Gemeine Hasel
Gemeine Hasel | ||||||||||||
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Gemeine Hasel (Corylus avellana), Illustration A Zweig mit männlichen Blütenkätzchen, B Zweig mit Laubblättern, C Haselnuss in ihren Hüllblättern, 4 weibliche Blüte, besteht nur aus Fruchtknoten und roter Narbe, 5 reife Haselnuss.
Gemeine Hasel (Corylus avellana), Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Corylus avellana | ||||||||||||
L. |
Die Gemeine Hasel (Corylus avellana), auch Haselstrauch oder Haselnussstrauch genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Birkengewächse (Betulaceae). Sie ist ein meist rund fünf Meter hoch werdender sommergrüner Strauch, der in Europa und Kleinasien heimisch und in Mitteleuropa sehr häufig ist. Bekannt ist sie für ihre essbaren, seit Jahrtausenden vom Menschen genutzten Früchte, die Haselnüsse. Der Großteil der im Handel erhältlichen Haselnüsse stammt jedoch von der nahe verwandten Lambertshasel (Corylus maxima).
Das Art-Epitheton avellana bezieht sich auf die antike italienische Stadt Abella, heute Avella, in der heutigen Provinz Avellino in Kampanien nahe dem Vesuv. Die Region ist für ihren Haselnussanbau schon seit dem Altertum bekannt.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Die Hasel wächst in der Regel als vielstämmiger, aufrechter Strauch von fünf bis sechs Metern Höhe. Die Verzweigung ist sympodial. In seltenen Fällen wächst sie als Baum und wird dann bis zu zehn Meter hoch. Sie ist sommergrün und bildet Stockausschläge. An der Stammbasis entstehen Schößlinge, die im ersten Jahr mehrere Meter hoch werden können, sich aber erst im zweiten Jahr verzweigen und noch später zur Seite biegen. Diese Schößlinge sorgen für den strauchförmigen Wuchs, da die Verzweigung der Hasel ansonsten akroton (an der Spitze) gefördert ist. Der Stammdurchmesser (BHD) kann 15 bis 18 Zentimeter erreichen. Das Höchstalter der Hasel liegt bei 80 bis 100 Jahren.
Knospen und Triebe
Die Winterknospen sind stumpf eiförmig, fünf bis sieben Millimeter lang und seitlich leicht zusammengedrückt. Die Knospen sind am Rand bewimpert. An der Lichtseite sind sie rotbraun, im Schatten grün. Die scheinbaren Endknospen sind breit eiförmig und nur kaum größer als die Seitenknospen.
Junge Triebe sind im Querschnitt rund und haben ein kleines, rundes Mark. Die Triebe sind mit kurzen Haaren dicht besetzt und haben auch etliche große, helle Lentizellen. Die Triebspitze ist durch rotbraune Drüsenhaare gekennzeichnet. In den Blattnarben sind fünf Leitbündel sichtbar. Die jungen Triebe sind relativ dünn und wachsen etwas zick-zack-förmig.
Blätter
Die Blätter stehen zweizeilig wechselständig an den Trieben, an aufrechten Trieben jedoch spiralig. Der Blattstiel ist einen halben bis zwei Zentimeter lang und drüsig behaart. Die Blattspreite ist runzelig, sieben bis dreizehn Zentimeter lang und sechs bis zehn Zentimeter breit. Die Form ist rundlich bis verkehrt eiförmig. Die Spreitenspitze ist eine kurze Spitze, die Blattbasis ist oft etwas asymmetrisch und herzförmig. Der Blattrand ist grob doppelt gesägt. Die Blattoberseite ist zerstreut behaart und deutlich dunkler als die Unterseite. Die zwei kleinen, eiförmigen Nebenblätter fallen nach dem Blattaustrieb bald ab.
Sonnen- und Schattenblätter unterscheiden sich in ihrer Anatomie. Je weniger Licht ein Blatt erhält, umso kürzer sind die Palisadenzellen. Im Herbst vergilben die Blätter vom Rand her, bevor sie abfallen.
Holz und Rinde
Das Holz der Hasel ist mäßig hart, zäh, aber wenig dauerhaft. Es besitzt eine rötlich-weiße Farbe, wobei zwischen Splint- und Kernholz kein Unterschied besteht. Die Rohdichte des Holzes (r15) beträgt 0,57 bis 0,63 g cm3.
