Bagrationowsk
Stadt
Bagrationowsk
Багратионовск
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Liste der Städte in Russland |
Bagrationowsk (russisch Багратио́новск; bis 1945 Preußisch Eylau, 1945–1946 kyrillisch Прейсиш-Эйлау) ist eine Stadt in der russischen Oblast Kaliningrad, früher Königsberg, ehemals in Ostpreußen. Sie hat 6400 Einwohner (Stand 14. Oktober 2010).<ref name="einwohner_aktuell" />
Inhaltsverzeichnis
Geografische Lage
Bagrationowsk liegt im Südwesten der Oblast Kaliningrad an der Fernstraße A195 (ehemalige deutsche Reichsstraße 128) von Königsberg (Kaliningrad) nach Allenstein (Olsztyn) in Polen. Der Grenzübergang befindet sich nur zwei Kilometer südlich der Stadt. Kaliningrad ist 37 Kilometer entfernt.
Die Stadt ist Verwaltungszentrum des gleichnamigen Rajons Bagrationowsk.
Geschichte
Bis 1945
1325 wurde durch den Deutschen Ritterorden die Burg Yladia im altpreußischen Gau Natangen gegründet, zu deren Füßen sich das spätere Preußisch Eylau entwickelte. Der Balgaer Komtur verlieh der Siedlung 1348 eine Handfeste. Die Burg wurde 1455 durch ein Feuer zerstört. 1514 wurde die Markgerechtigkeit verliehen, und 1585 verlieh Herzog Georg Friedrich das volle Stadtrecht. In den Jahren 1520 und 1525 wurde der Ort durch polnische Truppen verwüstet, die Burg aber vergeblich belagert.
Ein Großfeuer richtete 1802 großen Schaden in der Stadt an.
Am 7. und 8. Februar 1807 fand in der Nähe der Stadt die unentschieden beendete Schlacht bei Preußisch Eylau, zwischen Napoleon Bonapartes Truppen und russischen Truppen, unter General Graf Bennigsen statt, welche die russischen Truppen mit Hilfe eines preußischen Kontingents unter General L’Estocq zwar nicht für sich entscheiden konnten, allerdings erreichten, dass Napoléon erstmals nicht als Sieger das Schlachtfeld verließ. Die Stadt ist heute nach dem russischen General Fürst Bagration benannt, einem Teilnehmer der Schlacht.
Nach der preußischen Verwaltungsreform wurde Preußisch Eylau 1819 Kreisstadt des Landkreises Preußisch Eylau. Am 8. Januar 1835 wurde das Lehrerseminar zu Preußisch Eylau eröffnet.<ref>Das Seminar zu Pr. Eylau. In: Preußische Provinzial-Blätter. Band 13, Königsberg 1835, S. 411–412.</ref> 1866 wurde der Anschluss an die Ostpreußische Südbahn vollzogen.
Im Ersten Weltkrieg wurde die Stadt im August 1914 zeitweilig von russischen Truppen besetzt.
Im Jahr 1939 hatte Preußisch Eylau 7461 Einwohner. Als Wirtschaftsbetriebe waren eine Tuchweberei, eine Eisengießerei, die Maschinenfabrik Johnen, die Genossenschafts-Molkerei, Schadwinkels Getreidemühle und Tauliens Fassfabrik ansässig.
Seit 1945
Am 9. Februar 1945 wurde die Stadt durch die Rote Armee erobert. In der ehemaligen Infanteriekaserne an der Warschkeiter Chaussee bestand von Mai 1945 bis Herbst 1948 das Kriegsgefangenen- und Internierungslager 533 des NKWD für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs<ref>Erich Maschke (Hg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.</ref> und Zivilpersonen. Von den etwa 13.000 Zivilpersonen im Lager 533 kamen etwa 6.000 ums Leben.<ref>Horst Schulz: Preußisch Eylau — eine Kreisstadt in Ostpreußen. Geschichte, Dokumentation, Erinnerungen, Literatur. Lübeck 1998.</ref> Die ansässige deutsche Bevölkerung wurde, sofern sie nicht bereits geflüchtet war, in der Folge vertrieben.
Im Jahre 1945 befand sich die Stadt unter polnischer Verwaltung und hieß Iławka. Bei der Festlegung der Demarkationslinie, die mit Wirkung zum 1. Januar 1946 Ostpreußen zwischen der Sowjetunion und Polen aufteilte, setzte die sowjetische Seite durch, dass Preußisch Eylau ihrem Territorium zugeschlagen wurde; die Grenze verläuft seither unmittelbar südlich der Stadt. Am 7. September 1946 wurde Preußisch Eylau nach Fürst Bagration (siehe oben) in Bagrationowsk umbenannt. Durch die Lage an der neuen sowjetisch-polnischen Grenze lag die Stadt nun in einem wirtschaftlich und infrastrukturell toten Winkel, der die weitere Entwicklung der Stadt behinderte. Zunächst wurden durch die aus Zentralrussland, Weißrussland, dem Wolgagebiet und der Ukraine angesiedelten Neubürger in der Umgebung der Stadt kollektivierte Landwirtschaftsformen aufgebaut. Das Wirtschaftsleben der Stadt richtete sich nun auch vollständig hierauf aus. Das Stadtbild Bagrationowsks änderte sich durch den Neubau von Wohnhäusern, Abriss der vielen kriegszerstörten Bauten und durch Vernachlässigung der alten Bausubstanz maßgeblich.
Bagrationowsk wurde Sitz eines Rajons. Nach dem Zerfall der Sowjetunion gewann die Stadt wieder an Bedeutung als Transitstadt, da sich hier der wichtigste Grenzübergang der Kaliningrader Oblast nach Polen befindet.
2008/2009 wurde ein Gedenkstein mit deutscher und russischer Inschrift errichtet:<ref>Mahn- und Gedenkstätten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland (Bund der Vertriebenen)</ref>
DEN EINWOHNERN VON PREUSSISCH EYLAU, DIE DURCH DEN ZWEITEN WELTKRIEG IHR LEBEN VERLOREN HABEN, ZUM GEDENKEN. ERRICHTET VON DEN ÜBERLEBENDEN UND IHREN NACHKOMMEN 2008
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | Einwohner | Bemerkungen |
---|---|---|
1875 | 3738 | |
1890 | 3446 | (davon 42 Katholiken und 42 Juden) |
1910 | 3270 | |
1933 | 4322 | |
1939 | 7461 | |
1959 | 4438 | |
1970 | 5563 | |
1979 | 6049 | |
1989 | 6728 | |
2002 | 7216 | |
2010 | 6400 |
Anmerkung: Volkszählungsdaten
Stadtgemeinde Bagrationowsk
Durch eine Struktur- und Verwaltungsreform<ref>Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 253 vom 30. Juni 2008, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009</ref> innerhalb der Oblast Kaliningrad im Jahre 2009 wurden im Rajon Bagrationowsk eine Stadtgemeinde und vier Landgemeinden gebildet, denen alle Ortschaften („Siedlungen“) innerhalb des Rajons zugeordnet wurden. Bagrationowsk bildet dabei alleine die Bagrationowskoje gorodskoje posselenije (Stadtgemeinde Bagrationowsk) – neben den vier Landgemeinden Dolgorukowo (Domtau), Gwardeiskoje (Mühlhausen), Niwenskoje (Wittenberg) und Pogranitschny (Hermsdorf).
Wappen
Blasonierung: „Von Schwarz und Silber geteilt; oben ein wachsender, goldener, rotbewehrter Löwe, unten nebeneinander drei schwarze Deutschordenskreuze.“<ref>Deutsches Städtebuch - Handbuch städtischer Geschichte von Prof. Dr. Erich Keyser, Herausgegeben 1939 vom W. Kohlhammer Verlag Stuttgart Band I Nordostdeutschland Seite 95/96</ref>
Die Burg Ilaw nebst dem dabei erwachsenen Orte gab Hochmeister Johann von Tiefen dem Ordensbruder Heinrich Reuß von Plauen auf Lebenszeit. Dessen Wappen war ein goldener Löwe in Schwarz. Obiges Wappen zeigt das älteste bekannte SIGILLVM CIVITATIS EILV. BORVSS. ANNO 1558.<ref>Deutsche Ortswappen von Prof. Otto Hupp, Herausgegeben 1925 von der Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft Bremen</ref>
Kirche
Evangelisch
Kirchengemeinde
Die Reformation fasste in Preußisch Eylau schon früh Fuß. Der erste namentlich bekannte lutherische Geistliche war Pfarrer Johann Karaus, der bereits 1535 in der Stadt amtierte. Sehr bald wurde auch ein zweiter Geistlicher („Diakonus“) eingesetzt. Gehörte Preußisch Eylau ursprünglich zur Inspektion Bartenstein (heute polnisch: Bartoszyce), so war die Stadt bis 1945 dann Superintendentursitz und namensgebender Ort des Kirchenkreises, der innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union eingegliedert war.
Flucht und Vertreibung in den Jahren 1945 und später ließen die Gemeinde fast auf Null schrumpfen. In den 1990er Jahren entstanden in der Oblast Kaliningrad neue evangelische Gemeinden, nicht aber in Bagrationowsk. Die nächstliegende Gemeinde ist die Dorfkirchengemeinde in Gwardeiskoje (Mühlhausen) in zehn Kilometern Entfernung. Sie ist eine Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) und gehört zur Propstei Kaliningrad<ref>Ev.-luth. Propstei Kaliningrad</ref> der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER).
Kirchengebäude
Zwischen 1525 und 1945 war die alte Pfarrkirche<ref>Die evangelische Kirche in Preußisch Eylau</ref> evangelisches Gotteshaus. In den Jahren 1317 bis 1325 war sie im Stil der Backsteingotik errichtet worden. 1807 wurde sie im Zusammenhang der Schlacht bei Preußisch Eylau beschädigt, erfuhr 1879 eine grundlegende Veränderung und kam 1945 mit nur wenigen Beschädigungen glimpflich davon. Bis in die 1960er Jahre war die Kirche Pferdestall, seither wird sie als Fabrikhalle und Speicher benutzt. Der bauliche Zustand ist stabil, das Gebäude denkmalgeschützt.
