Liste von Helvetismen
Als Helvetismus (neulateinisch Helvetia ‚Schweiz‘, und -ismus) bezeichnet man
- jede sprachliche Besonderheit, die typischerweise im Schweizer Hochdeutschen und nicht im gesamten deutschen Sprachgebiet verwendet wird (Beispiel: Müesli, parkieren)<ref name="schweiz">Schweizerische Bundeskanzlei (Hrsg.): Schreibweisungen. Weisungen der Bundeskanzlei zur Schreibung und zu Formulierungen in den deutschsprachigen amtlichen Texten des Bundes. 11. Februar 2008, Helvetismen 3.6, S. 61 ff (Online, abgerufen am 27. Mai 2008).</ref> und
- Wörter, die ursprünglich aus dem Deutschschweizer Sprachgebiet stammen und im gesamten deutschen Sprachgebiet verwendet werden (Beispiele: Müsli, Putsch). In diesem Fall wird der Begriff analog zu Wörtern wie Anglizismus verwendet (vgl. unten Punkt 6; Siehe auch: Lehnwort).
Die Bezeichnung Helvetismus wird im engeren Sinne nur für einzelne Wörter verwendet; einige Sprachwissenschaftler plädieren dafür, auch phonetische, grammatische und orthographische Besonderheiten des Schweizer Hochdeutsch als Helvetismen zu bezeichnen.<ref name="NZZ">Die Sprachwissenschaftlerin Christa Dürscheid beispielsweise verwendet den Begriff ausschliesslich zur Bezeichnung lexikaler Besonderheiten, vgl. Christa Dürscheid: Ist Standarddeutsch in der Schweiz eine Randerscheinung? aus der NZZ vom 16. Januar 2007</ref>
Die in Lexika und Wörterbüchern festgehaltenen Helvetismen sind Bestandteil der Schweizer Standardsprache, also des Schweizer Hochdeutschen. Wörter, deren Verwendung hingegen auf einen schweizerdeutschen Dialekt beschränkt ist, werden ausdrücklich als mundartlich gekennzeichnet.
Analog zu Helvetismen gibt es auch Austriazismen, Belgizismen und Teutonismen (auch missverständlich Germanismen genannt), welche die jeweilige nationale Varietät prägen.
Viele der Helvetismen entstammen der Mundart und damit den alemannischen Dialekten. Beispiele sind Beiz, Guetzli, Hag, Metzgete, Morgenessen, Rande, Rüebli und Sackmesser. Auch dem Französischen sind zahlreiche Worte wie Poulet und Coiffeur entlehnt. Und in der neueren Zeit kamen insbesondere im Sport einige englische Ausdrücke wie Goalie und Penalty hinzu. Dies gilt aber ebenso für die deutsche Sprache insgesamt, auch wenn gewisse französische Lehnwörter, welche seit Jahrhunderten, aber vor allem im 17., 18. und 19. Jahrhundert in die Deutsche Sprache eingewandert sind, zum Teil wieder aus dem Alltagsgebrauch verschwunden sind.<ref>Das Fremdwort – Lesenswertes und Interessantes. Neun Beiträge zu Geschichte, Funktion und Gebrauch des Fremdwortes aus dem Buch Duden – Das Fremdwörterbuch; 10. Auflage. In: Duden – Das Fremdwörterbuch. Duden, abgerufen am 6. August 2014 (PDF, siehe vor allem das Kapitel Fremdwörter als Spiegel der Kulturgeschichte auf den Seiten 32–33). </ref>
Inhaltsverzeichnis
- 1 Wortschatz
- 2 Aussprache
- 3 Orthographie
- 4 Dezimal- und Tausendertrennzeichen
- 5 Grammatik
- 6 Schweizer Ausdrücke, die ins Standarddeutsche übernommen wurden
- 7 Siehe auch
- 8 Literatur
- 9 Weblinks
- 10 Einzelnachweise
Wortschatz
Helvetismen können etwas bezeichnen, wofür es keinen gemeindeutschen Ausdruck gibt, sie können neben einem gemeindeutschen Wort verwendet werden oder ein solches ersetzen. Einige Wörter haben neben einer Grundbedeutung eine schweizerische Zusatzbedeutung.
Siehe auch Liste falscher Freunde#Schweizer Hochdeutsch.
In den Wörterlisten verwendete Abkürzungen
- inf. – in informellen Situationen gebräuchlich
- mdal. – mundartlich
- österr. – österreichisch
- bair. – bairisch
- Wz. – eingetragenes Warenzeichen
Anderes Wort
(anstelle von oder neben einem gemeindeutschen Wort gebraucht; in anderen Teilen des deutschen Sprachgebiets – v. a. im Süden – sind manche dieser Ausdrücke auch bekannt, jedoch seltener gebraucht)
Küche, Nahrung, Restaurant
- der/das Apéro (Aperitif, Umtrunk)
- das Bahnhofbuffet (Bahnhofsrestaurant)
- die Baumnuss (Walnuss)
- die Beiz, inf. (Kneipe, vgl. österr. Beis(e)l, bair. Boazn)
- das Bettmümpfeli (Süssigkeit vor dem Schlafengehen)
- das Birchermüesli / das Müesli (Müsli nach Dr. Maximilian Oskar Bircher-Benner)
- das Brunsli mdal. (Schokoladengebäck, v. a. an Weihnachten)
- das Buffet à discrétion (offenes Buffet ohne Nachzahlen)
- der (auch: die) Cervelat (kurze, dicke Brühwurst)
- der Chili (die Chillischote), siehe auch Paprika
- der Coupe (Eisbecher)
- das Cüpli (Glas Champagner, kein Sekt oder Prosecco!)
- der Gipfel bzw. das Gipfeli (Hörnchen, Kipferl, Croissant)
- die Glace bzw. das Glacé (Speiseeis)
- grillieren (grillen)
- das Güggeli mdal. (Grillhähnchen)
- das Guetzli mdal./inf. (Plätzchen, Keks)
- das Hahnenwasser (auch süddt., Leitungswasser)
- der Kartoffelstock (Kartoffelpüree)
- der Kirsch (Kirschwasser)
- die Metzgete (Schlachtung, 'Schlachtfest' im Sinne des Angebots frischgeschlachteten Fleisches in Gaststätten)
- das Morgenessen (Frühstück)
- das Nachtessen (Abendessen)
- der Nüsslisalat, Nüssler (Feldsalat, Vogelsalat, Rapunzel)
- das Panaché, oft auch Panache (Radler)
- die Peperoni (rote, grüne oder gelbe Paprika, gross und mild; aus dem Italienischen übernommen)
- der (v.a. als getrocknetes und gemahlenes Gewürz)/die Paprika, manchmal auch (aus dem Italienischen übernommen) der/die Peperoncino (Paprikafrucht, scharf und länglich), manchmal bzw. früher auch für die kleine Variante gebraucht: der Chili (die Chillischote)
- das Poulet (Huhn als Speise)
- das Praliné (Betonung auf dem a) (die Praline)
- die Raffel (Reibe, Reibeisen)
- der Rahm (Sahne), auch Nidle/Nidle mdal.