Die Hasel bildet keine Borke aus. Ihr Abschlussgewebe auch auf alten Zweigen ist eine glatte, glänzend graubraune Rinde. Auf ihr sitzen querstehende, helle Lentizellen. Im Alter bekommt die Rinde Längsrisse.
Blüten
Die Hasel ist monözisch, d. h. eine Pflanze verfügt über weibliche und männliche Blütenstände. Diese stehen in dichasialen Teilblütenständen. Letztere stehen entweder zu vielen und bilden Kätzchen (männliche Blüten) oder sie stehen zu mehreren und bleiben von der Knospe eingeschlossen (weibliche Blüten). Die Hasel hat ihre Blütezeit im Februar/März vor dem Laubaustrieb und ist als Frühblüher ein wichtiger Pollenlieferant für Honigbienen. An warmen, sonnigen Wintertagen werden allerdings nur die männlichen Kätzchen angeflogen, da die weiblichen Blüten weder duften noch Nektar anbieten.<ref name="kremer">Kremer, Strauchgehölze. Niedernhausen, 2002. ISBN 3-576-11478-5</ref> Die Bestäubung erfolgt in jedem Fall durch den Wind (Anemophilie), die Blüten sind daher recht unscheinbar. Ein einziges Kätzchen enthält etwa 2 Millionen Pollenkörner.<ref name="Duell">Ruprecht Düll und Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. 2005, ISBN 3-494-01397-7</ref> Mit etwa zehn Jahren tragen die Sträucher das erste Mal Früchte.
Die männlichen Blütenstände entstehen bereits im Herbst des Vorjahres und überwintern nackt. Meist stehen zwei bis vier Blütenstände an der Spitze oder in Blattachseln letztjähriger Triebe. Zur Blüte strecken sie sich auf acht bis zehn Zentimeter Länge. Die Einzelblüten stehen in der Achsel eines flaumig behaarten Tragblatts, am Blütenstiel sitzen zwei Vorblätter. Ein Perianth fehlt, sodass die Blüte aus vier Staubblättern mit je zwei Antheren besteht. Der Pollen der Hasel besitzt drei Keimporen.
Die weiblichen Blüten stehen in zweiblütigen Dichasien. Diese bilden zu mehreren den weiblichen Blütenstand, der jedoch auch bei der Blüte von den Knospenschuppen umschlossen bleibt. Lediglich die roten Narben ragen aus der Knospe hervor. Das Dichasium besteht aus dem Deckblatt, den beiden Vorblättern der fehlenden Mittelblüte, sowie den beiden Seitenblüten, die entwickelt sind. Die Seitenblüten sind von zwei miteinander verwachsenen Vorblättern umgeben, die später zur Fruchthülle werden. Die Blüte besteht aus dem Stempel, der aus zwei verwachsenen Fruchtblättern besteht. Der Fruchtknoten ist durch Scheidewände (Septen) in zwei Fächer geteilt, von denen jeder eine Samenanlage enthält. In der Regel entwickelt sich nur eine Samenanlage.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22 oder 28.<ref name="Oberdorfer2001" />
Früchte
Nährwerte pro 100 g Haselnusskerne<ref>Verpackungsangabe von Delta Haselnusskerne ---- * = http://www.nal.usda.gov/fnic/foodcomp/search/ - siehe auch: en:Hazelnut</ref> | |
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Brennwert | 2685 kJ (650 kcal) |
Eiweiß | 12 g |
Kohlenhydrate | 11 g |
- davon Zucker | 1 g |
- Ballaststoffe | 8,6 g |
Fett | 62 g |
- gesättigte Fettsäuren | 4,5 g |
- einfach ungesättigt | 46 g* |
- mehrfach ungesättigt | 8 g* |
Vitamine und Mineralstoffe | |
Vitamin A | 5 µg |
Vitamin B1 | 0,6 mg* |
Vitamin B2 | 0,11 mg* |
Vitamin B3 | 1,8 mg* |
Vitamin B6 | 0,6 mg* |
Vitamin B9 | 113 μg* |
Vitamin C | 3 mg |
Vitamin E | 26,6 mg |
Calcium | 114 mg* |
Eisen | 4,7 mg* |
Natrium | 2 mg |
Phosphor | 290 mg* |
Kalium | 680 mg* |
Nach der Befruchtung werden die Scheidewände des Fruchtknotens reduziert, es entwickelt sich eine einsamige Nussfrucht. Selten entwickeln sich beide Samenanlagen zu Samen aus. Die beiden Vorblätter der Blüte entwickeln sich zur Fruchthülle, der Cupula, die bei der Gemeinen Hasel glockenförmig ist und einen zerrissen gezähnten Rand aufweist. Das rundliche Mal an der Unterseite der Frucht ist die ehemalige Ansatzstelle an der Cupula. Die Nuss ist seitlich leicht zusammengedrückt. An der Flachseite gibt es eine leichte, längsorientierte Eintiefung. Dies sind die Kommissuren, die Stellen, wo die beiden Fruchtblätter aneinanderstoßen. An der Schmalseite besitzt jede Nusshälfte eine leichte Erhebung: dies ist die Mediane jedes Fruchtblattes. Hier lässt sich die Nuss am leichtesten spalten.
