Rotmilan


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Rotmilan
Rotmilan (Milvus milvus)

Rotmilan (Milvus milvus)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Greifvögel (Accipitriformes)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Gattung: Milane (Milvus)
Art: Rotmilan
Wissenschaftlicher Name
Milvus milvus
Linnaeus, 1758

Der Rotmilan (Milvus milvus), auch Roter Milan, Gabelweihe oder Königsweihe genannt, ist eine etwa mäusebussardgroße Greifvogelart aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae).

Im Gegensatz zum nahe verwandten, geringfügig kleineren Schwarzmilan ist die Verbreitung des Rotmilans im Wesentlichen auf Europa beschränkt. Er brütet vor allem in offenen, mit kleinen Wäldern oder Gehölzen durchsetzten Landschaften. Er ist bedeutend weniger wassergebunden als der Schwarzmilan. Die meisten Rotmilane des zentralen Mitteleuropas, sowie die in Nord- und Osteuropa brütenden sind Zugvögel, während ein unterschiedlich hoher Prozentsatz der Brutvögel aus dem westlichen und südwestlichen Mitteleuropa jahrüber im Brutgebiet verbleibt. West- und südwesteuropäische Rotmilane sind überwiegend Standvögel. Über 50 Prozent des Gesamtbestandes dieser Art, die sich vor allem von kleineren Säugetieren und Vögeln ernährt, brütet in Deutschland.

Zurzeit werden keine Unterarten anerkannt. Die seit 2000 nicht mehr nachgewiesenen Milane der Kapverden wurden als Unterart des Rotmilans (M. m. fasciicauda), gelegentlich auch als eigenständige Art (Milvus fasciicauda) aufgefasst. Später auf den Kapverden gefangene Milane waren Schwarzmilane.<ref> Jeff A. Johnson, Richard T. Watson & David P. Mindell (2005). Prioritizing species conservation: does the Cape Verde kite exist?. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 272 (7): 1365–1371. doi:10.1098/rspb.2005.3098. PMC 1560339 (freier Volltext). PMID 16006325.</ref>

Deutliche Abnahmen in den Hauptbrutgebieten führten dazu, dass die IUCN Anfang des Jahrtausends den Bestand auf NT (= near threatened) hochstufte.<ref> Datenblatt Birdlife</ref>

Äußere Merkmale

Der Rotmilan ist eine gut bestimmbare Greifvogelart. Verwechseln lässt er sich am ehesten mit dem Schwarzmilan, doch sind auch zu dieser nahe verwandten Milanart gute Unterscheidungsmerkmale gegeben.

Datei:Schwanz-Milane.jpg
Halbgefächerter Schwanz:
Schwarzmilan (links)
Rotmilan (rechts)

Der Rotmilan ist größer als ein Mäusebussard und etwas größer als der Schwarzmilan; er hat ausgesprochen lange Flügel und einen langen Schwanz. Der sitzende Vogel wirkt rötlichbraun, wobei eine deutlich hellere, meist ockerfarbene Federsäumung vor allem der Deckfedern des Oberflügels und des Rückengefieders einen kontrastreichen Gesamteindruck vermittelt. Das Kopf-, Nacken- und Kehlgefieder erwachsener Rotmilane ist sehr hell, fast weiß, und weist auffallende schwarze Federnschäfte auf, die diese Körperpartien schwarz gestrichelt erscheinen lassen. Der ziemlich kräftige Schnabel ist an der Basis gelb, am Schnabelhaken dunkelgrau oder schwarz. Die kurzen Beine sind gelb, die Krallen ziemlich schwarz. Die Iris erwachsener Vögel ist blassgelb. Das deutlich schwarz längsgestrichelte Bauchgefieder ist etwas heller und leuchtender rötlichbraun als das Rückengefieder; ebenso gefärbt sind die Unterflügeldeckfedern. Die Arm- und Handschwingen sind an ihren Enden sehr dunkel, fast schwarz.

Im Flug fallen vor allem die langen, relativ schmalen Flügel und der tief gegabelte, rostrote Schwanz auf, der immer in Bewegung ist und auch voll gefächert eine erkennbare Kerbung aufweist. In der Oberansicht kontrastieren die schwarzen Arm- und Handschwingen stark mit dem übrigen, rötlichbraunen Gefieder. Noch kontrastreicher ist das Flugbild von unten, da die Basen der Handschwingen weiß sind und so ein ausgedehntes weißes Flügelfeld bilden und im Flügelbug meist ein schwarzes Abzeichen zu erkennen ist. Die äußersten, tief gefingerten Handschwingen sind in ihrem letzten Drittel schwarz. Im Segelflug sind die Armschwingen leicht über die Horizontale angehoben, die Handschwingen jedoch gerade oder leicht gesenkt, was ein erkennbar geknicktes Flügelprofil ergibt. Die Flügel sind in fast jeder Flugposition im Carpalgelenk deutlich gewinkelt.

Die Geschlechter unterscheiden sich in der Färbung nicht, auch das Jugendgefieder ähnelt stark dem Erwachsenenkleid. Bestes und bei sehr gutem Licht auch feldornithologisch brauchbares Bestimmungsmerkmal juveniler Individuen ist der mehr sandfarbene, nicht hellgrau-weiße Kopf und das eher gesprenkelt (nicht längsgestrichelt) wirkende, mehr blassrötlich braune Bauchgefieder. Bei ganz jungen flüggen Rotmilanen kann der Schwanz am äußersten Rand noch eine Rundung aufweisen, da die äußersten Steuerfedern noch nicht ihre volle Länge erreicht haben.