- die Rande / der Randen (meist Plur.; rote Bete, rote Rübe, vgl. bair. Ranna)
- rassig (würzig, scharf, auch übertragen besonders, toll; vgl. bair. rass)
- die Rösti (gekochte, geriebene und dann gebratene Kartoffeln) – Achtung: kein Plural, sondern sozusagen „die Röst(ere)i“, daher auch „eine Rösti“
- das Ruchbrot und das Ruchmehl, ruch stammt hier von rau, grob für die Brotart und das dazugehörige Mehl.
- der Ruc(c)ola (Rauke)
- das Rüebli mdal./inf. (Möhre, gelbe Rübe, Karotte)
- das Sackmesser (auch süddt., Taschenmesser)
- die Schale (heller Milchkaffee)
- der Schwingbesen (dt.: Schneebesen, österr.: Schneerute)
- das Silserli (Laugenbrötchen)
- die Serviertochter (Kellnerin)
- die Teigwaren (Nudeln)
- der Thon (verarbeiteter, meist in Öl eingelegter und in Konservendosen verpackter Thunfisch)
- tischen (den Tisch decken)
- das Voressen (Gulasch, Ragout; auch bair.)
- der/das Zmorge(n) mdal./inf. (Frühstück)
- der/das Znüni mdal./inf. (Zwischenmahlzeit am Vormittag um ~9 Uhr)
- der/das Zmittag, mdal./inf. (Mittagessen)
- der/das Zvieri mdal./inf. (Zwischenmahlzeit am Nachmittag um ~4 Uhr)
- der/das Znacht mdal./inf. (Abendessen)
- die Zucchetti (Zucchini)
Haus, Haushalt
- der Abwart (Hausmeister, Hauswart)
- die Ablage ((Hut-)Garderobe, Ablage)
- das Ablegen (Kleider ausziehen, Mantel in der Garderobe aufhängen), das Aus-/Abziehen (Kleider ausziehen, Bettwäsche auswechseln)
- das Anlegen (Kleider, Mantel anziehen)
- die Attikawohnung (Penthouse, oberste Wohnung mit umlaufender Terrasse)
- die Aufrichte (D: Richtfest; A: Firstfeier, Gleichenfeier)
- das Cheminée (offener Kamin)
- der Estrich (auch süddt., Dachboden)
- die Finken (Hausschuhe)
- der Hag (Zaun)
- der Harass / die Harasse (Getränkekiste; offene Holzkiste)
- das Heimet mdal. (kleines Bauerngut)
- der Kehricht (mdal.: Güsel/Ghüder; Abfall, Müll - davon auch abgeleitet die Kehrichtverbrennungsanlage, welche meist nur abgekürzt als KVA in Texten erscheint)
- das Lavabo (Handwaschbecken)
- der Mietzins (auch österr., Miete)
- das Nastuch (auch süddt., Taschentuch)
- das Parterre (auch süddt., österr., Erdgeschoss)
- die Pfanne (Kochtopf)
- der Plafond (auch süddt. und österr., die Zimmerdecke)
- das Pult (Schreibtisch)
- das Pyjama (der Pyjama, Schlafanzug)
- die Rechaudkerze (Teelicht)
- das Riegelhaus (Fachwerkhaus)
- ringhörig (leicht schalldurchlässig; ring= alemannisch für leicht, gering)
- der Schüttstein (auch süddt., Spüle, Spülbecken, Spülstein, Ausguss, Abwasch)
- das Sackmesser (auch süddeutsch, Taschenmesser)
- der Spannteppich (Teppichboden)
- das Spital (auch bair., österr., Krankenhaus)
- die Ständerlampe (Stehlampe)
- das Stöckli mdal. (Altenteil, Ausgedinge; auch informelle Bezeichnung des Schweizer Ständerats)
- der Storen (Jalousie, Markise)
- die Türfalle (auch süddt., Türklinke)
- der Tumbler ((Wäsche-)Trockner)
- versorgen (auch österr. militärisch, wegräumen)
- wischen (kehren, fegen)
- zügeln (umziehen, den Wohnsitz wechseln)
Handel, Gewerbe
- der Abriss (Nepp, überzogener bzw. zu hoher Preis)
- die Auslegeordnung (ursprünglich aus dem Schweizer Militär kommend: Übersicht, tabellarische Aufstellung)
- die Betreibung (Zwangsvollstreckung)
- das Bierdepot (Biergrosshandel, Bierlager, nicht: Flaschenpfand)
- das Brockenhaus (Gebrauchtwarenladen)
- die Büez (Arbeit, Knochenarbeit, Strapaze, Kraftakt, Maloche, Plackerei, Schufterei)
- der Check (Scheck)
- der Coiffeur (Friseur)
- das Depot (Pfand bei Mehrwegverpackungen, aber auch Vorratslager und Mietkaution) (Betonung auf der ersten Silbe)
- der Detailhandel (Einzelhandel)
- der Einzahlungsschein (Überweisung, Zahlkarte, Erlagschein)
- die Fahrhabe (Fahrnisse, bewegliche Güter, z. B. im Versicherungsvertrag – im Gegensatz zu Immobilien)
- FDA, Fernmeldedienstanbieter (Telefongesellschaft)
- die Ferien (in Deutschland unterscheidet man zwischen Ferien (Schulferien) und Urlaub (bezahlte freie Tage von Arbeitnehmern), in der Schweiz nicht)
- der Gesamtarbeitsvertrag, Abk. GAV (Tarifvertrag, Kollektivvertrag)
- der Grossverteiler (Handelskette)
- konkurrenzieren (im Wettbewerb stehen)
- Konti als Plural von Konto (im Deutschen: Konten)
- die Lehrtochter (die Auszubildende)
- die Limite (Obergrenze)
- der Lohn (in Deutschland unterscheidet man zwischen Lohn und Gehalt, in der Schweiz nicht)
- die Offerte (das Angebot)
- die Papeterie (Schreibwarenhandlung)
- die Pendenz (noch unerledigter Vorgang, noch offener Punkt), auch als Adjektiv: pendent
- davon abgeleitet: der Pendenzenberg (im eigentlichen oder im übertragenen Sinn: der Stapel der abzuarbeitenden Dossiers / der Aufgabenberg)
- posten (einkaufen gehen)
- der Redaktor (auf der zweiten Silbe betont) (Redakteur)
- das Reglement (Geschäftsordnung)
- das Sackgeld (auch süddt., Taschengeld)
- das Traktandum (Themenpunkt der Tagesordnung)
- die Unternehmung (Unternehmen)
- verrechnen (in Rechnung stellen)
- der Zeitungsverträger (Zeitungsausträger)
Verkehr