In der Nuss befindet sich ein einziger großer Samen ohne Endosperm. Die Samenschale (Testa) ist dünn und häutig. An einer Schmalseite liegt ihr die Columella an: das ist die Zentralsäule des Fruchtknotens, die sich bei der reifen Frucht von der basalen Ansatzstelle bis zur Spitze des Samens zieht. Sie ist die Verbindung zwischen Mutterpflanze und Samen. Der Achsenkörper des Embryos sitzt dementsprechend an der Spitzenseite des Samens, die Keimblätter füllen den restlichen Teil des Samens aus. Sie sind Speicherorgane, die hauptsächlich fette Öle speichern.
Die Samen der Haselnuss enthalten rund 60 % fettes Öl. 100 Gramm enthalten rund 2700 kJoule Energie. Siehe dazu auch den Infokasten rechts.
Die Nüsse werden von Kleinsäugern (Eichhörnchen, Bilchen, Mäusen) und Vögeln (Kleibern und Hähern) verbreitet. Diese Tiere nutzen die Nüsse als Nahrung, durch verlorene Nüsse und vergessene Nahrungsverstecke sorgen sie gleichzeitig auch für die Ausbreitung der Samen. Erntezeit ist üblicherweise September/Oktober.
- Hazel Catkins aka.jpg
Männliche Kätzchen
- Corylus avellana 2006-4-16.JPG
Weibliche Blütenstände in Anthese
- Noisettes 0107.jpg
Unreife Früchte, an der Spitze ist noch die Narbe erkennbar.
- Haselnuss Gr 99.jpg
Links Nuss, rechts Samen
- Doppelhaselnuss.jpg
Seltene Doppelhaselnuss
- Corylmus.jpg
Fraßspuren von Mäusen an Haselnüssen
- Corylus avellana.png
Jungpflanze
- Corylus avellana.jpg
Blätter und Früchte
- Haselnuss Corylus avellana (21).jpg
Samen vom verholzten Perikarp getrennt
- Haselnuss Corylus avellana (15).jpg
Halbierte Frucht, vor dem Trocknen
- Modell von Corylus avellana (Haselnuss), weiblicher Blütenstand im Durchschnitt -Osterloh Nr. 64-.jpg
Weiblicher Blütenstand
- Hazelnuts.jpg
Haselnüsse
Wurzeln und Mykorrhiza
Die Hasel hat ein sehr intensiv verzweigtes Wurzel</b>system. Neben einer Pfahlwurzel bildet sie starke Seitenwurzeln aus, die nahe der Oberfläche liegen, jedoch nicht sehr weit reichen. Die dichteste Durchwurzelung ist in 30 bis 40 Zentimetern Tiefe. Die mittlere Wurzellänge liegt bei Haseln in Feldschutzhecken bei drei, maximal vier Metern. Daher übt die Hasel kaum negativen Einfluss auf benachbarte Kulturen aus. Die Hasel geht mit folgenden Pilzen eine Ektomykorrhiza ein: Schwarze Trüffel (Tuber melanosporum), Sommertrüffel (Tuber aestivum), Wintertrüffel (Tuber brumale); aber auch Perlpilz (Amanita rubescens), Steinpilz (Boletus edulis) und Cenococcum geophilum.
