Braunkohlebergbau


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Lückenhaft Abschnitt fehlen folgende wichtige Informationen: Die ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Braunkohlebergbaus (Stichworte z.B. Devastierung,Bergschäden und Umsiedlung (siehe auch Liste abgebaggerter Ortschaften)) werden bisher kaum oder gar nicht behandelt
Du kannst Wikipedia helfen, indem du sie recherchierst und einfügst.

Unter Braunkohlebergbau versteht man den Abbau von Braunkohle. Dieser erfolgt meist im Tagebau mit Hilfe von Braunkohlebaggern und Förderbrücken und ist mit schwerwiegenden Eingriffen in die Umwelt verbunden.

Deutschland

Braunkohle dient in Deutschland vor allem der Stromerzeugung. Der Flächenverbrauch der deutschen Braunkohletagebauten beträgt ca. 2400 km²<ref>Braunkohle im Visier der Umweltschützer. Goethe-Institut. Abgerufen am 9. Mai 2013.</ref>, was der vierfachen Fläche des Bodensees bzw. nahezu der Fläche des Saarlandes entspricht. Deutschlandweit waren 2013 ca. 16.410 Menschen im Braunkohlebergbau beschäftigt, etwa 1,5 % weniger als 2012.<ref>Deutschland ‒ Rohstoffsituation 2013. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Abgerufen am 6. Februar 2015.</ref>

Geschichte

Datei:Rheinisches Braunkohlerevier DE.png
Rheinisches Braunkohlerevier

Ab dem 16. Jahrhundert wurde eine Holznot (ein bevorstehender oder bereits akut anzutreffender Mangel am Rohstoff Holz) als gesellschaftliches Problem wahrgenommen. Um 1800 waren weite Teile Europas entwaldet; viele der restlichen Wälder waren übernutzt. Vielerorts gab es jeden Winter einen akuten Mangel an Brennholz und anderen Heizstoffen; (siehe auch Geschichte des Waldes in Mitteleuropa).

Vielerorts wurden Schächte gegraben bzw. gebohrt mit dem Ziel, neue Kohlereviere und andere Bodenschätze zu finden („Mutungsbohrungen“).

Im ausgehenden 17. Jahrhundert entdeckte man, dass die nasse, unbrauchbare Schicht, die bei der Tongewinnung für die Keramik-Industrie im Raum von Brühl (zwischen Köln und Bonn) und Frechen (zwischen Köln und Aachen) über der Tonschicht lagerte und abgeräumt werden musste, brennbar war, nachdem man sie mittels Sonne und Luft getrocknet hatte. Diese torfähnliche Substanz (Turf) ließen die jeweiligen Grundherren nun in kleinen Gruben von Kleinbauern und Tagelöhnern mit Hacke und Spaten abgraben. Er wurde in Töpfen zu Klütten (von niederdeutsch Kluit = Klumpen) verdichtet und im Sommer an der Luft getrocknet. Die Klütten hatten nur einen geringen Heizwert. Sie wurden vor Ort genutzt oder in umliegenden Siedlungen an arme Leute verkauft. Solche Gruben bestanden noch bis in die 1920er Jahre.

1698 begann man bei Mücheln/Braunsbedra nach Braunkohle zu graben. Die gilt als die „Geburtsstunde“ des Mitteldeutschen Braunkohlereviers. Dessen Anfänge datierte der Geographieprofessor Eckhard Oelke (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) hingegen in das Jahr 1382, in welchem eine kolgrube in Lieskau bei Halle (Saale) in einer Urkunde erwähnt wird.<ref>Zusammenfassung der Forschungsergebnisse Oelkes für den mitteldeutschen Raum, abgerufen am 17. Oktober 2015.</ref>

Im späteren Westrevier des Rheinischen Braunkohlereviers (Tagebau Zukunft und Tagebau Inden) stieß man 1819 beim Brunnenbau in der Ortschaft Lucherberg bei Inden auf Braunkohle. 1826 begann der Grundherr Karl von Goldstein mit dem Abbau eines 7,5 Meter mächtigen Flözes.

1830 bis 1924 wurde die Grube Astrea betrieben (Rheinland) – teils im Tage- und teils im Untertagebau.

Lausitzer Braunkohlerevier: Das 1. Lausitzer Flöz im Raum Welzow wurde ab dem 19. Jahrhundert abgebaut, in der Regel im Tiefbau in kleinen Gruben, darunter auch in unangemeldeten Gruben. Grube Clara I Welzow begann den Braunkohlenabbau auf der Welzower Hochfläche im Jahr 1866.<ref>Wolfgang Schossig u. a.: Bergbau in der Niederlausitz. Cottbus 2007. S. 27.</ref>

1856 begann man, bei Nachterstedt/Schadeleben (Mitteldeutsches Braunkohlerevier) Braunkohle abzubauen (bis 1991, heute Concordiasee).