- der Autocar, kurz Car (Reisebus im Charter- oder Fernverkehr)
- der Automobilist (Autofahrer)
- der Autoverlad (auch österr., Huckepackverkehr für PW)
- das Billet(t) (auch süddt. veraltend, Fahrkarte, inf. auch Führerschein (hier meistens nur mit einem t))
- der Camion (Lastkraftwagen)
- der Camionneur (Fuhrunternehmer)
- der Chauffeur (auch süddt. , österr., Lenker, (Berufs-)Fahrer)
- die Einlösung (Versicherung zum Strassenverkehr)
- die Einstellhalle (überdachter Abstellplatz für Fahrzeuge, auch: Tiefgarage)
- der Fahrzeugausweis (Fahrzeugschein/brief) (es gibt nur ein Dokument)
- der Führerausweis, Fahrausweis (Führerschein)
- der Fuhrhalter (Transportunternehmer), analog Fuhrhalterei für das Unternehmen
- der Fussgängerstreifen (Zebrastreifen, D: Fußgängerüberweg, Fußgängerübergang, Übergang, AT: Schutzweg)
- das GA (Generalabonnement des öffentlichen Verkehrs)
- die Garage (Autohaus, Autowerkstatt)
- der Garagist (Autohaus- bzw. Autowerkstatteigentümer)
- das Halbtax mdal. (Abonnement im Öffentlichen Verkehr, das zu 50 % Ermässigung berechtigt)
- der Kehrplatz (Wendeplatz)
- die Komposition (Zugzusammenstellung, der Zug, bei SBB-Durchsagen Formation)
- das Kontrollschild (KFZ-Kennzeichen, Nummernschild)
- der Kondukteur (auch süddt. veraltend, Schaffner, Zugbegleiter)
- die Kondukteuse (Schaffnerin, Zugbegleiterin, diese Berufsbezeichnung gibt es so nicht einmal im Französischen, ist ein Kunstwort)
- der Lenker (auch bair. veraltend, österr., Fahrer)
- das Lichtsignal (Verkehrsampel)
- der LW (LKW)
- das Motorfahrzeug (Kraftfahrzeug)
- die Occasion auf der ersten Silbe betont (Ware aus zweiter Hand, speziell: der Gebrauchtwagen)
- parkieren (parken)
- die Passerelle (Fussgängerbrücke)
- der (auch: das) Perron (auch bair. veraltend, österr., Bahnsteig)
- der Pneu (Autoreifen)
- das Postauto (auch süddt. veraltend, Postbus)
- der Pöstler (auch süddt. veraltend, Postangestellter, meist: Postbote)
- der PW (PKW)
- das Retourbillett (Rückfahrkarte)
- das Rotlicht (Ampelanlage)
- der Töff inf. (auch süddeutsch, Motorrad)
- das Töffli inf. (Fahrrad mit Hilfsmotor, Mofa)
- das Tram (die Tram, Strassenbahn)
- das Trassee (Trasse, Bahnkörper)
- das Trottinet (Tretroller)
- das Trottoir (auf der ersten Silbe betont; auch süddt.,Bürgersteig, Gehweg)
- die Umfahrungsstrasse (die Umgehungsstrasse)
- der Vortritt (auch süddt. veraltend,Vorfahrt)
- vorführen (Zulassung vom Strassenverkehrsamt)
- das Velo (von Veloziped; Fahrrad)
- die Wegfahrt (als Hinweisschild für Ausfahrt auf einem Parkplatz o.ä.)
Militär
- das Abgeben (Entlassung aus der Dienstpflicht)
- der Auditor (Staatsanwalt/Ankläger bei Militärgericht)
- der Dienstverweigerer (Wehrdienstverweigerer)
- der Endalarm (Entwarnung)
- der Feldweibel (Feldwebel)
- das Kader (der Kader)
- der Kompaniekommandant (Slang: Kadi von arab. القاضي für Richter) (Kompaniechef)
- das Kantonnement (Truppenunterkunft)
- das Obligatorische (Abk. für das Obligatorische Schiessen, jährliche Pflichtschiessübung für Wehrpflichtige)
- die Rekrutenschule, Abk.: RS (D: militärische Grundausbildung; A: Präsenzdienst)
- die Wacht (Wache)
- der Waffenplatz (Truppenübungsplatz)
- der Wiederholungskurs, Abk.: WK (entfernt vergleichbar: Reservistenübung)
Bildungswesen
- das Gymi (ausgesprochen: [ˈgimi]) bzw. der Gymer (nur Kanton Bern) inf. (Gymnasium)
- der Hauptlehrer (Klassenlehrer)
- die Kantonsschule, Kanti inf./mdal. (Gymnasium, staatliche Einrichtung des Kantons)
- die Legitimationskarte, Legi inf./mdal. (Studentenausweis)
- der Maibummel (Maiwanderung)
- die Matur, Matura (Matura auch österr.; Abitur)
- der Maturand (Abiturient; österr.: Maturant)
- die Mittelschule (auch österr., höhere Schule)
- die Promotion (auch österr., Versetzung)
- die Schulreise (Klassenfahrt)
- der Schulthek/Thek/Schulsack (Schulranzen, Tornister)
- der Sporttag (Schulsportfest)
Politik, Staat, Recht
- der Aktivbürger (volljähriger Staatsbürger)
- die Absenz (das Fernbleiben, auch der Eintrag in der Absenzenkontrolle)
- ahnden (auch österr., bestrafen)
- ausmarchen (abgrenzen, durch Auseinandersetzung festlegen)
- ausmehren (bei einer Landsgemeinde die Mehrheit ermitteln)
- ausschaffen (abschieben (Asylbewerber, Kriminelle))
- bedingt (auch österreichisch, mit Bewährungsfrist)
- behaften (verantwortlich machen)
- Beitrag à fonds perdu (staatliche Subvention u.ä., wird so im ganzen Land, also nicht nur im französischsprachigen Teil verwendet)
- der Bezüger (Bezieher)
- büssen mit transitivem Wortgebrauch: der Fahrer wurde mit 120 Franken gebüsst (mit einem Bußgeld belegen)
- die Classe politique (oft abschätzig; die (Berufs-)Politiker als Politische Klasse)
- der Courant normal (normale Tagesgeschäfte)
- das Departement (Ministerium, Fakultät, Abteilung)
- auf etwas eintreten (auf etwas eingehen)
- die Einwohnerkontrolle (Einwohnermeldeamt)
- der Entscheid (amtliche Entscheidung, Beschluss)
- fehlbar (schuldig), Typische Formel: … verboten, Fehlbare werden verzeigt!
