Sezession


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25px Dieser Artikel befasst sich mit der politischen Sezession. Zu weiteren Bedeutungen des Begriffs siehe Sezession (Begriffsklärung).

Sezession (lateinisch secessio, dt. Abspaltung, Abseitsgehen, Trennung; auch: Separation) bezeichnet im Politischen die Loslösung einzelner Landesteile aus einem bestehenden Staat mit dem Ziel, einen neuen souveränen Staat zu bilden oder sich einem anderen Staat anzuschließen.<ref>Alexander Proelß, Erwerb und Verlust von Staatsgebiet, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, S. 370.</ref><ref>Burkhard Schöbener, Staatennachfolge, in: ders. (Hg.): Völkerrecht. Lexikon zentraler Begriffe und Themen, 2014, S. 413.</ref> Im Zuge einer Sezession entstehen in der Regel ein oder mehrere staatliche Subjekte, und gleichzeitig existiert weiterhin der verkleinerte Altstaat, der oft auch als „Rumpfstaat“, „Reststaat“ oder „Schrumpfstaat“ bezeichnet wird. Obgleich jener vor der Teilung vorhandene Altstaat oder Zedent infolge seiner Kontinuität und Subjektidentität mit dem Rumpfstaat nicht zu den Nachfolgestaaten gehört,<ref>Theodor Schweisfurth, Völkerrecht, Mohr Siebeck, Tübingen 2006, Kap. 9 § 5.II Rn 206, 218.</ref> muss er nicht seinen traditionellen Namen behalten.

Als Separatismus (aus dem lateinischen separatus für „getrennt“, „abgesondert“) werden Sezessionsbestrebungen einer Teilbevölkerung bezeichnet. Sie gehen oft – jedoch nicht zwangsläufig – mit kriegerischen Auseinandersetzungen einher. Im engeren Sinne steht der Separatismus für die ideologische Grundlage oder die politisch-soziale Aktion, die bei Erfolg zur Sezession führt. Separatismus kann, aber muss nicht identisch sein mit Regionalismus oder Nationalismus von Minderheiten.

Recht auf Sezession

Völkerrecht

Unter Völkerrechtlern ist umstritten, ob das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch das Recht von Minderheiten einschließt, aus einem Staatsverband auszutreten. Die in der Rechtswissenschaft vorherrschende Meinung lehnt ein solches offensives Selbstbestimmungsrecht unter Hinweis auf das Integritätsinteresse bestehender Staatsverbände, also das defensive Selbstbestimmungsrecht, ab.<ref name="VölkerR">Herdegen, § 36 Rn 5 ff.</ref> Matthias Herdegen etwa vertritt dagegen die Ansicht, dass einer diskriminierten Minderheit, deren Menschenrechte fundamental verletzt werden und die vom Prozess der politischen Willensbildung ausgeschlossen ist, ein Recht auf Sezession einzuräumen ist.<ref name="VölkerR2">Herdegen, § 36 Rn 6.</ref>

Problematisch ist darüber hinaus, was eigentlich ein „Volk“ im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Völker ist. Wird etwa in einem Nationalitätenstaat eine Volksgruppe nicht als solches anerkannt, werden ihr auch keine Sonderrechte zugestanden.<ref>Vgl. hierzu Samuel Salzborn, Geteilte Erinnerung. Die deutsch-tschechischen Beziehungen und die sudetendeutsche Vergangenheit, Lang, Frankfurt a.M. 2008, S. 20: „Weil die Angehörigen der deutschen Minderheit staatlicherseits als deutsch sprechende Tschechoslowaken angesehen wurden, erhielten sie ebenso wenig gesonderte [Volks-]Gruppenrechte wie alle anderen Bürger der Tschechoslowakei. Teil dieses Demokratieverständnisses war es, dass die Sudetendeutschen ungehindert – wie alle anderen auch – durch eigene Parteien ihre Interessen im parlamentarischen System vertreten konnten.“</ref>

Es existieren etliche sezessionistische Völker und Regionen, die sowohl friedlich als auch aggressiv und militärisch nach Unabhängigkeit streben. Unter diesen besitzen einige de facto bereits die vollständige Kontrolle über ihr Territorium. Um allerdings in die Vereinten Nationen als eigenständiger Staat aufgenommen zu werden, bedarf es grundsätzlich einer Mehrheit in der UN-Vollversammlung; außerdem kann die Anerkennung als Staat im Weltsicherheitsrat beantragt werden, dessen fünf ständige Mitglieder (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) zustimmen müssen.

