Johann Wolfgang von Goethe


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Johann Wolfgang Goethe)
Wechseln zu: Navigation, Suche
25px Goethe ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Weitere Bedeutungen sind unter Goethe (Begriffsklärung) aufgeführt.
Datei:Goethe (Stieler 1828).jpg
Johann Wolfgang von Goethe,
Ölgemälde von Joseph Karl Stieler, 1828<ref>Es handelt sich, wie der Dichter selbst anmerkte, um eine idealisierende Darstellung. Wie Stieler berichtet, habe Goethe gesagt: „Sie zeigen mir, wie ich sein könnte. Mit diesem Manne auf dem Bilde ließe sich wohl gerne ein Wörtchen sprechen. Er sieht so schön aus, dass er wohl noch eine Frau bekommen könnte.“ Zitiert nach: Jörn Göres, Emil Schaeffer (Hrsg.): Goethe. Seine äußere Erscheinung. Literarische und künstlerische Dokumente seiner Zeitgenossen. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 179.</ref>

Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main als Johann Wolfgang Goethe; † 22. März 1832 in Weimar, geadelt 1782) gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung.

Goethe stammte aus einer angesehenen bürgerlichen Familie; sein Großvater mütterlicherseits war als Stadtschultheiß höchster Justizbeamter der Stadt Frankfurt, sein Vater Doktor der Rechte und kaiserlicher Rat. Er und seine Schwester Cornelia erfuhren eine aufwendige Ausbildung durch Hauslehrer. Dem Wunsch seines Vaters folgend studierte Goethe in Straßburg und Leipzig Rechtswissenschaft und war danach als Advokat in Wetzlar und Frankfurt tätig. Gleichzeitig folgte er seiner Neigung zur Dichtkunst, mit dem Drama Götz von Berlichingen erzielte er einen frühen Erfolg und Anerkennung in der literarischen Welt.

Als Sechsundzwanzigjähriger wurde er an den Hof von Weimar eingeladen, wo er sich schließlich für den Rest seines Lebens niederließ. Er bekleidete dort als Freund und Minister des Herzogs Carl August politische und administrative Ämter und leitete ein Vierteljahrhundert das Hoftheater. Die amtliche Tätigkeit mit der Vernachlässigung seiner schöpferischen Fähigkeiten löste nach dem ersten Weimarer Jahrzehnt eine persönliche Krise aus, der sich Goethe durch die Flucht nach Italien entzog. Die zweijährige Italienreise empfand er wie eine „Wiedergeburt“. Ihr verdankte er die Vollendung wichtiger Werke (Tasso, Iphigenie, Egmont).

Nach seiner Rückkehr wurden seine Amtspflichten weitgehend auf repräsentative Aufgaben beschränkt. Der in Italien erlebte Reichtum an kulturellem Erbe stimulierte seine dichterische Produktion und die erotischen Erlebnisse mit einer jungen Römerin ließen ihn unmittelbar nach seiner Rückkehr eine dauerhafte, „unstandesgemäße“ Liebesbeziehung zu Christiane Vulpius aufnehmen, die er erst achtzehn Jahre später mit einer Eheschließung amtlich legalisierte.

Goethes literarische Produktion umfasst Lyrik, Dramen, Epik, autobiografische, kunst- und literaturtheoretische sowie naturwissenschaftliche Schriften. Daneben ist sein umfangreicher Briefwechsel von literarischer Bedeutung. Goethe war Vorbereiter und wichtigster Vertreter des Sturm und Drang. Sein Roman Die Leiden des jungen Werthers machte ihn in Europa berühmt. Selbst Napoleon bat ihn zu einer Audienz anlässlich des Erfurter Fürstenkongresses. Im Bunde mit Schiller und gemeinsam mit Herder und Wieland verkörperte er die Weimarer Klassik. Die Wilhelm-Meister-Romane wurden zu beispielgebenden Vorläufern deutschsprachiger Künstler- und Bildungsromane. Sein Faust errang den Ruf als das bedeutendste Werk der deutschsprachigen Literatur. Im Alter wurde er auch im Ausland als Repräsentant des geistigen Deutschland angesehen.

Im Deutschen Kaiserreich wurde er zum deutschen Nationaldichter und Künder des „deutschen Wesens“ verklärt und als solcher für den deutschen Nationalismus vereinnahmt. Es setzte damit eine Verehrung nicht nur des Werks, sondern auch der Persönlichkeit des Dichters ein, dessen Lebensführung als vorbildlich empfunden wurde. Bis heute zählen Gedichte, Dramen und Romane von ihm zu den Meisterwerken der Weltliteratur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Datei:JohannCasparGoethe.jpg
Johann Caspar Goethe, Aquarellminiatur von Georg Friedrich Schmoll, 1775
Datei:Catharina Elisabeth Goethe 1776.jpg
Catharina Elisabeth Goethe, Porträt von Georg Oswald May, 1776

Herkunft und Jugend

Johann Wolfgang von Goethe wurde am 28. August 1749 im heutigen Goethe-Haus am Frankfurter Großen Hirschgraben geboren und wurde evangelisch getauft. Sein aus Thüringen stammender Großvater Friedrich Georg Göthe (1657 bis 1730) hatte sich 1687 als Schneidermeister in Frankfurt niedergelassen und die Schreibweise des Familiennamens geändert.<ref>So laut Heinrich Düntzer: Goethes Stammbäume – Eine genealogische Darstellung. Salzwasser Verlag, Paderborn 1894, S. 93 ff. (eingeschränkte Vorschau bei google books). Nicholas Boyle schreibt diesen Schritt jedoch Johann Caspar G. zu. Siehe Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-458-34725-9, S. 69. – Obwohl Goethe seinen Namen stets mit oe schrieb, erschienen während seines ganzen Lebens Veröffentlichungen auch unter dem Namen Göthe.</ref> Später war er als Gastwirt und Weinhändler zu Vermögen gekommen. Sein Sohn und Goethes Vater Johann Caspar Goethe (1710–1782) war promovierter Jurist, übte diesen Beruf jedoch nicht aus, sondern lebte von den Erträgen seines ererbten Vermögens, das später auch dem Sohn Leben und Studium ohne finanzielle Zwänge ermöglichen sollte.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 68, 87.</ref> Er war vielseitig interessiert und gebildet, jedoch auch streng und pedantisch, was wiederholt zu Konflikten in der Familie führte.

Goethes Mutter, Catharina Elisabeth Goethe, geb. Textor (1731–1808), entstammte einer wohlhabenden und angesehenen Frankfurter Familie; ihr Vater war als Stadtschultheiß der ranghöchste Justizbeamte der Stadt. Die lebenslustige und kontaktfreudige Frau hatte mit 17 Jahren den damals 38-jährigen Rat Goethe geheiratet. Nach Johann Wolfgang wurden noch fünf weitere Kinder geboren, von denen jedoch nur die wenig jüngere Schwester Cornelia das Kindesalter überlebte. Mit ihr stand der Bruder in einem engen Vertrauensverhältnis, das nach Ansicht des Biographen Nicholas Boyle und des Psychoanalytikers Kurt R. Eissler inzestuöse Gefühle einschloss.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 76. – Kurt R. Eissler hat bereits in seiner umfangreichen psychoanalytischen Studie von 1963 (amerikanische Erstveröffentlichung) über Goethe von einer „inzestuösen Bindung“ zu seiner Schwester gesprochen, deren „Einfluß auf Goethes Leben und künstlerische Entwicklung wohl dableiben aufreibt und aufzehrt“.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 309. – Wie Goethes Zeitgenossen über die Beziehung dachten, lässt sich aus Schillers Brief vom 12. August 1787 an Körner schließen: „Man sagt, daß ihr Umgang ganz rein und untadelhaft sein soll." @www.Wissen-im-Netz.infoH</ref>

Häufig wird die These des Psychoanalytikers Kurt Eissler<ref>Kurt R. Eissler: Goethe. Eine psychoanalytische Studie 1775–1786. Deutscher Taschenbuch-Verlag. Band 2. München 1987, ISBN 3-423-04457-8, S. 1157.</ref> vertreten, wonach Goethe seinen ersten Geschlechtsverkehr als 39-jähriger in Rom hatte. Auch sein Biograph Nicholas Boyle sieht in der römischen Episode mit „Faustina“ den ersten sexuellen Kontakt, der dokumentarisch belegt ist.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 588.</ref>

Goethes heimliche Abreise nach Italien 1786 erschütterte das Verhältnis, und nach der Rückkehr kam es zum endgültigen Bruch wegen der von Goethe aufgenommenen festen Liebesbeziehung mit Christiane Vulpius, seiner späteren Ehefrau, die ihm die tief verletzte Frau von Stein nicht verzieh. Sie, deren ganzes Leben und Selbstverständnis auf der Verleugnung der Sinnlichkeit gründete, sah in der Verbindung einen Treuebruch Goethes. Sie forderte ihre Briefe an ihn zurück.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 677.</ref> Christiane nannte sie nur „das Kreatürchen“ und meinte, Goethe habe zwei Naturen, eine sinnliche und eine geistige. Erst im Alter fanden beide erneut zu einer freundschaftlichen Beziehung, ohne dass sich der herzliche Umgang von einst wiederherstellte.<ref>Wolfgang Frühwald: Goethes Hochzeit. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-458-19294-7, S. 60.</ref> Goethes kleiner Sohn August, der manche Botengänge zwischen dem Goetheschen und dem von Steinschen Haus erledigte und den Charlotte ins Herz geschlossen hatte, gab den Anstoß für eine stockende Wiederaufnahme ihres Briefwechsels ab 1794, der allerdings fortan per „Sie“ geführt wurde.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 556 f.</ref>

Reise nach Italien (1786–1788)

Datei:Goethe, Die Solfatara von Pozzuoli, 1787.jpg
Die Solfatara von Pozzuoli, lavierte Tuschzeichnung von Johann Wolfgang von Goethe, 1787
Datei:Johann Friedrich Bury, Johann Wolfgang von Goethe in seinem italienischen Freundeskreis.jpg
Johann Wolfgang von Goethe in seinem italienischen Freundeskreis, Federzeichnung von Friedrich Bury, um 1787

Mitte der 1780er Jahre, auf dem Gipfel seiner Amtskarriere, geriet Goethe in eine Krise. Seine amtlichen Tätigkeiten blieben ohne Erfolgserlebnisse, die Belastungen seiner Ämter und die Zwänge des Hoflebens wurden ihm lästig, die Beziehung zu Charlotte von Stein gestaltete sich zunehmend unbefriedigend. Als ihm der Verleger Göschen 1786 das Angebot einer Gesamtausgabe machte, wurde ihm schockartig klar, dass von ihm in den letzten zehn Jahren nichts Neues erschienen war. Im Blick auf seine dichterischen Fragmente (Faust, Egmont, Wilhelm Meister, Tasso) verstärkten sich die Selbstzweifel an seiner Doppelexistenz als Künstler und Amtsmensch. Im Schauspiel Torquato Tasso fand Goethe den adäquaten Stoff, um seine widersprüchliche Existenz am Hofe zu gestalten. Er legte sie in zwei Figuren auseinander, Tasso und Antonio, zwischen denen es keine Versöhnung gibt. Während er dem poetischen Ausgleich misstraute, versuchte er noch in der Realität beide Aspekte im Gleichgewicht zu halten.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 307–314.</ref>

Aber nach der ernüchternden Erfahrung seiner dichterischen Stagnation im ersten Weimarer Jahrzehnt entzog er sich dem Hof durch eine für seine Umgebung unerwartete Bildungsreise nach Italien.<ref>Klaus-Detlef Müller: Das Elend der Dichterexistenz: Goethes „Torquato Tasso“: In: Goethe-Jahrbuch. Band 124 / 2007, S. 198.</ref> Am 3. September 1786 brach er ohne Abschied von einer Kur in Karlsbad auf. Nur sein Sekretär und vertrauter Diener Philipp Seidel war eingeweiht.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 318.</ref> Den Herzog hatte er nach dem letzten persönlichen Zusammensein in Karlsbad schriftlich um unbefristeten Urlaub gebeten. Am Vortag seiner Abreise kündigte er ihm seine bevorstehende Abwesenheit an, ohne sein Reiseziel zu verraten.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 452, 471.</ref> Die geheime Abreise mit unbekanntem Ziel war wohl Teil einer Strategie, die es Goethe ermöglichen sollte, seine Ämter niederzulegen, das Gehalt jedoch weiter zu beziehen.<ref> Roberto Zapperi: Das Inkognito. Goethes ganz andere Existenz in Rom. C. H. Beck, München 1999, ISBN 978-3-406-60471-3, S. 8 f.</ref> Der europaweit berühmte Autor des Werther reiste inkognito unter dem Namen Johann Philipp Möller,<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 318.</ref> um sich ungezwungen in der Öffentlichkeit bewegen zu können.