- der Fürsprecher (im Kanton Bern, auch Fürsprech) (Anwalt)
- das Gegenmehr (Gegenstimmen bei offener Abstimmung)
- die Gehilfenschaft (Beihilfe zu einem Delikt, z. B. Betrug, Mord etc.)
- der Gemeindeammann (in manchen Kantonen Gemeindepräsident, in anderen Betreibungsbeamter)
- der Gemeindepräsident (in manchen Kantonen: Bürgermeister)
- grossmehrheitlich (mit grosser Mehrheit)
- die Identitätskarte, kurz ID (Personalausweis)
- der Landammann (Ministerpräsident in einigen Kantonen)
- das Mehr, häufig das absolute Mehr (die Mehrheit bzw. die Zahl der Stimmen, die eine Mehrheit darstellt)
- die Mutation, meist die Mutationen (Veränderungen im Mitgliederbestand, Ein- und/oder Austritte)
- die Nomination (Aufstellung eines Kandidaten, Nominierung)
- das Obligatorium (Pflichtfach, aber auch z.B. Kindergartenobligatorium, Schneekettenobligatorium; im Sinne von: Pflicht, Verpflichtung)
- der Personalausweis (Mitarbeiterausweis, vgl. auch ID weiter oben)
- der Regierungsrat (in den meisten Kantonen: Regierung; Landesminister)
- die Sans papiers (Ausländer ohne gültige Papiere)
- die Schriften (Ausweispapiere, Heimatschein)
- die Schwellentelle (Grundsteuer)
- der Secondo, die Seconda (Einwandererssohn, Einwandererstochter)
- das Signalement, deutsch ausgesprochen (Personenbeschreibung)
- der Staatsrat (in den mehrheitlich nicht deutschsprachigen Kantonen: Regierung; Minister)
- der Stadtammann (Oberbürgermeister in einigen Kantonen)
- der Stadtpräsident, inf. Stapi (Oberbürgermeister)
- die Standeskommission (Appenzell Innerrhoden: Regierung)
- das Steueramt (Finanzamt)
- der Stimmbürger (Wahlberechtigter)
- der Teilstaat (Bundesstaat, speziell USA)
- die Traktandenliste (Tagesordnung)
- der Treuhänder (u.a. Steuerberater)
- der Umtrieb, meist im Plural verwendet (Aufwand; Aufwendungen, Ausgaben, Auslagen, Kosten; (umgangssprachlich) Unkosten, aber auch Umstand im Sinne von: unnötige Mühe und überflüssiger, zeitraubender Aufwand)
- unbedingt (auch österr., ohne Bewährungsfrist)
- die Vernehmlassung (Umfrage bei Parteien und Verbänden über ein Gesetzesprojekt)
- verzeigen (jemanden anzeigen)
- der Wissenschafter (Wissenschaftler). Wissenschaftler hat einen pejorativen Anruch. Siehe auch akademische Abschlüsse wie dipl. Naturwissenschafter ETH etc.
Gesellschaft, Volkskultur
- die Abdankung (Trauerfeier)
- der Alpaufzug (Almauftrieb)
- die Auffahrt (Christi Himmelfahrt)
- der Ausgang (Substantiv zu ausgehen am Abend, nicht nur militärisch verwendet)
- die Besammlung (das Sich-Versammeln, nicht nur militärisch verwendet)
- die Cervelatprominenz (Lokalprominenz; Pseudo-Prominenz) (Cervelat: Schweizer Nationalwurst)
- die Chilbi/Kilbi mdal. (Kirchweih; Kirmes, vgl. südwestdt. Kirbe, Kirwe)
- der Familiengarten (neben Schrebergarten)
- die Fasnacht (Fastnacht, Karneval, Fasching)
- der Götti, die Gotte, das Göttikind (Pate, Patin, Patenkind)
- das Grosskind (Enkelkind)
- der Hinschied (Tod, Hinscheiden)
- der Kollege (Freund, Bekannter)
- der Kronfavorit (Spitzenkandidat, Topfavorit)
- der Mesmer (auch süddt., Nordostschweiz: Küster, Messner)
- die Pfadi (Pfadfinderbewegung)
- der Samichlaus (Nikolaus)
- der Schmutzli (Knecht Ruprecht)
- der Sigrist (Küster)
- der Strahler (Kristall-/Mineraliensucher)
- urchig, mdal./inf. (urig)
- weibeln (werbend umhergehen)
Natur
- die Alp (Alm), auch im gesamten alemannischen Sprachraum (besonders Vorarlberg, Allgäu)
- einnachten (Nacht werden)
- die Bise, der Biswind (kalter, trockender Nordostwind der Schweiz)
- das/der Egli (Flussbarsch)
- der Föhn (Wind über die Alpen; siehe auch Alpenföhn)
- die Pärke als Mehrzahl von Park (im Deutschen Parks)
- die Rüfe (Mure, Erdlawine)
- der Sommervogel (Schmetterling)
- das Tobel (Schlucht)
- die Trute, das Trutenfleisch (Pute, Truthenne)
Sport
(beim Fussball viele Anglizismen; vgl. österr.)
