Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey)


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Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey)
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Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey), Turm der Abteikirche von Westen her

Die Abtei Tholey in Tholey im Saarland ist ein Benediktinerkloster im Bistum Trier und gehört der Beuroner Kongregation an. Die Abteikirche steht unter dem Patrozinium des Heiligen Mauritius. Patroziniumstag der Abteikirche ist der 22. September.

Geschichte

Die Stiftung Tholeys durch Adalgisel Grimo

Der fränkische Adelige und Diakon der Verduner Kirche, Adalgisel Grimo, bestimmte am 30. Dezember 634 in seinem Testament, dass sein Besitz im Ort Tholey mitsamt der dort von ihm errichteten "loca sanctorum" an das Bistum Verdun, dem zu dieser Zeit Bischof Paulus vorstand, fallen sollte. Auf Bitten Adalgisel Grimos entsandte der Bischof von Trier, der auch die Tholeyer Kirche weihte, Kleriker nach Tholey.

Die lateinische Urkunde<ref>Das große Pergamentblatt der Urkunde ist fast 61 cm hoch und 43 cm breit. An den Rändern ist die Urkunde allerdings sehr stark beschädigt. Durch Feuchtigkeit sind ganze Stücke vermodert und abgebröckelt, so dass auch ein Teil der Schrift verlorenging, was die Übersetzung und Interpretation der Urkunde deutlich erschwert hat. Das brüchige Pergament wurde in der Zeit der französischen Herrschaft zum Schutz auf zwei beschriebene Papierblätter geklebt. In den 1930iger Jahren wurden die Ränder noch einmal mit Papier unterklebt.</ref> des Adalgisel Grimo zur Schenkung Tholeys an das Bistum Verdun gilt heute als die älteste erhaltene Urkunde des Rheinlandes.<ref>http://www.landeshauptarchiv.de/index.php?id=362, abgerufen am 30. November 2014.</ref><ref>Hans-Walter Herrmann: Das Grimo-Testament, Die älteste Urkunde des Rheinlandes, in: Zeugnisse rheinischer Geschichte, Urkunden, Akten und Bilder aus der Geschichte des Rheinlandes, Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, 1982, S. 9-10.</ref><ref>Wilhelm Levison: Das Testament des Diakons Adalgisel-Grimo vom Jahre 634, in: Trierer Zeitschrift VII 1932, Heft 1 und 2, S. 69-85.</ref><ref>Ulrich Nonn: Zur Familie des Diakons Adalgisel-Grimo, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte, 1. Jhg. 1975, S. 11-19.</ref> Sie ist nicht mehr im Original des Jahres 634, sondern in einer leicht beschädigten, aber glaubwürdigen Abschrift des 10. Jahrhunderts auf Pergament erhalten und wird heute im Landeshauptarchiv in Koblenz aufbewahrt.<ref>LHAKo Bestand 1 A, Nr. 1, Grimo Testament</ref><ref>Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien I, Coblenz 1860, Nr. 6, S.5-8</ref> Adalgisel Grimo, der über zahlreiche, weit gestreute Güter im austrasischen Reichsteil, vor allem zwischen der Maas, den Ardennen und dem Hunsrück, verfügte, war nach eigener Aussage an der Verduner Domkirche erzogen worden. Sein Stammbesitz könnte durch Zuweisung bei der Landnahme der Franken am Ende des 5. und zu Beginn des 6. Jahrhunderts und nicht durch aktiven Landesausbau in den Besitz seiner Familie gekommen sein, denn die in der Urkunde genannten Orte tragen alle vorgermanische Namen. Die Verwandtschaft Adalgisel Grimos mit dem Herzog Adalgisel gilt als gesichert. Dieser Herzog führte zusammen mit Bischof Kunibert von Köln die Regentschaft für den unmündigen Unterkönig Sigibert III. und ist auch in der näheren Umgebung von König Childerich II. nachzuweisen.

Nach dem Bau seiner Eigenkirche in Tholey hatte sich Adalgisel Grimo an den Trierer Bischof, vermutlich Moduald, mit der Bitte gewandt, Kleriker zu schicken und die Tholeyer Kirche zu weihen. Darüber hinaus wurde in der Urkunde der Bezug des Taufchrisams gegen eine jährliche Zahlung an das Bistum Trier geregelt. Während Trier die geistlichen Besitzrechte an Tholey zukommen, werden die weltlichen Rechte dem Bischof von Verdun zugesprochen. Der heutige Kirchenpatron Tholeys, der heilige Mauritius, wird in der Urkunde nicht genannt. Der Urkundentext ist insofern eindeutig, als in Tholey nicht einem einzelnen Pfarrer, sondern einer Klerikergemeinschaft die Seelsorge obliegt. Es bleibt offen, ob dies eine lockere Gemeinschaft von Weltgeistlichen (Stiftsherren wie später im Stift St. Arnual an der Saar) war, oder eine monastisch geregelte Gemeinschaft nach dem benediktinischen oder columbanischen Vorbild. Nicht ganz klar ist auch, warum Adalgisel Grimo die Niederlassung in Tholey „loca sanctorum“ und nicht „ecclesia“ oder „basilica“ nennt. Ebenfalls ist unklar, was der Stifter mit den Ortsbezeichnungen „Domo et Teulegio“, „Doma aut Toleio“ oder „Doma vel Taulegius“ meint. Während der zweite genannte Ort dem heutigen Tholey zugeordnet werden kann, bleibt die Bedeutung von „Domo“ bzw. „Doma“ verborgen.

Die Verbindung der späteren Abtei Tholey mit dem Bistum Verdun blieb das ganze Mittelalter über bestehen und wurde in den 1680er Jahren von französischen Gerichten als Rechtsgrund angeführt, in den sogenannten „Reunionen“ das gesamte Schaumberger Land mit dem Königreich Frankreich zu vereinigen.<ref>Hans-Walter Herrmann: Das Testament des fränkischen Adeligen Adalgisel Grimo, in: Wolfgang Haubrichs, Gert Hummel (Hrsg.): Tholey 634-1984, Wissenschaftliche Vorträge gehalten aus Anlaß des 1350-jährigen Jubiläums von Ort und Abtei Tholey, Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, Band 96, St. Ottilien 1985, 260-276. </ref> Die Stiftung Tholeys an das Bistum Verdun lautet wie folgt:<ref> Hans-Walter Herrmann: Das Testament des Adalgisel Grimo, in: 22. Bericht der staatlichen Denkmalpflege im Saarland, Abteilung Bedenkmalpflege, 1975, S. 67-89.</ref>