Nach Zwischenaufenthalten in Verona, Vicenza und Venedig erreichte Goethe im November Rom. Dort hielt er sich zunächst bis Februar 1787 auf (erster Romaufenthalt). Nach einer viermonatigen Reise nach Neapel und Sizilien kehrte er im Juni 1787 nach Rom zurück, wo er bis Ende April 1788 verweilte (zweiter Romaufenthalt). Auf der Rückreise machte er Zwischenstationen u. a. in Siena, Florenz, Parma und Mailand. Zwei Monate später, am 18. Juni 1788, war er wieder in Weimar.

In Rom wohnte Goethe bei dem deutschen Maler Wilhelm Tischbein,<ref>In dieser Wohnung, heute Via del Corso 18, befindet sich das Museum Casa di Goethe, das sich vor allem den Aufenthalten Goethes in Rom und Italien widmet.</ref> der das wohl bekannteste Porträt des Dichters (Goethe in der Campagna) malte. In regem Austausch stand er auch mit anderen Mitgliedern der deutschen Künstlerkolonie in Rom, darunter Angelika Kauffmann, die ihn ebenfalls porträtierte, mit Philipp Hackert, Friedrich Bury, und mit dem Schweizer Maler Johann Heinrich Meyer, der ihm später nach Weimar folgen und dort unter anderem sein künstlerischer Berater werden sollte. In freundschaftlicher Verbindung stand er auch mit dem Schriftsteller Karl Philipp Moritz; im Gespräch mit ihm bildeten sich die kunsttheoretischen Anschauungen aus, die für Goethes „klassische“ Auffassung von der Kunst grundlegend werden sollten und von Moritz in seiner Schrift Über die bildende Nachahmung des Schönen niedergelegt wurden.

Goethe lernte in Italien die Bau- und Kunstwerke der Antike und der Renaissance kennen und bewundern; seine besondere Verehrung galt Raffael und dem Architekten Andrea Palladio. An dessen Bauten hatte er in Vicenza mit Begeisterung wahrgenommen, dass sie die Formen der Antike zu neuem Leben erweckten.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 480 f.</ref> Unter Anleitung seiner Künstlerfreunde übte er sich mit großem Ehrgeiz im Zeichnen; etwa 850 Zeichnungen Goethes sind aus der italienischen Zeit erhalten. Er erkannte aber auch, dass er nicht zum bildenden Künstler, sondern zum Dichter geboren sei. Intensiv beschäftigte er sich mit der Fertigstellung literarischer Arbeiten: Er brachte die bereits in Prosa vorliegende Iphigenie in Versform, vollendete den zwölf Jahre zuvor begonnenen Egmont und schrieb weiter am Tasso. Daneben beschäftigte er sich mit botanischen Studien. Vor allem aber „lebte“ er: „Im Schutze des Inkognitos (den deutschen Freunden war seine wahre Identität jedoch bekannt) konnte er sich in einfachen Gesellschaftsschichten bewegen, seiner Freude an Spielen und Späßen freien Lauf lassen und erotische Erfahrungen machen.“<ref>Roberto Zapperi: Das Inkognito. Goethes ganz andere Existenz in Rom. C. H. Beck, München 1999, S. 133 ff.</ref>

Die Reise wurde für Goethe zu einem einschneidenden Erlebnis; er selbst sprach in Briefen nach Hause wiederholt von einer „Wiedergeburt“, einer „neuen Jugend“, die er in Italien erfahren habe.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 506. – Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 328.</ref> Er habe sich selbst als Künstler wiedergefunden, schrieb er dem Herzog. Über seine zukünftige Tätigkeit in Weimar ließ er ihn wissen, er wolle von den bisherigen Pflichten befreit werden und das tun, „was niemand als ich tun kann und das übrige anderen auftragen“. Der Herzog gewährte Goethe die erbetene Verlängerung seines bezahlten Urlaubs, so dass er bis Ostern 1788 in Rom bleiben konnte.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 338–341.</ref> Ein Ergebnis seiner Reise war, dass er nach seiner Rückkehr nach Weimar die dichterische von der politischen Existenz trennte.<ref>Klaus-Detlef Müller: Das Elend der Dichterexistenz: Goethes „Torquato Tasso“: In: Goethe-Jahrbuch. Band 124 / 2007, S. 214.</ref>

Basierend auf seinen Tagebüchern verfasste er zwischen 1813 und 1817 die Italienische Reise.

Zeit der Weimarer Klassik (ab 1789)

Beziehung zu Christiane Vulpius (1788–1816)

Datei:Christiane-von-Goethe-Vulpius.jpg
Christiane Vulpius, Zeichnung von Johann Wolfgang von Goethe

Wenige Wochen nach seiner Rückkehr machte Goethe am 12. Juli 1788 Bekanntschaft mit der 23-jährigen Putzmacherin Christiane Vulpius, die ihm gegenüber als Bittstellerin für ihren nach dem Jurastudium in Not geratenen Bruder auftrat.<ref>Sigrid Damm: Christiane und Goethe. Eine Recherche. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-87763-020-0, S. 117.</ref> Sie wurde seine Geliebte und bald darauf seine Lebensgefährtin. Goethes Mutter nannte sie den „Bettschatz“. Nicht nur aus den erotischen Anspielungen in den Römischen Elegien, die Goethe zu jener Zeit verfasste und in denen die Gestalt seiner römischen Geliebten Faustina mit der Christianes verschmolz,<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 663.</ref> folgert Sigrid Damm, dass die beiden „ein sinnesfrohes, in der Liebe mit Phantasie begabtes Paar“ gewesen seien.<ref>Sigrid Damm: Christiane und Goethe. Eine Recherche. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998, S. 121.</ref> Als Christiane hochschwanger war, wollte Goethe sie im Haus am Frauenplan aufnehmen, aber auf Wunsch des Herzogs und mit Rücksicht auf die Weimarer Gesellschaft bezog er mit ihr Wohnung vor den Toren der Stadt.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 355.</ref> Am 25. Dezember 1789 gebar sie den Sohn August Walter. Anlässlich der Taufe bekannte sich Goethe zwar nicht formal zu seiner Vaterschaft, doch wurde das Kind nicht als unehelich geführt.<ref>Sigrid Damm: Christiane und Goethe. Eine Recherche. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998, S. 142 f.</ref> Vier weitere gemeinsame Kinder überlebten die Geburt nur wenige Tage. 1792 stimmte der Herzog dem Umzug ins Haus am Frauenplan zu, welches Goethe mit Christiane mietfrei bewohnen konnte, bevor es 1794 durch eine Schenkung des Herzogs, aus Dankbarkeit für die Begleitung auf den Feldzügen 1792 und 1793, in Goethes Besitz überging.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band II: 1790–1803. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 145 und 251.</ref>

Wenig bekannt ist über Goethes „flüchtige, sentimentale Bindung an eine adelige Dame“,<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band II: 1790–1803. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 111.</ref> die 21-jährige Henriette von Lüttwitz, die er nach der Geburt Augusts auf seiner Schlesienreise 1790 in Breslau kennengelernt und der er einen Heiratsantrag gemacht hatte, den ihr adeliger Vater ablehnte.<ref>Irma Margarethe Lengersdorff: Eine Heiratsabsicht Goethes aus dem Jahr 1790. In: Goethe-Jahrbuch. Neue Folge Band 27 (1965), S. 175–192.</ref>

Der wenig gebildeten, aus einer in finanzielle Not geratenen Familie stammenden Christiane blieb der Zugang zur Weimarer Gesellschaft, in der Goethe sich bewegte, verschlossen. Sie galt dort als ordinär und vergnügungssüchtig; erschwerend kam die Illegitimität des „unstandesgemäßen Verhältnisses“ hinzu. Goethe schätzte ihr natürliches, fröhliches Wesen und hielt an der Verbindung mit seinem „kleinen Eroticon“ bis an Christianes Lebensende 1816 fest. Erst 1806 erleichterte er ihre gesellschaftliche Stellung durch die Heirat, die ihr den Weg in die gute Gesellschaft bahnte. Zur Heirat hatte sich Goethe kurzfristig entschlossen, nachdem ihn Christiane durch ihr beherztes Eingreifen aus Lebensgefahr gerettet hatte, als er am Abend der Schlacht bei Jena in seinem Haus in Weimar von plündernden französischen Soldaten bedroht wurde. Nur fünf Tage danach wurde die Ehe geschlossen. Als Gravur für die Ringe wählte Goethe das Datum der Schlacht und seiner Rettung in der Schreckensnacht: 14. Oktober 1806.<ref>Wolfgang Frühwald: Goethes Hochzeit. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007, S. 35, 42, 60.</ref>

Metamorphose der Pflanzen und Römische Elegien

In den Jahren nach seiner Italienreise beschäftigte Goethe sich vor allem mit der Naturforschung. In seinem Verhältnis zur Natur unterschied er nur zwei Zeitperioden: das Jahrzehnt vor 1780, das vor allem in den Straßburger Jahren stark vom Naturerlebnis geprägt war, und die folgenden fünfzig Jahre systematischen Naturstudiums in Weimar.<ref>Alfred Schmidt: Natur. Eintrag in: Goethe Handbuch. Band 4/2: Personen, Sachen, Begriffe L-Z. Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01447-9, S. 766.</ref> 1790 veröffentlichte er seinen Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären,<ref>Johan Wolfgang von Goethe: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Ettinger, Gotha 1790. @Deutsches Textarchiv</ref> eine 86-seitige Monographie, die ihn zu einen Mitbegründer der vergleichenden Morphologie machte. Mit dem 1798 geschriebenen großen Lehrgedicht Die Metamorphose der Pflanzen gelang ihm die Verbindung von Poesie und Naturforschung. Das im Versmaß des elegischen Distichons verfasste Naturgedicht ist an eine „Geliebte“ (Christiane Vulpius) gerichtet und präsentiert seine morphologische Lehre in konzentrierter Form.<ref>Felix Sieglbauer: Goethes Begriff der Morphologie. In: Akademischer Senat der Universität Innsbruck (Hrsg.): Innsbrucker Universitätsalmanach auf das Goethe-Jahr 1949. Tyroliadruck, Innsbruck 1949, S. 165–190.</ref> In den 1790er Jahren begann er auch mit seinen Untersuchungen zur Farbenlehre, welche ihn bis ans Lebensende beschäftigen sollte.

Zu den Werken der frühen 1790er Jahre gehören die bald nach seiner Rückkehr entstandenen Römischen Elegien, eine Sammlung freizügig erotischer Gedichte. In den Formen antiker Dichtung verarbeitete Goethe nicht nur die Erinnerung an kulturelle und amouröse Rom-Erlebnisse seiner ersten Italienreise, sondern auch seine sinnlich-glückliche Liebe zu Christiane Vulpius. Zwanzig der vierundzwanzig Gedichte erschienen 1795 in Schillers Horen. Die Weimarer Gesellschaft nahm Anstoß an Goethes Erotica, obwohl er vier der freizügigsten Gedichte zurückbehalten hatte.<ref>Dieter Borchmeyer: Weimarer Klassik. Portrait einer Epoche. Aktualisierte Neuausgabe. Beltz Athenäum, Weinheim 1998, S. 183–186.</ref>

Amtliche Aufgaben, Feldzüge und Politik

Nach seiner Rückkehr aus Italien hatte Goethe sich vom Herzog von den meisten seiner amtlichen Pflichten entbinden lassen. Den Sitz im Consilium und damit die Möglichkeit politischer Einflussnahme behielt er jedoch bei. Als „Minister ohne Portefeuille“<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 742.</ref> übernahm er eine Reihe von kulturellen und wissenschaftlichen Aufgaben, darunter die Leitung der Zeichenschule und die Aufsicht über das öffentliche Bauwesen. Zudem wurde er mit der Leitung des Weimarer Hoftheaters betraut – einer Aufgabe, die viel Zeit in Anspruch nahm, da er für sämtliche Belange zuständig war. Daneben war Goethe in Angelegenheiten der zum Herzogtum gehörenden Universität Jena beratend tätig. Seiner Fürsprache ist die Berufung einer Reihe namhafter Professoren zu verdanken, darunter Johann Gottlieb Fichte, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Friedrich Schiller. Nachdem ihm 1807 die Aufsicht über die Universität übertragen worden war, setzte sich Goethe vor allem für den Ausbau der naturwissenschaftlichen Fakultät ein.