- der Ausstich (Stechen)
- der Corner (auch österr., Eckball)
- der Final (das Finale, Endspiel)
- das Goal (Tor)
- der Goalie (auch österr., Torhüter)
- der Match (mit männlichem grammatischem Geschlecht<ref>Duden, 24. Aufl., S. 674</ref>, zudem „Matsch“ ausgesprochen, Spiel)
- die Nati ausgesprochen: „Nátzi“, also auf der ersten Silbe kurz betont (Nationalmannschaft)
- das Offside (Abseits)
- das Hands ausgesprochen: „Händs“ (auch österr., Handspiel)
- der Penalty auf der ersten Silbe betont (Elfmeter)
- die Rangverkündigung (Siegerehrung, Preisverteilung), nur bei Wettkämpfe mit Ranglisten, nicht bei einem Zweikampf
- crawlen für kraulen (Crawl = Kraulschwimmen)
- schlitteln (Schlitten fahren)
- snowboarden, boarden, snöben inf. (Snowboard fahren)
- tschuten: Fußballspielen
Menschliches Verhalten
- angriffig (angriffslustig, draufgängerisch)
- antönen (andeuten, ein Gesprächsthema vorsichtig aufgreifen)
- sich auffangen (sein seelisches Gleichgewicht wiederfinden; österr. auch sich erfangen)
- aufgestellt (gut drauf; gut gelaunt)
- Aufsteller (gute Nachricht)
- eindrücklich (eindrucksvoll)
- sich foutieren oder auch futieren um etwas (von französisch se foutre; sich nicht um etwas kümmern, auf etwas pfeifen, die Regeln ignorieren)
- fuhrwerken (auch süddt., österr., herummachen, unternehmen, hantieren), dazu auch verfuhrwerken (verpfuschen)
- (es) sich gewohnt sein ((es) gewohnt sein)
- herzig (auch süddt., österr., liebenswürdig, niedlich, „süss“)
- plagieren (prahlen, angeben; bluffen)
- (ab)serbeln (dahinsiechen, [auch im übertragenen Sinne] im Sterben)
- speditiv (rasch, zügig)
- der Rappenspalter (Knauser, Geizkragen, Pfennigfuchser)
- verunfallen (einen Unfall erleiden)
- der/die Verunfallte (das Unfallopfer)
- werweissen (hin und her raten)
- zentral (von zentraler, entscheidender Bedeutung)
- die Zwängerei (Drängerei; unnachgiebiges Beharren)
- zu Boden reden (1. (etw....) ausdiskutieren, beratschlagen; 2. (jmdn....) ins Gewissen reden, ins Gebet nehmen; ugs. Tacheles reden)
Anderes
- die Are, Plural: die Aren (Ar)
- allfällig (auch im österr., etwaig)
- der Ablöscher (ugs.: [übertragen] Enttäuschung; etwas, das keinen Gefallen gefunden hat, z. B. ein schlechtes Hotelzimmer)
- das Argumentarium (auch im österr., Liste von Argumenten)
- der Beschrieb (Beschreibung)
- die Hektare, Plural: die Hektaren (Hektar)
- hospitalisiert werden (ins Krankenhaus [Spital] eingewiesen werden, z.B. im Zusammenhang mit Unfallopfern: zwei Personen mussten hospitalisiert werden)
- der/das Jupe (franz. oder dt. ausgesprochen; bair., österr. Joppe, Rock)
- die Knacknuss (schwierige Aufgabe)
- der Lauftext (Fließtext)
- der Leerschlag (Leerzeichen)
- das Nastuch, inf. (Taschentuch)
- das Natel, von Nationales Autotelefon; Wz. (Mobiltelefon, Handy)
- die Notfallstation (Notaufnahme)
- die Postur (Statur)
- rezyklieren (wiederverwerten, recyceln)
- die Sanität (Sanitätsdienst, Rettung)
- schlussendlich (auch süddt., österr., letzten Endes, letztendlich)
- der Selbstunfall (Amtssprache und Medien; Verkehrsunfall, an dem nur ein Fahrzeug beteiligt ist, vom Velo bis zum Camion)
- die Spitex (Spital-externe Pflege, Krankenpflege zuhause durch geschultes Pflegepersonal)
- das Telefon (Telefonat, Telefonanruf; hier bes. auch jmdm. ein Telefon geben = anrufen)
- der Unterbruch (Unterbrechung)
- vorgängig (zuvor)
- die Wegleitung (Beschreibung, Leitfaden)
Andere (Zusatz-)Bedeutung
- allenfalls (auch süddt., eventuell, höchstens)
- die Abdankung (Trauerfeier)
- der Ableger (Filiale)
- die Aktion (auch österr., Sonderangebot)
- aufgestellt (umgänglich, fröhlich, spontan)
- der Ausläufer (Bote, Laufbursche)
- die Blache (die Plane, Zeltplane, LKW-Plane)
- einladen (+Inf.) (auffordern, etwas zu tun: der Bundesrat wurde eingeladen, den Vorschlag zu prüfen)
- harzig (zäh, langsam)
- die Hühnerhaut (Gänsehaut im Sinne des Hautphänomens)
- der Kommissär (Kriminal-Kommissar)
- der Kübel (ein halber Liter Bier in einem Glashumpen)
- die Laube (Balkon über einer Treppe, auch als Hauszugang dienend)
- der Mais (Ärger, Lärm) – Mais machen, haben = Ärger verursachen, haben
- mutieren und Mutation (im Sinne von Änderung, z. B. Adressänderung)
- der Nationalrat (Abgeordneter der Volkskammer des Parlamentes, Volkskammer selbst; österr. nur: die Volkskammer selbst)
- der Notfall (Unfallstation)
- der Plausch, inf. (Vergnügen; z. B. Veloplausch = Radtour)
- das Puff inf. (Unordnung, Durcheinander; Zoff)
- Tschüss und Tschau oder Ciao; sind in der Schweiz Duzformen (Warnung an Deutsche in der Schweiz!)
- das Quartier (Stadtviertel)
- der Sack (Tüte, auch süddt.: Hosentasche)
- senkrecht (aufrichtig, brav, patriotisch)
- sprechen ([Gelder, Kredite] bewilligen)
- die Stange (ein Glas Bier von 3 dl)
- stimmen (seine Stimme abgeben)
- stossen (drücken (an Türen, auch österr.), schieben (Fahrrad))
- stossend (anstössig)
- die Streifung (leichter Schlaganfall, med. TIA)
- der Trainer (Trainingsanzug)
- tönen (klingen)
- der Umschwung (Hofstatt, zugehöriges Land um das Haus herum)
- verdanken (in formeller Weise für etwas danken), analog verdankenswerterweise
- der Verwaltungsrat (ausser bei Körperschaften des öffentlichen Rechts: Aufsichtsrat)
- der Vortritt (Vorfahrt)
- vorab (adv.) (vorwiegend, überwiegend, vorrangig, in erster Linie)
Im übrigen Sprachgebiet (oder Teilen davon) veraltet oder ausschliesslich mundartlich
- der Advokat (Rechtsanwalt)
- amten (ein Amt ausüben)
- bis anhin (bisher)
- blutt (nackt, kahl, blank)
- ennet (jenseits)
- innert (binnen/innerhalb)
- der Knabe (Junge)
- minim (geringfügig, minimal)
- obschon (obwohl)
- rekognoszieren, nicht nur militärisch gebraucht (erkunden)
Redewendungen
- mit abgesägten Hosen dastehen (den Kürzeren gezogen haben)
- aus Abschied und Traktanden (fallen) (außer Betracht fallen)
- es macht den Anschein (es hat den Anschein)
- von Auge (mit bloßem Auge)
- in den Ausgang gehen (ausgehen)
- ausjassen (aushandeln)
- bachab schicken (etw. verwerfen)
- von Beginn weg (von Beginn an)
- ab Blatt (spielen) (vom Blatt spielen, ohne Übung)
- Einsitz nehmen (Mitglied in einem Gremium werden)
- dastehen wie der Esel am Berg (dastehen wie der Ochse vorm Berg)
- die Faust im Sack machen (die Faust in der Tasche ballen)
- weder Fisch noch Vogel (weder Fisch noch Fleisch; nicht konsequent; uneindeutig; nichts Richtiges)
- innert nützlicher Frist (angemessen schnell)
- das Fuder überladen (des Guten zu viel tun)
- den Fünfer zweimal drehen (aufs Geld achten)
- Man kann nicht den Fünfer und das Weggli haben. (selbsterklärend: Fünfer = Fünfrappenstück / Weggli = Brötchen)
- Handgelenk mal Pi (so in etwa ..., Pi mal Daumen)
- handkehr(t)um inf. adv.; auch handumkehr(t) (plötzlich, unversehens; andererseits, anders betrachtet)
- Hans was Heiri (Jacke wie Hose)
- es hat solangs hat (es gibt etwas, solang der Vorrat reicht)
- Herr und Frau Schweizer (die Durchschnittsschweizer, Otto Normalverbraucher in der Schweiz)
- sein Heu nicht auf derselben Bühne haben mit (nicht dieselben Ansichten haben wie)
- Jetzt ist genug Heu unten! (Jetzt reicht es!)
