Geschichte der Slowakei
Die Geschichte der Slowakei beginnt mit der Besiedlung germanischer und keltischer Völker. Zu Beginn unserer Zeitrechnung drangen römische Garnisonen vorübergehend auch in Gebiete nördlich der Donau ein und errichteten befestigte Lager und Siedlungen auf heutigem slowakischen Gebiet. Die Hunnen bedrohten im 5. Jahrhundert den Süden und Westen Europas, während die Slawen während der germanischen Westwanderung in das Gebiet der Slowakei einfielen. Später kamen hier noch die Awaren hinzu. Aus einem Aufstand der Westslawen gegen die Awaren ging das erste schriftlich belegte slawische Staatsgebilde, das Reich Samos, hervor. Um 800 entstand ein christliches Fürstentum um das heutige Nitra, das um 830 dann im Großmährischen Reich aufging. Der Einflussbereich Großmährens reichte bis nach Krakau, Meißen und in das spätere Ungarn. 906 jedoch fiel es den einfallenden Ungarn zum Opfer. Nach dem Niedergang des Großmährischen Reiches eroberten die Magyaren schrittweise die heutige Slowakei. Nach einer kurzen Eroberung durch Polen (1001–1030) kehrte das gesamte Gebiet unter ungarische Herrschaft zurück. Ein hoher Bevölkerungsverlust kam nach dem Einfall von Mongolen im Jahr 1241 zustande, die auch die Landschaft verwüsteten. Darauf wurden seit dem 13. Jahrhundert in größeren Zahlen Deutsche, im 14. Jahrhundert auch Juden angesiedelt.
Nach der Niederlage des ungarischen Heers bei Mohács gegen die Osmanen 1526 fiel die Slowakei durch Erbschaft an die Habsburger. Während der Zeit der türkischen Expansion blieb die Slowakei als Teil des Königlichen Ungarns lange Zeit der einzige nicht türkische Teil Ungarns und gewann so an militärischer Bedeutung. Pressburg, das heutige Bratislava, wurde 1536 zur Haupt- und zur Krönungsstadt und konnte diesen Status bis 1848 wahren. Im Jahr 1787 versucht Anton Bernolák, mit der Kodifizierung der slowakischen Schriftsprache zum ersten Mal eine einheitliche slowakische Sprache zu schaffen. In der Slowakei machte sich besonders der Gegensatz zu der ungarischen Oberschicht und die Unzufriedenheit über die Durchsetzung von Ungarisch als Amts- und Schulsprache bemerkbar. 1848 stellte die Nationalbewegung ein politisches und staatsrechtliches Programm vor, das auch die Abspaltung von Habsburg beinhaltete. Dieses gipfelte im erfolglosen slowakischen Septemberaufstand. Erst der Erste Weltkrieg bot den Slowaken die Chance auf eine Autonomie.
Am 30. Juni 1918 verständigten sich in den USA lebende Exilgruppen der Tschechen und Slowaken im Vertrag von Pittsburgh über die Zusammenarbeit beim Aufbau eines zukünftigen gemeinsamen Staats. Am 28. Oktober 1918 wurde die Tschechoslowakei gegründet. Die internationale Anerkennung des neuen Staates erfolgte im Vertrag von Saint-Germain (Auflösung des österreichischen Vielvölkerstaates) und dem Frieden von Trianon (Abspaltung der Slowakei von Ungarn). Allerdings lebten in dem soeben gegründeten Staat auch 23 % Deutsche und 5 % Ungarn sowie einige Minderheiten. Die deutsche Bevölkerung, die bis dahin zu der herrschenden Nationalität gehört hatte, wurde jetzt unterdrückt. In der Slowakei wuchs die Unzufriedenheit über die zugesicherte aber nicht gewährte Autonomie. So entstand mit der Slowakischen Volkspartei eine slowakische Autonomiebewegung. Auf Druck des Deutschen Reichs wurde 1939 die Slowakei als Erste Slowakische Republik für unabhängig erklärt und erhielt eine autonome Regierung unter dem Führer der Autonomisten, Jozef Tiso. Die Slowakei besaß nur geringfügige politische Souveränität. Die Gegner von Staatspräsident Tiso initiierten 1944 den Slowakischen Nationalaufstand der jedoch niedergeschlagen wurde. Die Slowakei wurde 1945 von sowjetischen Truppen besetzt und die Tschechoslowakische Republik wieder hergestellt, mit Ausnahme der an die Sowjetunion abgetretenen Karpato-Ukraine. Die deutsche Bevölkerung, darunter große Teile der Karpatendeutschen und der Zipser, wurde vertrieben. 1948 übernahm die Kommunistische Partei die Macht. Der den Slowaken verfassungsmäßig zugesicherte Föderalismus war damit endgültig verloren. Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems erfolgte im Frühjahr 1990 die Umwandlung in eine föderative Republik innerhalb der ČSFR. Die ČSFR hatte wegen der Autonomiebestrebungen der Slowaken nur für kurze Zeit Bestand. Der slowakische Ministerpräsident Vladimír Mečiar forcierte die Autonomiebestrebung der Slowakei. Verhandlungen mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Václav Klaus zur Bildung einer Konföderation schlugen fehl.
Am 17. Juli 1992 proklamiert das slowakische Parlament die Unabhängigkeit von der ČSFR. Am 1. Januar 1993 wird die Slowakei ein souveräner Staat. Am 15. Februar 2000 beginnen die Beitrittsverhandlungen mit der EU. Unter der Regierung Dzurinda kommt das Land auf Konsolidierungskurs. Die Slowakei tritt am 29. März 2004 der NATO bei. Am 1. Mai 2004 wird sie Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Weitere Meilensteine der Slowakei auf dem Weg in die europäische Integration sind der Beitritt zum Schengener Abkommen, der am 21. Dezember 2007 wirksam wurde sowie die Einführung des Euro ab dem 1. Januar 2009.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zeit der Völkerwanderung (380–568) und der ersten Slawen (etwa 471–658)
- 2 658 bis 833
- 3 Großmähren (833–907)
- 4 Zwischen Ungarn, Polen und Böhmen (907–1030)
- 5 Teil des Königreichs Ungarn
- 6 Erste Tschechoslowakische Republik
- 7 Erste Slowakische Republik
- 8 Dritte Tschechoslowakische Republik
- 9 Unabhängige Slowakei seit 1993
- 10 Literatur
- 11 Weblinks
- 12 Einzelnachweise
Zeit der Völkerwanderung (380–568) und der ersten Slawen (etwa 471–658)
In der Nordslowakei existierte etwa zwischen 360 und 440 die Nordkarpatische Gruppe der Przeworsk-Kultur, die wahrscheinlich in der Mittelslowakei mit den Vandalen und im Osten mit den Sarmaten identisch war.
In der Südslowakei wurde 375 der letzte der zahlreichen Römisch-Quadischen Kriege, die sich seit Jahrhunderten auf dem Gebiet der Slowakei abspielten, durch eine römische Invasion und einen anschließenden Friedensschluss beendet. Nach diesem Jahr betraten römische Legionen nie wieder slowakischen Boden. Die meisten der in der Südslowakei lebenden Quaden verließen nach etwa 400 Jahren zusammen mit den (seit 165 in der Ostslowakei und seit 360 in der Nordslowakei ansässigen) Vandalen dieses Gebiet. In der südlichen Ostslowakei lebten die Jazygen (1. Jahrhundert bis 380). Zwischen 380 und 455 lebten die Hunnen im heutigen Westungarn und in der Südslowakei. Die Skiren waren nachweislich auch in der Slowakei ansässig, auch bestimmte Gruppen der Goten, ihre genaue Zuordnung ist jedoch nicht möglich. Die Gepiden lebten in der südlichen Ostslowakei in der Zeit von 455 bis 567. Die Heruler waren in der Westslowakei und in Südmähren in der Zeit von 471 bis 526 ansässig. Die Langobarden lebten etwa von 500 bis 540 an der March (bis einschließlich Bratislava).
Nach 471 kam vom Norden auch die erste Hauptwelle der Slawen in die Nordslowakei – die Vorfahren des heutigen Staatsvolkes der Slowakei. Die Slawen verbreiteten sich in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts in der gesamten Slowakei vom Norden und vom Süden und leben hier bis heute.