Staatsrecht

In den Vereinigten Staaten von Amerika hat der Oberste Gerichtshof im Fall Texas v. White entschieden, dass der Beitritt zur Union unwiderruflich ist und ein Recht auf Sezession der US-Bundesstaaten demzufolge nicht besteht.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Verfassungsartikel oder Gesetze, die den Austritt eines Gliedstaats oder bestimmten Gebiets regeln würden. Die Sezession wird damit weder erlaubt noch explizit verboten. Strafbar macht sich hingegen ausdrücklich, wer „mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt“ eine Sezession durchzuführen versucht („Hochverrat gegen den Bund“).

Historische Beispiele

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Abschluss des Westfälischen Friedens 1648

Als secessio plebis wurde im alten Rom der legendäre Auszug des Volkes aus der Stadt auf den Mons Sacer, den heiligen Berg, im Jahre 494 v. Chr. bezeichnet. Die nichtadligen Plebejer erreichten mit dieser Protestaktion die Einrichtung des Volkstribunats und dadurch ein politisches Mitspracherecht in der vorher allein von den adligen Patriziern regierten Stadt.

Als Separatisten werden radikale Kongregationalisten bezeichnet, die sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von der Kirche von England trennten, da ihnen die Reformation dieser Kirche nicht weit genug ging. Insbesondere lehnten sie das Bischofsamt ab. Um der Verfolgung zu entgehen, wanderte eine Gruppe von ihnen, die später Pilgerväter (Pilgrim Fathers) genannt wurde, zunächst in die Vereinigten Niederlande aus und überquerte dann 1620 auf der Mayflower den Atlantik. Kurz vor Verlassen des Schiffes bei Cape Cod (Massachusetts) verfassten sie den Mayflower-Vertrag (Mayflower Compact), der für die demokratische Entwicklung der Gemeinwesen in Nordamerika grundlegend wurde. Sie gründeten die Plymouth Colony.

Der bekannteste Fall einer politischen Sezession war die Trennung der sklavenhaltenden Südstaaten von den Vereinigten Staaten im Jahr 1860/61 und die Bildung der Konföderierten Staaten (CSA). Sie hatte den Sezessionskrieg zur Folge, der mit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit der USA endete.

Erfolgreiche Unabhängigkeitskriege waren die der Alten Eidgenossenschaft vom Ende des 13. Jahrhunderts an und die der Niederlande ab 1568. Beide richteten sich gegen die Herrschaft des Hauses Habsburg und erreichten im Westfälischen Frieden von 1648 die Anerkennung ihrer Selbständigkeit durch die Habsburger.

In Deutschland kam es zuletzt während der alliierten Rheinlandbesetzung im Jahr 1923 zu Sezessionsbestrebungen Rheinischer Separatisten. Sie traten für eine Trennung des Rheinlands vom Deutschen Reich beziehungsweise vom Land Preußen ein, scheiterten aber an der fehlenden Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit. Auch versuchte die französische Besatzungsmacht, den Separatismus im Saargebiet zu fördern. Dieser Plan scheiterte, als die unter der Losung „Heim ins Reich“ durchgeführte Volksabstimmung vom 13. Januar 1935 eine Mehrheit für die Rückgliederung ergeben hatte und das Saargebiet am 1. März 1935 wieder Teil des Deutschen Reiches wurde. Ebenso votierte nach dem Zweiten Weltkrieg die Bevölkerung am 23. Oktober 1955 für die Ablehnung des Saarstatuts und damit – statt für die Unabhängigkeit oder eine weitergehende Angliederung an Frankreich – für die Eingliederung des Saarlands als eigenes Bundesland in die Bundesrepublik.

Separatistische Bewegungen spielten 1991 eine große Rolle bei dem Zerfall der Sowjetunion in die Staaten Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Kasachstan, Lettland, Litauen, Kirgisistan, Moldawien, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrussland. Als Gründungsmitglieder der UNO bestanden die Weißrussische SSR und die Ukrainische SSR allerdings schon dadurch seit 1945 als eigene Völkerrechtssubjekte.

Die Loslösung der früheren Teilrepubliken Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina aus dem jugoslawischen Staatsverband 1991/92 löste vor allem in den letzteren beiden Republiken mehrere Kriege aus, die 1995 mit dem Daytoner Abkommen beendet wurden. Die Trennung Mazedoniens erfolgte jedoch zur selben Zeit friedlich. Serbien trat weiterhin als Bundesrepublik Jugoslawien auf, sah diese als identisch mit der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) und nahm damit eine Mindermeinung an (siehe auch AbschnittSonderfälle“). Folglich bewertete es die Vorgänge als Sezessionen der übrigen Teilrepubliken. Im Mai 2006 stimmte auch die Bevölkerung von Montenegro mehrheitlich für eine Auflösung der Union mit Serbien, welche ebenfalls friedlich vollzogen wurde.