Verbreitung und Florengeschichte
Das Areal der Hasel umfasst große Teile Europas sowie Anatolien und den Kaukasus. Im Norden reicht das Verbreitungsgebiet bis zu den Orkney-Inseln sowie in Norwegen bis zum Polarkreis. In Schweden kommt die Hasel bis zum 64., in Finnland bis zum 63. Breitengrad vor. Ob die Hasel in Nordafrika und in Syrien natürlich vorkommt, ist nicht ganz gesichert.
Die Hasel kommt im Süden des Verbreitungsgebiets bis in wesentlich höheren Lagen vor als im Norden. So liegt die Höhengrenze im Erzgebirge und in den Vogesen bei 800 m, in den Nordalpen bei 1200 m, in Kärnten bei 1600 m und in Mazedonien bei 1500 m.
Fossil ist die Hasel seit dem Pliozän bekannt. Die letzte Eiszeit überdauerte sie in einem Rückzugsgebiet in Südwest-Europa, u.a. im Norden Portugals.<ref>S. Martins, F. Simoes, D. Mendonca, J. Matos, A. P. Silva, V. Carnide: Chloroplast SSR genetic diversity indicates a refuge for Corylus avellana in northern Portugal. Genetic Resources and Crop Evolution (2013) 60: 1289–1295. doi:10.1007/s10722-012-9919-2</ref> Zu Beginn der Frühen Wärmezeit (Boreal) wanderte sie von dort nach Mitteleuropa ein. Sie verdrängte hier die Kiefer und Birke. Von 7000 bis 6000 v. Chr., während der Mittleren Steinzeit, war die Hasel das dominierende Gehölz in Mitteleuropa. Danach wurde sie in Mitteleuropa von Eichenmischwäldern zurückgedrängt. Circa 5000 v. Chr. erreichte die Hasel Südschweden, 2000 v. Chr. die obere Wolga.
Standorte
Die Hasel wächst bevorzugt in ozeanischem und subozeanischem Klima in sommerwarmen Lagen. Sie wächst in lichten Wäldern, an Waldrändern und Feldhecken. Sie ist eine Lichtpflanze, verträgt aber auch mäßigen Schatten. Bezüglich Feuchte, Bodenreaktion und Stickstoffbedarf ist sie nach der Klassifizierung nach Ellenberg indifferent. Ihr Optimum erreicht sie auf feuchten, gut durchlüfteten, warmen Böden, die einen hohen Humusgehalt und neutrale bis alkalische Reaktion haben. Auf nährstoffarmen Sanden sowie auf sauren, vernässten Standorten gedeiht sie nicht.
Pflanzensoziologisch kommt sie in Mitteleuropa vor allem in Eichen-Hainbuchenwäldern (Carpinion betuli) und in Auenwäldern (Alno-Ulmion) vor. Die optimalen Bedingungen hat sie in älteren Schlehengebüschen (Prunetalia-Stadien) auf potentiellen Buchenwald-Standorten (Fagion bzw. Fagetalia).<ref>Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 7. Auflage, Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8252-1828-7</ref> Auch auf offenem Blockschutt bildet sie eigene Corylus avellana-(Tilio-Acerion)-Gesellschaften, den Hasel-Buschwald: beschrieben wurden sie etwa aus Kärnten.<ref>L. Mucina, G. Grabherr, S. Wallnöfer: Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil III: Wälder und Gebüsche. G. Fischer, Jena 1993, S. 128. ISBN 3-334-60452-7</ref>
Ökologie
Es gibt eine Unzahl verschiedener Insektenarten, die sich unter anderem von den Blättern, Früchten oder dem Saft der Gemeinen Hasel ernähren. Dazu gehören auch einige Arten, die monophag ausschließlich von dieser Pflanze leben. Beispiele sind der Haselnussbohrer (Curculio nucum), Zikaden wie die Haselmaskenzikade (Oncopsis avellanae), Ochsenlaubzikade (Edwardsiana avellanae) oder die Dornenlaubzikade (Edwardsiana spinigera) und Pflanzenläuse wie Myzocallis coryli oder die Haselnussblattlaus (Corylobium avellanae).
Nutzung
Holz
Die Gemeine Hasel hat forstwirtschaftlich keine große Bedeutung. Ihre hohen Ansprüche an die Bodenkraft machen sie ungeeignet, die Lücken in den Beständen auf ärmerem Boden zu füllen. Nur als Mischholz im Eichenniederwald (Eichenschälwald) leistet sie oft gute Dienste; ihr starker Blattabfall führt dem Boden reichlich Humus zu.
Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Haselnussholz von Reifschneidern für die Herstellung der Fassreifen verwendet. Starke junge Ruten werden als Stöcke, Gitterwerk, Blumenstäbe etc. verwendet, früher zudem für Vogelschlingen, Ausklopfstäbe und Korbbügel, stärkere Äste für Spazierstöcke und Armbrustbögen. Das Holz ist weich und gut spaltbar, aber nicht sehr haltbar. Man benutzt es für Tischlerarbeiten, früher auch für Wurfspeerschäfte. Häufiger wird es gespaltet, die Späne zum Flechten benutzt. Die Kohle dient als Zeichenkohle, aber auch zur Herstellung von Schießpulver.<ref name="baumkunde">Die Hasel bei baumkunde.de</ref>
Erntemengen 2012 (in Tonnen) Hasel- und Lambertsnüsse | |
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Land | Ernte |
Türkei | 660.000 |
Italien | 85.232 |
USA | 30.000 |
Aserbaidschan | 29.624 |
Georgien | 24.700 |
China | 23.000 |
Iran | 21.440 |
Spanien | 13.900 |
Frankreich | 8.358 |
Polen | 4.223 |
Quelle: FAO<ref>Statistik der FAO 2015 [1] (abgerufen 22. Januar 2015)</ref> |
Nüsse
Bereits im frühen Mesolithikum steuerte die Haselnuss einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der Menschen bei.<ref name="Bick">Almut Bick: Die Steinzeit. Theiss WissenKompakt, Stuttgart 2006. ISBN 3-8062-1996-6</ref> Die enorm schnelle Ausbreitung in diesem Zeitalter wird mit der Einwanderung des Menschen in Verbindung gebracht, der dies bewusst oder unbewusst durch die Anlage von Haselnussvorräten beschleunigte.<ref>Hansjörg Küster: Geschichte des Waldes, C.H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50279-2</ref>
Die heutzutage im Handel erhältlichen „Haselnüsse“ sind allerdings meist die Nüsse der Lambertshasel (Corylus maxima). Im Handel wird die Bezeichnung Haselnuss für die Früchte beider Arten, der Gemeinen Hasel wie für die Lambertshasel verwendet.<ref>vgl. Amtsblatt der EU (PDF)</ref> Daher gibt es keine getrennten Erntestatistiken. Da genetische Analysen keine Differenzierung zwischen Corylus avellana und Corylus maxima (sowie den von einigen Autoren zusätzlich unterschiedenen Corylus pontica Koch. und Corylus colchica Alb.) zulassen, die morphologischen Merkmale lückenlos ineinander übergehen und die Formen frei miteinander kreuzbar sind, betrachten die meisten neueren Autoren alle diese Formen allerdings als Varianten einer einzigen weitgefassten Art Corylus avellana.<ref>Veli Erdogan & Shawn A. Mehlenbacher (2000): Phylogenetic Relationships of Corylus Species (Betulaceae) Based on Nuclear Ribosomal DNA ITS Region and Chloroplast matK Gene Sequences. Systematic Botany 25(4): 727-737. doi:10.2307/2666730</ref><ref name="Bassil">Nahla Bassil, Paolo Boccacci, Roberto Botta, Joseph Postman, Shawn Mehlenbacher (2013): Nuclear and chloroplast microsatellite markers to assess genetic diversity and evolution in hazelnut species, hybrids and cultivars. Genetic Resources and Crop Evolution 60: 543–568. doi:10.1007/s10722-012-9857-z</ref>. Die türkischen Sorten und Kultivare unterscheiden sich von den mediterranen und westeuropäischen meist in eher niederliegend-aufsteigendem Wuchs und einer durchgehenden, die reife Nuss umhüllenden Fruchthülle.
Die wichtigsten Haselnussexporteure sind die Türkei und Italien. Die türkische Haselnussernte bestimmt mit einem Anteil von 70 % der weltweiten Produktion den Weltmarktpreis.<ref>World Hazelnut Situation & Outlook</ref> Im Jahr 2014 führten ungünstige klimatische Bedingungen in der türkischen Schwarzmeer-Region, dem Hauptanbaugebiet, zu einem deutlichen Ernterückgang auf etwa 400.000 Tonnen und darauf folgenden, teils heftigen Preissteigerungen. Für das Jahr 2015 wurden hier wieder 733.000 Tonnen Nüsse geerntet und damit die Erntemenge fast verdoppelt.<ref>Turkey’s hazelnut harvest doubles in 2015. Artikel Sundyas Zaman vom 6. September 2015</ref> Damit wurde beinahe wieder die bisherige Rekordernte von 2008 (gut 800.000 Tonnen<ref>FAOSTAT FAO Statistics Division</ref>) erreicht.