Größe und Gewicht

Der reverse Geschlechtsdimorphismus ist beim Rotmilan ähnlich wie beim Schwarzmilan in Bezug auf die Körpergröße nicht sehr deutlich, etwas ausgeprägter jedoch in Bezug auf das Körpergewicht. Die schwersten Männchen haben ein Gewicht von 1,1 Kilogramm; im Durchschnitt liegt das Gewicht etwas unter einem Kilogramm (0,93 kg). Die schwersten Weibchen wiegen 1,4 Kilogramm, das Mittel liegt bei 1,06 Kilogramm.<ref Name="Pfeiffer"> Pfeiffer, Thomas (2009): Untersuchungen zur Altersstruktur von Brutvögeln beim Rotmilan (Milvus milvus), in: Populationsökologie von Greifvogel- und Eulenarten Bd. 6, Halle/Saale</ref> Die Körperlänge variiert zwischen 60 und 73 Zentimeter, wovon zwischen 31 und 39 Zentimeter auf den Stoß entfallen. Die Spannweite beträgt 150 bis 171 Zentimeter.

Laute

Rotmilane sind akustisch weniger auffällig als Schwarzmilane. Vor allem außerhalb der Balzzeit und in weiterer Entfernung vom Horst verhalten sie sich weitgehend stumm, sieht man von Nahrungsstreitigkeiten mit anderen Vögeln wie Krähen, Bussarden oder anderen Milanen ab, die meist sehr lautstark ausgetragen werden. Auffälligster Ruf ist ein hohes, in der Tonfärbung stark variierendes, jedoch meist schrilles, langgezogenes Wiiieeh, dem in ab- und aufsteigender Tonkurve weitere Elemente hinzugefügt werden. Das erste Element ist langgezogen, oft klagend, die nachfolgenden schließen sich wellenförmig und kürzer werdend, zum Schluss oft stolpernd, an.<ref> Rufender Altvogel und bettelnde Jungvögel</ref>

Verbreitung

Datei:Milvus milvus distr02.png
Brutverbreitung des Rotmilans<ref> Die Karte wurde nach verschiedenen Textquellen sowie der Verbreitungskarte bei Aebischer (2009) gezeichnet</ref>
türkis: Jahresvogel
hellgrün: Kurz- oder Mittelstreckenzieher
gelb-grün schraffiert: Überwiegend Wegzieher </br> gelb-türkis schraffiert: Überwiegend Standvögel und Wintergäste
Nichtbrütende, meist ein- bis zweijährige Milane können zur Brutzeit weiträumig in Frankreich und der Schweiz angetroffen werden. In guten Mäusejahren werden Bruten außerhalb der Kernzonen festgestellt.
Überwinternde Rotmilane können überall im Brutgebiet sowie weiträumig in Südwesteuropa, vereinzelt auch in Süd- und Südosteuropa, in Ausnahmefällen auch in Kleinasien angetroffen werden.

Das Verbreitungsgebiet des Rotmilans ist heute im Wesentlichen auf Zentral-, West- und Südwesteuropa beschränkt. Der Verbreitungsschwerpunkt dieser Art liegt in Deutschland, das allein über 50 Prozent des weltweit auf maximal 29.000 Brutpaare geschätzten Rotmilanbestandes beherbergt. Daneben gibt es größere Brutvogelbestände in Frankreich, in Spanien, in Italien, der Schweiz und auch in Großbritannien, dort vor allem in Wales.<ref>Verbreitung in Wales (PDF, 28 KB)</ref> In Nordeuropa ist der Rotmilan nur in Schweden in nennenswerter Anzahl vertreten, während die Art in Finnland und Norwegen nicht vorkommt und auch in den baltischen Staaten sehr selten ist. Größere Vorkommen bestehen noch in Polen und in Tschechien, während in Österreich, der Slowakei und in Ungarn nur wenige Paare brüten. In Osteuropa bestehen Vorkommen nur mehr im äußersten Westen der Ukraine und Weißrusslands, auch im europäischen Russland brüten nur einige wenige Paare. Ob die Art noch auf dem Balkan als Brutvogel vorkommt, ist ungewiss. Die ehemals nicht unbeträchtlichen türkischen Bestände scheinen nicht mehr zu bestehen. Auch aus Marokko ist der Rotmilan weitgehend verschwunden und brütet nur mehr im äußersten Norden dieses Staates.<ref> Gelpke (2012) </ref>

Lebensraum

Datei:Hakel.jpg
Bruthabitat des Rotmilans im Hakel

Der Rotmilan ist ein Greifvogel offener, mit kleinen und größeren Gehölzen durchsetzter Landschaften. Er ist bedeutend weniger wassergebunden als die Nominatform des Schwarzmilans, mit dem er jedoch häufig in enger Nachbarschaft brütet. Bevorzugte Lebensräume sind Agrarlandschaften mit Feldgehölzen, oft auch Parklandschaften und an Offenland grenzende strukturierte Waldränder, seltener Heide- und Moorgebiete, solange Bäume als Niststandorte zur Verfügung stehen. Häufig nutzt er die günstigen Aufwindverhältnisse in engeren Flusstälern oder an Berghängen. Zum Jagen braucht er offenes Kulturland, Grasland und Viehweiden, daneben können auch Feuchtgebiete als Nahrungsreviere dienen. Abgeerntete oder gerade umgepflügte Getreidefelder schließt er ebenso in die Nahrungssuche ein wie Autobahnen und Mülldeponien, letztere aber nicht in dem Ausmaß wie der Schwarzmilan. Sein Verbreitungsgebiet stimmt im Wesentlichen mit den Braunerdegebieten Mittel- und Osteuropas sowie den mediterranen Braunerde- und Terra-Rossa-Gebieten überein und liegt schwerpunktmäßig in den Intensivzonen der mitteleuropäischen Landwirtschaft.