- jemandem geht der Knopf auf (auch österr., jemandem geht ein Licht auf, jemand entwickelt sich)
- obenaus schwingen (einen Spitzenplatz einnehmen)
- den Rank finden (doch noch den richtigen Weg finden / die Kurve kriegen)
- am Ranzen hangen (am Arsch lecken)
- zu reden geben (für Gesprächsstoff sorgen)
- neben den Schuhen stehen (falschliegen; sich nicht wohlfühlen in seiner Haut; außer sich sein)
- in die Schuhe blasen (den Buckel hinunterrutschen)
- es streng haben (viel zu tun haben)
- in Tat und Wahrheit (in Wirklichkeit)
- tiefe Preise/Steuern (niedrige Preise/Steuern)
- keinen Wank tun/machen (sich nicht rühren, keinen Mucks machen)
- es wird sich weisen (es wird sich zeigen)
Spezielle Konstruktionen
- es nimmt jemanden wunder, ob (es interessiert jemanden, ob)
- Geld(er) sprechen (Geld bewilligen)
- am Radio, am Fernsehen (im Radio, im Fernsehen)
- Sorge tragen zu jemandem (sich kümmern um jemanden)
- Ende Woche, Ende Monat, Ende Jahr (Ende der Woche/des Monats/des Jahres)
- bis und mit (bis einschliesslich)
- es hat noch Bier (Kartoffeln etc.) im Keller (es gibt noch Bier im Keller)
- ich habe kalt (es ist mir kalt)
Schweizerische Sachspezifika
In den Bereichen Küche, Volkskultur und Politik finden sich zahlreiche Besonderheiten, die ausserhalb der Schweiz nicht bekannt sind und für die deshalb gemeindeutsche Ausdrücke fehlen.
- Küche: Älplermagronen (Gericht mit geschnittenen Kartoffeln, Makkaronen (Teigwaren), Rahm und geschmolzenem Käse), Basler Läckerli, Gnagi, Kaffee fertig (Kaffee mit Schnaps)
- Politik: Gemeindeversammlung (Versammlung der Stimmbürger einer Gemeinde), Halbkanton, Initiative, Landsgemeinde, Ständerat, Ständemehr, Vernehmlassung
- Volkskultur: Hornussen (ein Schlagstockspiel, v. a. im Kanton Bern), der/das Nouss (Schlagscheibe beim Hornussen), Jass (ein Kartenspiel), Schwingen (eine Art Ringkampf), Schwinget (Turnier für diesen Ringkampf)
- Natur: Bise, ein trockener, kalter Wind, der kalte Kontinentalluft aus dem Nordosten Europas nach Mitteleuropa befördert
Aussprache
Abweichende Betonung
In der Schweiz werden einige Wörter auf anderen Silben betont als im restlichen deutschsprachigen Raum (in der Folge mit Akzent gekennzeichnet):
- mit einer Präposition versehene Familiennamen werden immer auf der Präposition betont, selbst wenn diese mit dem Namen nicht zusammengeschrieben wird, z. B. in Michael vón Grünigen
- als Buchstaben gesprochene Abkürzungen (Akronyme) wie zum Beispiel CD, WC, FDP etc. werden nicht auf dem letzten, sondern auf dem ersten Buchstaben betont (also CéDe, WéCe, 'effdeepee)
- viele Fremdwörter aus verschiedenen Sprachen werden auf der ersten Silbe betont, z. B. Asphalt, Apostroph, Balkon, Billet, Budget, Büro, Filet, Garage, Labor, Papagei, Penalty, Portemonnaie usw. (hingegen: Motor auf dem zweiten, langen o)
Laute
Grundsätzlich ist bei jedem Sprecher ein starker Einfluss des schweizerdeutschen Basisdialekts merkbar, doch bestehen starke bildungsabhängige Unterschiede. Das Bühnendeutsch ist praktisch unbekannt; seine Verwendung im täglichen Leben ausserhalb des Theaters bei Schweizern wird als unschweizerisch abgelehnt; dies bezieht sich auf die Sprecher des staatlichen Radios und Fernsehens. Grundsätzlich gilt:
Konsonanten:
- /b, d, g, z/ sind stimmlose Lenis [b̥, d̥, g̊, z̥]
- Die Auslautverhärtung wird nicht durchgeführt.
- /v/ wird als Approximant [ʋ] ausgesprochen; in manchen Wörtern jedoch als stimmlose Lenis [v̥], z. B. in Möve oder Advent.
- Doppelt geschriebene Konsonanten werden oft gelängt ausgesprochen, vgl. immer als [ˈɪmːər].
- Auch im Wortanlaut wird <ch> als [x] ausgesprochen, so in einheimischen Ortsnamen wie Chur und Cham oder in Fremdwörtern wie China, Chemie, Chirurgie usw. Die Churer sagen allerdings „Khur“
- <-ig> am Wortende wird als [-ɪg̊] artikuliert, so in König = [køːnɪg̊/kønɪg̊]
- <chs> wird oft mit Frikativ ausgesprochen, z. B. Dachs als [daxs] oder sechs als [sɛxs/sɛçs]
- Das <r> wird nicht vokalisiert. In der Schweiz heisst „Vater“ also [faːter/fattər] und nicht [faːtɐ].
- In der Schweiz (ausgenommen die Ostschweiz und Basel-Stadt) überwiegt das gerollte Zungenspitzen-R ([r]) im Unterschied zur Standardsprache Deutschlands, wo Reibe-R ([ʁ]) oder Zäpfchen-R ([ʀ]) überwiegt.
- Oft fehlt der Glottisschlag ([ʔ]); alle Wörter werden also „legato“ (verbunden) ausgesprochen, z. B. in jeden Abend [jeːdən‿ aːbənd]. Sind zwei Silben durch Vokale getrennt, fehlt der Glottisschlag immer.
- z. T. wird <ch> wie im Dialekt nicht in „ich-“ oder „ach-Laut“ unterschieden, sondern ausschliesslich als velares [x] oder sogar uvulares [χ] artikuliert, z. B. in nicht = [nɪxt] oder [nɪχt].