Nach Abschluss der achtbändigen Göschen-Werkausgabe zu seinem 40. Geburtstag plante Goethe, erneut nach Italien zu reisen. Er verbrachte mehrere Monate in Venedig, wo er die Herzoginmutter auf ihrer Rückreise von einer zweijährigen Italienreise erwartete. Er begleitete sie zurück nach Weimar, mit Aufenthalten in Padua, Vicenza, Verona und Mantua. Allerdings stellte sich die Hochstimmung der ersten Italienreise nicht wieder ein. Produkt dieser zweiten (unfreiwilligen) Italienreise sind die Venetianischen Epigramme, eine Sammlung von Spottgedichten auf die europäischen Zustände, die „die ästhetisch-moralische Toleranzgrenze der Zeit überschritten“.<ref>Dieter Borchmeyer: Weimarer Klassik. Portrait einer Epoche. Aktualisierte Neuausgabe. Beltz Athenäum, Weinheim 1998, S. 188.</ref> Im vierten Epigramm fühlt er sich von den Gastwirten „geprellt“ und vermisst „deutsche Redlichkeit“, klagt: „Schön ist das Land; doch ach! Faustinen find' ich nicht wieder.“ Stattdessen sehnte er sich zurück nach Christiane, seinem „Liebchen“, das er verließ.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 756–766.</ref>

1789 wurde das europäische Herrschafts- und Staatensystem durch die Französische Revolution erschüttert und in Frage gestellt. Die meisten von Goethes intellektuellen Zeitgenossen (z. B. Wieland, Herder, Hölderlin, Hegel, Georg Forster, Beethoven) begeisterten sich für die Freiheits- und Brüderlichkeitsideale, die von ihr ausgingen, etwa durch die Verkündigung der Menschenrechte.<ref>Siehe Goethezeit#Französische Revolution</ref> Klopstock feierte in seiner Ode Kennet euch selbst die Revolution als „des Jahrhunderts edelste Tat“.<ref>Klopstock wurde mit Schiller und dem Schweizer Pädagogen und Philosophen Pestalozzi, neben einem Dutzend weiterer, ausländischer Intellektueller, zum Ehrenbürger der Französischen Republik ernannt.</ref> Goethe stand der Revolution von vornherein ablehnend gegenüber; für ihn war sie „das schrecklichste aller Ereignisse“ und stellte auch seine Weimarer Existenz als „Fürstendiener“ in Frage.<ref>Hans-Jürgen Schings: Kein Revolutionsfreund. Die Französische Revolution im Blickfeld Goethes. In: Goethe-Jahrbuch. Band 126 / 2009, S. 52 f., 56; zum Goethe-Zitat: Johann Wolfgang Goethe: Bedeutende Fördernis durch ein einziges geistreiches Wort. In: Theoretische Schriften. @zeno.org (abgerufen am 22. März 2015).</ref> Er war ein Befürworter allmählicher Reformen im Sinne der Aufklärung und fühlte sich insbesondere durch die Gewaltexzesse im Gefolge der Revolution abgestoßen; andererseits sah er deren Ursache in den sozialen Verhältnissen des Ancien Régime. Rückblickend sagte er später im Gespräch mit Eckermann, „daß die revolutionären Aufstände der unteren Klassen eine Folge der Ungerechtigkeiten der Großen sind“. Gleichzeitig verwahrte er sich dagegen, weil er Revolutionen hasste, als ein „Freund des Bestehenden“ angesehen zu werden: „Das ist verhaßt, ob ich gleich seinen Geist von ganzem Herzen liebe“.<ref>Rüdiger Safranski: „daß es, dem Vortrefflichen gegenüber keine Freyheit gibt als die Liebe“. Über die Freundschaft zwischen Schiller und Goethe. In: Goethe-Jahrbuch. 123. Band / 2005, S. 27.</ref> Für die Befreiung von Ressentiment und Rivalität hat Schiller später die „wunderbare Formel" (Rüdiger Safranski) gefunden: „daß es, dem Vortrefflichen gegenüber keine Freyheit gibt als die Liebe“ (Brief an Goethe vom 2. Juli 1796).

Die erste persönliche Begegnung in Rudolstadt, arrangiert von Charlotte von Lengefeld, der späteren Ehefrau Schillers, verlief relativ emotionslos. In einem Bericht an Körner zweifelte Schiller „ob wir einander je sehr nahe rücken werden“.<ref>Gesa von Essen: „eine Annäherung, die nicht erfolgte“? Die schwierigen Anfänge eines Dichterbundes. In: Goethe-Jahrbuch. 123. Band / 2005, S. 5o f.</ref> Nach dieser „misslungenen Begegnung“ hatte Goethe Schillers Berufung auf eine Jenaer Professur betrieben, die dieser aber zunächst unbesoldet antrat.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 388; Heinrich Düntzer: Zu Goethe’s Bericht über seine Anknüpfung mit Schiller. In: Goethe-Jahrbuch. Band 2 / 1881, S. 168–189 (Digitalisat).</ref>

Seit 1789 als Geschichtsprofessor im nahen Jena lebend, hatte Schiller Goethe im Juni 1794 gebeten, dem Herausgeberkreis einer von ihm geplanten Zeitschrift für Kultur und Kunst, Horen, beizutreten.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 389. Siehe auch: Brief Schillers an Goethe vom 13. Juni 1794.</ref> Nach Goethes Zusage trafen sich die beiden im Juli des gleichen Jahres in Jena, für Goethe „ein glückliches Ereignis“ und der Beginn der Freundschaft mit Schiller. Im September 1794 lud er Schiller zu einem längeren Besuch in Weimar ein, der sich auf zwei Wochen ausdehnte und einem intensiven Ideenaustausch zwischen ihnen diente.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 396.</ref> Diesem Treffen schlossen sich häufige wechselseitige Besuche an.

Die beiden Dichter stimmten in der Ablehnung der Revolution ebenso überein wie in der Hinwendung zur Antike als höchstem künstlerischen Ideal; dies war der Beginn eines intensiven Arbeitsbündnisses, aus dem zwar alles Persönlichere ausgeklammert war, das jedoch geprägt war von tiefem Verständnis für das Wesen und die Arbeitsweise des anderen.

In der gemeinsamen Erörterung ästhetischer Grundsatzfragen entwickelten beide eine Literatur- und Kunstauffassung, die als „Weimarer Klassik“ zur literarhistorischen Epochenbezeichnung werden sollte. Goethe, dessen literarisches Schaffen, ebenso wie dasjenige Schillers, zuvor ins Stocken gekommen war, betonte die anregende Wirkung der Zusammenarbeit mit dem zehn Jahre Jüngeren: „Sie haben mir eine zweite Jugend verschafft und mich wieder zum Dichter gemacht, welches zu sein ich so gut als aufgehört hatte.“<ref>Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe: Goethe an Schiller, 6. Januar 1798.</ref>

Im ersten Jahrgang der Horen erschienen die Römischen Elegien erstmals unter dem Titel Elegien und ohne Angabe des Verfassers.<ref>Erich Trunz: Kommentarteil zu Goethe: Gedichte. Jubiläumsausgabe hrgg. und kommentiert von Erich Trunz. Beck, München 2007, S. 584.</ref> Darüber empörten sich offensichtlich „alle ehrbaren Frauen“ Weimars. Herder veranlasste die Veröffentlichung zu dem ironischen Vorschlag, die Horen müssten nun mit einem „u“ geschrieben werden.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band II: 1790–1803. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 339.</ref> In den Horen veröffentlichte Schiller 1795/96 in drei Folgen sein Traktat Über naive und sentimentalische Dichtung, eine poetische Typologie, die wesentlich zu ihrer beider Selbstverständnis beitrug: Goethe der „naive“, Schiller der „sentimentalische“ Dichter.<ref>T. J. Reed: Weimar Classicism: Goethe's Alliance with Schiller. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 103.</ref>

Beide Dichter nahmen lebhaften theoretischen und praktischen Anteil an den Werken des anderen. So beeinflusste Goethe Schillers Wallenstein, während dieser die Arbeit an Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre kritisch begleitete und ihn zur Fortführung des Faust ermunterte. Goethe hatte Schiller gebeten, ihm bei der Fertigstellung des Wilhelm Meister-Romans behilflich zu sein, und Schiller enttäuschte ihn nicht. Er kommentierte die ihm zugesandten Manuskripte und war höchst erstaunt, dass Goethe nicht genau wusste, wie der Roman enden sollte. An Goethe schrieb er, er rechne es „zu dem schönsten Glück meines Daseins, daß ich die Vollendung dieses Produkts erlebte“.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 405–407.</ref> Für Nicholas Boyle bildete der Briefwechsel über den Wilhelm Meister in den Jahren 1795/96 den Höhepunkt in der geistigen Beziehung zwischen Goethe und Schiller.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band II: 1790–1803. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 502.</ref>

Sie betrieben auch gemeinsame publizistische Projekte. Zwar beteiligte sich Schiller kaum an Goethes kurzlebiger Kunstzeitschrift Propyläen; dieser jedoch veröffentlichte zahlreiche Werke in den Horen und dem ebenfalls von Schiller herausgegebenen Musen-Almanach. Der Musen-Almanach für das Jahr 1797 brachte eine Sammlung gemeinschaftlich verfasster Spottverse, die Xenien.<ref></ref> Im Musen-Almanach des Folgejahres<ref></ref> erschienen die berühmtesten Balladen beider Autoren, wie Goethes Der Zauberlehrling, Der Schatzgräber, Die Braut von Korinth, Der Gott und die Bajadere sowie Schillers Der Taucher, Die Kraniche des Ibykus, Der Ring des Polykrates, Der Handschuh und Ritter Toggenburg.

Im Dezember 1799 zog Schiller mit seiner vierköpfigen Familie nach Weimar um, zunächst in eine Mietwohnung, die zuvor Charlotte von Kalb bewohnt hatte; 1802 erwarb er ein eigenes Haus auf der Esplanade. In Weimar bildeten sich Parteien, die zum Vergleich der beiden „Dioskuren“ herausforderten. So versuchte der erfolgreiche Theaterautor August von Kotzebue, der sich in Weimar niedergelassen hatte, mit einer prunkvollen Feier zu Ehren Schillers einen Keil zwischen die beiden zu treiben. Trotz einiger zeitweiliger Irritationen zwischen ihnen blieb ihre Freundschaft bis zum Tode Schillers jedoch intakt.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 455 f.</ref>

Die Nachricht von Schillers Tod am 9. Mai 1805 stürzte Goethe in einen Zustand der Betäubung. Er blieb der Beerdigung fern. An den befreundeten Musiker Carl Friedrich Zelter schrieb er, er habe einen Freund und mit ihm „die Hälfte meines Daseins“ verloren.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 458 f., 465.</ref> Der Tod Schillers markierte für Rüdiger Safranski eine Zäsur in Goethes Leben, einen „Abschied von jenem goldenen Zeitalter, als für eine kurze Zeit die Kunst nicht nur zu den schönsten, sondern zu den wichtigsten Dingen des Lebens gehörte“.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 463.</ref> Mit ihm endete Dieter Borchmeyer zufolge die prägende Periode der Weimarer Klassik.<ref>Dieter Borchmeyer: Weimarer Klassik. Portrait einer Epoche. Aktualisierte Neuausgabe. Beltz Athenäum, Weinheim 1998, S. 461.</ref>

Der späte Goethe (1805–1832)

Datei:JW Goethe - Kügelgen.jpg
Johann Wolfgang von Goethe, Ölgemälde von Gerhard von Kügelgen, 1808/1809 (das repräsentative Gemälde zeigt den Dichter mit dem Schulterband und Stern des weimarischen Hausordens vom Weißen Falken, dessen 14. Mitglied er war)

Den Tod Schillers im Jahr 1805 empfand Goethe als einschneidenden Verlust. In dieser Zeit litt er zudem an verschiedenen Krankheiten (Gesichtsrose, Nierenkoliken, Herzattacken). Beunruhigend empfand er auch die politische Lage mit dem sich abzeichnenden Krieg mit Napoleon Bonaparte. Im Geiste sah Goethe sich mit seinem Herzog bereits bettelnd und asylsuchend durch Deutschland ziehen. Seine letzten Jahrzehnte waren gleichwohl von erheblicher Produktivität und starken Liebeserlebnissen geprägt. Als Sekretär wurde ihm Friedrich Riemer (seit 1805 Erzieher seines Sohnes) bald unentbehrlich.