Im Allgemeinen ist der Rotmilan ein Bewohner der Niederungen und der Hügellandgebiete etwa bis 800 m. Im Schweizer Jura liegen einzelne Brutplätze bei fast 1200 m. In den Pyrenäen sind Vorkommen in der subalpinen Stufe bekannt. Historische Brutplätze im Kaukasus und im Hohen Atlas lagen in Höhen von fast 2500 m.

Im Mittelalter scheint der Rotmilan auch in einigen europäischen Städten, so etwa in London, gebrütet zu haben. Er dürfte dort eine ähnliche Rolle als Abfallvertilger gespielt haben, wie sie heute einige Unterarten des Schwarzmilans (M. migrans parasitus und M. m. govinda) in Afrika beziehungsweise Süd- und Südostasien einnehmen.

In günstigen Nahrungshabitaten können Rotmilane in sehr hohen Siedlungsdichten vorkommen. Besonders dicht besiedelt war der Hakel, ein etwa 13 km² großes, mit ausgedehnten Lichtungen durchsetztes Waldgebiet in der Magdeburger Börde, wo 1979 136 Rotmilanpaare brüteten. Seither gingen die Bestandszahlen dort jedoch kontinuierlich zurück. Solche Konzentrationen von bis zu zehn Brutpaaren innerhalb eines Quadratkilometers sind Ausnahmen, doch auch in der Baar sowie im Eichsfeld kommen Rotmilane in hohen Bestandsdichten vor.<ref> Mebs & Schmidt S. 324 u. 325 </ref>

Ernährung

Nahrungsspektrum

Wie der Schwarzmilan ist auch der Rotmilan weitgehend Nahrungsgeneralist. Im Gegensatz zu diesem ist er aber ein leistungsfähigerer, aktiver Jäger. Fisch nimmt nur ausnahmsweise eine so dominierende Stellung ein wie bei der Nominatform des Schwarzmilans. Auch Aas und Abfälle nimmt er zwar regelmäßig, aber seltener auf als der Schwarzmilan. Individuell sind die Nahrungs- und Jagdgewohnheiten recht verschieden. Während der Brutzeit besteht die Hauptnahrung aus kleinen Säugetieren und Vögeln. Nach Menge und Gewicht überwiegen bei den Säugetieren Feldmäuse (Microtus sp.) und Maulwürfe (Talpidae), bei den Vögeln sehr auffällig der Star. Auch verschiedene Tauben (Columbidae), Rabenvögel (Corvidae) und größere Drosseln (Turdidae), so etwa Amseln (Turdus merula), Wacholder- (Turdus pilaris) und Misteldrosseln (Turdus viscivorus), werden relativ häufig geschlagen. Dort, wo der Feldhamster (Cricetus cricetus) noch vergleichsweise häufig vorkommt, zum Beispiel in Ostpolen, kann dieser zur Hauptbeute werden. Oft handelt es sich bei geschlagenen Vögeln um verletzte oder kranke Individuen oder um Jungtiere. In wasserreichen Gebieten können Fische, unter ihnen vor allem Weißfische wie Plötzen (Rutilus rutilus) und Brachsen (Abramis brama), gewichtsmäßig dominieren. Der Rotmilan erbeutet sowohl lebende als auch tote oder sterbend an der Wasseroberfläche treibende oder ans Ufer gespülte Fische. Nicht unbeträchtlich ist die Menge an Wirbellosen, die der Rotmilan sowohl im Flug als auch auf dem Boden aufnimmt. Vor allem im Frühjahr können verschiedene Käfer (Coleoptera) sowie Regenwürmer (Lumbricidae) wichtiger Nahrungsbestandteil sein. Der Anteil an Reptilien und Amphibien am Gesamtnahrungsaufkommen ist regional sehr unterschiedlich, in südlichen Populationen in der Regel etwas größer als in Mittel- oder Nordeuropa.

An Aas ist der Rotmilan etwas weniger häufig zu finden als der Schwarzmilan, doch nutzt auch er totgefahrene oder verendete Tiere. Er ist an großen Kadavern ebenso anzutreffen wie an den Resten von Kleintieren. Auch an Mülldeponien, wo er häufig Ratten erbeutet, oder dort, wo große Mengen tierischen Abfalles anfallen, wie zum Beispiel bei Schlachthäusern oder Tierverwertungsanlagen, finden sich Rotmilane ein.