Die Awaren siedelten sich im heutigen Ungarn nach 568 an. Nach 595 begannen sie, die benachbarten Slawen in der Südslowakei zu unterwerfen, was 623 zur Entstehung des Reiches von Samo führte.
658 bis 833
Die Siedlungen aus der Zeit des Reiches des Samo nach dessen Tod im Jahre 658 sind zum Teil mit jenen aus der Zeit des späteren Neutraer Fürstentums und Mährischen Fürstentums (siehe dort) identisch. Die von Samo verjagten Awaren kehrten in die Südslowakei zurück und lebten dort offenbar in Symbiose mit den Slawen.
In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts erreichten die gesamte Slowakei und das benachbarte Mähren einen zivilisatorischen Wendepunkt. Es entstanden dort zahlreiche Burgstätten und zwei Fürstentümer: das Mährische Fürstentum (ursprünglich im heutigen südöstlichen Mähren und in den angrenzenden slowakischen Gebieten) sowie das Neutraer Fürstentum (ursprünglich in der West- und Mittelslowakei und Teilen Nordungarns). Ersteres wird 822 zum ersten Mal erwähnt, sein Zentrum hieß „Morava“ (dt. Mähren, vielleicht das heutige Mikulčice), als Fürst herrschte seit etwa 830 Mojmír I. Das Zentrum des zweiten hieß Nitrava (später Nitra, dt. Neutra), es wird zum ersten Mal 828 erwähnt, als Fürst herrschte seit etwa 825 Pribina (Privina). Die beiden Fürstentümer entstanden im Zusammenhang mit dem Kampf der Slawen und des Fränkischen Reiches gegen die im heutigen Ungarn und den angrenzenden Gebieten immer noch siedelnden Awaren. Die Awaren wurden in diesem Krieg vernichtend geschlagen und verschwanden anfangs des 9. Jahrhunderts. Auf dem Gebiet der heutigen Slowakei lebten die letzten Awaren in der Umgebung des heutigen Komárno.
Anfangs des 9. Jahrhunderts expandierte das Neutraer Fürstentum, so dass es wohl auch die heutige westliche Karpatenukraine umfasste. Die größten Zentren waren Nitra, Bratislava (einschließlich der heutigen Stadtteile Devín, Devínska Nová Ves), Pobedim, Brekov, Zemplín sowie Feldebrő im heutigen Ungarn. Gleichzeitig ermöglichte der Sieg über die Awaren eine neue Christianisierungswelle in der Slowakei und in Mähren. 828 wurde in Nitra, dem Sitz des Fürsten Pribina, die erste bekannte christliche Kirche der West- und Ostslawen geweiht. Ein Jahr später teilte Ludwig der Deutsche das Gebiet der heutigen Slowakei und des heutigen Mährens dem Bistum von Passau als Christianisierungsgebiet zu. Diese Gebiete waren jedoch zum Teil bereits vorher christianisiert.
Großmähren (833–907)
833 vertrieb der im Mährischen Fürstentum herrschende Fürst Mojmir I. seinen Nachbarn Pribina aus dem Neutraer Fürstentum und vereinigte beide Fürstentümer. Damit entstand Großmähren. Pribina wurde zum Fürsten des Plattensee-Fürstentums im Südwesten des heutigen Ungarn. Das Neutraer Fürstentum wurde zu einem Lehnfürstentum innerhalb Großmährens, in dem die Thronanwärter des herrschenden Mojmiriden-Geschlechts als Fürsten regierten. Für die slawische (und slowakische) Literatur und Kultur war die großmährische Mission der Slawenapostel Kyrill und Method wichtig. Angriffe der damals noch nomadischen Ungarn zerstörten dann 907 nach den drei Schlachten von Pressburg die Zentralmacht Großmährens.
Die damaligen slawischen Quellen bezeichnen die Bewohner Großmährens als slověne (Slawen; damals etwa slowäne (sehr offenes e) oder slowene (mittleres e) ausgesprochen). Dies war höchstwahrscheinlich die ursprüngliche Eigenbezeichnung aller slawischen Stämme – der Name ist unter anderem auch aus dem Gebiet des heutigen Ungarn, Slowenien, Slawonien, Russland (in der Umgebung von Nowgorod) und Pommern (vgl. die um 1900 ausgestorbenen Slowinzen) bekannt. Von ihm abgeleitet sind die Eigenbezeichnungen der Slowaken und der Slowenen.
Zwischen Ungarn, Polen und Böhmen (907–1030)
In den 20er Jahren des 10. Jahrhunderts machte Lél (Lehel), einer der ungarischen Stammesführer (die Ungarn bestanden damals noch aus zahlreichen Stämmen), Nitra und die südwestliche Slowakei (das heißt das Tiefland) zu seinem Sitz. Der Rest der Slowakei zerfiel für Jahrhunderte – bis er sukzessive vom 11. bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts von den Ungarn erobert wurde – in kleine, um bestimmte Burgstätten situierte slawisch/slowakische Fürstentümer. Der Kern der heutigen Slowakei (die Gebiete bis zu den Flüssen Waag und Hornád) wurde aber bereits um 1100 von den Ungarn erobert. Bis 1108 wurde die Slowakei (das Neutraer Fürstentum) als spezielles Gebiet innerhalb des Königreichs Ungarn betrachtet. So deckte sich auch das Gebiet des um 1000 errichteten ungarischen Erzbistums von Esztergom (slow. Ostrihom, dt. Gran) mit dem Gebiet des Neutraer Fürstentums.
Die gesamte Funktionsweise Großmährens, die Einteilung in Komitate, kirchliche Struktur, Militärwesen usw., wurde mangels eigener Vorbilder von den Ungarn, ähnlich wie dem Herzogtum Böhmen und dem Königreich Polen, übernommen. Die Ungarn übernahmen zudem mangels eigener Begriffe der ungarischen Akademie der Wissenschaften zufolge etwa 1200 Wörter aus dem Slowakischen und 1000 andere Wörter slawischer Herkunft. Die slowakischen Adligen aus der Zeit Großmährens (vor allem die Poznans und Hunts) spielten in der Frühgeschichte Ungarns eine wichtige Rolle. Der wichtigste ungarische Herrscher von Neutra war Michael (971–995), der so mächtig wurde, dass ihn der damalige ungarische Großfürst Géza ermorden ließ. Auch Géza und sein Sohn Stephan (Vajk) waren beide zuerst Fürsten des Neutraer Fürstentums, bevor sie anschließend zu Herrschern ganz Ungarns wurden. (Weitere Details siehe unter Neutraer Fürstentum.)
Es ist auch wahrscheinlich, dass der Norden (oder möglicherweise der Nordwesten) der heutigen Slowakei am Anfang des 10. Jahrhunderts unter dem Einfluss der sogenannten Weißen Kroaten stand. Dann herrschte im 11. Jahrhundert polnischer Einfluss in den nordslowakischen Landschaften Arwa (Orava) und Zips vor, zumal die Zips im 11. Jahrhundert dem Krakauer Bischof unterstand und die gesamte Slowakei bis zur Donau 1000–1030 vorübergehend von Polen annektiert wurde. Es gibt auch umstrittene Hinweise darauf, dass die Ostslowakei irgendwann in der Mitte des 11. Jahrhunderts zur Kiewer Rus gehörte (siehe auch die Geschichte der Karpatenukraine) und dass die Westslowakei etwa 955–975/999 unter böhmischer Oberhoheit stand.
Die im 8. Jahrhundert begonnene slowakische Ethnogenese war nach 955 abgeschlossen, als die Ungarn auf dem Lechfeld geschlagen wurden und beschlossen, definitiv im heutigen Ungarn sesshaft zu werden, wodurch die slawische Bevölkerung dieses Gebietes in die heutigen Slowaken, Slowenen, Kroaten usw. aufgespalten wurde.
