Industriedenkmal
Unter einem Industriedenkmal versteht man eine Industrieanlage, die denkmalpflegerisch als Denkmal, also als Zeugnis vergangener Kulturgeschichte, zählt und denkmalrechtlich unter Denkmalschutz stehen kann. Es soll als technisches Denkmal die Erinnerung an die Geschichte der Industrie vor allem im 19. und 20. Jahrhundert (Industrialisierung) wach halten.
Inhaltsverzeichnis
Zum Begriff des Industriedenkmals
Insbesondere im Zuge des Strukturwandels der Schwerindustrie und Montanindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg rückt die Industriegeschichte als schützenswerte kulturelle Leistung – über den rein ästhetischen Wert der Ingenieurskunst hinaus – in den Blickpunkt des Denkmalwesens. 1968 wird im englischen Severntal der Industriepark Ironbridge Gorge Museum Trust (Coalbrookdale und Ironbridge in Shropshire) unter Schutz gestellt, ein Meilenstein der Industriearchäologie. Im Jahr 1984 wird der Begriff industrielles Erbe seitens des Europarats anerkannt.<ref>Klaus Kohout: Technische Denkmale. Ein schwieriges Kapitel der Denkmalpflege der Technik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In: Mitteilungsblatt des Verein Denkmalpflege Oberösterreich. Nr. 4, Linz November 1993.</ref>
Etliche Regionen Europas weisen eine Vielzahl von Industriedenkmalen mit einer zeittypischen Industriearchitektur auf, so etwa das Ruhrgebiet, das Saarland mit Zeugen der Montanindustrie, der sehr stark vom Maschinen- und Fahrzeugbau geprägte Raum Chemnitz-Zwickau, Katalonien, Nordengland, Ostfrankreich und Norditalien mit Textil- und Maschinenbauindustrie. Auch im Zuge der Einrichtung der Internationalen Bauausstellung Emscher Park seit dem Ende des 20. Jahrhunderts in Deutschland viele Industriedenkmale erhalten. In jüngster Vergangenheit rücken sowohl der Begriff der Industrielandschaft als industrielles Ensemble, wie auch Zeugnisse des frühindustriellen Gewerbes des 17. und 18. Jahrhunderts in den Kreis der denkmalwerten Industrieobjekte auf.
Geschützte Industrieanlagen sind oft bereits außer Betrieb. Industriedenkmale werden daher häufig als Museen oder zu Ausstellungs- und Veranstaltungszwecken genutzt (siehe dazu auch Umnutzung alter Hallen). Soweit sie in Privatbesitz sind, sind sie kaum öffentlich zugänglich.
Beispiele von Industriedenkmälern
- Bergbau- und Montanindustrie
- Völklinger Hütte
- Zeche Zollern in Dortmund – ehemaliges Steinkohlebergwerk, erstes Industriedenkmal in Nordrhein-Westfalen
- Kokerei Hansa in Dortmund
- Zeche Zollverein in Essen – ehemaliges Kohlebergwerk
- Henrichshütte Hattingen
- Landschaftspark Duisburg-Nord – ehemaliges Hüttenwerk
- Ferropolis bei Bitterfeld – ehemaliger Braunkohletagebau
- Malakow-Türme – als Fördereinrichtungen des Bergbaus im 19. und 20. Jahrhundert
- siehe auch Route der Industriekultur
- Messinghof (Kassel)
- Steirischer Erzberg
- Blei- und Silberhütte Braubach
- Fahrzeug- und Maschinenbau
- Baustoffindustrie
- Textilindustrie
- Rüstungsindustrie
- Energieversorgung
- Gasometer z. B. der Gasometer Oberhausen, Gasometer Wien, Gasometer Berlin-Schöneberg, Gasometer Zwickau oder das Gaswerk in Augsburg, Duisburg, Münster (Westfalen)
- Kraftwerk Walchensee in Kochel am See – voll in Betrieb
- Kraftwerk Heimbach in Heimbach (Eifel) – Jugendstilkraftwerk
- Koepchenwerk in Herdecke – ehemaliges Wasserkraftwerk
- Peter Behrens-Bau der AEG von 1901 in Berlin-Oberschöneweide
- Kraftwerk Zschornewitz
- Binnenschifffahrt
- Innenhafen in Duisburg – ehemaliger Industriehafen
- Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop
- Schiffshebewerk Niederfinow am Oder-Havel-Kanal in Brandenburg
- Brauerei
- Flaschenturm der ehemaligen Engelhardt-Brauerei in Berlin
- Landskronbrauerei, Görlitz
- Brauerei & Brennerei Gebrüder Sünner, Köln-Kalk
- Alte Mälzerei, Regensburg
- Malz-Fabrik G. Naefeke, seit 1996 stilwerk Hamburg
- Funktechnik
- Maschinensender SAQ, Grimeton
- Sender Königs Wusterhausen
- Radom Raisting
- Sonstige
Fotos
- Niederfinow Schiffshebewerk.jpg
Schiffshebewerk Niederfinow
- Oberschoeneweide2.JPG
Industriebauten AEG am Spreeufer, Blick von Berlin-Niederschöneweide
- Sendemast Koenigswusterhausen.jpg
Der einzige noch erhaltene Sendemast (210 m) des Senders Königs Wusterhausen
- Elsterlofts.JPG
Ehemalige Sächsische Wollgarnfabrik in Leipzig, seit 2001 zu Loftwohnungen umgebaut
- Rückansicht Bernhardches Herrenhaus 2009.jpg
Herrenhaus der Bernhardschen Spinnerei in Chemnitz-Harthau
- Völklinger Hütte, Einzelbilder reworked.jpg
Siehe auch
- Industriemuseum, Industriearchäologie
- Industriearchitektur, Industriebau
- The International Committee for the Conservation of the Industrial Heritage
- Liste technischer Denkmäler in Deutschland
Literatur
- Initiative Völklinger Hütte (Hg.): Die Völklinger Hütte, Sutton Verlag, Erfurt 2008.
- James Douet: Industrial Heritage Re-tooled – The TICCIH guide to Industrial Heritage Conservation. Carnegie, Lancaster 2012. ISBN 978-1-85936-218-1.
- Hubert Krins, Michael Goer, Leo Schmidt: Brücke, Mühle und Fabrik. Technische Kulturdenkmale in Baden-Württemberg. Verlag Theiss. 1991. ISBN 3-8062-0841-7.
- Claus Militz, Werner Rudolph: Spuren im Werk. Braus, Heidelberg, 1984. ISBN 3-921524-57-1.
- Heike Oevermann: Über den Umgang mit dem industriellen Erbe. Eine diskursanalytische Untersuchung städtischer Transformationsprozesse am Beispiel der Zeche Zollverein.Klartext-Verlag, Essen 2012, ISBN 978-3-8375-0834-5.
- Heike Oevermann, Harald A. Mieg (Hrsg.): Industrial Heritage Sites in Transformation: Clash of Discourses. Routledge, London, New York 2014, ISBN 978-0415745284.
- Angela Schwarz (Hg.): Vom Industriebetrieb zum Landschaftspark. Klartext-Verlag, 2001, ISBN 3-88474-967-6.
Weblinks
Einzelnachweise
<references />