Nahrungserwerb

Datei:Rotmilan (christian knoch).jpg
Rotmilan auf Beutesuche

Der Rotmilan ist ein Suchflugjäger offener Landschaften, der große Gebiete seines Nahrungsreviers in einem relativ niedrigen und langsamen Gleit- und Segelflug systematisch nach Beute absucht. Er ist Überraschungsjäger, der bei erfolglosem Angriff in der Regel abstreicht und das verfehlte Beutetier nicht weiter verfolgt. Nicht selten ist er auch schreitend auf dem Boden zu sehen, wo er vor allem nach Insekten und Regenwürmern sucht. Erspähte Beutetiere nimmt der Rotmilan im Darüberfliegen vom Boden auf, ohne dabei zu landen. Auch Fische greift er nach Seeadlerart von der Wasseroberfläche ab und trägt sie davon. Vögel vermag er gelegentlich im Flug oder auf Ästen zu überraschen und zu schlagen, meistens jedoch erbeutet er sie auf dem Boden. Die Beutetiere tötet er in der Regel nicht mit den Krallen, sondern durch kräftige Schnabelhiebe. Rotmilane parasitieren auch andere Vögel, vor allem bei Schwarzmilanen, Krähen und Möwen. Sie jagen ihnen die Beute ab oder belästigen sie so lange, bis sie bereits verschluckte Nahrung wieder auswürgen. Vor allem im Winter scheint diese Art des Nahrungserwerbes zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil den Nahrungsbedarf zu decken.<ref> Hans Schmid und Bernad Volet: Winterbestand des Rotmilans in der Schweiz.In: Der Ornithologische Beobachter 101 (2004) S. 7 </ref>

Insgesamt ist der Rotmilan in seinen Nahrungserwerbsstrategien sehr flexibel. Besonders attraktiv sind Mäharbeiten, da sie für ihn zuvor unzugängliche Beute freilegen. Bis zu ihrem Umbruch bieten auch abgeerntete Felder gute Nahrungsressourcen, auf die sich Rotmilane sehr schnell einstellen können.

Bei ausreichendem Nahrungsangebot und außerhalb der Brutzeit beginnt der Rotmilan erst einige Zeit nach Sonnenaufgang mit den ersten Beuteflügen und kann seine Jagdflüge bereits einige Stunden vor Sonnenuntergang beenden. Während des Tages legt er, meist in Horstnähe, längere Ruhepausen ein, die er auch zur intensiven Gefiederpflege nutzt.

Die Größe des zur Nahrungsbeschaffung genutzten Areals hängt vom jeweiligen Angebot an Beutetieren ab. Verschiedene Untersuchungen ergaben, dass Nahrungsflüge selten weiter als zwei Kilometer vom Horst wegführen. Meist bleibt der Horst in Sichtweite des nahrungssuchenden Vogels.<ref> Gelpke (2012) S. 52-59 </ref>

Verhalten

Allgemein- und Sozialverhalten

Die Aktivitätszeit ist bei gutem Beutetierangebot auffallend kurz, kann aber, insbesondere während der Brutzeit, schon in der frühen Morgendämmerung beginnen und erst mit Einbruch der Dunkelheit enden. Immer wieder aber legt der Rotmilan zwischen den Beuteflügen ausgiebige Ruhepausen ein, auch dann, wenn die Nestlinge in unmittelbarer Nähe energisch betteln.

Außerhalb der Brutzeit ist der Rotmilan sehr gesellig und zeigt kein territoriales Verhalten. Die Art nächtigt fast immer in größeren Schlafgesellschaften und fliegt auch gemeinschaftlich auf Jagd. Diese Schlafgesellschaften können mehrere hundert Individuen umfassen. Häufig kann in diesen Milanansammlungen „spielerisches“ Verhalten wie gegenseitiges Necken sowie synchrone Flugspiele einiger Vögel beobachtet werden. Gelegentlich brechen Rotmilane im Flug Koniferenzapfen ab, um sie einfach nur fallen zu lassen.<ref> Walz S. 15 </ref>

Auch während der Brutzeit ist territoriales Verhalten nicht sehr ausgeprägt, doch verteidigen beide Partner die weitere Umgebung des Horstes (etwa 100 Meter) und den darüberliegenden Luftraum gegenüber Artgenossen und artfremden Eindringlingen. Dabei steigen die Milane hoch auf und attackieren den Eindringling ziemlich energisch von oben. Meist verfolgt ihn vor allem das Männchen eine gewisse Zeit, während das Weibchen recht schnell zum Horst zurückkehrt. Ein Nahrungsrevier beansprucht der Rotmilan in der Regel nicht, nur bei sehr geringer Nahrungsverfügbarkeit zeigen einzelbrütende Paare auch diesbezüglich territoriales Verhalten. Gelegentlich wurde auch bei sehr großen Populationsdichten, wie sie zum Beispiel im Hakel bestanden und in einigen Gegenden von Wales bestehen, territoriale Verhaltensweisen bezüglich der Jagdflächen festgestellt.<ref name="walz_79">Walz S. 79</ref> Rot- und Schwarzmilane können sehr nahe beieinander brüten. Bei Streitigkeiten um einen günstigen Nistplatz oder einen bereits errichteten Horst ist in der Regel der Rotmilan der Unterlegene.

Wanderungen

Die Zugstrategien dieser Art sind nicht einheitlich. Insgesamt wird in den letzten beiden Jahrzehnten eine Verkürzung der Zugwege und ein vermehrtes Ausharren der Art in zuvor winters geräumten Brutgebieten festgestellt. Schneeärmere Winter sowie ein größeres, allzeit verfügbares Nahrungsangebot auf Müllkippen und entlang stark frequentierter Straßen ermöglichen es auch vielen mittel- und einigen nordeuropäischen Populationen, während des Winters im Brutgebiet auszuharren. Die größten Winterbestände gibt es in Mittel- und Nordeuropa im nördlichen Harzvorland, in der Schweiz (zum Beispiel bei Neerach), in Baden-Württemberg sowie in Südschweden. In einigen Überwinterungsgebieten in der Schweiz und in Südschweden wurden (und werden) die Überwinterer durch Zufütterungen unterstützt. In Baden-Württemberg ging die Anzahl der überwinternden Rotmilane mit der Schließung einiger Mülldeponien kontinuierlich zurück.