Im Zuge der Industrialisierung kam es in allen Ländern Europas im 19. Jahrhundert zu einem starken Bevölkerungswachstum (siehe z. B. Demografie Deutschlands). Es gab eine Verstädterung. Zahlreiche technische Erfindungen ermöglichten Neuerungen. Wohnbevölkerung, Handwerk, Gewerbe und Industrie brauchten Brennstoff zum Heizen und zum Betreiben von Dampfmaschinen. Das im 19. Jahrhundert entstandene Eisenbahnnetz sowie neue Kanäle (Liste hier) machten den Transport von Massengütern über längere Strecken möglich sowie erschwinglich.

1859 verband die erste Eisenbahnbrücke in Köln das westliche Rheinland mit dem Ruhrgebiet. Vorübergehend ging der Braunkohle-Absatz durch die Konkurrenz der billigen Steinkohle aus dem Ruhrbergbau zurück; 1876 erreichte er einen kurzen Tiefstand.

Unternehmer in Brühl machten 1877 (Gewerkschaft Roddergrube) und 1878 (Gewerkschaft Brühl) die Kohlegewinnung durch dampfbetriebene Entwässerungspumpen konkurrenzfähig und revolutionierten die Herstellung von Briketts durch maschinelle Pressen. Solche Pressen waren 1872 im mitteldeutschen Revier entwickelt worden. In rascher Folge wurden weitere Brikettfabriken gegründet. Überregionale Eisenbahnlinien sowie die lokalen Bahnen Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn von 1893, Bergheimer Kreisbahn 1897/1899 und Hürth-Kalscheuren–Hürth-Knapsack von 1901 verbanden Orte in der Ville, erschlossen weitere Kohlefelder oder banden Gruben an die Nachfrageräume an.

Die erste Brikettfabrik im Westen wurde 1888 durch die Gewerkschaft Maria Theresia zu Herzogenrath (bei Aachen) errichtet. 1913 wurde im Westrevier die Braunkohle-Industrie AG Zukunft als Zusammenschluss verschiedener kleiner Gewerkschaften mit dem Ziel gegründet, ein Braunkohlekraftwerk zu bauen. 1914 gingen der Tagebau Zukunft und das erste Kraftwerk Weisweiler in Betrieb.

Datei:Eiserner mann.jpg
Der Eiserne Mann im Gruhlwerk 1907

Die Mechanisierung machte weitere Fortschritte: 1895 wurde der erste Abraumbagger, der für den Bau des Nord-Ostsee-Kanals gebaut worden war, in der Grube Donatus bei Liblar eingesetzt.<ref>Baumaschinen - 1.) ERDBAU auf ak190x.de</ref> Der erste Schrämbagger zum Kohleabbau kam 1907 im Brühler Gruhlwerk zum Einsatz und erhielt den Namen „Eiserner Mann“.<ref>Arno Kleinebeckel: Unternehmen Braunkohle. Geschichte eines Rohstoffs, eines Reviers, einer Industrie im Rheinland. Köln 1986. S. 117 ff. u. S. 155.</ref> 1909 arbeiteten bereits vier Kohlebagger in den 29 Gruben; 1913 hatten nur drei Gruben keine Bagger. Die Förderung stieg von fünf Millionen Tonnen 1905 auf 17,4 Millionen Tonnen im Jahr 1913. Der Vertrieb war gegenüber der traditionellen Steinkohle schwierig. Die Gruben machten sich untereinander Konkurrenz. 1899 schlossen sich 19 Gruben zu einem Verkaufssyndikat zusammen, um Briketts als Markenartikel unter dem Namen Union-Brikett mit einheitlichen Standards zu vertreiben.

Im Nordrevier wurde 1907 zwischen Neurath und Garzweiler durch den Aufschluss des Feldes Rheingold mit dem kommerziellen Abbau begonnen, zuerst noch mit Hacken und Loren. Ein Jahr später wurde der erste Kratzbagger eingesetzt. Heute sind die Grubenfelder im Tagebau Garzweiler zusammengefasst.

Die DDR baute die Braunkohle praktisch ohne Rücksicht auf Umweltbelange ab. Seit der ersten Ölkrise hatte die Sowjetunion (die führende Macht im Ostblock bzw. im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) der DDR die Preise für Rohöllieferungen erhöht; seitdem (und aus Devisenmangel) nutzte die DDR die Braunkohle in noch stärkerem Maße.