- z. T. wird <k> wie im Dialekt als velare Affrikate [k͡x] oder sogar als uvulare Affrikate [q͡χ] ausgesprochen, z. B. Kunst = [k͡xʊnst].
- Selten werden <st> und <sp> im Wortinnern wie im Dialekt als [ʃt] bzw. [ʃp] ausgesprochen, z. B. Ast als [aʃt].
Vokale:
- Das unbetonte, schwache <e> wird oft nicht als Schwa ausgesprochen wie im Dialekt, sondern als [e] oder [ɛ], z. B. Gedanke = [g̊eˈd̥anke] oder [g̊ɛˈd̥ankɛ].
- Je nach Dialekt kann es sein, dass /a/ sehr dunkel (als [ɑ]) ausgesprochen wird.
- Je nach Dialekt kann es sein, dass kurzes /ɛ/, /ɔ/ und /œ/ geschlossen artikuliert werden, vgl. Bett = [bet], offen = ['ofːɘn], Hölle = [hølːe].
- Je nach Dialekt kann es sein, dass langes /eː/, /oː/ und /øː/ offen artikuliert werden, vgl. geht = [gɛːt], schon = [ʃɔːn], schön = [ʃœːn].
- z. T. Vokaldehnung des /a/ bei an (auch in Vorsilben wie Andenken), gedacht/dachte, brachte/gebracht,
Akzent
Dem Schweizer Hochdeutschen eigen ist ein „singender“ Tonfall; d. h. bei jedem Wort wird die betonte Silbe nicht bloss durch höhere Lautstärke gekennzeichnet, sondern auch durch eine deutliche Veränderung des Stimmtons: normalerweise sinkt die Tonhöhe der betonten Silbe. Beispiele:
- Bei merci („danke!“) wird die erste Silbe lauter und tiefer oder wesentlich höher ausgesprochen als die zweite.
- Beim Befehl Profitieren Sie! in Kaufhausdurchsagen sinkt die Tonhöhe von pro- über -fi-, bis sie bei -tie- den tiefsten Punkt erreicht hat; bei -ren und Sie erreicht sie ungefähr wieder die Ausgangshöhe.
Orthographie
Die Orthographie unterscheidet sich am deutlichsten vom übrigen Sprachgebiet durch das Fehlen des Eszett. Auch nach langem Vokal oder Diphthong wird also immer Doppel-s geschrieben, zum Beispiel ausser, bloss, reissen, oder auch Masse (sowohl für „Masse“, als auch für „Maße“). Begonnen hat diese Entwicklung im Kanton Zürich, dessen Erziehungsrat 1935 für die Schulen des Kantons Zürich das „ß“ abschaffte. Wie in der föderalistischen Schweiz ohne eigenes Erziehungsministerium üblich, dauerte die flächendeckende Abschaffung Jahrzehnte – bei der einflussreichen, konservativen liberalen Tageszeitung NZZ bis 1974.
In der Schweiz werden französische und italienische Lehnwörter auch nach der Rechtschreibreform in der französischen respektive italienischen Form geschrieben, z. B. Mayonnaise oder Spaghetti. Die NZZ hat sich für die Schreibung placieren entschieden, um nicht neuerdings platzieren schreiben zu müssen.
Geographische Namen wie Strassennamen werden meist zusammengeschrieben: Baslerstrasse, Genfersee, Zugerberg usw., aber auch Schweizergrenze, Schweizervolk (sehr häufig) usw.
Umlaute am Wortanfang werden bei schweizerischen Eigennamen als <Ae>, <Oe> und <Ue> geschrieben: Aebi, Oerlikon, Uetliberg (Aussprache: Üetliberg, nicht Ütliberg!).
Schliesslich gibt es auch einzelne Besonderheiten wie z. B.
- Bretzel statt Brezel
Einige der oben erwähnten Spezialitäten sind auf die allgemeine Einführung der Schreibmaschine in Wirtschaft und Verwaltung zurückzuführen. Da mit einer deutschschweizerischen Schreibmaschine auch französische und italienische Texte geschrieben wurden, reichte die begrenzte Anzahl der Typen nicht für alle Sonderbuchstaben dieser Sprachen. Aus diesem Grund wurden das Eszett sowie die grossen Umlaute (Ä, Ö und Ü) weggelassen. Ähnlich verhält es sich bei den französischen und italienischen Sonderzeichen.
Dezimal- und Tausendertrennzeichen
In der Schweiz wird als Dezimaltrennzeichen grundsätzlich das Komma verwendet. Eine Ausnahme bilden Geldbeträge, bei denen ein Punkt zwischen der Währungseinheit und der Untereinheit steht.<ref>Schweizerische Bundeskanzlei (Hrsg.): Schreibweisungen. Weisungen der Bundeskanzlei zur Schreibung und zu Formulierungen in den deutschsprachigen amtlichen Texten des Bundes. 11. Februar 2008, Abschnitt 5.1.3, § 514 – Schreibung von Dezimalzahlen, S. 80 (Online, abgerufen am 27. Mai 2008).</ref> Da die Schweizer Tastatur im Zahlenblock einen Dezimalpunkt hat (im Unterschied zum Komma auf der deutschen Tastatur), wird der Punkt häufig generell (und nicht nur für Geldbeträge) als Dezimaltrennzeichen verwendet. Dies gilt in besonderem Masse für Tabellenkalkulationsprogramme, da dort eine Unterscheidung zwischen Geldbeträgen und anderen Zahlen kaum zu bewerkstelligen ist und die Einstellungen nur ein Zeichen als Dezimaltrennzeichen zulassen. Im mündlichen Sprachgebrauch wird dennoch „Komma“ gesagt. Als Tausender-Trennzeichen werden Hochkommata verwendet: „In der Schweiz leben 7'507'300 Menschen“<ref>Die Schreibweisungen der Schweizer Bundeskanzlei, Seite 79, Abschnitt 5.1.2, § 512, missbilligen die Schreibweise mit Apostrophen/Hochkommata jedoch und sehen für amtliche Texte die Gliederung längerer Ziffernfolgen in Dreiergruppen mit Festabständen, aber ohne irgendein Trennungszeichen (Punkt, Komma, Apostroph) vor</ref>.
Grammatik
Relativpronomen
Das sonst im deutschen Sprachraum als altertümlich und schwerfällig geltende Relativpronomen welche(r) wird ohne diese Konnotation verwendet, z. B. in Damit wurde in der Schweiz ein Kompetenzzentrum für Klimafragen geschaffen, welches verstärkt die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Mittelpunkt ihrer Forschung stellt.<ref>Aus dem Jahresbericht 2001 der ETH Zürich</ref>
Abweichender Fall
Abweichungen existieren z. B. beim Genus (das E-Mail, das Tram, das SMS statt die, der Radio zusätzlich zu das) oder bei der Verbvalenz (jemanden anfragen statt bei jmdm. anfragen).