Die Mehrheit der nord- und mitteleuropäischen Rotmilane verlässt im Herbst das Brutgebiet und zieht nach Südwesten, insbesondere nach Spanien. Brutvögel des südwestlichen Mitteleuropas, Italiens, Frankreichs und Spaniens sowie die wenigen Rotmilane Südosteuropas und Nordafrikas sind mehrheitlich Standvögel mit unterschiedlich weiträumigen Nahrungsflügen innerhalb ihres Überwinterungsgebietes. In Spanien decken sich die Überwinterungsregionen mit den Brutgebieten der dort residenten Rotmilane. Sie liegen vor allem in der Nord- und Südmeseta, im Ebrobecken, in der Extremadura sowie in Teilen Südandalusiens.

Rotmilane ziehen bei Tag und meistens einzeln oder in kleinen Trupps. Auf dem Wegzug sind die Zuggemeinschaften in der Regel individuenstärker als auf dem Heimzug. Auf Grund der relativ kurzen Zugdistanzen verlassen Rotmilane erst spät das Brutgebiet, selten vor Mitte September, die meisten aber erst in der ersten Oktoberhälfte. Die Weibchen ziehen etwa eine bis zwei Wochen vor den Männchen fort. Sehr früh, schon in der Februarmitte, erscheinen die ersten ziehenden Rotmilane wieder im Brutgebiet, die Mehrheit folgt Ende Februar und in der ersten Märzdekade. Ein Großteil der einjährigen und viele zweijährige Rotmilane ziehen auf ihren ersten Heimzügen nicht ins Brutgebiet zurück, sondern verbringen den Sommer entweder im Überwinterungsgebiet oder vagabundieren in kleineren Gesellschaften in Süd- und Mittelfrankreich, zum Teil auch in der Schweiz.

Brutbiologie

Überblick

Rotmilane werden in Ausnahmefällen bereits in ihrem ersten Lebensjahr fortpflanzungsfähig, brüten aber meist erst im dritten Lebensjahr zum ersten Mal. Die Art und Dauer der Paarbindung ist unterschiedlich. Weitgehend monogame Brutsaisonehen sind die Regel, doch wurden mehrjährige Dauerehen ebenso beobachtet wie Partnerwechsel während der Brutzeit. Bei Standvögeln scheint die Paarbindung stabiler zu sein als bei Zugvögeln, bei denen auch die durch das Zuggeschehen höheren Ausfallraten zu häufigerem Partnerwechsel zwingen. Die Art ist sehr brutortstreu. Auch geschlechtsreife Jungvögel versuchen sich meist in der näheren Umgebung ihres Geburtsortes anzusiedeln, auch dann, wenn in weiterem Umkreis geeignete Brutplätze zur Verfügung stünden. Das führt nach Walz in dichtbesiedelten Rotmilanhabitaten mangels geeigneter Brutplätze zu einer Erhöhung des Bruteintrittsalters.<ref name="walz_79"/>

Bei in Mittel- und Osteuropa überwinternden Vögeln wurde Balzverhalten während der gesamten Überwinterungszeit festgestellt. Männchen und Weibchen können bis zu zwölf Tage (in Ausnahmefällen bis zu vier Wochen) zeitlich versetzt im Brutgebiet ankommen. Sowohl das Weibchen als auch das Männchen kann zuerst eintreffen. Ebenso treffen aber einige bereits lose verpaart im Brutgebiet ein. Dort beginnen die Standvögel bereits Mitte bis Ende Februar mit der Hauptbalz, die Zugvögel im Durchschnitt etwa zwei bis drei Wochen später.

Neuere telemetrische Untersuchungen zeigen, dass die Größe des Brutreviers bei Rotmilanen extrem unterschiedlich sein kann. So schwankte die Reviergröße bei 27 verschiedenen besenderten Männchen (nur die Phase der Jungenaufzucht wurde berücksichtigt) von Jahr zu Jahr und von Vogel zu Vogel zwischen 2,4 und 235 km² (MCP 95 %). Dabei wurde festgestellt, dass mit zunehmender Zahl flügger Jungvögel (pro Brutpaar) die Reviergröße kleiner wurde.<ref> PFEIFFER, T. & B.MEYBURG (2015): GPS tracking of Red Kites (Milvus milvus) reveals fledgling number is negatively correlated with home range size, Journal f. Ornithology. </ref>

