Oktoberfest
Das Oktoberfest in München (mundartlich Wiesn) ist das größte Volksfest der Welt. Es findet seit 1810 auf der Theresienwiese in der bayerischen Landeshauptstadt München statt und wird Jahr für Jahr von rund sechs Millionen Menschen besucht; 2014 waren es 6,3 Millionen Besucher.<ref>www.br.de „Wiesn-Bilanz 2012 − 6,4 Millionen Besucher mit großem Durst“. In: Bayerischer Rundfunk online, 8. Oktober 2013, abgerufen am 22. September 2013.</ref><ref name="fest">Millionengeschäft Oktoberfest – Wie das Münchner Volksfest die Wirtschaft ankurbelt Abgerufen am 13. Februar 2015.</ref> Für das Oktoberfest brauen die Münchner Brauereien ein spezielles Bier, das eine Stammwürze von mindestens 13,5 % aufweisen muss<ref>Wiesnbier wiesnkini.de, Zugriff am 28. März 2014</ref> und ca. 5,8 bis 6,4 Volumenprozent Alkohol enthält.<ref>Wiesnbier 2013 wiesnkini.de, Zugriff am 28. März 2014</ref> Das Oktoberfest generiert in den zwei Wochen seiner Dauer durchschnittlich eine Milliarde Euro Umsatz.<ref>http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.das-oktoberfest-in-zahlen-wiesn-eine-milliarde-umsatz-900-tonnen-restmuell.eb309195-12d1-4c31-96d5-22174b1a7874.html</ref>
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das erste Oktoberfest
Anlässlich der Hochzeit zwischen Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese am 12. Oktober 1810 fanden in München zahlreiche private und öffentliche Feiern statt. Auf deren letzte, das Pferderennen am 17. Oktober, geht das Oktoberfest zurück. Vermutlich im Gedanken an das 1786 letztmals ausgetragene Scharlachrennen, das im 15. Jahrhundert erstmals vor dem Karlstor stattfand und Teil der Jakobidult wurde, schlug Andreas Michael Dall’Armi in seiner Funktion als Major der Nationalgarde ein Pferderennen zur öffentlichen Huldigung des Brautpaares vor. Überliefert ist, dass die initiale Idee, die zu diesem Vorhaben führte, von dem Lohnkutscher und Unteroffizier der Nationalgarde Franz Baumgartner ausging. Dieser Ursprung des Festes gilt jedoch als nicht unumstritten.<ref>Gerda Möhler: Das Münchner Oktoberfest, 1981</ref>
Der Festplatz außerhalb der Stadt wurde aufgrund seiner natürlichen Eignung ausgesucht. Der Sendlinger Berg (heute Theresienhöhe) wurde als Tribüne für die 40 000 Zuschauer des Rennens gebraucht. Die Festwiese blieb bis auf das Königszelt unbebaut. Die Verköstigung der Besucher erfolgte oberhalb der Tribüne auf der Anhöhe, wo „Traiteurs“ u.a. Wein und Bier anboten. Bevor das Rennen begann, erfolgte eine Huldigung der Hochzeiter und des Königshauses in Form eines Zuges aus 16 Kinderpaaren, die mit Trachten der Wittelsbacher, der neun bayerischen Kreise sowie weiterer Regionen bekleidet waren. Anschließend sang ein Chor aus Feiertagsschülern, bevor schließlich das Festrennen mit 30 Pferden auf einer 11 200 Schuh (3270 Meter) langen Rennbahn folgte. Als erstes Pferd kam das vom möglichen Initiator Franz Baumgartner über die Ziellinie, der seine Goldmedaille von Rennmeister und Staatsminister Maximilian Graf von Montgelas überreicht bekam.<ref>Das erste Oktoberfest 1810 wiesnkini.de, Zugriff am 24. August 2014</ref>
Entwicklung zum Volksfest
19. Jahrhundert
1813 fiel das Fest aus, da Bayern in die napoleonischen Kriege verwickelt war. Danach wuchs die Wiesn von Jahr zu Jahr. Zur Pferderennbahn kamen Kletterbäume, Kegelbahnen und Schaukeln hinzu. 1818 wurde das erste Karussell aufgestellt. Mehrere Losstände zogen vor allem die ärmeren Stadtbewohner an, da es Porzellan, Silber und Schmuck zu gewinnen gab. 1819 übernahmen die Münchner Stadtväter die Festleitung. Von nun an sollte das Oktoberfest planmäßig jedes Jahr gefeiert werden.