Rabatt mit der Präposition auf wird mit dem Dativ gebraucht; in Deutschland mit Akkusativ. Beispiel: „20 % Rabatt auf allen Artikeln“.
trotz wird auch in der Schriftsprache immer mit dem Dativ gebraucht: „trotz dem schlechten Wetter“. In Deutschland wird meistens stattdessen der Genitiv verwendet: „trotz des schlechten Wetters“. Der Dativ nach trotz ist historisch eigentlich korrekt (vgl. bis heute: „trotzdem“) und im Mittelhochdeutschen durchwegs üblich gewesen; der in Deutschland verbreitete Genitiv geht auf eine Hyperkorrektur zurück.
Ebenfalls mit dem Dativ statt mit Genitiv wird wegen verwendet: „wegen dem schlechten Wetter“.
Plural
Bei einigen Wörtern wird der Plural abweichend gebildet, z. B.: Gurt – Gurten<ref>Volksabstimmung vom 30. November 1980 – Abstimmungsbüchlein</ref>, Konto – Konti.<ref>Konti, Eintrag im Wortschatz-Portal der Universität Leipzig</ref>
Fugen-s
Es gibt einen teilweise abweichenden Gebrauch des Fugen-s, z. B. „Zugsverkehr“ (statt wie in Deutschland „Zugverkehr“). Es finden sich aber auch gegenteilige Beispiele, z. B. „Bahnhofordnung“ (statt „Bahnhofsordnung“).
Satzbau
Im Satzbau auffällig sind Konstruktionen mit verkürztem Hauptsatz und folgendem Nebensatz, der nur durch die Anfangsstellung des Verbs gekennzeichnet ist, zum Beispiel:
- Gut, gibt es Schweizer Bauern. statt (Es ist) gut, dass es Schweizer Bauern gibt.
- Schön, haben Sie heute Zeit. statt (Es ist) schön, dass Sie heute Zeit haben.
- Schade, bist du gestern nicht hier gewesen. statt (Es ist) schade, dass du gestern nicht hier gewesen bist.
Verneinungen
Es werden öfter als im übrigen Sprachgebiet Verneinungen anstelle des Gegenteils benutzt, z. B.:
- nicht gross genug – anstatt zu klein
- zu wenig weit – anstatt zu kurz oder unzureichend.
Im Schweizerdeutschen sind gar doppelte bis dreifache Verneinungen möglich: Es hät niermert nüt gsäit. (Es hat niemand nichts gesagt.)<ref>Beat Siebenhaar, Walter Voegeli: Mundart und Hochdeutsch im Vergleich, S. 83. Online (PDF)</ref>
Schweizer Ausdrücke, die ins Standarddeutsche übernommen wurden
Wie nicht weiter verwunderlich, bezeichnen die meisten Ausdrücke Eigentümlichkeiten aus Fauna, Flora, Küche und Politik, die mitsamt der bislang unbekannten Sache auch anderswo im deutschen Sprachraum bekannt wurden.
Natur:
- Flysch
- Gletscher (in den Westalpen gebräuchlich; in den Ostalpen sagt man auch Ferner oder Kees)
- Gülle
- Lärche
- Lawine (Eindeutschung des in den Schweizer Alpen gebräuchlichen Láui, Láuine)
- Murmeltier
- Senn
Politik:
- Putsch (abgeleitet von putschen = stossen; im 19. Jahrhundert fanden in den einzelnen Kantonen wiederholt Staatsstreiche statt; in Deutschland bekannt wurde das Wort dann vor allem durch den Kapp-Putsch; bereits im 19. Jahrhundert breitete sich das Wort auch in anderen Sprachen aus, namentlich im Englischen (the putsch) und im Französischen (le putsch))
- Reichsdeutsche (nach 1871 von Deutschschweizern geprägt)
- Überfremdung (im Schweizer fremdenfeindlichen Diskurs seit den 1920er Jahren üblich)
Sitten und Gebräuche:
- Heimweh (eine psychosomatische Erkrankung, die als „Schweizerkrankheit“ - morbus helveticus - zuerst an Schweizer Söldnern beschrieben wurde; das Wort „Nostalgie“ entstand im 17. Jh. als Übersetzung von „Heimweh“ ins Griechische)
- Vignette (Aufkleber, der belegt, dass eine Gebühr bezahlt wurde; Vignetten wurden zunächst für die Benutzung der Schweizer Autobahnen eingeführt)
Küche:
- Müsli (eingedeutschte Form zur leichteren Aussprache; in der Schweiz heisst es Müesli [myəsli]; schweizerdeutsch Müsli [myːsli] bedeutet hingegen Mäuslein)
- Cordon bleu
- Fondue
- Raclette
- Bündnerfleisch
Anderes:
- unentwegt (ständig; in einem fort)
- selbständigerwerbend
Siehe auch
- Schweizer Hochdeutsch
- Schweizerdeutsch
- Österreichisches Deutsch
- Austriazismus
- Variantenwörterbuch des Deutschen
Literatur
- Ulrich Ammon, Hans Bickel, Jakob Ebner et al.: Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz und Deutschland sowie in Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol. Walter de Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-016575-9 (Gebunden, ISBN 3-11-016574-0 Broschur).
- Hans Bickel, Christoph Landolt: Duden. Schweizerhochdeutsch. Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. Schweizerischer Verein für die deutsche Sprache, Mannheim / Zürich 2012, ISBN 978-3-411-70417-0 (als E-Book: ISBN 978-3-411-90268-2).
- Kurt Meyer: Schweizer Wörterbuch. So sagen wir in der Schweiz. Frauenfeld 2006, ISBN 978-3-7193-1382-1.
- László Ódor: Helvetismen. Deutsches Kulturwörterbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Martin Meidenbauer, München 2010, ISBN 978-3-89975-177-2.
- Christa Dürscheid, Martin Businger (Hrsg.): Schweizer Standarddeutsch: Beiträge zur Varietätenlinguistik, Narr, Tübingen 2006, ISBN 978-3-8233-6225-8
Weblinks
- Helvetismen im deutschen Universalwörterbuch: „Der schweizerische Wortschatz des Deutschen“ von Maria Grazia Chiaro.
- François de Capitani: Helvetismus im Historischen Lexikon der Schweiz
- Sammlung von Helvetismen: „Schriftdeutsch“
- Leitfaden zur deutschen Rechtschreibung 2008, herausgegeben von der Bundeskanzlei. Die amtliche Schreibweisen.
- Zwiebelfisch-Kolumne zum Thema bei Spiegel.de
- Blog zum Thema Helvetismen/Schweizerhochdeutsch
Einzelnachweise
<references />