„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. (…) An den 3. Kalenden des Januar im 12. Regierungsjahr unseres ruhmreichen Königs Dagobert. Ich, Adalgisel, der auch Grimo genannt wird, zwar Sünder, dennoch durch Gottes Gnade (Diakon). (…) Woraus dennoch mein Herz, wenn es Gott gefällt und die Barmherzigkeit Gottes (…) der Völker zusammenzufügen, mit welchem Eifer wir uns, nachdem wir die Zeitlichkeit dieser Welt vertauscht haben, freuen, ohne Verbrechen, aber nicht ohne Heil zu sein, wodurch wir, ein wenig der Fesseln der Strafe entledigt, nicht den kommenden Tag des Gerichtes fühlen, sondern das Heilmittel (…) und bis dahin nicht die verehrungswürdige Verhandlung (gemeint ist das Jüngste Gericht) den zu Verdammenden verurteilt, wie ich schuldiger und unwürdiger Sünder, der viel eher in seinen Sünden untergehen müsste, angeregt von dem Herrn aus der Höhe (…) Verzeihung zu erlangen verdienen möge.

Deswegen habe ich Sünder Grimo für mein Seelenheil und als bereitwilligste Opfergabe für soviel abzuwaschende verderbliche Sünden durch die Reihe dieser Verfügungen (…) mein Testament gemacht und den ehrwürdigen Diakon Erchenulf beauftragt, es zu schreiben. (Es folgt eine Reihe von Stiftungen.)

Den Ort mit dem Beinamen Domo und die Befestigung Tholey, in den Vogesen<ref>Der Begriff „Vogesen“ bedeutete in dieser Zeit ein größeres waldiges Gebirge als das heutige Vogesengebiet im Elsass und in Lothringen.</ref> gelegen, wo ich zur Ehre Gottes eine Stätte der Heiligen erbaut habe und wohin der Bischof von Trier auf meine Bitten Kleriker geschickt hat, die dort dienen (gemeint ist hier die Verrichtung der Seelsorge), in unversehrter Gänze, so wie es gegenwärtig von mir besessen wird, mit Feldern, Wiesen, Wäldern und Hörigen, Gebäuden, mit allem seinem Recht, mit Zubehör, Einkünften, gekauften Häusern und was zur Zeit meines Todes in diesem Ort gefunden werden wird, alle und alles, so wie es diese Urkunde, die ich in der Kirche zu Verdun gemacht habe, enthält, soll diese Kirche selbst (gemeint ist Verdun) in ihr Recht und ihre Herrschaft erhalten und soll sie als Verwalter im Namen Gottes besitzen. (Es folgt eine Reihe von Stiftungen an anderen Orten.)

Wenn eine Verbesserung, eine Löschung, oder ein Zusatz in dieser meiner Verfügung gefunden wird, habe ich es gemacht oder gewollt, dass es gemacht wird, insofern ich öfter auf meine Verfügung zurückkomme und sie nach meinem Willen ausrichte. Wenn irgendjemand versuchen sollte, gegen meinen Willen oder meine Verfügung zu handeln oder sich ihr entgegenzustellen, ob Verwandte oder eine andere sich widersetzende Person, soll er Gott zum Gegner haben und dem Fiskus gemäß Gesetz zehn Pfund Gold und fünfzig Pfund Silber zahlen. Unveränderlich soll meine Verfügung in fester Beständigkeit bleiben. Diese Verfügung aber habe ich mit eigener Hand unterschrieben und ehrenwerte und viel vermögende Männer gebeten zu unterschreiben. Euch aber, Vornehme und Mächtige bitte ich inständig und beschwöre euch bei dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, dass ihr nicht zulasst, dass meine gegenwärtige Willenserklärung und Verfügung von irgendeiner Person umgestoßen, gebrochen oder verändert wird.

Geschehen zu Verdun.

Und ich halte es für gut noch zu schreiben, dass, weil diese heiligen Stätten in dem vorgenannten Ort Doma beziehungsweise Tholey von dem Bischof von Trier auf meine Bitten geweiht wurden, künftig eben dieser Bischof vielleicht in Erwägung ziehen sollte, eine andere Abgabe von der obengenannten Verduner Kirche zu verlangen, er nichts anderes verlangen kann als für das Tauföl, nämlich 31 Goldstücke, die jährlich der Trierer Kirche für das Öl zu zahlen sind. Darüber hinaus aber soll ihm keine Abgabe geleistet werden, wenn es nicht von der Verduner Kirche dort bestimmt wird; und wenn aus irgendeiner Absicht der Bischof von Verdun oder sein Sachwalter gegen die Verduner Kircher wegen des oben genannten Ortes vorgehen oder Gegenteiliges anstrengen würden, soll die Kirche von Verdun alles, was ich der Trierer Kirche zugewiesen habe, zu ihrer Verfügungsgewalt und Herrschaft erhalten. Unveränderlich soll der Verduner Kirche der schon genannte Ort Doma oder Tholey in seiner ungeschmälerten Ganzheit, wie oben gesagt, mit Christi Gnade gehören.

Ich Grimo, Sünder, habe dieses Testament, das ich freiwillig aus Gottergebenheit erstellt habe, gelesen und unterschrieben. In Christi Namen Paulus, von Gottes Gnaden Bischof habe auf Bitten des Obengenannten dieses Testament unterschrieben. Ich, Gisloald, Archidiakon, habe auf Bitten des Diakons Grimo das Testament unterschrieben. Haderich, Priester, der auch Bettilo genannt wird, habe auf Bitten des Diakons Grimo das Testament unterschrieben. Ich Meroald, Diakon, habe auf Bitten des Diakons Grimo das Testament unterschrieben. Magnoald. Ansemund. Ich Herenulf, Diakon, habe auf Bitten des Diakons Grimo dieses Testament geschrieben und unterschrieben.“

Mittelalter

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Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey), Sandstein-Statue des heiligen Mauritius als Anführer der Thebaischen Legion mit der legendären Heiligen Lanze in der Hand, Abteivorplatz, 2,46 x 0,80 m, Bildhauer Jakob Jausel (Kaiserslautern), 1920er Jahre<ref>Kunst im öffentlichen Raum, Saarland, Bd. 4, Landkreis St. Wendel, 1945-2012, Aufsätze und Bestandsaufnahme, hrsg. v. Jo Enzweiler, Institut für aktuelle Kunst im Saarland an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken 2013, S. 314.</ref>
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Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey), Bogenfeld des Portals mit auferstehendem Christus
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Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey), Tholeyer Rätselstein aus dem Jahr 1515 mit der lateinischen Inschrift "Captus erat Gallus, coeunt cum rure cohortes" (Übersetzung: Der Hahn war gefangen, es kämpften Kohorten mit Bauern), Hintergrund: Im Jahr 1525 war der französische König Franz I. von kaiserlichen Truppen im italienischen Pavia gefangengenommen worden. Im gleichen Jahr wurden die Bauernheere des Deutschen Bauernkrieges von den fürstlichen Heeren besiegt. Durch das Aufhalten der Bauernhaufen in St. Wendel war die Gefahr einer Plünderung der Abtei Tholey weggefallen. Die lateinischen Buchstaben M,C,L und V ergeben als römische Zahlen das Jahr 1525.