Teil des Königreichs Ungarn
Hoch- und Spätmittelalter (1030–1526)
Der seit dem 11. Jahrhundert intensiv betriebene Bergbau und die vor allem seit dem 13. Jahrhundert (nach dem großen Mongoleneinfall von 1241/1242) angekommenen deutschen Siedler machten aus der Slowakei im Mittelalter, aber auch noch bis ins 18. Jahrhundert, das wohlhabendste Gebiet des Königreichs Ungarn. Um 1400 erreichte die Gold- beziehungsweise Silbergewinnung in der Slowakei 40 % beziehungsweise 30 % der gesamten damaligen Weltproduktion. Auch die ersten mittelalterlichen Städte des Königreichs entstanden ab dem 13. Jahrhundert überwiegend auf dem Gebiet der heutigen Slowakei.
Das 11. und 12. Jahrhundert waren eine Zeit von Auseinandersetzungen zwischen Ungarn einerseits und dem Heiligen Römischen Reich und/oder Böhmen andererseits, die sich oft in der Slowakei abspielten. Politisch entstand auf dem Gebiet der heutigen Slowakei 1048 das Neutraer Grenzfürstentum (Ducatus) (1048–1108). Es wurde von ungarischen Thronanwärtern regiert. Mit seiner Auflösung 1108 kam es zu einer vollständigen Eingliederung des Gebiets in das ungarische Königreich, die bis 1918 andauerte. (Details siehe unter Neutraer Fürstentum.)
Um das Jahr 1300 wurde die Slowakei de facto von den Adeligen Mattäus Csák III. von Trentschin (Čák, Chak, Chaak, Czak) in der West- und Mittelslowakei und Omodej (Amadeus, Amadé, Amadej, Omode) von Aba in der Ostslowakei regiert.
1412 verpfändete Sigismund von Luxemburg einige Städte der Zips an Polen-Litauen. Die Städte verblieben unter polnisch-ungarischer Verwaltung bis 1772. 1419–1437 musste Sigismund von Luxemburg auch in der Slowakei gegen die tschechischen Hussiten kämpfen. 1440–1453 besetzte der tschechische Adlige Johann Giskra (Ján Jiskra) die Slowakei im Zuge der Thronkämpfe im Königreich Ungarn für die Habsburger. 1445–1467 folgten Kämpfe der Herrscher Ungarns gegen die post-hussitischen rebellischen Bratríci in der Slowakei. 1467 entstand in Pressburg die erste Universität auf dem Gebiet der Slowakei und damals die einzige Universität im Königreich Ungarn.
Die Regierung der aus Polen stammenden Jagiellonen-Könige (1490–1526) war durch Anarchie im gesamten Königreich gekennzeichnet, die dann letzten Endes zur Katastrophe von Mohács im Jahre 1526 führte.
Anti-habsburgische Aufstände und Kriege gegen die Osmanen (1526–1711)
Nach der Schlacht bei Mohács (1526), die mit einem Sieg der Osmanen endete, und einem anschließenden Bürgerkrieg (1526–1538) zerfiel das Königreich Ungarn in drei Teile:
- Das habsburgische „Königliche Ungarn“ (faktisch eine habsburgische Provinz): die heutige Slowakei (bis auf türkische Gebiete im äußersten Süden der Mittelslowakei) und ein kleiner Teil im Nordosten des heutigen Ungarns mit dem Burgenland sowie West-Kroatien. Dabei handelte es sich allesamt um Gebiete, die fast ausschließlich von Nicht-Magyaren, Deutschen und Slawen, bewohnt wurden.
- Siebenbürgen im heutigen Rumänien diesseits des Karpatenbogens (in der Folge zeitweise bis zur Ostslowakei ausgeweitet), das ein türkischer Vasall und später die Ausgangsbasis für die anti-habsburgischen Aufstände in der Slowakei war.
- Die türkische Provinz im Zentrum und Süden des Königreichs Ungarn, die ein direkter Bestandteil des Osmanischen Reiches war.
Obwohl die Slowakei formal Bestandteil von Ungarn blieb, gingen am Anfang des 16. Jahrhunderts mit der türkischen Eroberung des heutigen Ungarns mehr als 400 Jahre magyarisch geprägter Politik zu Ende, und es setzte sich eine vom Haus Habsburg bestimmte Politik durch. Pressburg wurde zur Haupt- und Krönungsstadt Ungarns (1536) und Trnava (dt. Tyrnau, ungar. Nagyszombat) zum Sitz des Erzbischofs (1541).
Außerdem setzte sich nach 1521 in der Slowakei die Reformation durch. Im 17. Jahrhundert begann jedoch eine sehr erfolgreiche Gegenreformation, die aus der weitgehend protestantischen Slowakei langsam wieder ein weitgehend katholisches Land machte.
Parallel zum fast ununterbrochenen Kampf gegen die Osmanen (1520–1686), die auch Teile der südlichen Mittelslowakei eroberten und in der restlichen Slowakei plünderten, folgten 1604 bis 1711 mehrere anti-habsburgische Aufstände, nämlich der Aufstand von Stephan Bocskay (1604–1606), der Aufstand von Gabriel Bethlen (1619–1626), der Aufstand von Georg I. Rákóczi (1644–1645), die Verschwörung Wesselényis (1664–1671), der erste Kuruzenfeldzug (1672), der Kuruzen-Partisanenkrieg (1672–1678), der Aufstand von Emmerich Thököly (1678–1687/1688) und der Aufstand von Franz II. Rákóczi (der „Kuruzenkrieg“, 1703–1711). Gemeinsame Charakteristika der Aufstände waren, dass sie gegen die Habsburger, gegen die Gegenreformation und gegen den Wiener Zentralismus gerichtet waren und in der Regel von den Osmanen unterstützt wurden. Jeder von ihnen hatte aber darüber hinaus auch ganz spezifische Ursachen. Bis auf den Kuruzenkrieg und die Verschwörung Wesselényis spielten sie sich fast ausschließlich auf dem Gebiet der heutigen Slowakei ab und begannen in Siebenbürgen. Ihre Anführer waren oft zugleich Fürsten von Siebenbürgen.
Aufklärung (1711–1848)
Allgemeine Entwicklungen
Nach fast 200 Jahren antitürkischer Kämpfe (1520–1686) und anti-habsburgischer Aufstände (1604–1711) in der Slowakei bedeutete der Frieden von Sathmar/Satu Mare (1711) den Beginn einer langen Friedensperiode. Diese ermöglichte eine deutliche wirtschaftliche, soziale und kulturelle Konsolidierung. Etwa 92 % der Last des Wiederaufbaus des Königreichs Ungarn mussten die Städte und die Hörigen in der Slowakei tragen. Die Slowaken bevölkerten die entvölkerten Gebiete im Süden (seit 1690). In der Slowakei lebten 50 % der Gesamtbevölkerung des Königreichs Ungarn, das slowakische Wirtschaftspotential war um 1400 % höher als das des von den Türken zurückeroberten Restungarns, und 70 % der Handwerker und Kaufleute Ungarns waren in der Slowakei ansässig.
Gerade als am Ende des 18. Jahrhunderts Pressburg die größte Stadt im Königreich Ungarn geworden war, verlegte Kaiser Joseph II. 1784 die ungarischen Zentralbehörden nach Buda (slow. Budín, dt. Ofen). Allerdings fanden in Pressburg noch bis 1830 Krönungen und bis 1848 Sitzungen des ungarischen Landtags statt. Die Bedeutung der Slowakei nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts deutlich ab.
Die 1789 ausgebrochene Französische Revolution hatte auch Auswirkungen in der Slowakei und im restlichen Ungarn. 1794 entstand unter ihrem Einfluss die sogenannte Bewegung der Jakobiner des Königreichs Ungarn, die so genannte Verschwörung von Ignjat Martinović (slow. Ignác J. Martinovič, ung. I. Martinovics). Es waren etwa 200 Personen im ganzen Land beteiligt, darunter auch sehr viele Slowaken. Ihr Ziel war die Schaffung einer demokratischen Republik nach französischem Vorbild, die Abschaffung der Monarchie und die Umwandlung Ungarns in eine Föderation bestehend aus den Provinzen Ungarn, Slowakei, Illyrien und Walachei. Die Verschwörung wurde aber verraten.