Späte Werke und Farbenlehre

Als unmittelbare Nachwirkung von Schillers Tod wertet Safranski, dass Goethe die Arbeit am Faust wiederaufnahm; hinzu kam der äußere Druck vonseiten des Verlegers Cotta. Die neue achtbändige Gesamtausgabe von 1808 sollte die erste vollständige Fassung des ersten Teils des Faust enthalten.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 468.</ref>

Die Eheschließung mit Christiane hinderte Goethe nicht, bereits 1807 zu Minna Herzlieb, der achtzehnjährigen Pflegetochter des Buchhändlers Frommann in Jena, eine amouröse Neigung zu zeigen. Von einer „kleinen Verliebtheit“, die Goethe als „Ersatz“ für den „schmerzlich empfundenen Verlust Schillers“ erklärte, spricht Safranski.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 467 f.</ref> Ein Nachklang der inneren Erlebnisse dieser Zeit findet sich in seinem letzten Roman, Die Wahlverwandtschaften (1809). Charakteristisch für Goethe ist, wie er in diesem Werk Poesie und Naturforschung verknüpft. In der zeitgenössischen Chemie gebrauchte man den Begriff der „Wahlverwandtschaft“ der Elemente, den Goethe übernahm, um die „Naturhaftigkeit durch Vernunft nicht endgültig beherrschbarer Anziehungskräfte“ zwischen zwei Paaren zu thematisieren.<ref>Eintrag Die Wahlverwandtschaften. In: Frank Rainer Max, Christine Ruhrberg (Hrsg.): Reclams Romanlexikon. Reclam, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-010474-2, S. 341.</ref>

1810 veröffentlichte Goethe die aufwendig ausgestattete Farbenlehre in zwei Bänden und einem Band mit Bildtafeln. Mit ihr hatte er sich seit annähernd zwanzig Jahren befasst. Safranski zufolge dienten die immer wieder aufgenommenen Farbenstudien (in Form von Versuchen, Beobachtungen, Überlegungen und Literaturstudien) Goethe, um vor äußeren Turbulenzen und innerer Unruhe zu flüchten; so hatte er auch während des Feldzuges in Frankreich und bei der Belagerung von Mainz seine einschlägigen Beobachtungen notiert.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 488.</ref> Die Resonanz auf die Veröffentlichung war gering und erfüllte Goethe mit Unmut. Zwar bezeugten Freunde Respekt, doch die wissenschaftliche Welt nahm sie kaum zur Kenntnis. Die literarische Welt nahm sie als überflüssige Abschweifung in einer Zeit heftiger politischer Umwälzungen auf.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 497 f.</ref>

Im Januar 1811 begann Goethe mit der Abfassung einer großen Autobiographie, die später den Titel Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit erhielt. Dabei war ihm Bettina Brentano behilflich, die Aufzeichnungen über Erzählungen seiner Mutter über Goethes Kindheit und Jugend besaß. Bettina besuchte Goethe 1811 in Weimar. Nach einem Streit zwischen ihr und Christiane brach Goethe mit ihr.<ref>Goethe konnte ihr nicht verzeihen, dass sie Christiane „dicke Blutwurst“ genannt hatte. Siehe Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 585.</ref> Die ersten drei Teile der Autobiographie erschienen zwischen 1811 und 1814. Der vierte Teil erschien erst nach seinem Tod 1833. Die ursprüngliche Konzeption war eine als Metamorphose stilisierte Bildungsgeschichte des Dichters mit der Betonung der „Naturhaftigkeit der ästhetischen und dichterischen Fähigkeiten und Anlagen“. Eine Krise während der Arbeit am dritten Teil ließ sie ihm als unangemessen erscheinen. An ihre Stelle setzte er das Dämonische als „Chiffre Stoff […] dem englischnationalen Stoff Shakespeares entsprach“.<ref>Otto Mann: Geschichte des deutschen Dramas. Kröner, Stuttgart 1960, S. 205.</ref> Die im Götz gewählte offene dramatische Form wagte Goethe gleichwohl nur noch im Faust.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 144.</ref> Albrecht Schöne zufolge ging das Stück schon im ersten Teil „aus den gewohnten dramatischen Fugen“ der „traditionell-aristotelischen Einheitsregeln“; im zweiten Teil seien die „Auflösungserscheinungen unübersehbar“.<ref>Albrecht Schöne: Vorbemerkungen zu Goethes Faust-Dichtung. In: Johann Wolfgang Goethe: Faust. Kommentare. Deutscher Klassiker-Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 44.</ref> Die späteren Dramen nach dem Götz näherten sich – unter Lessings Einfluss – dem bürgerlichen Drama (Stella, Clavigo) und klassischen Formen an, letzteres am deutlichsten in der Iphigenie, in der die Einheit des Orts (Hain vor Dianas Tempel) und der Zeit gewahrt wird.<ref>Otto Mann: Geschichte des deutschen Dramas. Kröner, Stuttgart 1960, S. 211 und 225.</ref>

Briefe

Goethe war nach dem Urteil Nicholas Boyles „einer der größten Briefeschreiber der Welt“, der Brief sei für ihn die „natürlichste literarische Form“ gewesen. Etwa 12.000 Briefe von ihm und 20.000 an ihn sind erhalten.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 7, 108.</ref> Allein der bedeutsame Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller umfasst 1015 überlieferte Briefe.<ref>Klassik Stiftung Weimar: Goethe-Schiller-Briefwechsel</ref> Ungefähr anderthalbtausend Briefe richtete er an Charlotte von Stein.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 203.</ref>

Zeichnungen

Zeit seines Lebens hat Goethe gezeichnet, „vorzugsweise mit Bleistift, Kohle, Kreide und kolorierter Tinte“, außerdem sind einige frühe Radierungen überliefert.<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 84 f.</ref> Seine bevorzugten Sujets waren Porträts von Köpfen, Theaterszenen und Landschaften. Hunderte Zeichnungen entstanden während seiner ersten Reise in die Schweiz mit den Stolberg-Brüdern 1775 und auf seiner Italienreise 1786–1788. In Rom lehrten ihn seine Künstlerkollegen das perspektivische Malen und Zeichnen und motivierten ihn zum Studium der menschlichen Anatomie. Er erkannte dabei aber auch seine Grenzen in diesem Metier.<ref>Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. Hanser, München 2013, S. 339.</ref>

Naturwissenschaftliche Schriften

Datei:Goethe Ginkgo Biloba.jpg
Ginkgo biloba; Goethe erstellte von diesem Gedicht – unter Hinzufügung zweier getrockneter Ginkgo-Blätter – 1815 eine gesonderte Reinschriftfassung; Erstfassung unter Gingo biloba.
Datei:Goethe, Farbenkreis zur Symbolisierung des menschlichen Geistes- und Seelenlebens, 1809.jpg
Farbenkreis zur Symbolisierung des menschlichen Geistes- und Seelenlebens, aquarellierte Federzeichnung Goethes, 1809

Goethes Mittel der Naturerkenntnis war die Beobachtung; Hilfsmitteln wie dem Mikroskop stand er misstrauisch gegenüber:

„Der Mensch an sich selbst, insofern er sich seiner gesunden Sinne bedient, ist der größte und genaueste physikalische Apparat, den es geben kann; und das ist eben das größte Unheil der neuern Physik, daß man die Experimente gleichsam vom Menschen abgesondert hat und bloß in dem, was künstliche Instrumente zeigen, die Natur erkennen, ja, was sie leisten kann, dadurch beschränken und beweisen will.“

Johann Wolfgang Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre.<ref>Johann Wolfgang Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre. Drittes Buch, achtzehntes Kapitel (Aus Makariens Archiv) @zeno.org (abgerufen am 16. Januar 2015).</ref>

Er war bestrebt, die Natur in ihrem Gesamtzusammenhang mit Einschluss des Menschen zu erkennen. Die Abstraktion, deren sich die Wissenschaft damals zu bedienen begann, betrachtete Goethe wegen der damit verbundenen Isolierung der Objekte vom Betrachter mit Misstrauen. Sein Verfahren ist mit der modernen exakten Naturwissenschaft jedoch nicht zu vereinbaren: „er […] hat den Bereich des unmittelbar sinnlichen Eindrucks und der unmittelbar geistigen Anschauung nicht überschritten in Richtung auf eine abstrakte, mathematisch verifizierbare, unsinnliche Gesetzlichkeit,“<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. 1773–1918. Band 1, C.H. Beck, München 1980, ISBN 3-406-07907-5, S. 183 (Hermann von Helmholtz: Ueber Goethe’s naturwissenschaftliche Arbeiten). </ref> stellte der Physiker Hermann von Helmholtz 1853 fest.

Goethes Beschäftigung mit der Naturwissenschaft fand vielfach Eingang in seine Dichtung, so in den Faust und in die Gedichte Die Metamorphose der Pflanzen und Gingo biloba. Der Goethe zeitlebens beschäftigende Faust registriert für den Philosophen Alfred Schmidt, wie „die Abfolge von Gesteinsschichten, die Stadien seiner Naturerkenntnis“.<ref>Alfred Schmidt: Natur. Eintrag in: Goethe Handbuch. Band 4/2: Personen, Sachen, Begriffe L-Z. Metzler, Stuttgart 1998, S. 764.</ref>

Die belebte Natur stellte Goethe sich als in ständigem Wandel begriffen vor. So versuchte er in der Botanik zunächst, die unterschiedlichen Pflanzenarten auf eine gemeinsame Grundform, die „Urpflanze“, zurückzuführen, aus der sich sämtliche Arten entwickelt haben sollten. Später richtete er seine Aufmerksamkeit auf die einzelne Pflanze und glaubte zu erkennen, dass die Teile der Blüte und die Frucht letztlich umgebildete Blätter darstellen. Die Ergebnisse seiner Beobachtungen veröffentlichte er in der Schrift Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären (1790).<ref>Johann Wolfgang von Goethe: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Projekt Gutenberg-DE, 1790, abgerufen am 8. Januar 2013 (Wiedergabe des Textes im Projekt Gutenberg, ISBN 3-927795-32-1).</ref> In der Anatomie gelang Goethe 1784, gemeinsam mit dem Anatomieprofessor Justus Christian Loder, zu seiner großen Freude die (vermeintliche) Entdeckung des Zwischenkieferknochens beim menschlichen Embryo (ihm war entgangen, dass der Knochen in der Vergangenheit schon mehrmals beschrieben worden war).<ref>Klaus Seehafer: Mein Leben ein einzig Abenteuer. Johann Wolfgang Goethe. Biografie. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, S. 180.</ref> Der Zwischenkieferknochen, bis dahin nur bei anderen Säugetieren bekannt, verwächst beim Menschen vor der Geburt mit den umgebenden Oberkieferknochen. Sein Nachweis beim Menschen galt damals als wichtiges Indiz für dessen – von vielen Wissenschaftlern bestrittene – Verwandtschaft mit den Tieren.

Seine Farbenlehre (erschienen 1810) hielt Goethe für sein naturwissenschaftliches Hauptwerk und verteidigte die darin vertretenen Thesen hartnäckig gegen zahlreiche Kritiker. Im Alter äußerte er, dass er den Wert dieses Werks höher einschätze als den seiner Dichtung. Mit der Farbenlehre stellte Goethe sich gegen diejenige Isaac Newtons, der nachgewiesen hatte, dass das weiße Licht sich aus Lichtern der unterschiedlichen Farben zusammensetzt. Goethe glaubte dagegen aus eigenen Beobachtungen schließen zu können, „daß das Licht eine unteilbare Einheit sei und die Farben aus dem Zusammenwirken von Hellem und Dunklem, Licht und Finsternis entstünden, und zwar durch die Vermittlung eines ‚trüben‘ Mediums“. So erscheine beispielsweise die Sonne rötlich, wenn sich eine trübe Dunstschicht vor ihr ausbreitet und sie abdunkelt.<ref>Karl Otto Conrady: Goethe. Leben und Werk. Neuausgabe in einem Band. Artemis & Winkler, München 1994, S. 841.</ref> Schon zu Goethes Zeiten erkannte man allerdings, dass diese Phänomene sich auch mit der Theorie Newtons erklären lassen. Die Farbenlehre wurde in ihrem Kern von der Fachwelt schon bald zurückgewiesen, übte aber auf die zeitgenössischen und nachfolgenden Maler, vor allem Philipp Otto Runge, großen Einfluss aus. Zudem erwies sich Goethe damit als „Pionier der naturwissenschaftlichen Farbpsychologie“. Heute wird „sowohl Newton wie auch Goethe teilweise Recht und teilweise Unrecht“ zugebilligt; beide Forscher seien „Beispiele für unterschiedliche Typen experimentellen Arbeitens innerhalb des Systems der modernen Naturwissenschaft“.<ref>Helga W. Kraft: Goethes Farbenlehre und Das Märchen. Farbmagie oder -wissenschaft? In: Monika Schausten (Hrsg.): Die Farben imaginierter Welten. Zur Kulturgeschichte ihrer Codierung in Literatur und Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Akademie Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-05-005081-2, S. 92.</ref>

In der Geologie befasste Goethe sich vor allem mit dem Aufbau einer Mineralien-Sammlung, die bei seinem Tode auf 17.800 Steine angewachsen war. Über die Einzelerkenntnis der Gesteinsarten wollte er generelle Einsichten in die materielle Beschaffenheit der Erde und die Erdgeschichte erlangen. Die neuen Erkenntnisse der chemischen Forschung verfolgte er mit großem Interesse. Im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Universität Jena begründete er den ersten Lehrstuhl für Chemie an einer deutschen Hochschule.