Horstbau und Balz

Die Balz des Rotmilans ist nicht sehr auffällig. Im Wesentlichen besteht sie aus Horstbau, gemeinsamen Flügen über dem Horststandort und häufigen Kopulationen, die bis in die Nestlingszeit hinein anhalten. Zur Kopulation fordert das Weibchen mit leisen Trillerrufen, waagrecht geduckter Körperhaltung und gesenktem Kopf auf. Meist fliegt daraufhin das Männchen seine Partnerin direkt an und landet auf ihrem Rücken. Spektakuläre Steilabstürze über dem Horstrevier, bei dem sich zwei Altvögel ineinander verkrallen, gibt es beim Rotmilan ebenso wie bei vielen anderen Greifvögeln. Nach der Auswertung verschiedener Untersuchungen zu diesem Thema, wird dieses "cartwheeling" genannte Verhalten inzwischen meistens als Abwehr von Rivalen gedeutet <ref>Simmons & Mendelsohn 1991: A critical review of cartwheeling of raptors</ref><ref>Video "cartwheeling" beim Rotmilan</ref>. Denkbar ist auch, dass dieses Verhalten sowohl bei der Abwehr von Rivalen als auch - abgewandelt - als Balzritual auftritt. Bereits in der Nestbauphase stellt das Weibchen eigene Nahrungsflüge weitgehend ein, wobei ab dieser Zeit das Männchen es versorgt, bis es sich etwa zwei bis drei Wochen nach dem Schlupf selbst wieder an der Nahrungsbeschaffung beteiligt.

Der Horstbau oder die Instandsetzung eines alten Horstes beginnt sofort nach Ankunft der Partner im Brutrevier. Horststandorte und Horstbäume sind sehr unterschiedlich, in Mitteleuropa handelt es sich aber hauptsächlich um Eichen, Buchen oder Kiefern. Felsbruten kommen bei den Populationen auf den Balearen und den nordafrikanischen Rotmilanen vor. Ganz selten wurden auch Horststandorte auf Gittermasten festgestellt. Meist liegen die Horste relativ hoch und in starken Bäumen, doch wurden auch sehr niedrig gelegene Nester in schwachen Bäumen festgestellt. Gerne wählen Rotmilane Nistbäume entlang steiler Abhänge oder über Felsklippen, bevorzugt in Randlagen, oder in stark aufgelichteten Beständen. Nistunterlage ist meistens eine starke Stammgabelung, seltener eine Gabelung in einem starken Seitenast. Am Horstbau beteiligen sich beide Partner. Das Grundgerüst besteht aus starken Zweigen, die sie vom Boden auflesen oder mit dem Schnabel oder den Fängen von Bäumen abreißen. Den Horst polstern die Vögel mit unterschiedlichem, weichem, organischem Material, aber auch mit Kulturabfällen wie Folien, Plastiktüten oder Bindegarn aus. Letzteres führt nicht selten zur Strangulation eines Nestlings. Plastikmaterialien verhindern eine ausgeglichene Luftzirkulation und können zur Durchnässung und Unterkühlung der Jungen führen.

Die Größe der Rotmilanhorste ist sehr variabel. Sie können auffallend klein und recht liederlich zusammengefügt sein mit Durchmessern zwischen nur 45 bis 60 Zentimetern. Mehrjährig benutzte Nester sind jedoch massive Konstruktionen mit einem Durchmesser von einem Meter und mehr, bei einer Höhe von über 40 Zentimetern.

Gelege und Brut

Datei:Milmil njg 980613.jpg
Drei nestjunge Rotmilane im Horst, der älteste ist 32 Tage alt; sie zeigen die für die Art bei Bedrohung typische Akinese
Datei:Rupfung3.JPG
Rupfung eines 3-4 Wochen alten Rotmilans, vermutlich durch einen Habicht
Datei:Federn Rotmilanrupfung.png
Federn aus oben gezeigter Rupfung eines 3-4 Wochen alten Rotmilans, vermutlich durch einen Habicht

Das Gelege besteht meist aus drei Eiern, seltener aus einem, zwei oder vier Eiern. Es wurden auch schon Gelege mit fünf Eiern gefunden. Die Eier wiegen etwa 60 Gramm und messen im Mittel 57 x 45 Millimeter. Sie entsprechen in Größe und Form einem mittelgroßen Hühnerei. Auf trübweißem Grund weisen sie unterschiedlich stark ausgeprägte, rötlichbraune Flecken sowie schwärzliche Girlanden auf. Legebeginn in Mitteleuropa ist frühestens Ende März, in der Regel aber erst Anfang bis Mitte April. Bis in den Mai hinein können frische Gelege gefunden werden. In Südeuropa ist der Legebeginn etwa zwei Wochen früher, in den nördlichsten Verbreitungsgebieten nicht vor Ende April, Anfang Mai. Rotmilane brüten nur einmal im Jahr, nur bei frühem Gelegeverlust kommt es zu einem Nachgelege, meistens in einem anderen Horst.

Die Eier bebrütet fast ausschließlich das Weibchen etwa 32 bis 33 Tage bereits nach dem ersten Ei intensiv, so dass die Jungen mit deutlichen Entwicklungsunterschieden aufgezogen werden. Nur für kurze Zeit übernimmt das Männchen das Brutgeschäft. In den ersten zwei bis drei Wochen bleibt das Weibchen fast ständig am Horst, hudert und beschattet die Nestlinge und verfüttert die vom Männchen herbeigebrachte Nahrung, die vor allem aus Kleinsäugern und Vögeln besteht. Die Nestlingszeit beträgt, abhängig von Witterung und Nahrungsangebot zwischen 48 und 54 Tagen. In Extremfällen fliegen die Jungen erst nach 70 Tagen aus.<ref> Ferguson-Lees p. 378 </ref> Die wesentliche Gefährdung der Nestlinge liegt - abgesehen von mangelnder Nahrung - in der Prädation durch den Habicht<ref> Rotmilanprojekt Universität Göttingen</ref>. Die Führungszeit ist im Gegensatz zu der junger Schwarzmilane recht kurz und beträgt selten mehr als drei Wochen. Danach verstreichen die Jungvögel, meist verlassen auch die Altvögel die unmittelbare Horstumgebung.