Auch die Napoleonischen Kriege berührten die Slowakei: Durchzug russischer Truppen (1789–1800), Besetzung von Pressburg durch napoleonische Truppen im November 1805 und Dezember 1805 mit Unterzeichnung des (vierten) Friedens von Pressburg nach der Schlacht von Austerlitz; 1809 mit Unterzeichnung eines Waffenstillstands durch Napoleon und Sprengung der Burg Devín/dt. Theben. Das Königreich Ungarn verlor in den Napoleonischen Kriegen insgesamt 120.000 Soldaten, von denen ein großer Teil auch aus der Slowakei stammte. Der Kaiser rief 1812–1825 den Landtag von Pressburg nicht ein, da dieser seine finanziellen Forderungen nach dem Staatsbankrott der österreichischen Monarchie (1811) nicht erfüllen wollte. 1815 fanden viele Verhandlungen im Rahmen des Wiener Kongresses auch im benachbarten Pressburg statt.
Im Mai 1831 breitete sich in der Ostslowakei von Galizien her die Pest aus. Die anschließenden Hygienemaßnahmen der Behörden haben bei der ungebildeten und hungernden Bevölkerung im Sommer den Ostslowakischen Bauernaufstand (auch Choleraaufstand genannt) ausgelöst, an dem 40.000 Aufständische beteiligt waren.
Während am Anfang des 17. Jahrhunderts etwa 90 % der Bevölkerung der Slowakei protestantisch waren, wendete sich im 18. Jahrhundert (nach 1711) das Blatt, und die Protestanten wurden (bis heute) langsam zu einer Minderheit. Im katholischen Bereich nahm Kaiser Joseph II. den Bischöfen das Recht, Priester zu erziehen, und richtete stattdessen staatliche Generalseminare ein. Eines davon wurde 1783 in Pressburg errichtet und spielte eine wichtige Rolle bei der nationalen Bewegung der Slowaken.
Wirtschaft
Die zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts brachten eine wichtige Neuerung – die Manufakturen (seit 1722, größere Verbreitung erst 1784). Die Anfänge der industriellen Revolution (Industrialisierung) und damit auch die ersten Fabriken in der Slowakei reichen zwar bis in die 1820er und 1830er Jahre zurück, die meisten Fabriken entstanden aber erst am Ende des 19. Jahrhunderts. Das 18. Jahrhundert wird auch als das Goldene Zeitalter des slowakischen Bergbaus bezeichnet. Im 19. Jahrhundert wurde der jahrhundertelange Abbau von Edelmetallen, deren Menge nach mehreren Jahrhunderten Ausbeutung langsam aufgebraucht wurde, durch den Abbau von Eisenerz ersetzt. Das Slowakische Erzgebirge wurde zum Hauptgebiet der Eisenerzförderung im Königreich. 1831 wurden in der Slowakei 78 % der Roheisen- und 64 % der Gusseisenproduktion des Königreichs Ungarns produziert.
Die wichtigsten Industriezentren der Slowakei waren Pressburg und Košice (dt. Kaschau). Nachdem die Zentralbehörden 1784 von Pressburg nach Buda verlegt worden waren, wurde Pressburg im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Buda in seiner Rolle als wichtigstes Wirtschafts- und Industriezentrum des Königreichs Ungarn abgelöst.
Erst 1840 wurde zwischen Pressburg und dem Vorort Svätý Jur die erste (Pferde)Eisenbahnlinie im Königreich Ungarn eröffnet. 1848 folgte die Verbindung Pressburg–Wien (zugleich die erste Dampfeisenbahnlinie auf dem Gebiet der heutigen Slowakei) und 1850 Pressburg–Pest (Stadt).
Kultur und Sprache
Im Bereich von Kultur und Sprache wurde 1714 der größte slowakische Gelehrte des 18. Jahrhunderts, Matej Bel (Bél Mátyás, Matthias Bél), Rektor des 1607 gegründeten Evangelischen Lyzeums in Pressburg. 1735 entstand in Banská Štiavnica (dt. Schemnitz) eine Bergbauschule, aus der 1762 die berühmte erste Bergbauhochschule der Welt entstand. 1819 wurde der Slowake Kardinal Alexander Rudnay Erzbischof von Esztergom (dt. Gran). Er förderte unter anderem die slowakische religiöse Literatur und krönte 1830 den letzten ungarischen König, der in Pressburg gekrönt wurde.
Anfänge der Magyarisierung
1784 wurde im Rahmen der Zentralismusbestrebungen Josephs II. Deutsch (statt Latein) als Amts- und Unterrichtssprache im Königreich Ungarn eingeführt (1790 aufgehoben). Die Folge war ein zunehmender magyarischer Nationalismus. 1790 und 1792 wurden vom Landtag die ersten Gesetze zur Förderung der ungarischen Sprache auf Kosten der anderen im Königreich verwendeten Sprachen verabschiedet. Damit begann die Magyarisierung der nichtmagyarischen Bevölkerung des Königreichs, die dann im 19. Jahrhundert sukzessive zunahm. Die Magyaren (= ethnische Ungarn), vor allem deren Adel, fingen an, sich als das einzige Staatsvolk im Königreich Ungarn zu betrachten, in dem sie jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung ausmachten. Seit den 1820er Jahren gab es aber bereits eindeutige und offene Bestrebungen, das Königreich in einen Staat mit Ungarisch als einziger Sprache umzuwandeln. Es gab Adlige, die eine allmähliche Assimilierung der Nichtmagyaren Ungarns erreichen wollten (mittlerer Adel unter der Führung von István Széchenyi), aber auch solche, die radikal einen magyarischen Nationalstaat schaffen wollten (niederer Adel unter der Führung von Lajos Kossuth). In den 1830er Jahren setzte sich die radikale Gruppierung durch. In den 1840er Jahren wandte sich diese vor allem gegen die Slowaken. In den 1830er und 1840er, vor allem 1844, wurde Latein, das etwa 1000 Jahre als Amtssprache im Königreich verwendet worden war, nach und nach durch die ungarische Sprache ersetzt, was auf heftigen Widerstand der Nichtmagyaren stieß.
Nationale Wiedergeburt der Slowaken
Bei den Slowaken nahm im 18. Jahrhundert das Nationalbewusstsein deutlich zu und – ähnlich wie bei den Magyaren und anderen Nationen dieser Region – begann unter Joseph II. (1780–1790) unter dem Einfluss der Aufklärung der Prozess der Formierung der modernen slowakischen Nation (auch Nationale Wiedergeburt genannt). Dieser Prozess (1780–1848/1867) wird üblicherweise in drei Phasen (Generationen, 1780–1820, 1820–1835, 1835–1848) eingeteilt. Er mündete 1843 in der Kodifizierung der heutigen Form der slowakischen Schriftsprache durch Ľudovít Štúr und in der Beteiligung der Slowaken an der Revolution 1848/49 zusammen mit Wien gegen die Magyaren. Im Rahmen der Revolution von 1848 kämpften die Slowaken zusammen mit den kaiserlichen Truppen gegen die Magyaren (→ Slowakischer Aufstand).
Vor dem Ersten Weltkrieg (1850–1914)
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgte in der Slowakei eine längere Friedensperiode. Bis 1867 zum österreichisch-ungarischen Ausgleich hatten die deutschen Österreicher die Vorherrschaft im Königreich Ungarn, einschließlich der Slowakei, seit 1867 hingegen die Magyaren als das nunmehr zweite „Herrschervolk“.
Die Amtssprache in der Slowakei war 1849–1868 Deutsch (Gerichtssprache überwiegend Ungarisch), wobei im Kontakt mit der einfachen slowakischen Bevölkerung auch Slowakisch toleriert wurde. 1860–1868 waren Deutsch und Ungarisch die Amtssprachen. Von 1868 an war Ungarisch die fast ausschließliche Amtssprache.
1850–1867 (Ära Bach und Zeit des Provisoriums)
In der Slowakei und den anderen Teilen der Habsburgermonarchie konnte man sich während der neoabsolutistischen Ära Bach (1851–1859) nationalen Aktivitäten kaum widmen. Die Anführer der Slowaken Ľudovít Štúr und sein Kollege Jozef Miloslav Hurban waren beispielsweise als „verdächtige Personen“ unter ständiger polizeilicher Aufsicht. Die Aktivitäten wurden erst nach 1861 verstärkt wieder aufgenommen.