Niederschriften von Gesprächen

Für die Goetheforschung sind die umfangreichen Niederschriften von Johann Peter Eckermanns Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens,<ref>Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe. Text und Kommentar. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1999. TB-Ausgabe 2011, ISBN 978-3-618-68050-5.</ref> die von Goethes Unterhaltungen mit dem Kanzler Friedrich von Müller<ref>Friedrich von Müller: Unterhaltungen mit Goethe. C. H. Beck, München 1982, ISBN 3-406-08497-4.</ref> und die Mittheilungen über Goethe von Friedrich Wilhelm Riemer<ref>Friedrich Wilhelm Riemer: Mittheilungen über Goethe. 2 Bände. 1841. Mitteilungen über Goethe; herausgegeben von Arthur Pollmer (1921) auf Grund der Ausgabe von 1841 und des handschriftlichen Nachlasses</ref> von erheblicher Bedeutung für das Verständnis von Goethes Werk und Persönlichkeit. Die von Eckermann nach Goethes Tod in zwei Teilen 1836 und einem dritten Teil 1848 veröffentlichten Niederschriften umfassen den Zeitraum 1823 bis 1832. Der mit Goethe befreundete und als sein Testamentsvollstrecker von ihm bestimmte Kanzler von Müller schrieb erstmals 1808 eine Unterhaltung mit Goethe nieder. In den nachfolgenden Jahren folgten weitere Gesprächsberichte, zunächst in seinem Tagebuch, dann auf gesonderten Blättern ausgearbeitet. Zwei noch zu seinen Lebzeiten 1832 veröffentlichte Gedächtnisreden auf Goethe ließen den Reichtum seiner Goethe-Aufzeichnungen erkennen,<ref>Eintrag Müller, Friedrich von (Adel 1807). In: Deutsche Biographie.</ref> die aber erst 1870 gesammelt aus dem Nachlass veröffentlicht wurden.<ref>Goethes Unterhaltungen mit dem Kanzler Friedrich von Müller. Cotta, Stuttgart 1870.</ref> Friedrich Wilhelm Riemer, ein Sprachuniversalist und Bibliothekar in Weimar, war Goethe während dreier Jahrzehnte, zunächst als Hauslehrer seines Sohnes August, sodann als Schreiber und Sekretär zu Diensten. Er gab unmittelbar nach Goethes Tod dessen Briefwechsel mit Zelter heraus und wirkte an den großen Werkausgaben mit. Seine Mittheilungen erschienen erstmals 1841 in zwei Bänden.

Übersetzungen

Goethe war ein beflissener und vielseitiger Übersetzer. Er übertrug Werke aus dem Französischen (Voltaire, Corneille, Jean Racine, Diderot, de Staël), dem Englischen (Shakespeare, Macpherson, Lord Byron), dem Italienischen (Benvenuto Cellini, Manzoni), dem Spanischen (Calderón) und dem Altgriechischen (Pindar, Homer, Sophokles, Euripides). Auch aus der Bibel übersetzte er neu das Hohe Lied Salomons.<ref>Das Hohe Lied Salomons. In der Übertragung von Johann Wolfgang von Goethe.</ref>

Orden und Ehrenzeichen

Goethe erhielt diverse Orden und Auszeichnungen. Am 2. Oktober 1808 empfing Napoléon Bonaparte Goethe auf dem Erfurter Fürstenkongress. Er diskutierte mit ihm Werthers Leiden. Am 14. Oktober 1808 überreichte er ihm das Ritterkreuz der französischen Ehrenlegion (Chevalier de la Légion d’Honneur). Napoleon kommentierte die Begegnung mit dem legendären Ausspruch: „Voilà un homme!“ (sinngemäß: Was für ein Mann!). Goethe schätzte diesen Orden außerordentlich, da er ein Verehrer des französischen Kaisers war.

Am 15. Oktober 1808 erhielt Goethe durch den Zaren Alexander I. den Russischen Orden der Heiligen Anna 1. Klasse. Goethe war der 406. Inhaber dieses Ordens. Er trug den dazugehörigen Bruststern statutengemäß auf der linken Seite.

Am 28. Juni 1815 (oder am 1. August 1815)<ref>Das Museum im Weimarer Stadtschloss und Dr. Eckhard Ulrich nennen unterschiedliche Daten</ref> zeichnete Franz I. Kaiser von Österreich Goethe mit dem österreichisch-kaiserlichen Leopold-Orden aus. Goethe war der 143 Träger dieses 1808 gestifteten Ordens, der am roten Band um den Hals getragen wurde. Der Orden war Voraussetzung dafür in den Adelsstand eines Freiherrn aufzusteigen, wovon Goethe allerdings keinen Gebrauch machte.

Am 30. Januar 1816 erhielt Goethe den vom Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach neu belebten Hausorden vom Weißen Falken (auch Hausorden der Wachsamkeit). Er war der 14. Inhaber dieses Ordens, der auf der linken Brust beziehungsweise an einer Schärpe zu tragen war. Die Auszeichnung erhielt er für seine amtliche Tätigkeit als Wirklicher Geheimer Rat beziehungsweise für seine politischen Aktivitäten.

1818 erhielt Goethe per Post das Offizierskreuz des Ordens der französischen Ehrenlegion, verliehen vom französische König Ludwig XVIII. Unter dem 27. September 1818 steht in seinem Tagebuch „Sendung von Paris angekommen“. Nachdem er 1808 bereits das Ritterkreuz der Ehrenlegion durch Napoleon erhalten hatte, besaß er diesen Orden jetzt gleich zweimal.

An seinem 78. Geburtstag, am 28. August 1827, bekam Goethe seinen letzten Orden, das Großkreuz des Verdienstorden der Bayerischen Krone (ursprünglich Civil-Verdienst-Orden der Bayerischen Krone). König Ludwig I. von Bayern war zur Verleihung extra persönlich angereist. Goethe war der 55. Träger diese Ordens außerhalb Bayerns. Der Orden hätte ihn berechtigt den Titel Ritter von Goethe zu tragen.<ref>Goethe und seine Orden Dr. Eckhard Ullrich</ref>

Goethe hatte ein pragmatisches Verhältnis zu Orden. Gegenüber dem Porträtmaler Moritz Daniel Oppenheim soll er gesagt haben:„Ein Titel und ein Orden hält im Gedränge manchen Puff ab...

Nachkommen

Johann Wolfgang von Goethe und seine Frau Christiane hatten fünf Kinder. Nur August, der zuerst geborene, (* 25. Dezember 1789; † 27. Oktober 1830) erreichte das Erwachsenenalter. Ein Kind wurde bereits tot geboren, die anderen starben alle sehr früh, was in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich war. August hatte drei Kinder: Walther Wolfgang (* 9. April 1818; † 15. April 1885), Wolfgang Maximilian (* 18. September 1820; † 20. Januar 1883) und Alma Sedina (* 29. Oktober 1827; † 29. September 1844). August starb zwei Jahre vor seinem Vater in Rom. Seine Frau Ottilie von Goethe gebar nach seinem Tod ein weiteres (nicht von August stammendes) Kind namens Anna Sibylle, das nach einem Jahr starb. Ihre Kinder blieben unverheiratet, so dass die direkte Nachkommenslinie von Johann Wolfgang von Goethe 1885 ausstarb. Seine Schwester Cornelia hatte zwei Kinder (Nichten Goethes), deren Nachkommen (Linie Nicolovius) noch heute leben. Siehe Goethe (Familie).

Rezeption

Die Rezeption Goethes als eines Autors, „der wie kaum ein anderer weltweit in alle Lebensbereiche hinein gewirkt und seine prägenden Spuren hinterlassen hat“,<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, ISBN 3-406-07907-5, S. 11.</ref> ist außerordentlich vielfältig und geht weit über die literarisch-künstlerische Bedeutung seines Werks hinaus.

Rezeption zu Lebzeiten im In- und Ausland

Mit dem Götz von Berlichingen (Erstdruck 1773, Uraufführung 1774) erzielte Goethe einen durchschlagenden Erfolg beim literarisch gebildeten Publikum noch vor der Uraufführung im Berliner Comödienhaus. Für Nicholas Boyle war er „von nun an und für den Rest seines langen Lebens eine öffentliche Gestalt, und sehr bald schon sah man in ihm den prominentesten Vertreter einer Bewegung“,<ref>Nicholas Boyle: Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Band I: 1749–1790. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 176.</ref> die im 19. Jahrhundert als Sturm und Drang bezeichnet wurde. Den Höhepunkt seiner Popularität erreichte Goethe als Fünfundzwanzigjähriger mit dem Werther-Roman. Das Werk fand Zugang zu allen Leserschichten und löste eine breite Auseinandersetzung aus, behandelte es doch „zentrale religiöse, weltanschauliche und gesellschaftspolitische Probleme“, die die „Prinzipien bürgerlicher Lebensordnung“ in Frage stellten.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 41.</ref>

Deutsche Literaturhistoriker unterteilen Goethes Dichtung gewöhnlich in drei Perioden: Sturm und Drang, Weimarer Klassik und Alterswerk, während von außerhalb Deutschlands das „Zeitalter Goethes“ als eine Einheit und als Teil des „Zeitalters der europäischen Romantik“ gesehen wird.<ref>Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 233.</ref> Als ein Opponent der romantischen Dichtung galt und gilt Goethe der deutschen Literaturkritik – sein Wort „Klassisch ist das Gesunde, romantisch das Kranke“<ref>Wolfgang von Goethe, Maximen und Reflexionen: Über Literatur und Leben. @zeno.org (abgerufen am 20. Januar 2015)</ref> gehört zu den häufig zitierten. In der verallgemeinernden Sicht von außen verschwinden diese Differenzen zum Bild einer klassisch-romantischen Periode, die von Klopstock bis Heinrich Heine sich erstreckt und in der Goethe die bedeutende Rolle zukam, die klassischen – von französischer Literatur geprägten – Konventionen mit romantischen Ideen und innovativen poetischen Praktiken durchbrochen zu haben.<ref>Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 233.</ref>

Die Wahrnehmung der zeitgenössischen deutschen Romantiker von Goethe war ambivalent. Er war einerseits der „intellektuelle Fokus“<ref>Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 237.</ref> der Jenaer Romantiker, die ihn als „wahren Statthalter des poetischen Geistes auf Erden“ (Novalis) und seine Dichtung als „Morgenröte echter Kunst und reiner Schönheit“ (Friedrich Schlegel) glorifizierten.<ref>Zitiert nach Dieter Borchmeyer: Goethe (1749–1832). In: Goethezeitportal. Eingestellt am 15. Dezember 2003.</ref> Mit ihrem Konzept der Universalpoesie antizipierten sie Goethes Begriff der Weltliteratur. Andererseits kritisierten sie nach ihrer Hinwendung zum Katholizismus den zuvor gepriesenen Wilhelm Meister-Roman als „künstlerischen Atheismus“ (Novalis) und Goethe als „deutschen Voltaire“ (Friedrich Schlegel).<ref>Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 236.</ref>

Ebenfalls ambivalent, wenn auch in anderer Weise, würdigte Heinrich Heine in seiner Schrift Die romantische Schule Goethes Persönlichkeit und Dichtung: Er feierte ihn einerseits als Olympier und „absoluten Dichter“, dem alles, was er schrieb, zum „abgerundeten Kunstwerk“ gelang, vergleichbar nur mit Homer und Shakespeare, kritisierte aber andererseits seine politische Indifferenz im Hinblick auf die Entwicklung des deutschen Volkes.<ref>Heinrich Heine: Sämtliche Werke. Band III: Schriften zur Literatur und Politik I. Mit Anmerkungen von Uwe Scheikert. 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, S. 294 und 298. Siehe auch Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 236 f.</ref>

Mit ihrem 1813 erschienenen Buch De l'Allemagne (Über Deutschland) machte Madame de Staël Frankreich und im Gefolge auch England und Italien mit deutscher Kultur und Literatur bekannt. In dem europaweit rezipierten Buch charakterisierte sie die zeitgenössische deutsche Literatur als romantische Kunst mit dem Zentrum Weimar und Goethe als exemplarischer Figur,<ref>Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 244.</ref> ja als „größten deutschen Dichter“.<ref>Gerhard R. Kaiser: Mme de Staël „De l’Allemagne“ und Goethes Überlegungen zur „Weltliteratur“. In: Goethe-Jahrbuch. Band 128 / 2011, S. 235.</ref> Erst danach wurde Weimar auch jenseits der deutschen Grenzen zum Inbegriff deutscher Literatur und „erst danach setzten die Pilgerreisen von Intellektuellen aus ganz Europa an den Frauenplan ein, erst danach kam es zu den internationalen Austauschprozessen, die mit Namen wie Manzoni, Carlyle oder Walter Scott verbunden sind“.<ref>Olaf Müller: Madame de Staël und Weimar. Europäische Dimensionen einer Begegnung. In: Hellmut Th. Seemann (Hrsg.): Europa in Weimar. Visionen eines Kontinents. Jahrbuch der Klassik Stiftung Weimar 2008, S. 296.</ref> Gegen Ende seines Lebens fühlte Goethe sich weniger von seinen deutschen als von ausländischen Zeitgenossen akzeptiert, mit denen er in Austausch getreten war und die über seine Werke Artikel publizierten.<ref>Gerhard Hoffmeister: Reception in Germany and abroad. In: Lesley Sharpe (Hrsg.): The Cambridge Companion to Goethe. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 232.</ref>