Mischbruten

In freier Natur wurden gelegentlich Mischbruten zwischen Rot- und Schwarzmilan festgestellt. Der Schwarzmilan war meist der weibliche Vogel. Auch erfolgreiche Bruten zwischen einem Schwarzmilanmännchen und einem Hybridweibchen wurden bekannt. In Gefangenschaft kommen solche Mischbruten häufiger vor. Im Naturpark Aukrug in Mittelholstein brütete ein Mischpaar 6 Jahre hindurch erfolgreich. Nach Ausbleiben des Rotmilans trat offenbar eine Hybride aus einer vorangegangenen Brut an seine Stelle.<ref> Schmidt & Schmidt (2006) </ref>

Systematik

Der Rotmilan ist eine von insgesamt drei Arten der Gattung Milvus. Neben der Nominatform Milvus milvus milvus wurde noch die auf den westlichen- und südwestlichen Inseln der Kapverden endemisch vorkommende Unterart M. m. fasciicauda beschrieben. Diese Unterart wurde zuletzt 1999 mit zwei Individuen festgestellt. Alle danach gefangenen und analysierten Milane von den Kapverden waren Schwarzmilane der Nominatform Milvus migrans migrans. M. m. fasciicauda scheint also ausgestorben zu sein. Die taxonomische Stellung des Kapverdemilans bleibt unklar: Er könnte eine Reliktart gewesen sein, die vor der Trennung der beiden Arten Rotmilan und Schwarzmilan bestand, oder eine weitgehend stabilisierte Hybride zwischen diesen beiden Arten. Molekulargenetische Untersuchungen an Museumsbälgen aus dem späten 19. Jahrhundert zeigten jedoch, dass Vögel mit den typischen fasciicauda - Merkmalen in die Rotmilan - Klade einzuordnen sind.<ref name="jwm05">Prioritizing species conservation: does the Cape Verde kite exist (PDF, 360 KByte)</ref><ref> Sabine M. Hille und Nigel J. Collar: The taxonomic and conservation status of Milvus kites in the Cape Verde archipelago: further (and final?) reflections. In: Bull. B.O.C. 2009 129(4)</ref>

Bestand und Gefährdung

Datei:Milvus milvus world population.png
Weltbestand des Rotmilans nach Ländern.(Brutpaare)<ref> Aebischer (2009) </ref>
Datei:Verunglueckter Rotmilan.jpg
Ein durch eine Windkraftanlage getöteter Rotmilan

In der Roten Liste der IUCN von 2006 wird der Rotmilan als Art der Vorwarnstufe (NT = near threatened) eingestuft. Ausschlaggebend dafür sind die zum Teil erheblichen Bestandsrückgänge seit Beginn der 1990er Jahre in den Schlüsselländern der Verbreitung Deutschland, Spanien und Frankreich. Dem stehen stabile oder sogar steigende Brutpaarzahlen in der Schweiz, in Italien, in der Tschechischen Republik, in Polen, Schweden und in Wales gegenüber. Stabil, wenn auch auf niedrigem Niveau, sind die Bestände auch in Österreich, Ungarn und in der Slowakei.

Die Schätzungen des europäischen Gesamtbestandes schwanken je nach Autor zwischen minimal 19.000 und maximal 29.000 Brutpaaren.<ref> Gelpke (2012) S.11 </ref> Gründe für die Bestandsrückgänge liegen vor allem in der Intensivierung und Umstellung der Landwirtschaft. Besonders negativ wirkte sich dies nach der Wende auf die Rotmilanbestände im Osten Deutschlands aus, wo regional Bestandseinbußen um mehr als 50 Prozent und ein deutliches Absinken der Reproduktionszahlen zu verzeichnen sind. Neben der Verschlechterung der Nahrungsverfügbarkeit durch Umstellung der Mahdtermine sowie dem Rückgang der Rinderhaltung mit zugleich weniger Grünfutteranbau mit regelmäßiger Mahd, tragen sekundäre Vergiftung durch Aufnahme vergifteter Beutetiere, direkte Verfolgung durch Vergiftung,<ref> Axel Hirschfeld: Illegale Greifvogelverfolgung in Nordrhein-Westfalen: Bericht für das Jahr 2010. In Charadrius 47 (2011) S. 79-86 </ref><ref> Philippe Berny und Jean-Roch Gaillet (2008): Acute Poisoning of Red Kites (Milvus Milvus) in France In: Journal of Wildlife Diseases: April 2008, Vol. 44, No. 2, S. 417-426 </ref> gelegentlich auch durch Abschuss,<ref> Gelpke (2012) S. 66f </ref> sowie Unfallverluste an Windkraftanlagen und Hochspannungsleitungen<ref> Gelpke (2012) S.69f</ref><ref> Tobias Dürr: Zur Gefährdung des Rotmilans (Milvus milvus) durch Windenergieanlagen in Deutschland. In: Inform. d. Naturschutz Niedersachsen. 29/3 (2009) S. 185-191 pdf </ref><ref> Zahlen und Einschätzungen aus Brandenburg (2011)</ref> zum Rückgang bei. Auch das Schließen von Mülldeponien wirkt sich bestandslimitierend aus. Ob sich zunehmende Schwarzmilanbestände negativ auf den in direkter Konkurrenz stehenden Rotmilan auswirken, ist noch nicht ausreichend geklärt.