Hinsichtlich der slowakischen Schriftsprache nahm diese 1851 bei einem Treffen slowakischer Persönlichkeiten im Prinzip endgültig ihre heutige Form an. Im gleichen Jahr führte die Regierung in Wien in der Slowakei vorübergehend das „Altslowakische“ als Amtssprache ein (siehe auch Ján Kollár).
Am 6. und 7. Juni 1861 wurde an einer Versammlung von 6000 slowakischen Persönlichkeiten in der Stadt Martin das Memorandum der slowakischen Nation verabschiedet, das unter anderem die Schaffung einer selbständigen Gebietseinheit auf dem Gebiet der Slowakei (der „Slowakischen Gegend“), die Anwendung des Slowakischen in den slowakischen Komitaten, der Schaffung eines Lehrstuhls für die slowakische Sprachen an der Universität von Pest, der Möglichkeit der Gründung von slowakischen Kultur- und Literaturvereinen u. ä. verlangte. Im Dezember legten die Slowaken dann dem Kaiser das modifizierte sog. Wiener Memorandum vor, in dem sie bereits einen eigenen Landtag und ein eigenes Kronland verlangten. Der Kaiser erlaubte daraufhin den Slowaken zumindest aus eigenen Mitteln drei einzig slowakischsprachige Gymnasien (1862 Veľká Revúca, 1867 Martin, 1869 Kláštor pod Znievom) sowie vor allem 1863 die Slowakische Matica (Matica slovenská (matica bedeutet auf Serbisch „Quelle/Bienenkönigin“) die Benennung geht auf die 1826 gegründete serbische Matica zurück), eine Gesellschaft zur Pflege der slowakischen Sprache, Kultur und Wissenschaft, zu gründen. Der erste Vorsitzende der Matica war Štefan Moyzes, ihr Sitz war Martin. Mangels anderer slowakischer Institutionen avancierte die Matica zu einer Repräsentantin der Slowaken und knüpfte Kontakte mit anderen Kultur- und wissenschaftlichen Institutionen Europas.
Politisch gab es in der Slowakei in den 1860er und 1870er Jahren zwei Gruppierungen. Dabei handelte es sich zum einen um die Alte slowakische Schule (Stará škola slovenská), die für die traditionelle Zusammenarbeit der Slowaken mit Wien gegen die Magyaren war. Die wichtigsten Vertreter waren Jozef Miloslav Hurban, Štefan Marko Daxner und Janko Francisci. Aus dieser Gruppierung entstand 1871 die Slowakische Nationalpartei. Die zweite, kleinere Gruppierung war die Neue slowakische Schule (Nová škola slovenská), die sich für eine Verständigung mit den Magyaren einsetzte und bis 1875 bestand.
1867–1914
Nach dem Ausgleich des Kaisertums Österreich mit dem Königreich Ungarn von 1867 zerfiel die österreichische Monarchie in zwei nur lose verbundene Teile, die inoffiziell als Cisleithanien und Transleithanien bezeichnet wurden. Während in den folgenden Jahren in Cisleithanien (Österreich) das Leben zunehmend demokratischer und liberaler wurde, wurde in Transleithanien (Ungarn) mehr oder weniger das feudale System aufrechterhalten. Die Unterdrückung nicht-magyarischer Nationen nahm deutlich zu und das wirtschaftliche Niveau war deutlich niedriger als in Cisleithanien.
1869 wurde Jozef Miloslav Hurban, eine der führenden Persönlichkeiten der Slowaken, von den ungarischen Behörden ins Gefängnis gesteckt, er wurde aber nach Kritiken in Wiener Zeitungen aufgrund einer Anordnung des österreichischen Kaisers 1870 wieder entlassen. 1874–1875 ließen die ungarischen Behörden die einzigen slowakischen Mittelschulen (Gymnasien) schließen. Während der Regierung von Kálmán Tisza (1875–1890) folgte 1875 die Schließung der Matica slovenská, deren durch Schenkungen der Slowaken und des Kaisers entstandenes Vermögen beschlagnahmt wurde und die dadurch bis heute zum nationalen Symbol der Slowaken avancierte. Unter diesem Premierminister, der 1875 sagte, dass er keine slowakische Nation kenne, wurden die Slowaken nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich unterdrückt. Zahlreiche Gewerbebetriebe der Slowaken wurden als „panslawistische Unternehmen“ bezeichnet und deshalb geschlossen.
Nach den Landtagswahlen von 1865 gelangte kein Slowake (1869: 4, 1872: 3, 1875/1881/1896: 0, 1901: 4, 1905: 2, 1906: 7, 1910: 3) in den 415-köpfigen ungarischen Landtag, obwohl den Slowaken nach den Volkszählungen etwa 40–50 Sitze zugestanden hätten. An den Wahlen von 1878 und 1884–1901 nahm die Slowakische Nationalpartei aus Protest gegen die Wahlmanipulationen nicht teil. Nur die reichsten oder adeligen Staatsbürger (5 % der Bevölkerung) waren wahlberechtigt, Korruption, Gewaltakte bei der Wahl, Verhaftungen nichtmagyarischer Kandidaten, Streichungen slowakischer Persönlichkeiten von der Wahlliste waren üblich.
Die slowakischen Politiker wurden erst in der zweiten Hälfte der 1890er Jahre wieder aktiv. Die Slowakische Nationalpartei zerfiel zu dieser Zeit in mehrere Strömungen: Die katholische Strömung unter der Führung des Priesters Andrej Hlinka gründete 1906 beziehungsweise 1913 die Slowakische Volkspartei, die später im 20. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielte. Eine andere Strömung stellten die sogenannten Hlasisten dar – dies waren slowakische Studenten in Prag, Wien und Budapest. Sie stand unter starkem Einfluss des Prager Professors Tomáš Garrigue Masaryk. Diese Strömung wurde 1909 durch die ebenfalls liberalen und pro-tschechoslowakisch ausgerichteten Prúdisten ersetzt. Die Hlasisten und die Prúdisten engagierten sich für die Entstehung der Tschechoslowakei. Die letzte Strömung stellte die Bauernbewegung unter der Führung von Milan Hodža dar, die vor dem Ersten Weltkrieg eine Zusammenarbeit mit dem Thronfolger Franz Ferdinand anstrebte, der sich für eine Föderalisierung Österreich-Ungarns einsetzte. Zusätzlich zur Slowakischen Nationalpartei entstand unter dem Einfluss tschechischer Sozialdemokraten 1905 die Slowakische Sozialdemokratische Partei (seit 1906 autonome Fraktion der Ungarischen Sozialdemokratischen Partei). Sie verlangte neben sozialdemokratischen Errungenschaften auch die völlige Gleichbehandlung der Slowaken.
1907 wurde der Priester Andrej Hlinka aufgrund konstruierter Anschuldigungen von ungarischen Behörden ins Gefängnis gesteckt. 1909 wurde er vom Heiligen Stuhl für unschuldig erklärt. 1907 ereignete sich auch der Zwischenfall von Černová, der die Aufmerksamkeit der Welt auf die Verhältnisse in Ungarn lenkte: Ungarische Gendarme erschossen in diesem Dorf 15 Bewohner (einschließlich schwangerer Frauen und Kinder), verletzten 12 schwer und steckten 40 weitere Dorfbewohner ins Gefängnis, weil diese verhindern wollten, dass ihre neue von ihnen erbaute Kirche von einem ungarischen Priester statt von dem dort geborenen Andrej Hlinka geweiht wurde. Diese Tat wurde neben der ausländischen Presse unter anderem auch vom Vorsitzenden des österreichischen Parlaments und vor allem von den tschechischen Abgeordneten dieses Parlaments kritisiert.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Tschechen und Slowaken. Neben den Aktivitäten slowakischer Studenten in Prag (siehe oben Hlasisten) hatten praktisch alle slowakischen politischen Strömungen Kontakte zu den Tschechen. Einige Jahre vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs entstand auch eine intensive Zusammenarbeit der tschechischen und slowakischen Auswanderer in den USA. Es gab aber auch viele Slowaken, die mit den ebenfalls im Königreich Ungarn lebenden Kroaten, Serben, Ruthenen und Rumänen sowie mit den Russen intensive Kontakte pflegten.