Für die industrielle Verarbeitung (Röstung) werden runde Kerne mit einem Durchmesser zwischen 9 und 13 mm benötigt. Industrienüsse sind darüber hinaus röstbar und leicht kernhautlösend.<ref name=nitsch>Carola Nitsch: Praxis-Anbau von Haselnüssen. In: Obstbau. Nr. 2, 2015, S. 80–84.</ref> Die gehackten Nüsse oder das daraus gewonnene Haselnussöl werden für Backwaren, Süßigkeiten (Nougat, Krokant) und für Speiseeis verwendet.
Die Röstung verstärkt den Nougatgeschmack; für weißes Nougat werden die Kernhäute entfernt.<ref name=nitsch />
Es gibt zahlreiche Kultursorten, die aus selektierten Klonen aus Wildpopulationen hervorgegangen sind und vegetativ vermehrt werden. Einige Kultivare gehen auch auf sexuelle Kreuzung zwischen solchen Sorten, einige auf Kreuzungen von verschiedenen Arten zurück<ref name="Bassil"/> Die Kultivare der Schwarzmeer- und Kaukasusregion und diejenigen des Mittelmeerraums sind genetisch (und auch morphologisch) klar voneinander geschieden und gehen auf unabhängige Domestizierungsereignisse zurück.<ref>Paolo Boccacci & Roberto Botta (2009): Investigating the origin of hazelnut (Corylus avellana L.) cultivars using chloroplast microsatellites. Genetic Resources and Crop Evolution 56: 851–859, doi:10.1007/s10722-009-9406-6</ref>. Bei den türkischen Kultivare unterscheidet das nationale Hazelnut Research Institute in Giresun 16 Hauptsorten und zahlreiche weitere lokale Kultivare und Landsorten, diese werden nach den Formen der Nüsse in drei Gruppen geteilt, solche mit runden, mit zugespitzten und mit mandelförmigen Nüssen. Für die industrielle Verwendung und den Export bedeutsam sind vor allem die runden Formen. Die wichtigste Sorte ist Tombul, weitere verbreitete Sorten sind Cakildak, Cavcava, Fosa, Kan, Karafindik, Kargalak, Mincane, Palaz. Die zugespitzen Sorten, die als von geringerer Qualität gelten, sind etwa Aci, Incekara, Kalinkara, Kus und Sivri.<ref>K. Gürcan, V. Erdogan, S.A. Mehlenbacher (2009): Genetic diversity in hazelnut (Corylus avellana L.) cultivars from Black Sea countries assessed using SSR markers. Plant Breeding 129: 422—434. doi:10.1111/j.1439-0523.2009.01753.x</ref>. Wichtige Sorten in Oregon (USA) sind 'Ennis', 'Butler' und 'Barcelona', in Viterbo (Italien) 'Tonda Romana' sowie in Deutschland die 'Hallesche Rießennuss' oder die 'Zeller Nuss'. Unterschiede der Sorten liegen auch in den ökologischen Ansprüchen, Krankheitsresistenzen (Xanthomonas arboricola), Verwendungsmöglichkeiten und Erträgen. Die Vermehrung erfolgt meist über vegetative Vermehrung, hauptsächlich durch Stecklingsbewurzelung, Absenkerbildung und Pfropfen. Bei letzterer dient oft die Baumhasel (Corylus colurna) als Unterlage, da sie mit ihrem Stamm leicht zu pflegen und zu beernten ist.
Zierstrauch
Außerdem werden einige Sorten in Gärten kultiviert:
- Die Korkenzieher-Hasel (C. avellana 'Contorta') - vermutlich eine Spontanmutation, entdeckt in England um 1900, zeichnet sich durch verdrehte Zweige aus.
- Die Blätter der Sorte 'Aurea' sind beim Austrieb gelb und werden später gelbgrün.
