Pioniereisenbahn

Pioniereisenbahnen waren Eisenbahnen in Ländern des RGW – und damit auch in der DDR –, die von Mitgliedern der jeweiligen Jugendorganisationen – in der DDR also der Pionierorganisation Ernst Thälmann – betrieben wurden. Ein großer Teil dieser Bahnen nennt sich heute „Parkeisenbahn“ oder „Kindereisenbahn“.

Allgemein

Pioniereisenbahnen sind Schmalspurbahnen, die so groß sind, dass Fahrgäste im Fahrzeug mitfahren können. Sie haben Spurweitenn, deren schmalste mit 381 mm (15 Zoll) die der Parkeisenbahn Dresden ist. Im Übrigen werden Spurweiten von 600 mm und 750 mm verwendet.

Die Bezeichnung Pioniereisenbahn stammt daher, dass die Bahnen weitestgehend durch Mitglieder der Jugendorganisation der jeweiligen kommunistischen Partei betrieben wurden, die in vielen Staaten des RGW die Bezeichnung „Pioniere“ führte. Das geschah nach Betriebsvorschriften, die der Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs entsprachen. Umgangssprachlich ist die Bezeichnung Pioniereisenbahn nach wie vor geläufig. Die ehemaligen Pioniereisenbahnen der DDR heißen aufgrund ihrer Lage heute alle Parkeisenbahn, in anderen Ländern oft Kindereisenbahn.

Pioniereisenbahnen der DDR

1950 wurde im Großen Garten in Dresden, zum „Tag des Kindes“, mit einfachen Mitteln eine Kindereisenbahn eröffnet<ref>40 Jahre, S. 6.</ref>, die ursprünglich nur ein Jahr bestehen sollte. Zum 1. Mai 1951 wurde die Bahn in die erste Pioniereisenbahn der DDR umgewandelt und die Strecke erweitert. 11 weitere Bahnen folgten in der DDR.

Grundlage für Bau und Betrieb der Pioniereisenbahnen in der DDR war seit 1980 die Bau- und Betriebsordnung für Pioniereisenbahnen (BOP). Sie „regelt die Entwicklung, Vorbereitung und Bauausführung von Neubauten, Erweiterungen und Veränderungen, die Instandsetzung von Bahnanlagen und Fahrzeugen sowie die Durchführung des Betriebsdienstes, Qualifizierung und Dienstausführung der Betriebsangehörigen“. § 45 (5) BOP regelte, wer mitmachen durfte: „Pioniereisenbahner können Kinder und Jugendliche des 4. bis 12. Schuljahres und Lehrlinge bis zum 18. Lebensjahr werden. Sie müssen tauglich, ausgebildet, geprüft und für ihre Tätigkeit eingewiesen sein. Pioniereisenbahner dürfen nur unter der Kontrolle eines Betriebseisenbahners tätig sein. “

In der DDR gehörten die Bahnen – mit Ausnahme der in Berlin <ref group="Anm."> Die Pioniereisenbahn Berlin gehörte zeitweise der DR. </ref> – den Städten. Betrieben wurden sie von den Mitgliedern der Pionierorganisation. Diese wurde dabei von der Deutschen Reichsbahn (DR) unterstützt. Die Strecken sind – mit Ausnahme eines Abschnittes in Dresden – alle eingleisig, verlaufen oft im Kreis oder haben – bei der Eisenbahn sonst untypische – Wendeschleifen.

Vor dem Beginn der Tätigkeit war die Erlaubnis der Eltern und ein Schulzeugnis erforderlich. Bei der Pioniereisenbahn gab es zwei Ausbildungsstufen: Eine Grundausbildung für Schüler bis zur 7. Klasse und ab der 8. Klasse die sogenannte Komplexausbildung. Nach der Grundausbildung durften die Kinder und Jugendlichen als Zugschaffner, Aufsicht, Schrankenwärter, am Ein- und Ausgang und am Fahrkartenschalter arbeiten. Nach der Komplexausbildung kam die Befähigung für die Dienstposten Fahrdienstleiter, Blockwärter und Zugführer hinzu. Ab der 9. Klasse konnten interessierte Schüler in der Technischen AG die Qualifikation zum Beimann und Brigadeleiter erwerben. Die Uniformen entsprachen – mit Abweichungen – denen der Deutschen Reichsbahn. Außerdem konnten die jüngeren Pioniereisenbahner kurze Hosen tragen. Ein „P“ auf den Schulterklappen stellte den Unterschied zum Eisenbahner der DR her. Für jeweils zwei Dienstjahre gab es einen Streifen für die Schulterklappen.

Pioniereisenbahnen dienten auch der Heranführung der Kinder und Jugendlichen an den Eisenbahnbetrieb und sollten für eine spätere Berufswahl zugunsten der Bahn vorbereiten. Viele Schüler aus den älteren Jahrgängen wurden vom Berufsberatungskabinett (BBK) der DR zur Parkeisenbahn vermittelt, wenn nicht delegiert (dies trifft aber nicht auf alle Pioniereisenbahnen zu). Nicht wenige Pioniereisenbahner wählten einen Beruf bei der Eisenbahn oder anderen Verkehrsbetrieben. In den Wintermonaten stand die Aus- und Weiterbildung im Vordergrund.

Bis auf die Bahn in Magdeburg sind alle ehemaligen Pioniereisenbahnen in Deutschland erhalten. Nicht bei allen gibt es allerdings einen regelmäßigen Betrieb. Bei manchen der Bahnen gibt es nur noch wenige oder auch gar keine Kinder und Jugendliche mehr als Eisenbahner. Das längste Streckennetz hat heute die Berliner Parkeisenbahn mit 7,5 km.

Pionierbahnen in anderen Ländern

Die erste Pioniereisenbahn wurde 1932 in Moskau eröffnet, allerdings im Jahr darauf wieder eingestellt.<ref name="moskau">Childrens Railways</ref> Die erste dauerhaft in Betrieb genommene Pioniereisenbahn wurde am 24. Juni 1935 in Tbilissi (Georgien) eröffnet.<ref>40 Jahre, S. 5.</ref> Zum Ende der UdSSR gab es insgesamt 52 solcher Bahnen im ganzen Land, die oft auch heute noch in Betrieb sind. In der Regel hatten sie eine Spurweite von 750 mm und wurden von der Staatsbahn betrieben.<ref>40 Jahre, S. 5.</ref>

Nach sowjetischem Vorbild wurden auch in Ungarn bereits im Jahr 1945 Pioniereisenbahnen zur Nachwuchsausbildung der MÁV eröffnet. In den Budaer Bergen entstand eine 11,2 km lange Strecke, die 1948 eröffnet wurde.<ref>40 Jahre, S. 6.</ref> 1990 wurden diese und auch die weiteren Bahnen, wie in Debrecen, Pécs oder Tiszakécske, in Kindereisenbahn (Gyermekvasút) umbenannt.

Ähnlich entstanden auch in den anderen Ostblockstaaten Pioniereisenbahnen.

Literatur

• 40 Jahre Berliner Park Eisenbahn - FEZ Wuhlheide-Köpenick. Bei uns geht's immer rund. Berlin 1996.

Weblinks

• Schmalspur in Ungarn – Kisvasutak
• Geschichte der Pioniereisenbahn der DDR sowie der Parkeisenbahnen in Deutschland
• Wir fahren im Pionier-Express auf mdr.de

Anmerkungen

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Einzelnachweise

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