Die heute noch bestehende Klosteranlage befindet sich auf den Trümmern einer römischen Bäderanlage. Vermutlich noch im 7. Jahrhundert bildete sich an dieser Stelle eine Klerikergemeinschaft zunächst columbanischer Prägung.

Auf Weisung von Magnerich, von 566 bis 600 Bischof von Trier, schlossen sich die Eremiten zu klösterlichen Gemeinschaften zusammen. Einer solchen ersten Gemeinschaft am Fuße des Schaumbergs soll der Legende nach der heilige Wendelin als erster Abt von Tholey vorgestanden haben.

Im Zeitraum der Jahre 662 bis 675 verließ der Tholeyer Abt Craudingus das Kloster und gründete westlich von Verdun in den Argonnen das Kloster St. Maurice de Beaulieu (Waslogium / Beaulieu-en-Argonne). In Tholey setzte er als seinen Nachfolger seinen Neffen Croduin/Froduin ein. Beide hatten als Äbte den Rang eines Bischofs inne. Für seine Neugründung erhielt Craudingus vom merowingischen König Childerich II. Land und Privilegien. Craudingus wurde später in der Diözese Verdun unter dem Namen St. Rouin als Heiliger verehrt.

Im Jahr 781 kam es zwischen dem Tholeyer Abt Anno und Bischof Petrus von Verdun zu einem Gütertausch, bei der das Haupt des heiligen Bischofs Paulus von Verdun als Reliquie nach Tholey überführt wurde. Im Jahr 853 beschenkte die Witwe des Grafen Nithad, Erkanfrida, zu ihrem Jahrgedächtnis das Kloster Tholey mit hundert Solidi. Kaiser Lothar I. und dessen Sohn Lothar II. entzogen Tholey im Zeitraum der Jahre 843 bis um 865 dem Bischof von Verdun und gaben es an Laienäbte, darunter an den namentlich genannten Adalhelm. Um das Jahr 865 erwarb Bischof Hatto von Verdun das Kloster mit Unterstützung des Papstes für das Bistum Verdun zurück. Die Bischöfe von Verdun besetzten von nun an für etwa die nächsten hundert Jahre den Abtsstuhl von Tholey in Personalunion. Bischof Hatto hatte vor dem Jahr 869 Reliquien der heiligen Verduner Bischöfe Maurus, Salvinus und Arator nach Tholey überführen lassen. Am 31. Dezember 879 starb Bischof Bernhard von Verdun in Tholey und wurde im Kloster beigesetzt, wo er noch im 16. Jahrhundert als Heiliger verehrt wurde.<ref>Wolfgang Haubrichs, Gert Hummel (Hrsg.): Tholey 634-1984, Wissenschaftliche Vorträge gehalten aus Anlaß des 1350-jährigen Jubiläums von Ort und Abtei Tholey, Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, Band 96, St. Ottilien 1985, S. 364.</ref>

Das benediktinische Leben begann in Tholey vermutlich um die Mitte des 8. Jahrhunderts. Erstmals schriftlich als Benediktinerkloster bezeugt wurde Tholey in den Jahren 916/917 unter dem Verduner Bischof Dabo, einem Neffen Bernhards von Verdun. Um das Jahr 947 gab Bischof Bernger von Verdun, ein Verwandter Kaiser Ottos des Großen und Anhänger der lothringischen Klosterreform, dem Kloster Tholey einen regulären Abt.

Der Tholeyer Abt Eberwin III., der seit etwa 996 bereits Abt von St. Martin in Trier gewesen war, unternahm zusammen mit seinem Freund, dem Verduner Mönchsreformer Richard von St. Vanne eine Pilgerfahrt ins Heilige Land, bei der sie auf der Rückreise vom byzantinischen Mönch Simeon von Trier begleitet worden waren. Abt Eberwin schrieb nach dem Tod von Simeon am 1. Juni 1035 dessen Vita auf und betrieb massiv dessen Heiligsprechung, sodass Simeon bereits im Dezember 1035 durch Papst Benedikt IX. heiliggesprochen wurde. Damit war Simeon nach Ulrich von Augsburg der zweite Heilige, der offiziell kanonisiert wurde.

Im 10. Jahrhundert geriet die Abtei Tholey in zunehmendem Maße unter den Einfluss des Erzstiftes Trier und wurde eines von fünf unter Erzbischof Radbod eingerichteten Archidiakonaten.

Der am 1. Juni 1066 in Ürzig ermordete Trierer Erzbischof Kuno I. von Pfullingen, der Neffe des Kölner Erzbischofs Anno II., wurde auf Betreiben des Verduner Bischofs Theoderich am 25. Juli 1066 in einer an die Tholeyer Abteikirche angebauten Grabkapelle bestattet und wurde ab diesem Zeitpunkt als Mitpatron neben dem heiligen Mauritius verehrt. Autor der Vita Kunos, die zahlreiche angebliche Wunder des Ermordeten schilderte, war der Tholeyer Mönch Theoderich, der in seinem zwischen 1056/1080 verfassten Werk ("Vita et Passio") auch stark antipäpstliche Tendenzen aufscheinen ließ. In der Folgezeit entwickelte sich eine blühende Wallfahrt zum Grabe des als heilig verehrten Kuno und noch im 18. Jahrhundert wurde den Pilgern in Tholey die von Schwertstößen durchbohrte Tunika des Heiligen gezeigt.<ref>Franz-Josef Reichert: St. Cuno – ein vergessener Heiliger unserer Region, Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld, Mitteilungen, 75. Jahrgang, S. 41-70, 2001.</ref><ref>Alfred Heit: Kuno (Konrad) I., in: Lexikon des Mittelalters, Band 5, München/Zürich 1991, , Sp. 1572.</ref>

Um das Jahr 1142 schwor Abt Theoderich von Tholey dem Trierer Erzbischof Albero von Montreuil den Oboedienzeid. Im Jahr 1171 wurde der Tholeyer Abt Gregor aus dem Hause der Grafen von Blieskastel zusätzlich Abt des Klosters Prüm.<ref>Wolfgang Haubrichs, Gert Hummel (Hrsg.): Tholey 634-1984, Wissenschaftliche Vorträge gehalten aus Anlaß des 1350-jährigen Jubiläums von Ort und Abtei Tholey, Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, Band 96, St. Ottilien 1985, S. 365.</ref>

Abt Hugo (1264–1280) begann mit dem Bau der heute noch bestehenden frühgotischen Abteikirche. Im Jahr 1332 brannte die Tholeyer Abteikirche aus, wobei Reliquien auf als Wunder gedeutete Weise gerettet werden konnten.