Wandel des Goethebildes

Nach des Dichters Tod bis zur Reichsgründung sprach die akademische Goethephilologie von „einer Epoche der Goetheferne und der Goethefeindschaft“ und bezeichnete dessen 100. Geburtstag als den „tiefsten Stand seines Ansehens in der Nation“. Tatsächlich erschien in der Zeitspanne zwischen 1832 und 1871 „keine einzige Goethebiographie von bleibendem Wert“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 85.</ref> Aber, wie Mandelkow zu berichten weiß, bildete dieser Abschnitt der Wirkungsgeschichte Goethes ein „Spannungsfeld zwischen Negation und Apotheose“. Die Weimarer Kunstfreunde und Mitarbeiter Goethes – die drei testamentarischen Verwalter von Goethes Nachlass (Eckermann, Riemer, Kanzler Friedrich Müller) und andere aus dem engeren Umkreis – gründeten gleich nach Goethes Tod den ersten „Goethe-Verein“ und legten mit ihren Nachlass-Editionen und -Dokumentationen „das erste Fundament einer Goethephilologie“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 88 f.</ref> Gegen deren Goetheverehrung standen Heinrich Heines und Ludwig Börnes kritische Aneignung Goethes. Beide kritisierten zwar seine auf Ruhe und Ordnung bedachte „Kunstbehaglichkeit“ in einer Zeit politischer Restauration, aber in fundamentalem Gegensatz zu dem erbitterten „Goethehasser“ Börne schätzte Heine Goethes Dichtung als das Höchste. Für das Junge Deutschland stand Goethe im Schatten Schillers, dessen revolutionäre Tendenzen besser in die Zeit des Vormärz passten als die politisch konservative Haltung Goethes.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 104 f., 110 ff.</ref>

Auch eine christliche Opposition, sowohl von katholischer als auch von protestantischer Seite, bildete sich gegen Goethes Leben und Werk, wobei insbesondere die Wahlverwandtschaften und der Faust ins Fadenkreuz der Kritik gerieten. Mit „unverhohlener Schärfe“ richteten sich verschiedene Kampfschriften kirchlicher Parteigänger gegen den im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sich abzeichnenden Klassiker- und Goethekult. Der Jesuit Alexander Baumgartner schrieb eine umfangreiche Goethedarstellung, in der er allerdings Goethe als einen „glänzend begabten“ Dichter charakterisierte, aber dessen „unsittliche“ Lebensführung, „unbekümmerte Lebenslust und Genußsucht“ geißelte: „Mitten in einer christlichen Gesellschaft hat er sich offen zum Heidentum bekannt und ebenso offen nach dessen Grundsätzen sein Leben eingerichtet.“<ref>Referiert und zitiert nach Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 170 f.</ref>

Datei:Goethe2583.JPG
Johann Wolfgang von Goethe, Teilansicht des Goethe-Schiller-Denkmals in Weimar, errichtet 1856/57 von Ernst Rietschel<ref>Aus dieser extrem tiefen Perspektive scheint der Lorbeerkranz, den Goethe in der rechten Hand hält, sein Haupt einzurahmen.</ref>

Nachdem Goethe schon seit den 1860er Jahren zum Lektürekanon an deutschen Schulen gehörte,<ref>Wolfgang Leppmann: Goethe und die Deutschen. Vom Nachruhm eines Dichters. W. Kohlhammer Verlag, 1962, S. 169 ff.</ref> wurde er nach der Reichsgründung 1871 allmählich zum Genius des neuen Reiches erklärt. Beispielhaft dafür standen die Goethe-Vorlesungen Herman Grimms von 1874/75. Ihm zufolge habe Goethe „auf die geistige Atmosphäre Deutschlands gewirkt […] wie ein tellurisches Ereigniß, das unsere klimatische Wärme um so und soviele Grade im Durchschnitte erhöhte“. – „Goethe’s Prosa ist nach und nach für alle Fächer des geistigen Lebens zur mustergültigen Ausdrucksweise geworden. Durch Schelling ist sie in die Philosophie, durch Savigny in die Jurisprudenz, durch Alexander von Humboldt in die Naturwissenschaften, durch Wilhelm von Humboldt in die philologische Gelehrsamkeit eingedrungen.“<ref>Herman Grimm: Goethe. Vorlesungen, gehalten an der Kgl. Universität zu Berlin. Erster Band. Verlag von Wilhelm Hertz, Berlin 1877, S. 2 und 4.</ref>

Eine Flut von Goethe-Ausgaben und Goethe-Sekundärliteratur erschien. Seit 1885 widmet sich die Goethe-Gesellschaft der Erforschung und Verbreitung des Goetheschen Werkes; zu ihren Mitgliedern gehörten die Spitzen der Gesellschaft im In- und Ausland, darunter das deutsche Kaiserpaar.

Charakteristisch für den Goethekult des Kaiserreiches war die Verlagerung des Interesses von Goethes Werk auf „das Kunstwerk seines wohlgeführten, bewegten und reichen, und doch durchaus in harmonischer Einheit zusammengehaltenen Lebens“,<ref>David Friedrich Strauß – Zitiert nach Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 262.</ref> hinter dem im Allgemeinbewusstsein die dichterische Produktion zu verschwinden drohte. So schrieb der Schriftsteller Wilhelm Raabe 1880: „Goethe ist der deutschen Nation gar nicht der Dichterei usw. wegen gegeben, sondern daß sie aus seinem Leben einen ganzen vollen Menschen vom Anfang bis zum Ende kennenlernen.“<ref>Constantin Bauer, Hans Martin Schultz (Hrsg.): Raabe-Gedenkbuch zum 90. Geburtstage des Dichters. Verlagsanstalt Hermann Klemm, Berlin-Grunewald 1921, S. 139.</ref> Aus dem Studium von Goethes als beispielhaft empfundenem Leben erhoffte man sich Rat und Nutzen für die eigene Lebensführung. Es gab jedoch auch Stimmen, die die Inhaltsleere des Goethekults in Teilen der Bevölkerung herausstellten. Gottfried Keller bemerkte 1884: „Jedes Gespräch wird durch den geweihten Namen beherrscht, jede neue Publikation über Goethe beklatscht – er selbst aber nicht mehr gelesen, weshalb man auch die Werke nicht mehr kennt, die Kenntnis nicht mehr fortbildet.“<ref>Zitiert nach Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band I: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 230.</ref> Und Friedrich Nietzsche schrieb 1878: „Goethe ist in der Geschichte der Deutschen ein Zwischenfall ohne Folgen: wer wäre im Stande, in der deutschen Politik der letzten siebenzig Jahre zum Beispiel ein Stück Goethe aufzuzeigen!“<ref>Zitiert nach Dieter Borchmeyer: „Dichtung der Zukunft“? Goethe der Überdeutsche, im Bilde Nietzsches. In: Goethezeitportal, S. 1.</ref>

In der Weimarer Republik wurde Goethe als geistige Grundlage des neuen Staates beschworen. 1919 verkündete der spätere Reichspräsident Friedrich Ebert, jetzt gelte es, die Wandlung zu vollziehen, „vom Imperialismus zum Idealismus, von der Weltmacht zur geistigen Größe. […] Wir müssen die großen Gesellschaftsprobleme in dem Geiste behandeln, in dem Goethe sie im zweiten Teil des Faust und in Wilhelm Meisters Wanderjahren erfaßt hat“.<ref>Zitiert nach Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 9.</ref> Der „Geist von Weimar“ wurde als Kontrapunkt zum überwunden geglaubten „Geist von Potsdam“ gesetzt. Praktische Wirkung hatte dieses Bekenntnis jedoch nicht. Die politische Linke kritisierte den Geniekult um Goethe mit dem „Naturschutzpark“ Weimar (Egon Erwin Kisch). Bertolt Brecht erwiderte in einem Rundfunkgespräch: Die Klassiker sind im Krieg gestorben.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 11 f.</ref> Es gab jedoch auch bedeutende Schriftsteller, wie Hermann Hesse, Thomas Mann und Hugo von Hofmannsthal, die der linken Klassikerschelte ein positives Goethebild entgegensetzten. Hermann Hesse fragte 1932: „War er am Ende wirklich, wie die ihn nicht gelesen habenden, naiven Marxisten meinen, eben nur ein Heros des Bürgertums, der Mitschöpfer einer subalternen, kurzfristigen, heute längst schon wieder abgeblühten Ideologie?“<ref>Hermann Hesse: Dank an Goethe. Betrachtungen, Rezensionen, Briefe. Insel Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-458-33950-7, S. 118.</ref>

Anders als mit Schiller, Kleist und Hölderlin, tat sich die nationalsozialistische Kulturpolitik schwer, Goethe für ihre Ziele zu vereinnahmen. Alfred Rosenberg hatte 1930 in seinem Buch Der Mythus des 20. Jahrhunderts erklärt, dass Goethe für die kommenden „Zeiten erbitterter Kämpfe“ nicht brauchbar sei, „weil ihm die Gewalt einer typenbildenden Idee verhaßt war und er sowohl im Leben wie im Dichten keine Diktatur eines Gedankens anerkennen wollte“.<ref>Zitiert nach Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1989, S. 78.</ref> Gleichwohl hat es nicht an Versuchen gefehlt, auch Goethe für die Ideologie des NS-Regimes in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel in Schriften wie Goethes Sendung im Dritten Reich (August Raabe, 1934) oder Goethe im Lichte des neuen Werdens (Wilhelm Fehse, 1935). Diese Schriften waren die vornehmlichen Quellen, auf die sich die Parteioffiziellen bezogen, so auch Baldur von Schirach in seiner Rede zur Eröffnung der Weimarer Festspiele der Jugend von 1937. Als vielbenutztes Zitatreservoir wurde die Faust-Dichtung missbraucht (besonders Mephistos Ausspruch: „Blut ist ein ganz besonderer Saft“) und Faust als eine „Leitfigur des neuen nationalsozialistischen Menschentypus“ hochstilisiert.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1989, S. 81.</ref>

In den beiden deutschen Staaten nach 1945 erfuhr Goethe eine Renaissance. Er erschien nun als Repräsentant eines besseren, humanistischen Deutschlands, der über die zurückliegenden Jahre der Barbarei hinwegzutragen schien. Jedoch stand die Goethe-Aneignung in Ost und West unter unterschiedlichen Vorzeichen. In der Deutschen Demokratischen Republik etablierte sich, inspiriert vor allem durch Georg Lukács, eine marxistisch-leninistische Interpretation. Der Dichter wurde nun zum Verbündeten der Französischen Revolution und Wegbereiter der Revolution von 1848/1849 erklärt, sein Faust zur „Produktivkraft für die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1989, S. 190, 213 f.</ref> Dagegen knüpfte man in der Bundesrepublik Deutschland zunächst an das traditionelle Goethebild an, das heißt an eine zum Mythos erhobene Gestalt eines Dichters, „der aus der Barbarei der vergangenen zwölf Jahre der Naziherrschaft scheinbar unbeschädigt und unberührbar hervorgegangen war“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1989, S. 135.</ref> Ab dem Ende der 1960er Jahre kam es jedoch zu einer Neubewertung von Aufklärung, Französischer Revolution und Weimarer Klassik. Mandelkow spricht von einer „Klassikschelte“ der Neue Linken, die Friedrich Hölderlin, den „gescheiterten Revolutionär“, als Kontrastfigur zu Goethe entwarf.<ref>Der französische Germanist Pierre Bertaux gab mit seinem Buch Hölderlin und die Französische Revolution (1969) den Anstoß für Martin Walsers Vortrag Hölderlin zu entsprechen (1970) und Peter Weiss’ Stück Hölderlin (1971).</ref> Gegen Ende der 1970er Jahre zeichnete sich eine Entpolitisierung der Goetherezeption ab durch objektivere Betrachtungsweisen und eine sozialgeschichtliche Analyseperspektive.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1989, S. 238 f.</ref> Mit seinem positiven Goethe- und Klassikbild stellte Peter Hacks innerhalb der DDR-Literatur während der 1970er Jahre eine Ausnahme dar.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band II: 1919–1982. C. H. Beck, München 1989, S. 232.</ref>

Einfluss auf Literatur und Musik

Goethes Einfluss auf die nachgeborenen deutschsprachigen Dichter und Schriftsteller ist allgegenwärtig,<ref>Wolfgang Leppmann: Goethe und die Deutschen. Vom Nachruhm eines Dichters. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1962, S. 206.</ref> so dass hier nur einige Autoren genannt werden können, die sich mit ihm und seinem Werk in besonderem Maße auseinandersetzten.