Lebenserwartung

Rotmilane können sehr alt werden. Ein in Freiheit aufgefundener Rotmilan war fast dreißig Jahre alt.<ref> K. George & K.und B. Nicolai: Lebenserwartung freilebender Milane (Milvus milvus, Milvus migrans). In: Orn. Jber. Mus Heinemann 14: 49–51. Zit. nach Walz S. 127</ref> Die tatsächliche Lebenserwartung freilebender Vögel ist jedoch bedeutend geringer. In einer Untersuchung von Pfeiffer 2009 waren 2/3 von 44 in Thüringen gefangenen Rotmilanen zwischen drei und sieben Jahre alt. Nur 16 % waren älter als 10 Jahre.<ref name="Pfeiffer" /> Besonders der erste Wegzug endet für viele Rotmilane tödlich. Am Ende des ersten Lebensjahres leben von einem Geburtsjahrgang etwa 60–65 Prozent. Mit wachsender Erfahrung verlangsamt sich die Ausfallsrate, sodass nach drei Jahren noch ungefähr 35–45 Prozent eines Jahrgangs am Leben ist und zur Brut schreiten kann. Diese Zahlen sind jedoch von vielen Faktoren abhängig, sodass sie nur als Annäherungswerte zu sehen sind. Nahrungsmangel, Abschuss, Kollisionen mit Hindernissen und Stromleitungen sowie Vergiftungen sind die häufigsten frühen Todesursachen.

Sonstiges

Der Rotmilan war in Deutschland und Österreich Vogel des Jahres 2000. Mit der Wahl sollte auf seine Gefährdung durch die Intensivierung der Landwirtschaft sowie die besondere Verantwortung Deutschlands für die Erhaltung der Art aufmerksam gemacht werden.

Literatur

  • Adrian Aebischer: Der Rotmilan - ein faszinierender Greifvogel. Haupt Verlag, Bern, 2009; ISBN 978-3-258-07417-7.
  • Hans-Günther Bauer und Peter Berthold: Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. Aula-Wiesbaden 1998; Seiten 90-91, ISBN 3-89104-613-8.
  • Mark Beaman und Steven Madge: Handbuch der Vogelbestimmung. Europa und Westpaläarktis. Ulmer-Stuttgart 1998; Seiten 181-182 und 232, ISBN 3-8001-3471-3.
  • James Ferguson-Lees and David A. Christie: Raptors of the World. Houghton-Mifflin Company Boston and New York 2001; Seiten 376-379, ISBN 0-618-12762-3.
  • Dick Forsman: The Raptors of Europe and The Middle East. Christopher Helm London 2003. S. 55-64; ISBN 0-7136-6515-7
  • Urs N. Glutz von Blotzheim (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bearb. u. a. von Kurt M. Bauer und Urs N. Glutz von Blotzheim. 17 Bde. in 23 Tln. Akadem. Verlagsges., Frankfurt am Main 1966 ff., Aula-Verlag, Wiesbaden 1985 ff. (2. Aufl.). Bd. 4 Falconiformes. Aula-Verlag, Wiesbaden 1989 (2. Aufl.). S. 136-163; ISBN 3-89104-460-7
  • Christian Gelpke: Artenhilfskonzept für den Rotmilan (Milvus milvus) in Hessen. Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland 2012 pdf
  • Benny Génsbøl und Walther Thiede: Greifvögel. Alle europäischen Arten, Bestimmungsmerkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefährdung, Bestandsentwicklung. BLV Buchverlag, 2005, ISBN 3-405-16641-1.
  • Theodor Mebs und Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Biologie, Kennzeichen, Bestände. Franckh-Kosmos Verlags GmbH Stuttgart 2006; Seiten 321-330, ISBN 3-440-09585-1.
  • Winfried Nachtigall: Der Rotmilan (Milvus milvus, L. 1758) in Sachsen und Südbrandenburg: Untersuchungen zu Verbreitung und Ökologie. Dissertation Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2008. PDF 31 MB
  • Rudolf Ortlieb: Der Rotmilan - Milvus milvus. Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2004 (Die Neue Brehm-Bücherei, Band 532). 5. Auflage (unveränderter Nachdruck der 3. Auflage von 1989), ISBN 3-89432-344-2.
  • M. Schmidt & R. Schmidt (2006): Langjährig erfolgreiches Mischbrutpaar von Schwarz- (Milvus migrans) und Rotmilan (Milvus milvus) in Schleswig-Holstein. Corax 20: 165-178.
  • Jochen Walz: Rot- und Schwarzmilan. Flexible Jäger mit Hang zur Geselligkeit. AULA-Verlag, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-89104-644-8.
  • Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas. Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen. Aula-Wiebelsheim 2005; Seiten 62, ISBN 3-89104-678-2.
  • Förderkreis Museum Heineanum e.V.: Red Kite - Roter Drache - Rotmilan - Katalog zur Ausstellung im Museum Heineanum. Halberstädter Druckhaus GmbH, Halberstadt 2012, ISSN 0947-1057

Einzelnachweise

<references/>

Weblinks

Commons Commons: Rotmilan (Milvus milvus) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
24px Dieser Artikel wurde am 14. August 2007 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.