Auch die amerikanischen Slowaken waren sehr aktiv. Um 1900 bestanden in den USA bereits 12 wichtige slowakische Vereine, die unter anderem mehr Zeitungen und Zeitschriften herausgaben, als es in der Slowakei selbst der Fall war. 1893 wurde in Chicago die Slowakische Matica in Amerika gegründet, die die Tätigkeit der 1875 verbotenen Matica fortsetzte. 1907 wurde in Cleveland (Ohio) die Slovak League of America gegründet, die die finanzielle und politische Unterstützung der Slowakei zum Ziel hatte.
Magyarisierung
Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich erreichte die Magyarisierung, die in den Jahren nach der Revolution (1849–1860) vorübergehend eher durch eine Germanisierung ersetzt worden war, ihren Höhepunkt. Sie wurde zur offiziellen Staatsideologie erklärt. 1868 wurden alle Bürger Ungarns per Gesetz zu Mitgliedern „einer einzigen untrennbaren ungarischen . Univerzita Komenského, 2005, S. 205; Christian Boulanger: Review of Kipke, Ruediger; Vodicka, Karel, Slowakische Republik: Studien zur politischen Entwicklung. In: Habsburg, h-net.org, Juli 2001.</ref>
Wirtschaftspolitisch verweigerte sich die 1994er Koalition der vom Westen gewünschten totalen Marktöffnung und bestand man auf größeren Handlungsspielraum für soziale, regionale und nationale Politik.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 91.</ref> Dem Modell einer „Marktwirtschaft ohne Adjektive“, wie sie in Tschechien eingeführt wurde, stellte Mečiar einen öko-sozialen „dritten Weg“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus entgegen.<ref>Ende der Bindestrich-Föderation, faz.net, abgerufen am 2. Januar 2013, 15:08, Erinnerungen an Meciar, faz.net, abgerufen am 11. Januar 2013, 00:28</ref> In der Wirtschaftspolitik sollte der Staat als Moderator und Beschützer der heimischen Wirtschaft auftreten. Privatisierungen wurden nicht grundsätzlich abgelehnt, die Wirtschaft sollte sich aber den politischen Vorgaben der Regierung unterordnen.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 94.</ref> Man versuchte eine heimische kapitalbildende Schicht zu schaffen<ref>Vladimír Meciar: Vom Paria zum Umworbenen: Comeback trotz dunkler Flecken, derStandard, abgerufen am 9. Januar 2013, 10:00</ref>, wobei es bei den Privatisierungen oft zu Vetternwirtschaft kam.<ref>Kováč: Dejiny, S. 333</ref> Die Slowakei verzeichnete 1996 mit 6,5 % das höchste Wirtschaftswachstum unter den postkommunistischen Ländern. Da dieses aber mit massiven öffentlichen Investitionen der Regierung erreicht wurde, die dafür großzügig ausländische Kredite aufnahm, verdreifachte sich die Auslandsverschuldung auf 12 Milliarden US-Dollor bzw. 60 % des BIP.<ref>Schönfeld: Slowakei, S. 226.</ref>
In der Innenpolitik dominierten chronische Streiten zwischen Regierungschef Mečiar und dessen Regierung auf der einen und Staatspräsident Kováč und der Opposition auf der anderen Seite, wobei es zu zahlreichen autoritären, rechtswidrigen und kriminellen Handlungen der Regierung kam. Bei der ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments im November 1994 (in der Slowakei als „Noc dlhých nožov“ bekannt, dt. Nacht der langen Messer) wurde die Opposition aus sämtlichen parlamentarischen Ämtern und sonstigen Kontrollfunktionen verdrängt, auch Posten bei den öffentlich-rechtlichen Medien wurden ausschließlich an Nominanten der Regierung Mečiar vergeben. Es gab Versuche, die Oppositionspartei DÚ aus dem Parlament auszuschließen und regierungskritische Journalisten mit Gewalt einzuschüchtern. Im Jahr 1995 kam es zur Entführung des Präsidentensohnes nach Österreich und ein Jahr später zur Ermordung des in diesem Fall als Kronzeugenvermittler fungierenden Polizeibeamten (in beiden Fällen soll der slowakische Geheimdienst beteiligt gewesen sein).<ref>Kováč: Dejiny, S. 333–334 und Divoké s tajnými službami to bolo za Mečiara, www.sme.sk, abgerufen am 26. Januar 2013, 03:12; Stalins Schueler, www.focus.de, abgerufen am 30. Dezember 2012, 21:44.</ref> Ende 1996 entzog die Mečiar-Regierung einem Abgeordneten, nachdem dieser aus der HZDS ausgetreten war, verfassungswidrig sein Mandat im Parlament. Zuvor explodierte vor dem Haus des Abgeordneten eine Bombe, nachdem er sich geweigert hatte freiwillig sein Mandat aufzugeben.<ref>Repressionen in der Slowakei, www.europarl.europa.eu, Pressebericht: 12-12-96 (2), abgerufen am 30. Dezember 2012, 22:10</ref> Im Jahr 1997 wurde ein vom Staatspräsidenten angesetztes Referendum über die Direktwahl des Staatspräsidenten und den Beitritt zur NATO von der Regierung verhindert. Nachdem auslaufen der Amtszeit von Staatspräsident Kováč am 2. März 1998 konnten sich Regierung und Opposition nicht auf einen Kandidaten einigen, was dazu führte, dass die Slowakei ein Jahr lang über kein Staatsüberhaupt verfügte. Mečiar erließ als kommissionarischer Staatspräsident Amnestien an sämtliche an der Entführung des Präsidentensohnes beteiligte Personen, was eine strafrechtliche Verfolgung unmöglich machte.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 112–113.</ref>
Auch die Minderheitenpolitik der Regierung Mečiar wurde oft kritisiert.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 114.</ref> Gerade die Behandlung der ungarischen Volksgruppe barg erheblichen Zündstoff. Die Regierung in Bratislava hatte schon 1992 den Druck auf die Magyaren verstärkt, zweisprachige Ortstafeln in den vorwiegend ungarisch besiedelten Gebieten des Landes abgeschafft und veranlasst, das ungarische Vornamen nur noch in slowakisierter Form ins Geburtsregister eingetragen wurden. Auch in der Frage des Muttersprachlichen Unterrichts wuchsen die Spannungen. Der im März 1995 unterzeichnete Grundlagenvertrag zwischen der Slowakei und Ungarn konnte zunächst wegen des Widerstandes der Slowakischen Nationalpartei nicht ratifiziert werden. Seine Bestätigung durch das slowakische Parlament 1996 änderte die Lage der Minderheit kaum. Das am 1. Januar 1996 in Kraft getretene Gesetz über die Staatssprache sah den Gebrauch des Slowakischen in allen Behörden des Landes vor, selbst bei einem dienstlichen Gespräch zwischen einem Beamten und einem Bürger, die beide ethnische Ungarn waren. Nach einer Anfrage der oppositionellen Ungarnpartei und der KDH erklärte das slowakische Verfassungsgericht Teile des Gesetzes für verfassungswidrig. Ein Gesetz über territoriale und administrative Gliederung des Landes vom März 1996 zog die Grenzen der neuen Verwaltungseinheiten so, dass die ungarische Minderheit in keiner der neuen Verwaltungseinheiten über einen Bevölkerungsanteil von 30 Prozent hinauskaum. Die Führer der ungarischen Minderheit beschuldigten daraufhin die Regierung, mit dieser Verwaltungsreform ihre politischen Mitspracherechte zu beschneiden.<ref>Schönfeld: Slowakei, S. 236ff.</ref>