Leistungszahlen

Stand 2006:<ref> Rolf Dieter Stoll, Christian Niemann-Delius, Carsten Drebenstedt, Klaus Müllensiefen (Hrsg.): Der Braunkohlentagebau. Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Umwelt. 1. Auflage. Springer, 2009, ISBN 978-3-540-78400-5, S. 48.</ref>

Revier Abraumbewegung in 1000 m3 Braunkohlengewinnung in 1000t Abraum-Kohleverhältnis (A/K) m3/t Heizwert in kJ/kg
Rheinland 415.798 96.178 4,3 : 1 8.896
Lausitz 426.594 57.955 7,4 : 1 8.638
Mitteldeutschland 73.650 20.353 3,6 : 1 10.486
Helmstedt 13.561 1.804 7,5 : 1 10.797
Insgesamt 929.603 176.321 5,3 : 1 9.014

Reviere in Deutschland

Braunkohlebergbau fand oder findet in Deutschland vor allem in den folgenden Bergbaurevieren im Tagebau statt:

In späterer Zeit eher selten erfolgte die Braunkohlenförderung auch untertägig, z. B. in

Umweltauswirkungen

Grundwasserabsenkung

Die Braunkohle liegt wegen ihres Entstehungsalters regelmäßig unter grundwasserführenden Schichten. Zum Beispiel liegen die Flöze im rheinischen Braunkohlerevier in einer Tiefe von bis zu 450 Metern.

Damit die Tagebau-Grube nicht vollläuft, muss in der gesamten Region das Grundwasser aufwändig abgesenkt werden. Diese sogenannte Sümpfung ist ein großer Eingriff in den Wasserhaushalt der umliegenden Gebiete, Fließgewässer und stehenden Gewässer und

„“

Braunkohle kann nur trocken abgebaut werden. Das Grundwasser rund um den Tagebau muss deshalb bis unter die tiefste Abbaustufe gesenkt werden. Hunderte großer Pumpen bilden mehrere Ringe um die Gruben. Die äußeren Pumpen saugen das Oberflächenwasser ab. Je näher sie am Bagger stehen, desto größer ist die Strecke, die das Wasser hochgepumpt werden muss. Im Tagebau Garzweiler pumpt man bis zu 230 Metern hoch; im Tagebau Hambach bis zu 450 Meter. Die dort eingesetzten Tauchpumpen können pro Minute 32.000 Liter Wasser fördern. Im Garzweiler werden jedes Jahr weit über 100 Millionen Kubikmeter Wasser abgepumpt. Dies entspricht etwa dem sechsfachen Wasserbedarf der Großstadt Mönchengladbach.<ref name="wdr" />

Im Lausitzer Braunkohlerevier pumpte der aktive Braunkohlenbergbau 2009 etwa 230 Mio. Kubikmeter Grundwasser ab - mehr als alle anderen Nutzer zusammen: Industrie, Landwirtschaft und Trinkwasserwerke kommen zusammen auf 160 Mio. m³ im Bundesland Brandenburg.<ref>http://www.lausitzer-braunkohle.de/</ref>

Folge des Abpumpens ist stets ein sogenannter Sümpfungstrichter, der im weiten Umkreis des Tagebaus die Grundwasserstände beeinflusst. Ein abgesenkter Grundwasserspiegel unter einer Bebauung kann Bergschäden an der Bebauung verursachen. Ein abgesenkter Grundwasserspiegel unter einem Wald kann dazu führen, dass der Wald bei Trockenheit Schäden erleidet (speziell tiefwurzelnde Bäume: Tiefwurzler treiben ihre Pfahlwurzel in Richtung Grundwasser). siehe auch (Bergschäden#Bergschäden durch Braunkohleabbau; Rechtslage)

Risiken der Grundwasserabsenkung

Die Grundwasserabsenkungen, die mit dem Braunkohleabbau einhergehen, können in Gebäuden für Risse und Brüche verantwortlich sein.

Ausgewählte Reviere außerhalb Deutschlands

Österreich

Andere Länder Mitteleuropas

Datei:Krystina.jpg
geflutetes Tagebaurestloch Kristýna in Tschechien
Datei:Bełchatów Hałda.JPG
Blick in den aktiven Tagebau bei Bełchatów in Polen

weltweiter Braunkohlebergbau

siehe Kohle/Tabellen und Grafiken

Siehe auch

Portal Portal: Bergbau – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bergbau

Weblinks

Commons Commons: Braunkohlebergbau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />