Wollastonit


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Wollastonit
Wollastonit mit Blick auf Spaltflächen
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

Tafelspat bzw. Tafelspath

Chemische Formel CaSiO3; genauer Ca3-Oktaeder-Ketten in Richtung der a- und c-Achse

Obwohl Wollastonit zu den Einfach-Kettensilicaten (Inosilicate) gehört, unterscheidet sich das Verknüpfungsmuster der SiO4-Tetraeder innerhalb der Silicatkette von dem der weitaus häufigeren Pyroxene. Der Unterschied wird im Vergleich von Wollastonit mit dem Pyroxen Enstatit (MgSiO3) deutlich.
Die Verknüpfung der SiO4-Tetraeder erfolgt in allen Kettensilicaten über gemeinsame Tetraederecken, also über gemeinsame Sauerstoffatome. Damit eine Kette entsteht, muss jedes Silizium zwei der Sauerstoffatome seines Tetraeders mit den benachbarten Siliziumatomen teilen, diese Sauerstoffatome „gehören“ ihm also nur zur Hälfte. Damit ergibt sich in der Kette ein Silizium-Sauerstoff-Verhältnis von 1:3, was sich auch in der chemischen Formel der Kettensilicate widerspiegelt (Wollastonit: CaSiO3, Enstatit: MgSiO3). Diese Ketten sind praktisch unendlich, sie werden nur von der Größe des Kristalls begrenzt. In der Kristallchemie werden sie daher folgendermaßen beschrieben:

<math>\mathrm{(SiO_3^{2-})_\infty}</math> oder ausführlicher als Niggli-Formel: <math>{}^1_\infty\mathrm{\lbrace). Zu den strukturell verwandten Mineralen von Wollastonit zählen neben Bustamit auch Pektolith (NaCa2[Si3O8(OH)]) und Sérandit (Na(Mg,Ca)2[Si3O8(OH)]).

Begleitende Minerale (Paragenesen) von Wollastonit sind typischerweise Diopsid, verschiedene Granate (vor allem Grossular und Andradit), Tremolit, Vesuvian (Idokras), Mikroklin und Calcit.

Wollastonit tritt weltweit an zahlreichen Fundorten auf und wird auch zur industriellen Verwendung abgebaut. Die Angaben zur Produktion beziehen sich auf den World Mineral Report des British Geological Survey von 2005:<ref>British Geological Survey: World mineral production 2001-05. 2007, S. 78.</ref>

Fundorte ohne kommerziellen Abbau:

Die Wollastonite aus Franklin (New Jersey) zeichnen sich häufig durch eine blaue bis weiße Fluoreszenz unter Einwirkung von UV-Licht aus. Diese wird, wie auch die Fluoreszenz im Mineral Fluorit, durch sehr geringe Mengen von Europium-Kationen (Eu2+) auf den Calcium-Positionen im Kristallgitter verursacht.

Verwendung

Wollastonit bietet aufgrund seiner faserig bis nadeligen Kristalle und seines hohen Schmelzpunktes (1540 °C) vielfältige technische Einsatzmöglichkeiten. Seine Herstellung erfolgt dabei über die Reaktion von Calciumoxid (CaO, Branntkalk) mit Siliciumdioxid (SiO2, Quarz beziehungsweise Kieselgel) :

<math>\mathrm{CaO + SiO_2 \longrightarrow CaSiO_3}</math>

Eines der Haupteinsatzgebiete von Wollastonit ist die Keramikindustrie, wo er zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften weißer Keramikwaren verwendet wird.

Aufgrund seines hohen Schmelzpunktes dient Wollastonit als Ersatz für Asbestfasern. Typischerweise wird er in Schweißelektroden, Dämmstoffen (siehe Calciumsilikat-Platte) und feuerfester Schutzkleidung eingesetzt. Während Asbestfasern zu den krebserzeugenden Arbeitsstoffen zählen, geht von Wollastonitfasern kein Gesundheitsrisiko aus, da diese sich innerhalb weniger Tage bis einigen Wochen im Organismus auflösen.

In der Kunststoffindustrie wird Wollastonit hauptsächlich als Füllstoff in Thermoplasten verwendet. Er dient unter anderem zur Verbesserung der Steifigkeit und Biegefestigkeit von Polyestern, Polyamiden und Polypropylenen. Ebenso setzt man es bei Reaktionsharzen wie Epoxidharzen ein, um damit durch Schrumpf verursachte Spannungsrisse zu vermeiden.

Für Wollastonit existieren zahlreiche Handelsnamen, darunter Kemolit, Hycon und Tremin.

Siehe auch

Literatur

  •  N. L. Bowen, J. F. Schairer, E. Posnjak: The system CaO-FeO-SiO2. In: American Journal of Science. Series 5, Nr. 26, 1933, S. 193–283 (englisch).
  •  M. J. Buerger, C. T. Prewitt: The crystal structures of wollastonite and pectolite. In: Proceedings of the National Academy of Sciences, U.S.A.. 47, 1961, S. 1884–1888 (englisch).
  •  W. A. Deer, R. A. Howie, J. Zussman: An Introduction to the Rock Forming Minerals. Prentice Hall, Harlow 1992, ISBN 0-582-30094-0 (englisch).
  •  R. I. Harker, O. F. Tuttle: Experimental data on the P(CO2)-T curve for the reaction: calcite + quartz ↔ wollastonite + carbon dioxide. In: American Journal of Science. 254, 1956, S. 239–256 (englisch).
  •  U. Müller: Anorganische Strukturchemie. Teubner, Stuttgart 2004, ISBN 3-519-33512-3.
  •  Y. Ohashi: Polysynthetically-twinned structures of enstatite and wollastonite. In: Physics and Chemistry of Minerals. 10, 1984, S. 217–229 (englisch).
  •  Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3.
  •  H.-X. Yang, C. T. Prewitt: On the crystal structure of pseudowollastonite (CaSiO3). In: American Mineralogists. 84, 1999, S. 929–932 (englisch).

Weblinks

Commons Commons: Wollastonit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />

24px Dieser Artikel wurde in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen. Vorlage:Lesenswert/Wartung/ohne DatumVorlage:Lesenswert/Wartung/ohne Version