Abt Thomas II. aus dem Geschlecht der Herren von Sötern leitete im Jahr 1422 eine benediktinische Reformsynode in Trier. Unter Abt Damian von Lommersweiler wurde im Jahr 1485 die Reform des Klosters Tholey durchgeführt, sodass nach einer Phase des Niedergangs der Konvent der Abtei im Jahr 1483 der Bursfelder Kongregation beitrat. Sieben Reformmönche aus der Abtei Maria Laach und einer aus St. Pantaleon in Köln sorgten unter dem aus den Niederlanden stammenden Abt Gerhard von Hasselt (1489–1517) für einen neuen Aufschwung der Abtei. Abt Gerhard von Hasselt war zuvor Mönch in Maria Laach gewesen und gilt als eine der führenden Persönlichkeiten der Bursfelder Reformkongregation. Sein Werk wurde von Abt Balthasar aus Utrecht fortgeführt.

17. Jahrhundert

Unter Abt Antonius von Trier kam es in den Jahren 1613–1616 zu einem Konflikt zwischen der Abtei Tholey und dem lothringischen Herzog Heinrich II., der Tholey seinem unehelich geborenen Sohn Heinrich als Eigentum übergeben wollte. In den Jahren 1617–1638 führte der Tholeyer Abt Martinus Nennich eine erneute innere Reform des Konventes durch, die jedoch durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges unterbrochen wurden. Der Abt musste mehrere Male nach Trier flüchten und am Weihnachtsabend des Jahres 1631 plünderten schwedische Truppen das Kloster.

Zu weiteren kriegerischen Plünderungen kam es unter Abt Mauritius Groffius im Jahr 1655 durch französische Truppen und unter Abt Mauritius Gralinger im Jahr 1696 durch kaiserliche Truppen.<ref>Wolfgang Haubrichs, Gert Hummel (Hrsg.): Tholey 634-1984, Wissenschaftliche Vorträge gehalten aus Anlaß des 1350-jährigen Jubiläums von Ort und Abtei Tholey, Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, Band 96, St. Ottilien 1985, S. 366-367.</ref>

18. Jahrhundert

Erst in den Jahren 1712–1730 konnte das Kloster unter Abt Caspar de Roussel renoviert werden. Ein neues Dormitorium wurde errichtet und die Abteikirche mit barocken Altären ausgeschmückt. Die Bauarbeiten wurden unter Abt Theobert d´Hame aus St. Wendel weitergeführt, der das Kirchendach restaurieren ließ und eine neue Orgel anschaffte. Nach seinem Tod im Jahr 1759 gelang es dem Herzogtum Lothringen und dem Königreich Frankreich mit wachsendem Erfolg, Kommendataräbte für Tholey zu ernennen. Somit wurden die Tholeyer Einkünfte des Kirchen- und Klostervermögens auf eine Person unter Befreiung von den Amtspflichten übertragen, was zur wachsenden Zerrüttung der Vermögensverhältnisse und der klösterlichen Disziplin führte. Im Jahr 1787 wechselten Tholey und das Amt Schaumburg durch Tausch von der französischen Krone an das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken.

Im Jahr 1793 wurde das Kloster durch französische Revolutionstruppen besetzt, geplündert und gebrandschatzt sowie im gleichen Jahr aufgehoben. Der Konvent flüchtete. Das Klosterarchiv und die Bibliothek wurden weitgehend vernichtet oder zerstreut. Das Kloster wurde als französische Domäne eingezogen.<ref>Stefan Flesch: Artikel "Tholey", in: Lexikon des Mittelalters, Band VIII, Sp. 697-698, Stuttgart 2002.</ref> Im Jahr 1798 wurden die Klostergebäude versteigert und von einem Privatmann angekauft.

19. Jahrhundert

Im Jahr 1806 wurden die Abteikirche als Pfarrkirche und die an die Kirche angebauten Abbatialgebäude als Pfarrerwohnung Eigentum der Gemeinde. Weitere Klostergebäude waren abgerissen worden.

20. Jahrhundert

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Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey), Grablege von Abt Dr. Petrus Borne vor dem Mauritiusaltar

Die Abtei wurde am 8. Dezember 1949 durch Papst Pius XII. kanonisch wiedererrichtet und am 23. April 1950 von Mönchen aus der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier besiedelt.<ref>Paulus Gordan: St. Matthias zu Trier. In: Erbe und Auftrag, Jg. 43 (1967), S. 238–240, hier S. 239.</ref> Der heutige Pfortenbau wurde im Jahr 1954 errichtet. Die Renovierung der Kirche wurde zur Zeit des Abtes Petrus Borne in den Jahren 1957–1963 mit staatlicher und diözesaner Unterstützung der Regierung des Saarlandes und des Bistums Trier durchgeführt. Dabei wurde der Kirchenraum nach liturgischen Gesichtspunkten neugestaltet. In dieser Zeit gründete Pater Maurus Sabel (1912–2012) die Tholeyer Sängerknaben (1950–1978), einen überregional viel beachteten Knabenchor. Neugründungsabt Petrus Borne starb am 3. März 1976. Sein Nachfolger wurde im Jahr 1976 Hrabanus Heddergott, der wegen Differenzen mit dem Konvent am 26. November 1981 resignierte, sodass Pater Athanasius Weber als Prior-Administrator auf drei Jahre das Kloster leitete. In dieser Zeit wurden die Restaurierungsarbeiten am Kapitelsaalgebäude abgeschlossen. Am 11. März 1985 wählte der Konvent Pater Makarios Hebler zum neuen Abt von Tholey. Hebler, der aus Essen stammte und am 28. Oktober 1971 in die Abtei gekommen war, begann im Jahr 1985 die Restaurierung des Abtsgebäudes. Im November 1997 übernahm Abt Makarios auch das Amt des Pfarrers von Tholey. Mehr als ein Jahrzehnt hatte er die Leitung und Herausgabe der "Studia Regulae Benedicti – interdisziplinäre Studien zur Klosterregel des Hl. Benedikt" inne.<ref>Wolfgang Haubrichs, Gert Hummel (Hrsg.): Tholey 634-1984, Wissenschaftliche Vorträge gehalten aus Anlaß des 1350-jährigen Jubiläums von Ort und Abtei Tholey, Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, Band 96, St. Ottilien 1985, S. 367.</ref><ref>http://www.orden-online.de/wissen/h/hebler-makarios/, abgerufen am 29. November 2014.</ref>