Die Dichter und Schriftsteller der Romantik knüpften an den Gefühlsüberschwang des Sturm und Drang an. Franz Grillparzer bezeichnete Goethe als sein Vorbild und teilte mit diesem neben bestimmten stilistischen Gepflogenheiten die Abneigung gegen politischen Radikalismus jeglicher Art. Friedrich Nietzsche verehrte Goethe sein Leben lang und fühlte sich besonders in seiner skeptischen Haltung zu Deutschland und zum Christentum als dessen Nachfolger. Hugo von Hofmannsthal befand: „Goethe kann als Grundlage der Bildung eine ganze Kultur ersetzen“ und „Von Goethes Sprüchen in Prosa geht heute vielleicht mehr Lehrkraft aus als von sämtlichen deutschen Universitäten“.<ref>Hugo von Hofmannsthal: Buch der Freunde. Mit Quellennachweisen herausgegeben von Ernst Zinn. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1965, S. 68 und 78.</ref> Er verfasste zahlreiche Aufsätze zu Goethes Werk. Thomas Mann empfand für Goethe tiefe Sympathie. Er fühlte sich ihm wesensverwandt nicht nur in seiner Rolle als Dichter, sondern auch in einer ganzen Reihe von Charakterzügen und Gewohnheiten. Thomas Mann verfasste zahlreiche Essays und Aufsätze zu Goethe und hielt die zentralen Reden zu den Goethe-Jubiläumsfeiern 1932 und 1949. In seinem Roman Lotte in Weimar lässt er den Dichter lebendig werden, mit dem Roman Doktor Faustus griff er den Fauststoff erneut auf. Hermann Hesse, der sich immer wieder mit Goethe auseinandersetzte und sich in einer Szene seines Steppenwolfs gegen eine Verfälschung des Goethebildes wandte, bekannte: „Unter allen deutschen Dichtern ist Goethe derjenige, dem ich am meisten verdanke, der mich am meisten beschäftigt, bedrängt, ermuntert, zu Nachfolge oder Widerspruch gezwungen hat.“<ref>Hermann Hesse: Dank an Goethe. Betrachtungen, Rezensionen, Briefe. Insel Verlag, Berlin 1999, S. 9.</ref> Ulrich Plenzdorf übertrug in seinem Roman Die neuen Leiden des jungen W. das Werther-Geschehen in die DDR der 1970er Jahre. Peter Hacks machte die Beziehung Goethes zur Hofdame Charlotte von Stein zum Thema seines Monodramas Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe. In dem Dramolett In Goethes Hand. Szenen aus dem 19. Jahrhundert machte Martin Walser Johann Peter Eckermann zur Hauptfigur und stellte ihn in seinem heiklen Verhältnis zu Goethe dar. Goethes letzte Liebe zu Ulrike von Levetzow in Marienbad diente Walser als Stoff für seinen Roman Ein liebender Mann. In Thomas Bernhards Erzählung Goethe schtirbt nennt sich die Figur Goethe einen „Lähmer der deutschen Literatur“, der darüber hinaus den Werdegang zahlreicher Dichter (Kleist, Hölderlin) ruiniert habe.<ref>Thomas Bernhard: Goethe schtirbt. In: Die Zeit, 19. März 1982.</ref>

Dem Theologen, Philosophen und Arzt Albert Schweitzer schließlich wurde Goethe „zum Vorbild eines Menschen, der Sorge um andere nicht auf sich beruhen, sondern durch Hilfeleistung fruchtbar werden ließ“.<ref>Zitiert nach Wolfgang Leppmann: Goethe und die Deutschen. Vom Nachruhm eines Dichters. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1962, S. 246.</ref> Für Schweitzer war Goethe Mentor und Tröster in schwierigen Zeiten.

Zahlreiche Gedichte Goethes wurden – von Komponisten und Komponistinnen vor allem des 19. Jahrhunderts – vertont, wodurch der Dichter die Entwicklung des Kunstliedes förderte, allerdings das sog. durchkomponierte Lied von Franz Schubert kategorisch ablehnte. Dennoch war Schubert mit rund 80 Goethe-Vertonungen der produktivste unter den musikalischen Goethe-Interpreten. Zu seinen Vertonungen zählen die populär gewordenen Heidenröslein, Gretchen am Spinnrade und der Erlkönig. Felix Mendelssohn Bartholdy, mit Goethe persönlich bekannt, vertonte die Ballade Die erste Walpurgisnacht. 1822 lernte auch Fanny Hensel Goethe kennen, nachdem sie sich beklagt hatte, dass es zu wenig gut vertonbare Gedichte gebe. Daraufhin widmete Goethe, der eine hohe Meinung von ihr als Pianistin und Komponistin hatte, ihr sein Gedicht Wenn ich mir in stiller Seele. Sie setzte das Gedicht dann auch in Töne.<ref>Fanny Hensel: Hiob – Ein wichtiges, ein schönes Werk (PDF).</ref> Neben Robert und Clara Schumann hinterließ auch Hugo Wolf Goethe-Vertonungen. Robert Schumann vertonte nicht nur Szenen aus Goethes Faust, sondern auch Gedichttexte aus Wilhelm Meisters Lehrjahre sowie ein Requiem für Mignon. Hugo Wolf vertonte unter anderem Gedichte aus dem Wilhelm Meister und dem West-östlichen Divan.

Rezeption als Naturwissenschaftler

Goethes naturwissenschaftliche Arbeit wurde von den zeitgenössischen Fachkollegen anerkannt und ernst genommen; er stand in Kontakt mit angesehenen Forschern wie dem Naturforscher Alexander von Humboldt, dem Arzt Christoph Wilhelm Hufeland und dem Chemiker Johann Wolfgang Döbereiner.<ref>Heinrich Arnold, Werner Köhler u. a. (Hrsg.): Der Chemiker Doebereiner und sein Minister Goethe – Eine Rezeptionsstudie. In: Vitalprinzip Akademie. Festgabe der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt zur 450-Jahrfeier der Friedrich Schiller Universität Jena. Erfurt 2008, S. 211–232. (Sekundärausgabe)</ref> In der Fachliteratur wurden seine Schriften, allen voran die Farbenlehre, von Beginn an kontrovers diskutiert; mit der Fortentwicklung der Naturwissenschaften wurden Goethes Theorien in weiten Teilen als überholt betrachtet. Eine vorübergehende Renaissance erfuhr er ab 1859, dem Erscheinungsjahr von Charles Darwins Werk Über die Entstehung der Arten. Goethes Annahme eines ständigen Wandels der belebten Welt und der Zurückführbarkeit der organischen Formen auf eine gemeinsame Urform führte nun dazu, dass er als ein Vordenker der Evolutionstheorien galt.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 1: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 187.</ref>

Von 1883 bis 1897 gab Rudolf Steiner Goethes naturwissenschaftliche Schriften heraus. Er erkannte in dem ganzheitlichen Erkenntnisverfahren Goethes eine Alternative zur zeitgenössischen materialistisch-mechanischen Naturauffassung, Gedanken, die er als Goetheanismus in die später von ihm begründete Anthroposophie einfließen ließ. Seither gewann Goethes ganzheitliche, den Menschen einschließende Methode der Naturerkenntnis – obwohl deren Ergebnisse im engeren Sinne dem Stand der Wissenschaft nicht mehr entsprachen – immer dann an Aktualität, wenn im öffentlichen Diskurs nach Alternativen zu dem mechanistischen Weltbild der modernen Naturwissenschaft und ihrer auf Entseelung gerichteten Technisierung gesucht wurde. So zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain und wiederum seit den 1980er-Jahren im Rahmen der New-Age-Bewegung.

Nach Carl Friedrich von Weizsäcker ist es Goethe nicht gelungen „die Naturwissenschaft zu einem besseren Verständnis ihres eigenen Wesens zu bekehren […]. Wir heutigen Physiker sind […] Schüler Newtons und nicht Goethes. Aber wir wissen, daß diese Wissenschaft nicht absolute Wahrheit, sondern ein bestimmtes methodisches Verfahren ist.“<ref>Zitiert nach Alfred Schmidt: Natur. Eintrag in: Goethe Handbuch. Band 4/2: Personen, Sachen, Begriffe L-Z. Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01447-9, S. 757.</ref>

Exemplarische Monographien und Biographien

Über Goethes Leben und Werk sind ganze Bibliotheken geschrieben worden. Die ihm gewidmeten Lexika und Kompendien, Jahrbücher und Leitfäden sind kaum noch zu zählen. Nachfolgend werden einige exemplarische Werke vorgestellt, die das Phänomen Goethe in einer Gesamtschau analysieren und interpretieren.

Zu den frühen Werken dieser Art zählen:

  • Herman Grimm: Goethe. Vorlesungen, gehalten an der Kgl. Universität zu Berlin. (2 Bände. 1. Auflage. W. Hertz, Berlin 1877; 10. Auflage. Cotta, Stuttgart 1915).
    Grimms legendäre Goethe-Vorlesungen von 1874/75 (Wintersemester) und 1875 (Sommersemester) wurden in einem zweibändigen Werk von über 600 Seiten (1. Auflage) mit zahlreichen Nachauflagen publiziert. Sie prägten das Goethe-Verständnis von Generationen von Lesern und Studenten. Als einer der bedeutendsten Essayisten des 19. Jahrhunderts gilt Grimm mit seiner Vorgehensweise des „ganzheitlichen“ Nacherlebens großer Künstlerpersönlichkeiten und Werke als ein Vorläufer der geistesgeschichtlichen Kunst- und Literaturbetrachtung im Sinne Wilhelm Diltheys. Der zeitgenössischen Fachwelt erschien er eher als eigenwilliger Essayist denn als Wissenschaftler. Grimm war Mitbegründer der Goethe-Gesellschaft und Mitglied des Herausgeber-Gremiums der 143-bändigen Weimarer Goethe-Ausgabe.<ref>Eintrag Grimm, Herman. In: Walther Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bertelsmann Lexikon Verlag. Digitale Bibliothek, S. 6.656-6.658 (Bd. 4, S. 352).</ref>
  • Georg Simmel: Goethe. (1. Auflage. Klinghardt & Biermann, Leipzig 1913; 5. Auflage. 1923)
    Simmels mehrfach aufgelegte und „fast einhellig positiv aufgenommene“ philosophische Monographie über Goethe umfasst nur 264 Seiten. Mit einer „programmatischen Abkehr vom Typus der positivistischen Biographie“<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 1: 1773–1918. C. H. Beck, München 1980, S. 272.</ref> verarbeitet sie Goethes biographische Daten, um ihn als exemplarische geistige Existenz und Verkörperung einer unverwechselbaren Individualität darzustellen, die „nicht nur ein Punkt in der Welt, sondern selbst eine Welt ist“. Diese Individualitäts-Auffassung habe Goethe auch auf seine hauptsächlichen Gestalten übertragen, „die jede das Zentrum einer individuellen geistigen Welt ist“.<ref>Georg Simmel: Goethe. Klinghardt & Biermann, Leipzig 1913, S. 157 und 161.</ref>
  • Friedrich Gundolf: Goethe. (1. Aufl. Verlag Bondi, Berlin 1916; 7. Auflage 1920; 13. Auflage. !1930).
    Gundolf, ein George-Schüler, hat mit seinem fast 800 Seiten starken Werk Goethe als eine symbolische Person ihrer Zeit dargestellt; Goethe erscheint ihm als „der gestalterische Deutsche schlechthin“. Seine Publikation löste eine bis dahin ungewohnt heftige Diskussionen aus, an der namhafte Fachkollegen teilnahmen. Die Zeitschrift Euphorion widmete der Kontroverse um die Publikation 1921 ein Sonderheft. Der Streit entzündete sich an Gundolfs geistesgeschichtlicher Vorgehensweise, die die Vertreter einer historisch-philologisch orientierten Literaturforschung als „schroffsten Gegensatz“ zur Goethe-Philologie wahrnahmen. Sie bezeichneten Gundolf als „Wissenschaftskünstler“.<ref>Wolfgang Höppner: Zur Kontroverse um Friedrich Gundolfs „Goethe“.‘‘ In: Ralf Klausnitzer, Carlos Spoerhase (Hrsg.): ‚‘Kontroversen in der Literaturtheorie / Literaturtheorie in der Kontroverse.‘‘ Peter Lang, Bern 2007, ISBN 978-3-03911-247-0, S. 186, 195 f.</ref>

Für die gegenwärtige Literaturwissenschaft bieten die drei Monographien keine direkten Anknüpfungspunkte.