Friedlich verlief auch der Zerfall der Tschechoslowakei zum 31. Dezember 1992, nachdem die Slowakei ihre Abspaltung angestrebt hatte.

Ein langwieriger Krieg ging dagegen der im selben Jahr erreichten Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien voraus. Im Biafra-Krieg scheiterte zuvor in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre die Loslösung Biafras von Nigeria. Ebenso scheiterte 1994 in einem kurzen Bürgerkrieg die Sezession der vormaligen Demokratischen Volksrepublik Jemen von Jemen, nachdem es erst vier Jahre zuvor zur Vereinigung mit der Jemenitischen Arabischen Republik gekommen war.

Zu den erfolgreichen Unabhängigkeitsbewegungen der letzten Jahre gehört jene in Osttimor, die 2002 nach 24-jähriger Besatzung, Guerillakrieg und drei Jahren UN-Verwaltung die Trennung ihres Inselteils von Indonesien durchsetzte. Da die vorangegangene völkerrechtswidrige Annexion Osttimors durch Indonesien von der internationalen Staatengemeinschaft nie anerkannt worden war, fand aber keine wirkliche Sezession eines Landesteils statt. Jüngstes Beispiel ist die Abspaltung des Südsudan von Sudan, die nach einem erfolgreichen Unabhängigkeitsreferendum am 9. Juli 2011 in der neuen Hauptstadt Juba erklärt wurde. Seit dem 14. Juli 2011 ist Südsudan der 193. Mitgliedstaat der Vereinten Nationen.

Aktuelle Beispiele

Unabhängigkeitsbewegungen

Zurzeit gibt es innerhalb der Europäischen Union in Schottland<ref>Referendum 2014: Schottland stimmt über Unabhängigkeit ab. Handelsblatt, 21. März 2013, abgerufen am 5. Juni 2013.</ref>, Katalonien, im Baskenland, in Südtirol, in Venetien und in den beiden Teilen Belgiens sowie auch vereinzelt in der Bretagne und in Bayern (bzw. in Franken, wiederum vom Freistaat Bayern)<ref>Manfred Otzelberger: Volksbegehren: Freiheit für Franken, in: Focus Online, 26. Mai 1997. Abgerufen am 19. Januar 2014.</ref><ref>Zitat: „Ein eigenes Bundesland ist das Ziel bei einer Neuordnung der Länder in der Bundesrepublik Deutschland.“ – aus dem Grundsatzprogramm der Partei für Franken, verabschiedet am 31. Oktober 2009. Abgerufen am 19. Januar 2014.</ref> politische Parteien, die eine Sezession anstreben.<ref>Bayernpartei: Argumente für eine Selbständigkeit Bayerns. Bayernpartei, abgerufen am 2. Juni 2013.</ref><ref>Wird Sezession auch in Deutschland salonfähig? novayo.de, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. Juni 2013.</ref> Auf Korsika und im Baskenland gibt es immer wieder terroristische Attentate durch Separatisten.

Grönland strebt für die nahe Zukunft die Unabhängigkeit von Dänemark an. Die Republika Srpska strebt die Unabhängigkeit von Bosnien und Herzegowina an.

Aktive Unabhängigkeitsbewegungen existieren unter anderem in den Kurdengebieten der Türkei, des Iraks und des Irans, in Tibet und Uiguristan, in der russischen Teilrepublik Tschetschenien, in Québec (siehe Reference re Secession of Quebec), in Bougainville und in einigen Minderheitengebieten Myanmars, Moldawiens, Georgiens und Aserbaidschans, im Südjemen (Southern Movement / al-Hirak), in der Ukraine sowie im Norden von Mali (siehe Azawad) und Spanien.

Unabhängigkeitserklärungen

Folgende Gebiete haben ihre Sezession erklärt, sind aber derzeit noch nicht vollständig oder gar nicht als unabhängige Staaten anerkannt:

Sonderfälle

Kein Fall von Sezession liegt im Falle des Taiwan-Konflikts vor. Taiwan hat sich zwar als Republik China infolge des Chinesischen Bürgerkrieges von China gelöst, jedoch verstehen sich bis heute beide chinesische Staaten laut ihrer Verfassung als rechtmäßige Vertreter Chinas.

Umstritten war die Rechtslage nach dem Zerfall Jugoslawiens, der teilweise als Sezession, teilweise als Dismembration angesehen wurde. Die internationale Gemeinschaft entschied sich für die letztgenannte Option (→ Badinter-Kommission).

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Sezession – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references />