21. Jahrhundert

Im Jahr 2008 stand die Abtei kurz vor dem finanziellen Ruin. Abt Makarios Hebler resignierte darauf am 31. August 2008.<ref>http://www.orden-online.de/wissen/h/hebler-makarios/, abgerufen am 29. November 2014.</ref> Durch den Verkauf von etwa 80 Hektar Land an die Gemeinde Tholey, Unterstützung durch den rund 200 Mitglieder umfassenden Förderverein sowie durch Sponsoren und Finanzmittel vom saarländischen Wirtschaftsministerium und der EU konnte sich die Abtei wirtschaftlich konsolidieren und Bau- und Renovierungsmaßnahmen in Angriff nehmen.<ref>Finanzmittel</ref> Unter anderem entstanden eine barocke Grünanlage, ein neues Gewächshaus, eine Imkerei und repräsentative schmiedeeiserne Tore für die Zugänge. Heute arbeiten die Mönche in der Seelsorge und betreiben eine Gastwirtschaft und ein Gästehaus. Im Jahr 2013 leben 12 Mönche in der Abtei.<ref>Birgit Reichert: Runderneuert: Deutschland ältestes Kloster. Trierischer Volksfreund, 29. April 2013.</ref>

Abteikirche

Datei:Benediktinerabtei Tholey.JPG
Die Abteikirche vom Schaumberg aus betrachtet
Datei:Tholey2.jpg
Weitere Ansicht der Kirche
Datei:Tholey Abteikirche Kirchenschiff.jpg
Blick ins Innere der Abteikirche

Architektur

Die heutige Abteikirche ist eine querhauslose dreischiffige gotische Anlage aus der Mitte und zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.<ref>Franz-Josef Reichert: Die Baugeschichte der Benediktiner-Abtei Tholey; Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, Bd. 3; Institut für Landeskunde im Saarland, Saarbrücken 1961.</ref><ref>Martin Klewitz: Das Saarland, 3., veränderte und erweiterte Auflage 1982, S. 51.</ref>

Bau des Adalgisel-Grimo

Der erste rechteckige Kirchenbau des fränkischen Adeligen Adalgisel Grimo wurde Anfang des 7. Jahrhunderts in den Resten einer römischen Badeanlage errichtet. Da sich jeder Neubau der Klosterkirche im Verlauf der Jahrhunderte an der Ursprungsausrichtung der römischen Badeanlage orientierte, ist der heutige Sakralbau nicht vollständig geostet.

Erweiterungsmaßnahmen

Um das Jahr 750 wurde die Kirche durch eine rechteckige Choranlage erweitert. Nach dem Jahr 1066 wurde die Klosterkirche unter Einbeziehung der Grablege des als Märtyrer verehrten Trierer Bischofs Kuno von Pfullingen unter dem Sakramentsaltar zu einem dreischiffigen Rechteck erweitert. In den Jahren 1216 bis 1230 wurde dieser Bau zum Schutz vor Bränden eingewölbt. Dennoch fiel die Kirche bereits im Jahr 1230 mitsamt den Klostergebäuden einem Großbrand zum Opfer.

Mittelalterliche Neubaumaßnahmen

Im Jahr 1236 begann man am Ort der Brandruine mit der Errichtung einer neuen Klosterkirche mit drei Apsiden im romanischen Stil. Noch vor seiner Vollendung fiel dieser Bau einem weiteren Brand anheim. Als man im Jahr 1260 mit den Arbeiten zur jetzigen Kirche begann, beließ man das romanische Fundament des nicht vollendeten Vorgängerbaues und errichtete hierauf dem Stil der Zeit entsprechend unter trierischem und lothringisch-burgundischem Einfluss eine frühgotische Kirche. Der Formenapparat der klassischen französischen Gotik wurde in Tholey auf ein monastisches Minimum reduziert. Das Hauptportal im Nordwesten entspricht in seiner Struktur in etwa dem Hauptportal der Trierer Liebfrauenkirche. Das Bogenfeld zeigt in stark verwitterter Form die Auferstehung Jesu. Der wuchtige Westturm wurde von der romanischen Bauanlage übernommen. Das heutige Bauwerk war um das Jahr 1302 vollendet.

Das Langhaus wird von 12 Pfeilern getragen und hat eine Länge von 47 Metern, eine Breite von 20 Metern und eine Höhe von 31 Metern. An den Schlusssteinen der Gewölbe finden sich Blattwerkschmuck und vereinzelte figürliche Darstellungen. Für die Gläubigen des Dorfes war bereits um das Jahr 1000 eine Kapelle mit dem Patrozinium Johannes des Täufers auf dem heutigen Tholeyer Marktplatz errichtet worden, die heute nicht mehr besteht.

Barockzeit, Französische Revolution, Nutzung als Pfarrkirche

Im 18. Jahrhundert wurde die Kirche mit barocken Altären ausgestaltet. Nachdem am 7. Juli 1794 das Kloster aufgehoben worden war und im Jahr 1798 Kirche und Klostergebäude in Metz öffentlich für 50.000 Franken versteigert worden waren, erwarb im Jahr 1806 ein Tholeyer Bürger die Anlage für 1650 neue Gulden und schenkte sie der Gemeinde als Pfarrkirche. Im 19. Jahrhundert wurden an dem Gebäude zahlreiche Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt und die Kirche im Stil des Historismus ausgemalt.

Renovierungsmaßnahmen zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Sakralgebäude in den Jahren 1903 bis 1906 einer großen Renovierung unterzogen und die Turmfundamente weitgehend unterfangen. Auch die Gewölbekappen wurden fast vollständig erneuert. Der Fußboden, den man im Laufe der Jahrhunderte wegen aufsteigenden Grundwassers erhöht hatte, wurde wieder auf sein ursprüngliches Niveau abgesenkt. Auch die historistische Bemalung der Wände und Gewölbe wurde wieder entfernt. Das Gelände um die Kirche wurde tiefer gelegt und durch eine Mauer zur Straße hin abgesichert.