Pharmakologie
Als Arzneimittel dienen die Haselnussblätter (Folia Coryli avellanae). Sie enthalten 0,04 % ätherisches Öl, Palmitinsäure, Paraffin, Myricitrosid, Saccharose, Taraxerol und β-Sitosterin. Man verwendet sie in Teegemischen als Ersatz für Blätter von Hamamelis virginiana.
Schädlinge
Bemerkenswert sind die Knospendeformationen hervorgerufen durch die Haselnuss-Gallmilbe (Phytoptus avellanae). Auf nährstoffreichen Böden sind die Wurzeln gelegentlich von der vollparasitischen Schuppenwurz (Lathraea squamaria) besetzt. Die Nüsse werden nicht selten durch die Larven des Haselnussbohrers (Curculio nucum) befallen, die den Samen fressen.
Kulturelle Bedeutung
Die Hasel ist ein Symbol für Lebens- und Liebesfruchtbarkeit; Unsterblichkeit; Frühling und glückhaften Beginn; Wunscherfüllung; Glück. Sie hat wie der Schwarze Holunder in Mitteleuropa eine lange kulturelle Tradition. Haselzweige waren häufig Teil von heidnischen wie auch christlichen Grabfunden.
Als sehr altes Nahrungsmittel dürfte die Hasel schon bei Steinzeitkulturen einen hohen Stellenwert besessen haben. Zumindest aus germanischer Zeit ist überliefert, dass die „Frau Haselin“ nicht gefällt werden durfte. Fremde durften von Haselsträuchern nicht mehr als eine Handvoll Nüsse nehmen.
Im antiken Rom war die Hasel ein Friedenssymbol. Unterhändler bei Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen hatten als Zeichen ihrer guten Absichten einen Haselzweig in der Hand. Noch in historischer Zeit wurden in Deutschland Mahl- und Gerichtsstätten mit den „Summerlatten“, den Johannistrieben der Hasel, abgesteckt. Haselzweige dienten auch als Grenzmarkierungen. Der Weiser-Stab von Gerichts- und Forsthoheit bestand aus Haselholz.
Dem Strauch wurden auch abwehrende Eigenschaften zugesprochen: Mit einem Haselzweig sollte man sich der Schlangen und Hexen erwehren können. Daher wünschte sich auch Aschenputtel eine Haselgerte für das Grab ihrer Mutter.
Haseln wurde und wird die Eigenschaft zugeschrieben, Kraftströme fließen zu lassen. Daher werden Haselruten als Wünschelruten verwendet. Der Strauch soll auch vor Blitzschlag schützen und störende Erd- und Wasserstrahlen ableiten. Der Haselzauber war zwar schon in frühfränkischer Zeit (Lex Ripuaria) verboten worden, blieb aber noch über Jahrhunderte bestehen. Der Glaube an die Wünschelrute blieb bis ins 17. Jahrhundert allgemein verbreitet. Man wollte Schätze, Metalladern und Quellen damit aufspüren. Diese Verwendung ist etwa in Georgius Agricolas „De re metallica“ von 1556 abgebildet. Der Gebrauch als Wünschelrute hat sich bis heute erhalten. Eine prosaischere Verwendung der Hasel erschließt sich aus der Redewendung „jemanden mit Haselsaft erquicken“: als Prügelstock. <ref> Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Band 14, S. 35 ff, Autor: Johannes Hoops </ref> Bei der heiligen Hildegard von Bingen war die Hasel nicht in hohem Ansehen: Der Haselbaum ist ein Sinnbild der Wollust, zu Heilzwecken taugt er kaum.<ref name="Laudert135">zitiert nach Laudert: Mythos Baum 2004, S. 135.</ref> Nüsse wurden nämlich mit Sexualität und Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht. Diese sexuelle Konnotation der Hasel ist etwa im Volkslied zu erkennen:
- Die Nachtigall singt auf kein Tannenbaum,
- Schlagt in der Haselnussstaudn ...<ref name="Laudert135"/>
Die Nachtigall singt nur während der Weibchensuche, nach der Paarung nicht mehr. Die Redewendung in die Haseln gehen steht für ein Stelldichein. Die Volkssprüche viel Hasel, viel Kinder ohne Vater und der ist aus einer Haselstaude entsprungen weisen auf den außerehelichen Charakter solcher Verbindungen hin. Die in vielen Gegenden übliche Sitte, seiner Liebsten am 1. Mai ein Birkenbäumchen vor das Fenster zu stellen, wurde durch das Setzen eines Haselstrauches abgewandelt und das betreffende Mädchen dem Spott übergeben. Aus der Normandie ist dieser Brauch bereits aus dem Jahr 1393 belegt<ref name="Laudert135"/> Aufgrund dieser Sexualsymbolik wurde die Hasel als Aphrodisiakum verwendet: zu Pulver gebrannte Haselrinde wurde ins Essen gemischt, oder es wurde Haselnussöl verwendet.
