Wahrsagern und ziellos Umherirrenden gleich, die von Dschinn oder gar dem Satan selbst besessen seien und ihren Einfluss auf das Stammesleben falsch nützten. Der Prophet Mohammed grenzt sich zwar von ihnen ab, bescheinigt aber (in den letzten beiden später offenbarten bzw. hinzugefügten Versen) zumindest einigen unter ihnen Rechtgläubigkeit. Der Gesamtinhalt der Sure ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Prophetengeschichten des Islam, die Mohammed trösten und die Ungläubigen warnen sollen. Die muslimisch-arabischen Dichter erfreuten sich nach Mohammed unter den Umayyaden höchster Protektion, sofern sie die Quraisch glorifizierten und halfen, die Nichtaraber zu arabisieren. Hauptthema der Dichtung vor bzw. bis Mohammed war die Suche des liebenden (und deshalb umherirrenden) Dichters nach der verlorenen Geliebten.
Gegenwart
Weltweit hat Lyrik auch im 21. Jahrhundert eine große Bedeutung, vor allem in der arabischen Literatur, aber auch in einigen anderen Kulturkreisen. Im deutschen Sprachraum hatte Lyrik nie einen solchen Stellenwert, im 20. Jahrhundert ging ihre Rezeption eher noch weiter zurück bzw. stagnierte auf niedrigem Niveau. Unabhängig davon entwickeln sich beständig neue Formen von Lyrik und poetische Sprechweisen, zuletzt z. B. im Internet oder in den Jugendkulturen (Spoken Word, Hip Hop, Sprechgesang), und auch die Lyrik im engeren Sinn hat sich in den vergangenen Jahrzehnten tiefgreifend verändert und bezüglich ihrer Formen, Mittel und Gegenstände erweitert. Eine Wiederaufnahme metrischer und gereimter Dichtung zeigt sich im amerikanischen Neuen Formalismus.
Beispiele
→ Liste der Wikipedia-Artikel zu Gedichten
- Gottfried Benn: Nur zwei Dinge
- Bertolt Brecht: Erinnerung an die Marie A.
- Paul Celan: Todesfuge
- Allen Ginsberg: Howl
- Johann Wolfgang von Goethe: Erlkönig, Prometheus, Römische Elegien
- Hermann Hesse: Stufen
- Hugo von Hofmannsthal: Gedichte in Terzinen
- Friedrich Hölderlin: Hälfte des Lebens, Hyperions Schicksalslied
- Ernst Jandl: schtzngrmm
- Matsuo Bashō: Frosch-Haiku
- Edgar Allan Poe: The Raven
- Rainer Maria Rilke: Der Panther, Herbsttag, Duineser Elegien
- Percy Bysshe Shelley: Ozymandias
- Georg Trakl: Grodek
Siehe auch
Anthologien
- Theodor Verweyen, Gunther Witting (Hrsg.): Deutsche Lyrik-Parodien aus drei Jahrhunderten. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1983, ISBN 3-15-027975-5.
- Karl Otto Conrady: Der Große Conrady. Das Buch deutscher Gedichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Artemis & Winkler, Düsseldorf 2008.
- Klaus Peter Dencker: Poetische Sprachspiele. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Reclam, Stuttgart 2005. ISBN 3-15-018238-7.
- Hans Magnus Enzensberger: Museum der modernen Poesie. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2002. ISBN 3-518-39946-2.
- Harald Hartung: Luftfracht. Internationale Poesie 1940 bis 1990. (Die andere Bibliothek Bd. 80). Eichborn, Frankfurt/M. 1991. ISBN 3-8218-4423-X.
- Thomas Kling: Sprachspeicher. 200 Gedichte auf Deutsch vom achten bis zum zwanzigsten Jahrhundert. Dumont, Köln 2001. ISBN 3-7701-5813-X.
- Gregor Laschen: Schönes Babylon. Gedichte aus Europa in 12 Sprachen. Dumont, Köln 1999. ISBN 3-7701-4844-4.
- Franz Link: Make it New. US-amerikanische Lyrik des 20. Jahrhunderts. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1996. ISBN 3-506-70824-4.
- Joachim Sartorius: Atlas der neuen Poesie. Rowohlt, Reinbek 1996. ISBN 3-499-13978-2.
- Wulf Segebrecht, Christian Rößner: Das Deutsche Gedicht. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. S. Fischer, Frankfurt/M. 2005. ISBN 3-10-074440-3.
Literatur
- Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Lyrik des 20. Jahrhunderts. (Sonderband text+kritik). Edition text & kritik, München 1999. ISBN 3-88377-613-0.
- Bernhard Asmuth: Lyrik. In: Gert Ueding: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 5. Niemeyer, Tübingen 2001, Sp. 690–727. ISBN 3-484-68105-5.
- Hans Bender (Hrsg.): Mein Gedicht ist mein Messer. Lyriker zu ihren Gedichten. List, München 1969.
- Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse. (Sammlung Metzler; 284). Metzler, Stuttgart 1997. ISBN 3-476-12284-0.
- Manfred Enzensperger (Hrsg.): Die Hölderlin Ameisen. Vom Finden und Erfinden der Poesie. Köln 2005. ISBN 3-8321-7921-6.
- Hugo Friedrich: Die Struktur der modernen Lyrik. Von der Mitte des neunzehnten bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Rowohlt, Reinbek 2006. ISBN 3-499-55683-9.
- Hans-Dieter Gelfert: Wie interpretiert man ein Gedicht? Für die Sekundarstufe. Reclam, Stuttgart 2004. ISBN 3-15-015018-3.
- Gunter E. Grimm: Zwischentöne. Stationen der deutschen Lyrik. Tectum Verlag, Marburg 2015. ISBN 978-3-8288-3487-3.
- Michael Hamburger: Wahrheit und Poesie. Spannungen in der modernen Lyrik von Baudelaire bis zur Gegenwart. Edition Folio, Wien 1995. ISBN 3-85256-022-5.
- Joachim Sartorius (Hrsg.): Minima Poetica. Für eine Poetik des zeitgenössischen Gedichts. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2003. ISBN 3-518-45512-5.
- Ulrich Schödlbauer: Entwurf der Lyrik. Akademie Verlag, Berlin 1994. ISBN 3-05-002261-2.
- Raoul Schrott: Die Erfindung der Poesie. dtv, München 2003. ISBN 3-423-13144-6.
- Andreas Thalmayr: Lyrik nervt! Erste Hilfe für gestreßte Leser. dtv, München 2008. ISBN 978-3-423-62356-8; unter der ISBN 3-89940-465-3 auch als Tondokument vom hörverlag verfügbar.
Weblinks
- Interpretationszugänge zur (antiken) Lyrik. Hilfen aus dem Gymnasialunterricht.
- Freiburger Anthologie. Sammlung deutschsprachiger Gedichte von 1720–1890 mit wissenschaftlich-kritischer Textgrundlage und Dokumentation.
- lyrikline. Deutschlandweit größtes Archiv internationaler Lyrik (im Original, in Übersetzungen sowie zum Hören) der Literaturwerkstatt Berlin.
- Die Deutsche Gedichtebibliothek. Gesamtverzeichnis deutschsprachiger Gedichte. Originale, Übersetzungen und gesprochene Gedichte.
Einzelnachweise
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