Generalsanierung der Nachkriegszeit

Bei der Renovierung der Kirche in den Jahren 1957 bis 1963 wurden sämtlichen mittelalterlichen Kirchenfundamente durch massive Eisenbetonfundamente ersetzt, die gesamte Steinaußenhaut des Nordseitenschiffes mit den Maßwerkfenstern erneuert sowie der Dachstuhl in Eisenbetonverstrebungen im Sinne einer „Mauerwerkszange“ neu konstruiert. Im Fußboden wurde eine Heizung eingebaut. Liturgisch wurde der Kirchenraum im Stil der Zeit gestaltet, wobei man eine neue Taufkapelle im Westen anbaute und den gotischen Altar mit seinen mittelalterlichen Reliquiennischen zerstörte, um ihn durch einen modernen glatten Blockaltar ersetzen zu können. Der moderne Altar ist mit einem Wabenmuster aus vergoldeten Kupferplatten mit Perlmutteinlagen der Aachener Goldschmiedewerkstatt Schwerdt und Förster geschmückt. Schwerdt und Förster schufen auch das moderne Lesepult, die Leuchter und das Tabernakel in der Sakramentskapelle.

Bei der Sanierungsmaßnahme entfernte man ebenso alle neogotischen Ausstattungsstücke. Das aus dem Jahr 1704 stammende Chorgestühl, von dem heute nur noch die Hälfte des ursprünglichen Bestandes erhalten ist, wurde in Richtung Apsis verschoben. Anstelle des neogotischen Altaraufbaues positionierte man einen um das Jahr 1300 entstandenen Verkündigungsengel vom Seitenpfeiler des Hauptportals in der Apsis der Kirche. Die Bildteppiche des Kreuzweges, die von der Aachener Textilkünstlerin Wirtz-Getz in den 1960er Jahren gefertigt worden waren, wurden in den 1990er Jahren wieder durch neu gerahmte neogotische Kreuzwegstationen ersetzt.<ref>Abtei St. Mauritius Tholey, (Schnell Kunstführer Nr. 1002), München und Zürich 1974.</ref><ref>Franz-Josef-Reichert: Die Baugeschichte der Benediktiner-Abteikirche Tholey; Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, Bd. 3; Institut für Landeskunde im Saarland, Saarbrücken 1961, S. 232-248.</ref>

Kirchenfenster

Im Rahmen der Baumaßnahmen zur Erneuerung der Abteikirche St. Mauritius wurde die nach den Kriegsbeschädigungen des Zweiten Weltkrieges provisorisch eingesetzte Verglasung durch eine künstlerisch gestaltete abgelöst. Abt Petrus Borne, der leitende Architekt, Baurat Heinrich Otto Vogel, und der saarländische Landeskonservator Martin Klewitz übertrugen diese Aufgabe dem Tholeyer Konventsmitglied Pater Bonifatius (bürgerlich Robert Köck).<ref>Robert Köck: Die Bildfenster in der Benediktinerabteikirche zu Tholey, hrsg. von der Abtei St. Mauritius zu Tholey, Tholey 1989.</ref>

Zwischen dem gotischen Kirchenraum und den neuzuschaffenden Fenstern sollte eine Synthese gefunden werden. Im Jahr 1958 begannen die Entwurfsarbeiten. Zunächst hatte Pater Bonifatius figürliche Konzeptionen biblischer und hagiographischer Inhalte vorgesehen. Dann wurden ornamentale Lösungen angedacht. Entscheidende Impulse zur Klärung der eigenen Bildvorstellungen gingen von den Fenstern Georg Meistermanns in der Sepultur am Würzburger Dom vom Jahre 1956 aus. Durch die Lektüre der Exodusgeschichten kam der Durchbruch zu den schließlich verwirklichten Darstellungen. In diesem Zusammenhang stand auch der Entschluss, die gotischen Maßwerke der Fenster nicht als Begrenzung zu verstehen, sondern sie gestalterisch zu überlaufen. Pater Bonfatius fertigte die Entwurfskartons im Maßstab 1:1. Probehalber wurde als erstes Fenster neben dem Eingangsportal die Darstellung „Wasser aus dem Felsen“ (Ex 16,4–7 EU) eingebaut. Als diese Arbeit auf die Entscheidungsträger überzeugend wirkte, wurden auch alle anderen Fenster der Kirche mit Glasmalereien ausgeschmückt. Die Ausführung der Entwürfe übernahmen die Werkstätten Derix in Rottweil und Wiesbaden, während die Gläser unter Leitung von Pater Köck in der Glashütte Mittinger in Darmstadt hergestellt wurden. Allen mundgeblasenen Gläsern wurde eine Weißmattierung aufgebrannt, um das Durchscheinen der Außensituation des Kirchengebäudes zu verunmöglichen.

Im Jahr 1959 wurden die Fenster in den Seitenschiffen eingebaut. Das zweite eingebaute Fenster zeigt über den Wellen des Roten Meeres die Wolken- und Lichtsäule (Ex 14,19–31 EU). In der Höhe der damals noch vorhandenen Kommunionbank wurde das Fenster mit dem alttestamentlichen Mannaregen eingebaut (Ex 16,13–23 EU).

Das darauf folgende Fenster in der Höhe des Altares zeigt den Vollmond der Passahnacht und das Blut des Paschalammes an den Pfosten der Türen der Israeliten (Ex 12,11–14 EU) als alttestamentliche Vorausdeutung auf das blutige Opfer Jesu am Kreuz.

Diesem Fenster gegenüber wurde in der Nähe des Altares das Opfer Abels bildlich thematisiert, das sich als helle Rauchsäule himmelwärts erhebt, während das Opfer Kains als düstere Rauchschwade zu Boden sinkt (Gen 4,1–5 EU).

Im Fenster daneben gestaltete Pater Bonifatius den brennenden Dornbusch mit winzigen roten Röschen, in dem sich Gott als Jahwe dem Mose geoffenbart hatte (Ex 3,1–6 EU). Die kleinen Röschen fügte Bonifatius Köck als mariologische Hinweise hinzu.

Das letzte Fenster auf der Südseite zeigt den Regenbogen Noahs, der hier reinweiß vor einer lichtblauen Regenflut gestaltet wurde, während Felsen aus der weichenden Sintflut aufzutauchen scheinen (Gen 9,12–17 EU).