Pfarrer
Die Stadt Preußisch Eylau mit dem dazugehörigen Kirchspiel betreuten bis 1945 jeweils zwei Geistliche<ref>Friedwald Moeller, Altpreußisches Evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, Seite 114-115</ref>:
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Kirchenkreis
Vor 1945 war Preußisch Eylau Superintendentursitz und namensgebender Ort eines Kirchenkreises innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Dem Kirchenkreis Preußisch Eylau waren 21 Pfarrorte mit ihren Kirchspielen zugehörig, die heute zum Teil auf russischem (RUS), zum Teil aber auch auf polnischem (PL) Staatsgebiet liegen<ref>Kirchenkreis Preußisch Eylau</ref>:
Name (bis 1946) | Heutiger Name/Staat | Name (bis 1946) | Heutiger Name/Staat | |
---|---|---|---|---|
Albrechtsdorf | Wojciechy/PL | Kreuzburg | Slawskoje/RUS | |
Almenhausen–Abschwangen | Kaschtanowo–Tischino/RUS | Landsberg | Górowo Iławeckie/PL | |
Borken | Borki/PL | Mühlhausen | Gwardeiskoje/RUS | |
Buchholz | Bukowiec/PL | Petershagen | Pieszkowo/PL | |
Dollstädt | Krasnosnamenskoje/RUS | Preußisch Eylau | Bagrationowsk/RUS | |
Eichhorn | Wiewiórki/PL | Reddenau | Rodnowo/PL | |
Groß Peisten–Hanshagen | Piasty Wielkie–Janikowo/PL | Schmoditten | Rjabinowka/RUS | |
Guttenfeld | Dobrzynka/PL | Stablack (ab 1938) | Dolgorukowo/RUS | |
Jesau | Juschny/RUS | Tharau | Wladimirowo/RUS | |
Kanditten | Kandyty/PL | Uderwangen | Tschechowo/RUS | |
Klein Dexen (bis 1937) | Furmanowo/RUS |
Katholisch
Bis 1945 gab es in Preußisch Eylau eine römisch-katholische Pfarrgemeinde, deren Bestand ebenfalls durch Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg endete. Preußisch Eylau gehörte damals zum Bistum Ermland.
Orthodox
Seit den 1990er Jahren gibt es in Bagrationowsk eine orthodoxe Gemeinde, die über ein neu errichtetes Gotteshaus verfügt. Sie ist in die Diözese Kaliningrad und Baltijsk (Königsberg und Pillau) der Russisch-Orthodoxen Kirche eingegliedert.
Städtepartnerschaften
- Deutschland Verden, Deutschland
- Polen Bartoszyce, Polen
- Polen Górowo Iławeckie, Polen
- Polen Korsze, Polen
- Litauen Jonava, Litauen
Söhne und Töchter der Stadt
- Theophil Ernst Kriese (1785–1848), deutscher Schriftsteller und Pädagoge
- Carl Böttcher (1838–1900), deutscher Pädagoge
- Hugo Falkenheim (1856–1945), deutscher Arzt und letzter Vorsitzender der Königsberger jüdischen Gemeinde
- Konrad Theodor Preuss (1869–1938), deutscher Ethnologe
- Georg Matern (1921–2005), deutscher Maler
Preußisch Eylau in der Weltliteratur
Die Schlacht bei Preußisch Eylau von 1807 ist der Ausgangspunkt der 1832 von Honoré de Balzac geschriebenen Erzählung Le Colonel Chabert. Der Titelheld wird als Oberst unter dem französischen Feldmarschall Joachim Murat (1806–1808 Großherzog von Berg-Düsseldorf/Nordrhein-Westfalen) bei „Eylau“ schwer verwundet und für tot gehalten, bei Heilsberg in einem Massengrab lebendig beerdigt, jedoch durch eine Heilsberger Bauersfrau gerettet.
Literatur
- Horst Schulz: Der Kreis Preußisch Eylau. Verden 1983.
- Horst Schulz (Bearb.): In Natangen. Der ostpreußische Landkreis Preußisch Eylau in 1470 Bildern. Verden 1986. ISBN 3-9801029-1-2.
- Horst Wolf: Ich sage die Wahrheit, oder ich schweige. Als Arzt in Preußisch Eylau/Ostpreußen bei der Roten Armee. Leer 2. Aufl. 1987.
- Horst Schulz (Bearb.): Die Städte und Gemeinden des Kreises Preussisch Eylau. Geschichte und Dokumentation. Verden 1990.
- Horst Schulz: Preußisch Eylau — eine Kreisstadt in Ostpreußen. Geschichte, Dokumentation, Erinnerungen, Literatur. Lübeck 1998.
Einzelnachweise
<references/>
Weblinks
- Bagrationowsk auf mojgorod.ru (russisch)
- Umfangreiche private Website zu Bagrationowsk (russisch)
Verwaltungszentrum: Kaliningrad
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Anmerkungen: S – Sitz eines Stadtkreises, R – Verwaltungszentrum eines Rajons