Als Glücksbringer und Fruchtbarkeitssymbol wurden in Rom, in England und in Südwestdeutschland der Braut bei der Hochzeit ein Korb mit Haselnüssen geschenkt, oder man bewirft das Brautpaar mit Haselnüssen. Im alten Rom warf der Bräutigam Nüsse unter die Gäste.<ref>Beuchert: Symbolik der Pflanzen, 2004, S. 128.</ref>
Trivialnamen
Für die Gemeine Hasel bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen Augstnuss (Schwaben), Drateln, Frau Hasel, Hagnuss (Bern), Hasel (Norddeutschland), Haselbaum (Norddeutschland), Haselbusch, Haselbusk (Nordwestdeutschland), Haselnot, Haselstude (mittelhochdeutsch), Hasesnot (mittelniederdeutsch), Hasilboum, Haslen (Bern), Hasliholz (St. Gallen), Haslistuda (St. Gallen), Hassel (Unterweser), Hasselboum, Hasselbusch (Norddeutschland), Hasselnäss (Siebenbürgen), Hasselstrach (Siebenbürgen), Hasselstaude, Hasselnot, Hasselstruk (Nordwestdeutschland, niederdeutsch), Haxelnuss, Hesele (mittelhochdeutsch), Heselinholz (mittelhochdeutsch), Heslinholz (mittelhochdeutsch), Hesse, Hüselte, Klaeterbusk (Bremen), Kätzlein, Klöterbusch (Hamburg), Märzennudeln, Nööthbusch (Mecklenburg), Nussblüh, Nussbusch und Nussstrauch.<ref>Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 115. (online).</ref>
Belege und weiterführende Informationen
Der Artikel beruht vor allem auf folgender Literatur:
- Peter Schütt, Ulla M. Lang: Corylus avellana. In: Schütt, Weisgerber, Schuck, Lang, Stimm, Roloff: Enzyklopädie der Sträucher. Nikol, Hamburg 2006, S. 67-76. ISBN 978-3-937872-40-7 (Hauptquelle)
- Wilhelm Troll: Praktische Einführung in die Pflanzenmorphologie. Zweiter Teil: die blühende Pflanze. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1957, S. 177-185. (ohne ISBN) (Blüten und Früchte)
Für den Abschnitt Kulturelle Bedeutung wurden die folgenden Bücher verwendet:
- Marianne Beuchert: Symbolik der Pflanzen. Insel Verlag, Frankfurt und Leipzig 2004. ISBN 3-458-34694-5
- Doris Laudert: Mythos Baum. Geschichte, Brauchtum, 40 Baumporträts. blv, München 2004, S. 217-223. ISBN 3-405-16640-3
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. 7. Auflage, Quelle & Meyer-Verlag, 2011, ISBN 978-3-494-01424-1
- K.Hiller/M.F.Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. 2010, Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-8274-2053-4
Einzelnachweise
<references> <ref name="Oberdorfer2001">Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 312.</ref> </references>
Weblinks
- Gemeine Hasel. In: FloraWeb.de.
- Verbreitungskarte für Deutschland. In: Floraweb.
- Corylus avellana L. bei Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 3. Oktober 2015.
- Die Verbreitung auf der Nordhalbkugel nach Eric Hultén
- Kurzbeschreibung bei baumkunde.de
- Waren-Informationen Haselnuss von Transport-Informations-Services (TIS) der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV).
- Bochumer Botanischer Verein e. V.: Unterschiede zwischen Gemeiner Hasel, Lamberthasel und Baumhasel
- Corylus avellana in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2013.2. Eingestellt von: Participants of the FFI/IUCN SSC Central Asian regional tree Red Listing workshop, Bishkek, Kyrgyzstan (11-13 July 2006), 2007. Abgerufen am 12. Dezember 2013