Ebenfalls im Jahr 1959 wurde die Ausführung der Fensterentwürfe in den Seitenapsiden begonnen. In Zusammenarbeit mit der Goldschmiedewerkstatt Schwerdt und Förster in Aachen wurden die Fenster der Sakramentskapelle gesondert gestaltet. Die einfallende Lichtmenge sollte so stark vermindert werden, dass das einfallende Licht aus dem Kirchenschiff diejenige der Seitenkapellen überstrahle und somit die Goldschmiedearbeiten in ein geradezu mystisches Licht getaucht werden würden. Die Fenster, die den Tabernakel umgeben, zeigen ein netzartig verflochtenes Ornament aus dämmrigem Rot und Braunviolett und beziehen sich auf die eucharistischen Gestalten Wein und Brot. Dem ornamentalen Gefüge liegt die Form eines Brotes zugrunde.

Die Fenster der Mauritiuskapelle, deren Altar Reliquien des antiken Märtyrers und Abteipatrons Mauritius enthält, wurden nach einem biblischen Zitat aus dem Buch der Weisheit gestaltet (Weish 3,1–6 EU):

„Die Seelen der Gerechten aber sind in Gottes Hand, und keine Qual berührt sie; sie scheinen tot zu sein nach der Meinung der Toren, ihr Dahingang wird als ein Unglück angesehen und ihre Trennung von uns als eine Vernichtung; sie aber sind im Frieden. Denn wenn sie auch nach der Ansicht der Menschen gestraft wurden, so war doch ihre Hoffnung ganz vom Unsterblichkeitsglauben erfüllt; und nachdem sie eine kurze Leidenszeit überstanden haben, werden sie mit hohem Glück gesegnet werden, denn Gott hat sie nur geprüft und sie seiner würdig erfunden. Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt und wie die Gabe eines Ganzopfers sie angenommen. So werden sie denn zur Zeit ihrer Gnadenheimsuchung hell glänzen und wie Funken durch dürres Schilfrohr fahren.“

Das Fenster zeigt einen Schmelzofen als dunkles Raster, das von roten Flächen durchglüht scheint. In der unteren Zone fließen helle gelbe Stränge, die geschmolzenes Gold symbolisieren, aus den Gussöffnungen des Ofens.

Das große Fenster hinter der Orgelempore in der Westwand wurde rein ornamental gestaltet. Ebenso zeigen auch die im April 1960 eingesetzten Obergadenfenster schlichte Ornamente.

Die Gestaltungsaufgabe der drei kleineren Fenster in der Westwand der Seitenschiffe löste Bonifatius Köck ebenfalls abstrahierend:

  • In einem Rundfenster durch eine Visualisierung des Wollwunders (Ri 6,36–40 EU) Gideon aus dem Buch der Richter, das in der christlichen Theologie als alttestamentliche Vorausdeutung auf die jungfräuliche Empfängnis und Geburt Jesu gedeutet worden war
  • In einem weiteren barocken Fenster mit der Darstellung des Gleichnisses vom Schatz im Acker (Mt 13,44 EU)
  • In einem Bogenfenster erscheint eine goldgelbe Honigwabe als Sinnbild der göttlichen Gerechtigkeit (Ps 19,10–11 EU).

Die hohen Fenster der Apsis wurden in der letzten Phase der Neuverglasung im Jahr 1961 eingesetzt. Hier gestaltete Pater Bonifatius die apokalyptische Vision des kristallenen Meeres (Offb 15,1–5 EU):

„Und ich sah etwas wie ein kristallenes Meer, das mit Feuer durchmengt war, und ich sah die, welche den Sieg über das Tier und sein Bild und über seine Namenszahl errungen hatten, an dem kristallenen Meer stehen, mit Harfen zum Lobpreis Gottes in der Hand. Sie sangen das Lied Moses, des Knechtes Gottes und das Lied des Lammes mit den Worten: Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott! Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Völker! Wer sollte sich nicht (vor dir) fürchten, Herr, und deinen Namen nicht preisen? Denn du allein bist heilig. Ja, alle Völker werden kommen und vor dir anbeten; denn deine Rechttaten sind offenbar geworden.“

Orgel

Datei:Tholey St.Mauritius Hauptorgel.jpg
Oberlinger-Orgel der Abteikirche St.Mauritius Tholey

1960 baute die Firma Oberlinger/Windesheim die heutige Orgel in die Abteikirche hinter dem historischen Prospekt von Roman Benedikt Nollet. Sie verfügt über 42 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Die Spieltraktur ist mechanisch, die Registertraktur elektrisch. Das Instrument hat folgende Disposition:<ref>Die Orgel auf OrganIndex</ref>

I Rückpositiv C–g3
1. Rohrgedackt 8′
2. Salicional 8′
3. Praestant 4′
4. Blockflöte 4′
5. Octave 2′
6. Larigot 11/3
7. Sesquialter II
8. Scharff IV–VI
9. Dulcian 16′
10. Krummhorn 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
11. Bordun 16′
12. Principal 8′
13. Gemshorn 8′
14. Octave 4′
15. Koppelflöte 4′
16. Quinte 22/3
17. Nachthorn 2′
18. Cornett V
19. Mixtur IV–VI
20. Cymbel III
21. Trompete 8′
22. Clairon 4′
Tremulant
Cymbelstern
III Brustwerk
(schwellbar)
C–g3
23. Holzgedackt 8′
24. Quintade 8′
25. Hohlflöte 4′
26. Doublette 2′
27. Nasard 22/3
28. Terz 13/5
29. Flageolett II
30. Kl. Cymbel V
31. Oboe 8′
32. Vox humana 8′
Tremulant
Pedal C–f1
33. Principalbass 16′
34. Subbass 16′
35. Quintbass 102/3
36. Octavbass 8′
37. Gedacktpommer 8′
38. Choralbass 4′
39. Hintersatz VI
40. Posaune 16′
41. Trompete 8′
42. Trompete 4′
  • Koppeln: I/II, III/II, III/I, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: 640 Setzerkombinationen, Walze

Liste der Äbte

(Quelle: Abtei Tholey – Abtsliste)