Seit 1850 befindet sich die knapp 20 Meter hohe Statue der Bavaria über der Festwiese. 1853 wurde die Ruhmeshalle zu Füßen der Bavaria fertiggestellt. In den folgenden Jahren fielen einige Feste aus. Grund dafür waren zwei Cholera-Epidemien in den Jahren 1854 und 1873, der Preußisch-Österreichische Krieg 1866 und der Deutsch-Französische Krieg 1870.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Oktoberfest immer mehr zu dem heute in aller Welt bekannten Volksfest. Es wurde zeitlich verlängert und in die wegen des Altweibersommers zumeist schönen und warmen letzten Septembertage vorverlegt. Seitdem fällt nur das letzte Wiesnwochenende in den Oktober. Von 1880 an genehmigte die Stadtverwaltung den Bierverkauf und 1881 eröffnete die erste Hendlbraterei. Elektrisches Licht erhellte über 400 Buden und Zelte. Um mehr Sitzplätze für Besucher und Raum für Musikkapellen zu schaffen, errichteten die Brauereien an Stelle der Bierbuden große Bierhallen. Gleichzeitig zog das Fest immer mehr Schausteller und Karussellbesitzer an, die für zusätzliche Unterhaltung sorgten.
20. Jahrhundert
1904 stellten Post und Telegraphenamt (vermutlich erstmals) öffentliche Telefone auf:
- „Anlässlich des diesjährigen Oktoberfestes in München wird für die Zeit vom 19. September bis mit 12. Oktober auf dem Festplatze ein Postamt nebst Telegraphenanstalt mit Telephonbetrieb und öffentlicher Telephonstelle eingerichtet. Dasselbe hat sich mit der Verabfolgung von Postwertzeichen und Telephonbilleten, Annahme und Abgabe von Briefpostsendungen sowie der Annahme von Telegrammen zu befassen und für den öffentlichen Verkehr in der Zeit von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends geöffnet zu sein.“<ref>Verordnungs- und Anzeigeblatt für die Königlich Bayerischen Verkehrs-Anstalten, Nr. 70 vom 17. September 1904</ref>
1910 feierte die Wiesn ihren 100. Geburtstag und es wurden 12.000 Hektoliter Bier ausgeschenkt. In der Bräurosl, dem damals größten Bierzelt, fanden bereits 12 000 Gäste Platz. Heute ist die Hofbräu-Festhalle mit 10 000 Plätzen das größte Bierzelt auf der Wiesn.
Von 1914 bis 1918 fiel das Oktoberfest wegen des Ersten Weltkriegs aus. 1919/1920 feierte man nur ein kleines „Herbstfest“; 1923 gab es wegen galoppierender Inflation kein Oktoberfest. Im November 1923 wurde die Rentenmark eingeführt; 1924 gab es kein Oktoberfest.<ref> Website der Hühnerbraterei mit Bildern der Präsentation</ref>
Weltweite Oktoberfeste
Nach dem Vorbild der Münchner Wiesn entstanden weltweit ähnliche Volksfeste. Zu den größten zählen das Oktoberfest in Qingdao (China) mit rund 3 Mio. Besuchern jährlich, das Oktoberfest in Kitchener in Kanada mit rund 700.000 Besuchern jährlich und das Oktoberfest Blumenau in Blumenau in Brasilien mit rund 600.000 Besuchern jährlich. Auch in den USA, Australien, Russland und Japan wird nach deutschem Vorbild gefeiert. Beim Zinzinnati Oktoberfest gedenken die Einwohner von Cincinnati seit 1976 alljährlich ihrer deutschen Vorfahren und nannten das Fest in Anlehnung an die deutsche Aussprache so. Es ist das größte Oktoberfest in den USA.<ref>Wissenswertes zum Oktoberfest, aufgerufen unter otto.de/rundum am 25. Oktober 2013</ref>
In Deutschland gibt es Nachahmungen des Münchner Oktoberfestes. Das größte ist das Oktoberfest Hannover, welches mit jährlich rund 900.000 Besuchern das zweitgrößte Oktoberfest in Deutschland darstellt.
Vom 23. September bis 2. Oktober 2011 wurde die erste „Wiener Wiesn“ auf der Kaiserwiese zwischen Praterstern und Riesenrad vor dem Wiener Prater mit drei Festzelten von 150.000 Menschen besucht.<ref>150.000 durstige „Wiener Wiesn“-Besucher, wien.orf.at, 2. Oktober 2011</ref>
Das häufig als das zweitgrößte Volksfest der Welt bezeichnete Cannstatter Volksfest ist keine Kopie des Oktoberfestes, sondern hat eine davon unabhängige Geschichte.
Öffentliche Würdigung
Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums gab das Finanzministerium am 9. September 2010 eine Sonderbriefmarke à 55 Eurocent (siehe Abbildung) heraus. Der Entwurf stammt von Michael Kunter aus Berlin.<ref>Bundesministerium der Finanzen: Präsentation des Sonderpostwertzeichens „200 Jahre Oktoberfest“</ref>
Eine Jugendmarke der Deutschen Bundespost aus dem Jahr 1978 zeigt einen Heißluftballon über dem Oktoberfest im Jahr 1820.
Wissenswertes
- Geübte Schankkellner benötigen zum „Füllen“ eines Maßkrugs im Schnitt nur eineinhalb Sekunden.<ref name="autogenerated5">vgl. z. B. Abendzeitung vom 16. September 2006.</ref>
- Briefe, die in die auf dem Oktoberfest aufgestellten Briefkästen gesteckt werden, werden mit einem Sonderstempel der Post versehen.<ref name="autogenerated5" />
- Eine Attraktion, die es auf anderen Volksfesten nicht gibt, ist der Flohzirkus. Er ist seit 1948 auf der Wiesn und eine „Mannschaft“ von etwa 60 Flöhen unterhält vor allem die Kinder.<ref name="autogenerated5" />
- Ein Hilfsarbeiter beim Aufbau der Wiesn war Albert Einstein. Als Aushilfe in der familieneigenen Elektrofirma Elektrotechnische Fabrik J. Einstein & Cie drehte er im Schottenhamel-Festzelt Glühlampen ein.<ref name="autogenerated5" />
- Angesichts des Anschlags am 11. September 2001 wurde im selben Jahr auf das traditionelle Anzapfritual verzichtet, stattdessen kam es zu einer besinnlichen Feier im Schottenhamel-Zelt.<ref>Traditioneller Anstich auf Oktoberfest entstand durch Zufall , Epoch Times Online, 21. September 2007.</ref>
- Seit 2009 wird die Theresienwiese während des Auf- und Abbaus des Festes abgesperrt. Die Stadt München will damit Haftungsansprüchen aus dem Weg gehen für den Fall, dass Besucher an der Baustelle verunglücken.
- Vom Luftballonverkäufer bis zur Achterbahn schwanken die Versicherungssummen der Unternehmer von wenigen zehntausend Euro bis zehn Millionen Euro.<ref>Herrgottsakrament! Wie Wirte auf dem Oktoberfest versichert sind , Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft</ref>
Literatur
- Maria von Welser (Text) & Wolfgang Rattay (Fotos): Münchner Oktoberfest. Bummel, München 1982, ISBN 3-88781-004-X
- Landeshauptstadt München (Hrsg.): 175 Jahre Oktoberfest. 1810–1985. Zusammengestellt von Richard Bauer & Fritz Fenzl. Bruckmann, München 1985, ISBN 3-7654-2027-1
- Reiner Stolte: Die Geschichte vom Münchner Oktoberfest – The History of the Munich Oktoberfest. Utz, München 2004, ISBN 3-8316-1168-8 (Comic)
- Brigitte Veiz: Das Oktoberfest, Masse, Rausch und Ritual. Sozialpsychologische Betrachtungen eines Phänomens. Psychosozial-Verlag, Gießen 2006, ISBN 3-89806-484-0 (Zugleich Diplomarbeit Uni München 2001).
- Ulrich Chaussy: Oktoberfest. Ein Attentat. Luchterhand, Darmstadt / Neuwied 1985, ISBN 3-472-88022-8
- Florian Nagy u. a.: Oktoberfest. Zwischen Tradition und Moderne. MünchenVerlag, München 2007, ISBN 978-3-937090-20-7.
- Florian Dering, Ursula Eymold: Das Oktoberfest 1810–2010: Wegen Überfüllung geschlossen, Süddeutsche Zeitung/Bibliothek, München 2010, ISBN 978-3-86615-780-4.
Weblinks
- Offizielle Website des Oktoberfestes
- Quellen und Darstellungen zum Münchener Oktoberfest (Bayerische Landesbibliothek Online)
- Ursula Eymold: Oktoberfest In: Historisches Lexikon Bayerns (18. Juni 2013)
- Wiesn-Geschichte: Das Oktoberfest im Wandel der Zeit In: BR online (24. September 2013)
- Feuerwerk und Maßkrugschlägereien – Polizei beim Oktoberfest f1rstlife.de vom 22. Oktober 2014
Einzelnachweise
<references />
Koordinaten: 48° 7′ 57″ N, 11° 32′ 57″ O{{#coordinates:48,1325|11,549166666667|primary
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