In der Außenpolitik strebte die Slowakei Vladimír Mečiars 1994–1998 wie bereits während seinen zwei vorherigen Regierungen eine Balance zwischen Ost und West an.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 92.</ref> Offiziell deklarierte die Regierung Mečiar Interesse an einem Beitritt der Slowakei in NATO und EU<ref>Kováč: Dejiny, S. 337.</ref>, da sich das Verhältnis zum Westen jedoch ab Mitte der 1990er zunehmend verschlechterte, näherte sich die Slowakei immer mehr Russland an. In einem Vertrag über militärische Zusammenarbeit gewährte die Slowakei Russland die Nutzung sämtlicher slowakischer Militärflughäfen, womit die Slowakei zu einem Vorposten Moskaus in Zentraleuropa wurde.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 113.</ref> In Folge der westlichen Kritik an der außenpolitischen Ausrichtung, der Wirtschaftspolitik sowie den autoritären Praktiken in der Innenpolitik des Landes wurde die Slowakei aus der Kandidatenliste der ersten NATO-Osterweiterung gestrichen und fiel auch als EU-Beitrittskandidat zunächst in die zweite Reihe zurück.<ref>Kováč: Dejiny, S. 338. und Hofbauer: Slowakei, S. 145.</ref> Während Funktionäre der Mečiar-Partei erklärten, dass sie „nicht auf den Knien in die Europäische Union , Stand Februar 2010</ref> Die internationale Weltwirtschaftskrise traf auch den slowakischen Finanzsektor, allerdings war er im Gegensatz zu anderen Ländern kaum auf staatliche Unterstützung angewiesen und gefährdete zu keinem Zeitpunkt die gesamtwirtschaftliche Stabilität.<ref>Guido Glania: Finanzsektor in der Slowakei überzeugt mit Stabilität. http://www.estandort.com,/ abgerufen am 19. April 2013.</ref> Die 2004 eingeführte Flat Tax behielt die Regierung Fico im Wesentlichen bei, es kam jedoch zum Stopp mehrerer Privatisierungsvorhaben<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 202.</ref>, die Regierung blockierte Gaspreiserhöhungen<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 204.</ref> und weitete Arbeiterrechte aus.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 205.</ref>
Innenpolitisch kam es zu einer Reihe patriotischer Maßnahmen, z. B. die Aufstellung von Büsten bedeutender historischer slowakischer Persönlichkeiten im Eingangsbereich des Parlamentgebäudes (inklusive des 2008 per Gesetz rehabiliterten Slowakenführers Andrej Hlinka), die Enthüllung einer Reiterstatue des mährischen Fürsten Svatopluk I. vor der ebenfalls von der Fico-Regierung renovierten Burg Bratislava sowie die Aufstellung von zwei Statuen zu Ehren der Slawenapostel Kyrill und Method in der südslowakischen Grenzstadt Komárno.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 186–187.</ref> Als konfliktreich stellte sich die Medienpolitik der neuen Regierung dar, die während der gesamten Amtszeit Ficos eine gegenüber Journalisten feindliche Haltung einnahm. Für Aufsehen sorgte insbesondere das Pressegesetz der Fico-Regierung von 2008. Den umstrittensten Punkt des Gesetzes stellte das Recht auf Gegendarstellung durch Personen dar, die sich durch veröffentlichte Informationen beleidigt fühlen. Die slowakischen Zeitungen sollten nach dem neuen Gesetz verpflichtet werden, solche Gegendarstellungen zu drucken. Außerdem erhielt das Kulturministerium die Kompetenz Geldstrafen zu verhängen, falls Zeitungen „gesellschaftlich schädliches Verhalten“ befürworten oder politisch motivierten Hass schüren würden. Trotz oppositioneller und internationaler Kritik setzte sich die Smer-SNS-HZDS-Koalition über diese Bedenken hinweg und verabschiedete die neue Regelung am 9. April 2008.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 197.</ref> 2009 rutschte die Slowakei in der Folge auf der Länder-Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen um 37 Plätze auf Platz 44 ab.<ref>Länder-Bericht ROG 2009, abgerufen am 8. Dezember 2015, 19:51.</ref>
Bei den Präsidentschaftswahlen 2009 konnte sich der von der Regierung Fico unterstützte amtierende Präsident Ivan Gašparovič gegen die oppositionelle Iveta Radičová klar durchsetzten.<ref>Klarer Wahlsieg: Gasparovic bleibt Präsident der Slowakei, handelsblatt.com, abgerufen am 9. Januar 2013, 14:41</ref>
Liberales Intermezzo (2010–2012)
Am 12. Juni 2010 fanden reguläre Wahlen zum Nationalrat statt, bei denen Ficos Partei Smer-SD mit 34 % der Stimmen klar gewann. Da aber die SNS stark geschwächt und Mečiars HZDS sogar aus dem Parlament gewählt worden war, konnte die eine konservativ-liberale Koalition der Parteien SDKÚ-DS, SaS, KDH und Most–Híd die Regierung Fico ablösen und war seit dem 8. Juli 2010 an der Macht. Die Vizevorsitzende der SDKÚ-DS Iveta Radičová wurde als erste Frau slowakische Ministerpräsidentin. (siehe Regierung Radičová). Die Regierung Radičová versuchte an die neoliberalen Reformen der beiden Dzurinda Regierungen anzuknüpfen und erhöhte die Mehrwertsteuer von 19 % auf 20 %. Es wurden auch großangelegte Privatisierungen geplant, das vorzeitige Ende der Koalition verhinderte jedoch deren Umsetzung.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 210–211.</ref> Im Oktober 2011 scheiterte Radičovás Regierung frühzeitig, da sich die Regierungsparteien im Bezug auf den Euro-Rettungsschirm nicht einigen konnten. Die liberale SaS von Richard Sulík verweigerte die Zustimmung zu einer Beteiligung am EFSF, wobei Ministerpräsidentin Radičová die parlamentarische Abstimmung über Beteiligung am EU-Bankenrettungspaket mit der Vertrauenfrage ihrer Regierung verband. Nachdem Radičová vorzeitigen Neuwahlen zugestimmt hatte, unterstützte Ficos oppositionelle Smer-SD das Rettungspaket in einer zweiten Abstimmung.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 214.</ref> Mit seinem Abstimmungsverhalten beim „Euro-Rettungsschirm“ EFSF positionierte sich Fico aus der Opposition heraus als verlässlicher Partner für die europäischen Staatskanzleien. Die instabile Regierungsführung sowie ein im Dezember 2011 aufgedeckter Korruptionsskandal, die sog. Gorilla-Affäre, fügte den bürgerlich-liberalen Parteien großen Schaden zu.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 215.</ref>
Smer-Alleinregierung (seit 2012)
Bei den vorgezogenen Neuwahlen im März 2012 gewann Ficos Partei Smer-SD mit 44,4 % der Stimmen die absolute Mehrheit und bildete die erste Einparteienregierung seit dem Ende der kommunistischen Diktatur 1989. (siehe Regierung Robert Fico II). Zu den ersten Maßnahmen der zweiten Regierung Fico zählte die Beschließung eines Konsolidierungspakets über 2,3 Milliarden Euro. Die Neuverschuldung der Slowakei, welche 2011 noch 4,6 % betrug, soll bis Ende 2013 entsprechend den Maasstricht-Kriterien der EU auf 3 % sinken. Als Grundlage dafür wurde die 2004 unter Dzurinda eingeführte Flat Tax abgeschafft.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 217.</ref> Eine weitere Neuerung in der Wirtschaftspolitik war die Schaffung des sozialpartnerschaftlich Orientierten „Rates für Entwicklung und Solidarität“.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 219.</ref> Das Budgetdefizit wurde von 2013 bis 2014 von 4,3 % auf 3 % reduziert, womit die Slowakei wieder die Maastricht-Kriterien erfüllte.<ref>Stefan Gutbrunner: Ein Premier als Präsident. In: www.derstandard.at, vom 11. März 2014.</ref> Am 1. Januar 2013 trafen sich die Ministerpräsidenten der Slowakei und Tschechiens, Robert Fico und Petr Nečas, anlässlich des 20. Jahrestages der Teilung der Tschechoslowakei. Bei dem Treffen, welches live im slowakischen und tschechischen Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde, betonten beide Seiten die außerordentlich guten wirtschaftlichen wie sozialen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die Teilung der Tschechoslowakei wurde als ein „richtiger Schritt“ und der „einzige Weg“ bezeichnet.<ref>Regierungschefs von Tschechien und Slowakei gedenken der Teilung, www.blick.ch, abgerufen am 12. Januar 2013, 22:55</ref>