  • Unbekannt (später tituliert als Magister Pauli)
  • 626-643/47 Paulus (Bischof von Verdun)
  • 634 Grimo
  • nach 634 Leo
  • Chrothmerus
  • 662/75 Craudingus
  • Frodoinus
  • vor 662/75 bis nach 682/83? vor 687 (Croduuinus, Croduinus)
  • 700? Herbertusum
  • ? ? Hnodo, Ando
  • Fideardus
  • vor 781 Anno
  • Buotmerus
  • vor 823/25? Hildi (Hildinus)
  • 823/25-847 (episc. Virdunensis)
  • Theodefridus episc. (Chorbischof?)
  • Guilliharius
  • Rogobertus
  • Sigehardus
  • Eberinus
  • Ermenaldus
  • 855/60 – um 865 Adalelmus
  • Stephanus Bertehadus episc. (Chorbischof?)
  • Hildinus (episc. Virdunensis)
  • 847 bzw. nach 856—870 Hatto (episc. Virdunensis)
  • 870–879 Berhardus (episc. Virdunensis)
  • 880–923 Dado (episc. Virdunensis)
  • Bernoinus
  • 923/25–939 (Bernouuinus, Barnoinus)
  • 939 bis vor 947 Bernigerus (Berengarius)
  • Bernhardus
  • vor 947 bis um 972 (Berahardus, Berardus)
  • nach 972o Adol
  • vor 988 Ruobertus
  • 988—1001? Blicherus
  • vor 1000/01? Ebruinus II.
  • nach 1000/01? - vor 1018 Gerhardus
  • um 1018 bis nach 1036 Eberwinus III.
  • nach 1036 Folradus
  • vor 1066 Conradus
  • um 1066 Aberhardus/abbo
  • nach 1066 Arnoldus
  • Hieronimus
  • Bertolfus
  • Hildericus
  • vor 1136 Bertoldus
  • um 1136 Rudolfus
  • vor 1142 bis vor 1157 Theodericus
  • um 1157 bis1185 Gregorius
  • 1186 bis vor Mai 1222 Viricus
  • um 1222–1235 Thomas I.
  • 1235–1260 Henricus I.
  • 1260–1260/63 Henricus II.
  • 1264–1280 Hugo
  • 1280–1292/94 Wilhelmus
  • 1292/94 Heynricus III. de indagine
  • 1292/94-1305 Folmarus
  • 1306–1333/37 Emicho de superiori lapide
  • um 1337–1345/46 Reynoldus
  • 1346–1353/54 Philippus de indagine
  • 1354–1362/76 Betzelinus de sotteren
  • Boemundus/Beymondus
  • 1362/76–1401/21 (Beymoldus) de sotteren
  • 1401/22-1442 Thomas II. de sotteren
  • 1442–1465/66 Johannes von Ellenbach
  • 1466–1474 Nicolaus de Lebensteyn
  • 1475–1479 Casperus de dalem
  • 1479–1489 Damianus de Lommerswiler
  • 1489–1517 Gerhardus de Hassellt
  • 1517–1520 Jodocus von Köln
  • 1520–1526 Thilmanus de Embrice
  • 1527–1531 Balthasar de Trajecto
  • 1531–1540 Gerhard von Gouda
  • 1540–1572 Robert von Wyck
  • 1572–1581/82? Lucas von Aufeld
  • 1582–1617 Antonius von Trier
  • 1617–1638 Martinus Nennigh
  • 1638–1688 Maurus Groffius
    • 1659–1671 Aemilian Wiltz, Koadjutor
    • 1680–1688 Mauritius Gralinger, Koadjutor
  • 1688–1712 Mauritius Gralinger
  • 1712–1730 Caspar de Roussel
  • 1730–1759 Theobert d'Hame
  • 1758–1768 Maximinus Motté
  • 1768–1785 Salvinus Schaadt
  • 1768–1793 Pierre de Salabert, Kommendatarabt

Seit der Wiederbesiedlung:

Literatur

  • Die Benediktinerabtei St. Mauritius zu Tholey, Rheinische Kunststätten, Heft 321; Neusser Druckerei und Verlag GmbH, 1987.
  • Die Benediktinerabtei Tholey, in: Dieter Staerk (Hrsg.): Das Saarlandbuch, 5. Auflage, Minerva-Verlag, Saarbrücken 1990. ISBN 3-477-00066-8
  • Stefan Flesch: Die monastische Schriftkultur der Saargegend im Mittelalter, Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung, Bd. 20, Saarbrücken 1991, S. 80ff, 145ff.
  • Wolfgang Haubrichs, Gert Hummel (Hrsg.): Tholey 634-1984, Wissenschaftliche Vorträge gehalten aus Anlaß des 1350-jährigen Jubiläums von Ort und Abtei Tholey, Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, Band 96, St. Ottilien 1985.
  • Wolfgang Haubrichs: Die Tholeyer Abtslisten des Mittelalters, Philologische, onomastische und chronologische Untersuchungen, Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und Volksforschung, Band 15, Saarbrücken 1986.
  • Kresimir Matijevic: Die Inschriften von Tholey, Landkreis St. Wendel, Gallia Belgica, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend, Band 59, 2011, S. 9-58.
  • Johannes Naumann: Der Niedergang der alten Benediktinerabtei Tholey, in: Tholeyer Brief Bd. 41 (2003) S. 31-40.
  • Johannes Naumann: Das verlorene Archiv der Benediktinerabtei St. Mauritius zu Tholey, Bearbeitung des Archivinventars aus den 1770er Jahren, Veröffentlichungen des Historischen Vereins zur Erforschung des Schaumberger Landes – Tholey e.V., Band 1, Tholey 2004.
  • Manfred Peter: Der heilige Wendelin – Die Geschichte eines faszinierenden Lebens; Otzenhausen: Burr, 2005. ISBN 3-9806866-5-5
  • Franz-Josef Reichert: Die Baugeschichte der Benediktiner-Abtei Tholey; Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, Bd. 3; Institut für Landeskunde im Saarland, Saarbrücken 1961. ISBN 978-3-923877-03-4
  • Pater Maurus Sabel (OSB): Das Mosaik meines Lebens, Eigenverlag, Maria Laach 1996.
  • Jörg Schmitz: Leben und Werk des Architekten Wilhelm Peter Schmitz (1864–1944), Dombaumeister, Denkmalpfleger, Kunstschriftsteller und Lothringischer Konservator, Ein Rheinischer Architekt des Späthistorismus (Aachen, Köln, Trier, Metz), Band 2: Werkverzeichnis; Diss. Phil. Uni Trier 2003; Tönning: Der Andere Verlag, 2005; ISBN 3899593839; S. 325–341
  • Franz Staab: Wann beginnt die monastische Tradition Tholeys?, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend, 36, 1988, S. 17-25.
  • Margarete Stitz und Johannes Naumann: Pfarrvisitationen im Schaumberger Land: Akten der Pfarreien Tholey, Thalexweiler, Marpingen, Bliesen, Theley und Hasborn von 1569 bis 1781; Transkription, Übersetzung und Kommentar, Förderverein der Benediktinerabtei St. Mauritius Tholey, Schriften der Abtei Tholey, Nr. 1, 2014

Weblinks

Commons Commons: Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references/>

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