Zwei bedeutende Werke aus den 1950er/1960er Jahren bereicherten die Goetherezeption durch ihre innovativen Zugriffe:

  • Emil Staiger: Goethe. Band I: 1749–1786; Band II: 1786–1814; Band III: 1814–1832. (1. Auflage Artemis & Winkler, Zürich 1958–1960; 5. Auflage. 1978).
    In seiner dreibändigen Monographie sucht Staiger „den Dichter in den Bedingungen seiner Zeit und seines Raums“ auf.<ref>Emil Staiger: Goethe. Band I: 1749–1786. 5. Auflage. Artemis & Winkler, Zürich, S. 8.</ref> Als Bedingungen, unter denen das dichterische und naturwissenschaftliche Werk steht, werden Geschichte, Ideengeschichte und Psychologie herangezogen, wobei gleichwohl die Interpretation das Zentrum des Werkes bildet.<ref>Staiger, Emil. In: Walther Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bertelsmann Lexikon Verlag. Digitale Bibliothek, S. 18.846 (Bd. 11, S. 137).</ref> Für Karl Robert Mandelkow ist diese Publikation „nicht nur der bedeutendste Versuch einer Gesamtdarstellung des Dichters seit Gundolf, sondern die für die fünfziger Jahre repräsentativste Leistung der Goetheforschung“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 2: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 172.</ref> Staigers beeindruckende Goetherezeption habe durch seine werkimmanente Interpretation, die mit den Mitteln der damals neuen strukturanalytischen Literaturwissenschaft arbeitete, seinen Gegenstand der damaligen nihilistischen Zeitstimmung entzogen.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 2: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 172 f.</ref>
  • Richard Friedenthal: Goethe. Sein Leben und seine Zeit. (1. Auflage Piper, München 1963, 16. Auflage. 1989).
    Mit dieser knapp 800 Seiten umfassenden, „groß angelegten und akribischen Arbeit […] erzielte Friedenthal einen weltweiten Erfolg“.<ref>Eintrag Friedenthal, Richard. In: Walther Killy: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bertelsmann Lexikon Verlag. Digitale Bibliothek, S. 5.510 (Bd. 4, S. 16).</ref> Mit der Biographie wählte er keine akademische, sondern eine romanartige Darstellungsform oder „geistige Reportage“.<ref>Thomas Halbe: Goethes Größe ohne Legende. (Rezension) In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. vom 3. Oktober 1963.</ref> Dadurch dass Friedenthal das historisch-soziologisch-politische Umfeld, das heißt: die Misere der Weimarer Verhältnisse umreißt, unter denen Goethe seine Werke produzierte, wurde sein Werk zu einem Vorläufer der sich seit Mitte der 1960er Jahre in der Bundesrepublik „vollziehenden Wendung zur politischen Literaturinterpretation und zur Sozialgeschichte der Literatur“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 2: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 67.</ref> Zu den schwächsten Teilen der sonst verdienstvollen Biographie rechnet Mandelkow die über den Naturforscher Goethe, die dessen Morphologie und Farbenlehre als falsch und wirkungslos kennzeichneten.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 2: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 177 f.</ref>

Aus den letzten zwei Jahrzehnten sind drei Werke hervorzuheben:

  • Karl Otto Conrady: Goethe. Leben und Werk. Band I: Hälfte des Lebens. Band II: Summe des Lebens. (2 Bände. 1. Auflage. Athenäum, Königstein/Ts. 1985; Neuausgabe in einem Band. Artemis & Winkler, München 1994).
    Mit seiner 1100 Seiten umfassenden Biographie versteht Conrady, das gelehrte Sachwissen des Philologen ohne Zuhilfenahme eines wissenschaftlichen Apparats geschickt zu vermitteln. Als erster Goethebiograph verzichtet er auf eine autoritative Sicht auf seinen Gegenstand „zugunsten einer Darstellungsmethode, die die Möglichkeit anderer, alternativer Deutungen öffenhält“.<ref>Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Band 2: 1919–1982. C. H. Beck, München 1980, S. 272.</ref>
  • Nicholas Boyle: Goethe der Dichter in seiner Zeit (2. Bände. Band I: 1749–1790; Band II: 1790–1803. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1995 u. 1999. TB-Ausgabe 2004).
    Der britische Germanist an der Universität Cambridge hat eine monumentale Goethe-Biographie in Angriff genommen, die als die bei weitem umfangreichste nach 1945 gilt. Rund 2.000 Seiten umfassen die ersten beiden Bände; der abschließende dritte Band steht noch aus. Der Autor befindet sich „auf der Höhe der deutschen Goetheforschung“ und in der Fülle an Details ist er „gründlicher als seine Vorgänger [Staiger, Friedenthal, Conrady] in den vergangenen Jahrzehnten“.<ref>Hans-Christof Kraus: Rezension von Band 1 in: Historische Zeitschrift. Band 265, 1997, S. 790.</ref>
  • Rüdiger Safranski: Goethe. Kunstwerk des Lebens. Biographie. (1. Auflage Hanser, München 2013; 11. Auflage. 2013).
    Ähnlich wie Friedenthal stellt Safranski den engen Zusammenhang zwischen dem Leben und Werk ins Zentrum dieses „Hausbuchs der Goetheliebhaber“ (Lorenz Jäger). Safranski zeigt zugleich, dass Goethes „Lebenskunst“ darin bestand, die Sphären der Dichtung und der politisch-administrativen Verantwortlichkeit voneinander zu trennen;<ref>Lorenz Jäger: Der urbanisierte Olympier (Rezension). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. August 2013.</ref> beide Bereiche werden in dem 750 Seiten umfassenden Buch ausführlich dargestellt.

Goethe als Namensstifter

Die eminente Bedeutung Goethes für die deutsche Kultur und deutschsprachige Literatur spiegelt sich wider in der Namensgebung zahlreicher Preise, Denkmäler, Gedenkstätten, Institutionen, Museen und Gesellschaften, wie sie kaum ein anderer Deutscher im Kulturleben seines Landes erreicht hat. So trägt das Institut, dem die Verbreitung der deutschen Kultur und Sprache im Ausland übertragen wurde, seinen Namen: Goethe-Institut, das mit Niederlassungen in aller Welt großes Ansehen erworben hat. Der Geburtsort des Dichters, Frankfurt, und seine Hauptwirkungsstätte, Weimar, ehren ihn mit dem Goethe-Nationalmuseum (Weimar), der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt) und dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main. Die seit 1885 existierende Goethe-Gesellschaft mit Hauptsitz in Weimar vereinigt mehrere Tausend Leser und Wissenschaftler im In- und Ausland. Schließlich hat der Dichter einer ganzen literarischen Epoche, die Klassik und Romantik umfasst, seinen Namen gegeben: Goethezeit.

Werke (Auswahl)

Verzeichnis der Erstausgaben bei Wikisource

Es war eine der besonderen Eigenarten Goethes, begonnene Dichtungen oft jahrelang, manchmal jahrzehntelang liegen zu lassen, bereits gedruckte Werke erheblichen Umarbeitungen zu unterwerfen und manches Fertiggestellte erst nach langer Zeit in den Druck zu geben. Eine Datierung der Werke nach Entstehungszeit ist deshalb manchmal sehr schwierig. Die Liste orientiert sich am (vermuteten) Zeitpunkt der Entstehung.

Datei:Johann Wolfgang Goethe 1811.jpg
Johann Wolfgang von Goethe im 62. Lebensjahr (nach dem Gemälde von Luise Seidler, Weimar 1811)

Werkausgaben:

  • Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche. Frankfurter Ausgabe in 40 Bänden, einschließlich der amtlichen Schriften und der Zeichnungen, mit Kommentar und Registern (die vollständigste aktuelle Gesamtausgabe der Werke Goethes). Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1985 ff., ISBN 3-618-60213-8.
  • Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, mit Kommentar und Registern, herausgegeben von Erich Trunz. C. H. Beck, München 1982–2008, ISBN 978-3-406-08495-9.
  • Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe in 20 Bänden, herausgegeben von Karl Richter. Neueste Auflage. Carl Hanser Verlag, München 1986, ISBN 3-446-13285-6.
  • Poetische Werke. Kunsttheoretische Schriften und Übersetzungen. Berliner Ausgabe in 22 Bänden, herausgegeben von einem Bearbeiter-Kollektiv unter Leitung von Siegfried Seidel u. a. Aufbau-Verlag, Berlin, Weimar 1965–1978.
  • Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche in 24 Bänden und 3 Ergänzungsbänden. Herausgegeben von Ernst Beutler. Artemis, Zürich 1948–1971.
  • Goethes Werke. Weimarer Ausgabe (oder Sophienausgabe) in 143 Bänden. Fotomechanischer Nachdruck der Weimarer Ausgabe von 1887–1919. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987, ISBN 3-423-05911-7.
  • Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand in 40 Bänden. J. G. Cotta, Stuttgart, Tübingen 1827–1830.
  • Die Schriften zur Naturwissenschaft. (Im Auftrage der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina begründet von K. Lothar Wolf und Wilhelm Troll.) Vollständige, mit Erläuterungen versehene Ausgabe von Dorothea Kuhn, Wolf von Engelhardt und Irmgard Müller. Weimar 1947 ff., ISBN 3-7400-0024-4. (online) (Memento vom 19. Februar 2001 im Internet Archive)

Dramen:

Romane und Novellen:

Datei:Einladung J W v Goethe.jpg
Einladungskarte Johann Wolfgang von Goethes an den mecklenburgischen Staatsminister Leopold von Plessen zu einer Lesung von Hermann und Dorothea in der Cotta’schen Buchhandlung, 1814

Versepen:

Gedichte:

Gedichtzyklen und Epigramm-Sammlungen:

Übertragungen:

  • Diderots Versuch über die Malerei. Übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Goethe, erschienen 1799.
  • Leben des Benvenuto Cellini, florentinischen Goldschmieds und Bildhauers, von ihm selbst geschrieben. Übersetzt und mit einem Anhange herausgegeben von Goethe, erschienen 1803.
  • Rameaus Neffe Ein Dialog von Diderot. Aus dem Manuskript übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Goethe erschienen 1805.
Datei:Goethe Einzelheiten Maximen und Reflexionen.jpg
Einzelheiten, Maximen und Reflexionen: Titelblatt der ersten Zusammenstellung

Aufzeichnungen und Aphorismen:

  • Einzelheiten, Maximen und Reflexionen, 1833 (posthum veröffentlicht)

Ästhetische Schriften:

Naturwissenschaftliche Schriften:

Autobiographische Prosa:

Briefsammlungen:

Gespräche:

Sekundärliteratur (Auswahl)

Übersichten/Bibliographien:

Lexika und Nachschlagewerke:

Einführungen:

Leben und Werk:

Leben und Werk im Bild:

Lebensabschnitte:

Naturkunde und Wissenschaft:

  • Georg Balzer: Goethe als Gartenfreund. F. Bruckmann, München 1966. (ab 1976, ISBN 3-453-42014-4)
  • Gustav Friedrich Hartlaub: Goethe als Alchemist. Euphorion 3. Folge, 48 (1954), S. 19–40 (Digitalisat aus dem archiv.ub.uni-heidelberg.de)
  • Aeka Ishihara: Goethes Buch der Natur. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-2994-1.
  • Otto Krätz: Goethe und die Naturwissenschaften. Callwey, München 1992.
  • Elmar Mittler, Elke Purpus, Georg Schwedt: »Der gute Kopf leuchtet überall hervor«. Goethe, Göttingen und die Wissenschaft. Wallstein Verlag, Göttingen, 1999, ISBN 3-89244-367-X.
  • Olaf L. Müller: „Mehr Licht“. Goethe mit Newton im Streit um die Farben. S. Fischer, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-10-403071-5.
  • Maren Partenheimer: Goethes Tragweite in der Naturwissenschaft. Duncker & Humblot, Berlin 1989.
  • Georg Schwedt: Goethe als Chemiker. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-64354-0.
  • Wolfram Voigt, Ulrich Sucker: Johann Wolfgang von Goethe. (= Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner. Band 38). Teubner, Leipzig 1987.
Politik

Bildende Kunst:

Psychologische Aspekte:

  • Kurt R. Eissler: Goethe – Eine psychoanalytische Studie 1775–1786. 2 Bände. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987, ISBN 3-423-04457-8.
  • Rainer J. Kaus: Der Fall Goethe – ein deutscher Fall. Eine psychoanalytische Studie. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 1994, ISBN 3-8253-0241-5.
  • Josef Rattner: Goethe, Leben, Werk und Wirkung in tiefenpsychologischer Sicht. Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1660-2.

Weitere Basisliteratur:

  • Peter Meuer (Hrsg.): Abschied und Übergang – Goethes Gedanken über Tod und Unsterblichkeit. Verlag Artemis & Winkler, Zürich 1993, ISBN 3-7608-1081-0.
  • Katharina Mommsen: Goethe und die arabische Welt. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988.
  • Katharina Mommsen: Goethe und der Islam. Insel Verlag, Frankfurt am Main/ Leipzig 2001, ISBN 3-458-34350-4.
  • Albrecht Schöne: Der Briefschreiber Goethe. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-67603-1.
  • Hans-Joachim Simm (Hrsg.): Goethe und die Religion. Insel-Verlag, Frankfurt am Main/ Leipzig 2000, ISBN 3-458-33900-0.
  • Renate Wieland: Schein Kritik Utopie. Zu Goethe und Hegel. Edition text + kritik, München 1992, ISBN 3-88377-419-7.
  • Emil Schaeffer, Jörn Göres: Goethe – seine äußere Erscheinung. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-458-33975-2.

Filme mit Goethe als Hauptfigur

Weblinks

Commons Commons: Goethe – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiversity Wikiversity: P. J. Möbius’ Goethe-Pathographie – Kursmaterialien, Forschungsprojekte und wissenschaftlicher Austausch

Texte:

Allgemeines:

Hilfsmittel:

Abbildungen:

Anmerkungen

<references />

24px Dieser Artikel wurde am 7. März 2015 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.