Ministerpräsident Fico kandidierte für das Regierungslager bei der Präsidentschaftswahl in der Slowakei 2014, unterlag aber in der Stichwahl dem ehemaligen Unternehmer und Philanthropen Andrej Kiska, der von der Opposition unterstützt wurde.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/politikneuling-kiska-gewinnt-praesidentenwahl-in-der-slowakei-12870877.html</ref>
Außenpolitisch unterstützte die Slowakei offiziell die gemeinsame Position der EU während der Krimkrise und des Krieges in der Ukraine ab 2014, jedoch kritisierte die slowakische Regierung wiederholt die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen und drohte zeitweise gemeinsam mit der tschechischen Regierung mit einem Veto. Ministerpräsident Fico bezeichnete die Sanktionen als „nutzlos und kontraproduktiv“, verwies aber gleichzeitig auf solidarische Unterstützung der Ukraine seitens der Slowakei bei der Umkehr des Gastransports.<ref>Slowakischer Premier nach Kritik an Russland-Sanktionen unter Beschuss. In: derstandard.at, 12. August 2014, abgerufen am 8. Dezember 2015, 13:21; Slowakei der baltischen Staaten, dass sie christliche Flüchtlinge bevorzuge und eine EUund Tschechien sagen „Njet" zu weiteren Russland-Sanktionen. In: wirtschaftsblatt.at, 6. September 2014, abgerufen am 8. Dezember 2015, 13:30.</ref> Während der Flüchtlingskrise in Europa 2015 erklärte die slowakische Regierung ähnlich wie die Regierungen Polens und der baltischen Staaten, dass sie eine EU-Quotenregelung zur Umverteilung der Flüchtlinge aus Griechenland und Italien sowie einen dauerhaften verpflichtenden Verteilungsschlüssel auf alle EU-Staaten strikt ablehne. Dabei argumentierte die Regierung damit, dass man nicht wisse, ob unter den Flüchtlingen „Terroristen oder Extremisten“ seien, dass es schwierig sei „Menschen zu integrieren, die eine andere Tradition und Kultur haben“ und man es ja bisher nicht einmal geschafft hätte die Roma-Minderheit im Land zu integrieren. Gleichzeitig bot die Regierung der EU-Kommission an, 200 syrische Christen aufzunehmen, denn die Slowakei sei „ein christliches Land, und wenn man Menschen integrieren will, sollten Religion und Kultur ähnlich sein.“<ref>Slowakei will ausschließlich christliche Flüchtlinge. In: derstandard.at, 20. August 2015, abgerufen am 8. Dezember 2015, 13:13; Slowakei könnte noch mehr Flüchtlinge von Österreich nehmen. In: kurier.at, 10. August 2015, abgerufen am 11. Dezember 2015, 11:35.</ref>
Am 22. September 2015 beschlossen die 28 EU-Innenminister erstmals per Mehrheitsbeschluss gegen Stimmen der Slowakei, Tschechiens, Ungarns und Rumäniens die einmalige Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland auf die gesamte EU.<ref>Markus Becker:EU verteilt Flüchtlinge: Dann eben ohne Konsens. In: spiegel.de, 22. September 2015, abgerufen am 8. Dezember 2015, 13:03.</ref> Bereits am folgenden Tag kündigte die Slowakei an, den Entscheid juristisch anfechten zu wollen.<ref>Flüchtlinge: Slowakei kündigt Klage gegen EU-Quoten-Beschluss an. In: diepresse.com, 23. September 2015, abgerufen am 8. Dezember 2015, 13:08.</ref> Am 2. Dezember 2015 reichte die Slowakei beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen den Beschluss ein. In seiner dazugehörigen Pressekonferenz bezeichnete Ministerpräsident Fico die Quoten-Regelung als „absolutes Fiasko europäischer Politik“. Er halte sie für „unsinnig und technisch nicht realisierbar“.<ref>Slowakei klagt gegen EU-Flüchtlingsverteilung. In: diepresse.com, 2. Dezember 2015, abgerufen am 8. Dezember 2015, 12:44.</ref> Gleichzeitig erklärte die Regierung, die Slowakei werde in den folgenden Tagen 25 christliche Familien aus Syrien aufnehmen. Damit seien die slowakischen Kapazitäten voll ausgelastet.<ref>Slowakei nimmt 25 Flüchtlingsfamilien auf. In: de.rsi.rtvs.sk, 1. Dezember 2015, abgerufen am 11. Dezember 2015, 11:48.</ref>
Literatur
- Július Bartl, Viliam Čičaj, M. Kohútová, Robert Letz, V. Letz, Dušan Škvarna: Lexikon der Slowakischen Geschichte (Originaltitel: Lexikón slovenských dejín). Slovenské Pedagogické Nakladatelství, Bratislava 2002, ISBN 80-08-02035-0.
- Simon Gruber: Wilder Osten oder Herz Europas? Die Slowakei als EU-Anwärterstaat in den 1990er-Jahren. In: V&R Unipress. Göttingen 2010, ISBN 978-3-89971-599-6 (= Schriften zur politischen Kommunikation Band 7).
- Hannes Hofbauer, David Noack: Slowakei: Der mühsame Weg nach Westen, Promedia, Wien 2012, ISBN 978-3-85371-349-5.
- Stanislav J. Kirschbaum: A history of Slovakia – the struggle for survival. Palgrave, New York 2005, ISBN 978-1-4039-6929-3.
- Titus Kolnik, Karol Pieta: Slowakei. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 29, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018360-9, S. 114–123.
- Hans Lemberg, Jörg K. Hoensch (Hrsg.): Studia Slovaca: Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei (Festschrift zum 65. Geburtstag von Jörg K. Hösch), Oldenbourg, München 2000, ISBN 3-486-56521-4 (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, Bd. 93).
- Elena Mannová (Hrsg.): A Concise History of Slovakia. Bratislava 2000, ISBN 80-8888-042-4.
- Roland Schönfeld, Horst Glassl, Ekkehard Völkl (Hrsg.): Slowakei – vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Pustet, Regensburg 2000, ISBN 3-7917-1723-5.
- Dušan Škvarna u. a., Andrea Koch-Reynolds (Übersetzer und Hrsg.), Pavl Žigar (Hrsg.): Slowakei, Geschichte, Theater, Musik, Sprache, Literatur, Volkskultur, Bildende Kunst, Slowaken im Ausland, Film. Wieser, Klagenfurt 2010, ISBN 978-3-85129-886-4 (= Wieser-Enzyklopädie des europäischen Ostens, Bd. 1, 2).
Weblinks
- Eine ausführliche Zeitleiste bis 1714 (englisch)
- Ur- und Frühgeschichte der Slowakei (bis 500 nach Chr.) in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Band 29, 2005
- Karten zur historischen Besiedlung und zur Entwicklung der Verwaltungsgliederung der Slowakei (rechts unter „Komozície 2.“) (slowakisch)
- Text des Schutzvertrages vom 23. März 1939 zwischen Deutschland und der Slowakei
- Webseite der „Anstalt des nationalen Gedenkens“ mit Infos zur Zeitgeschichte der Slowakei
Einzelnachweise
<references />
44 europäische Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen:
Albanien |
Andorra |
Belgien |
Bosnien und Herzegowina |
Bulgarien |
Dänemark |
Deutschland |
Estland |
Finnland |
Frankreich |
Griechenland |
Irland |
Island |
Italien |
Kasachstan |
Kroatien |
Lettland |
Liechtenstein |
Litauen |
Luxemburg |
Malta |
Mazedonien |
Moldawien |
Monaco |
Montenegro |
Niederlande |
Norwegen |
Österreich |
Polen |
Portugal |
Rumänien |
Russland |
San Marino |
Schweden |
Schweiz |
Serbien |
Slowakei |
Slowenien |
Spanien |
Tschechien |
Türkei |
Ukraine |
Ungarn |
Vereinigtes Königreich |
Weißrussland
Ein europäisches Nichtmitglied der Vereinten Nationen:
Vatikanstadt
Abhängige Gebiete:
Åland |
Färöer |
Gibraltar |
Grönland |
Guernsey |
Isle of Man |
Jersey
Umstrittene Gebiete:
Kosovo |
Transnistrien
Geschichte der Staaten von:
Afrika |
Asien |
Nordamerika |
Ozeanien |
Südamerika