Robert Fico
Robert Fico [ˈfitsɔ] (* 15. September 1964 in Topoľčany, Tschechoslowakei) ist ein slowakischer Politiker, Jurist und der amtierende Ministerpräsident der Slowakei.
Im Jahr 1999 wurde er Parteivorsitzender der von ihm gegründeten Smer-SD. Von 2006 bis 2010 war er bereits der fünfte Ministerpräsident der seit 1993 unabhängigen Slowakei (Regierung Fico I). Unter seiner ersten Regierung trat die Slowakei dem Schengen-Abkommen und der Eurozone bei. Am 4. April 2012 wurde er zum zweiten Mal Ministerpräsident.
Inhaltsverzeichnis
Lebenslauf und politischer Aufstieg
Fico studierte an der Juristischen Fakultät der Comenius-Universität Bratislava, arbeitete dann im Staats- und Rechtsinstitut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften. 1987 trat er der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei bei. Nach seiner Rückkehr trat er 1992 der „Partei der demokratischen Linken“ (SDĽ, Strana demokratickej ľavice) bei und wurde später stellvertretender Vorsitzender dieser Partei. Als nach den Parlamentswahlen 1994 die späteren Regierungsparteien der Mečiar-Koalition in der nächtlichen Parlamentssitzung vom 3./4. November die wichtigsten Staatsfunktionen untereinander aufteilten, war Fico der einzige Oppositionsabgeordnete, der die Sitzung nicht aus Protest verließ und mit den Parteien der Mečiar-Koalition über die zukünftige Ausrichtung des Landes diskutierte und Anträge einbrachte.<ref>Hannes Hofbauer/David X. Noack: Slowakei: Der mühsame Weg nach Westen, Wien 2012, S. 111. ISBN 978-3-85371-349-5</ref> Er wurde auch ein stellvertretender Direktor des Rechtsinstituts des slowakischen Justizministeriums, danach Parlamentsabgeordneter und Vertreter der Slowakei beim Europäischen Gericht für Menschenrechte. 1999 trat Fico, der zu diesem Zeitpunkt Vizevorsitzender seiner Partei war, aus der SDĽ aus. Als Begründung führte er die mangelnde Unterstützung aus seiner eigenen Partei an. Im gleichen Jahr gründete die neue Partei Smer (dt. Richtung) und wurde ihr Vorsitzender.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 175.</ref>
Erste Amtszeit als Ministerpräsident (2006–2010)
Im Juni 2006 fanden in der Slowakei vorgezogene Neuwahlen statt. Sie endeten mit einem Sieg für Robert Fico und seine linkspopulistische Partei Smer-SD, die eine Woche nach den Wahlen einen Koalitionsvertrag mit der nationalistischen SNS von Ján Slota und der stark geschwächten HZDS von Ex-Ministerpräsident Vladimír Mečiar schloss (siehe auch Regierung Robert Fico I). Die neue Koalition wurde von kritischen Medien unter anderem als Gruselkabinett und Katastrophe bezeichnet, da zum einen befürchtet wurde, dass die Beteiligung der beiden in den 1990ern regierenden Parteien HZDS und SNS an der Koalition den EU- und NATO-Kurs des Landes gefährden könnte, zum anderen weil die linkspopulistische Smer-SD die neoliberale Politik der Dzurinda-Regierung nicht weiter fortsetzten wollte.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 180-182.</ref>
Außenpolitisch schlug die Slowakei unter Fico 2006–2010 einen weitgehend von den USA unabhängigen Kurs ein und stärkte die Beziehungen zu verschiedenen Nicht-EU-Staaten wie Russland,<ref>http://de.rian.ru/business/20091116/123993006.html</ref> Serbien, Weißrussland, Libyen, Kuba, Venezuela und China. Die Slowakei lehnte die Unabhängigkeit Kosovos sowie den von den USA geforderten Raketenabwehrschild in Tschechien und Polen ab, während des Kaukasuskrieges 2008 verurteilte Fico die georgische Aggression und nahm Partei für Russland.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 191.</ref> Im Jahr 2007 zog die slowakische Regierung sämtliche slowakische Truppen aus dem Irak ab,<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 191.</ref> erhöhte im Gegenzug aber ihre militärische Präsenz in Afghanistan unter der Bedingung, dass slowakische Soldaten nicht für Kampfeinsätze zur Verfügung stehen würden.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 192.</ref>
Innenpolitisch kam es zu einer Reihe patriotischer Maßnahmen, z. B. die Aufstellung von Büsten bedeutender historischer slowakischer Persönlichkeiten im Eingangsbereich des Parlamentsgebäudes (inklusive des 2008 per Gesetz rehabilitierten Slowakenführers Andrej Hlinka), die Enthüllung einer Reiterstatue des mährischen Fürsten Svatopluk I. vor der ebenfalls von der Fico-Regierung renovierten Burg Bratislava sowie die Aufstellung von zwei Statuen zu Ehren der Slawenapostel Kyrill und Method in der südslowakischen Grenzstadt Komárno.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 186-187.</ref> Bei den Präsidentschaftswahlen 2009 konnte sich der von der Regierung Fico unterstützte amtierende Präsident Ivan Gašparovič gegen die oppositionelle Iveta Radičová klar durchsetzten.<ref>Klarer Wahlsieg: Gasparovic bleibt Präsident der Slowakei, handelsblatt.com, abgerufen am 9. Januar 2013, 14:41</ref>
Wirtschaftspolitisch konnte die Regierung Fico die Aufnahme der Slowakei zum Schengener Abkommen am 21. Dezember 2007 sowie die Einführung des Euro am 1. Januar 2009 als Erfolg verbuchen. Im Jahr 2007 verzeichnete die Slowakei mit 10,4 % das höchste Wirtschaftswachstum in der gesamten EU.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 208.</ref> Aufgrund der globalen Finanzkrise schrumpfte das BIP pro Kopf 2009 jedoch um 4,7 %.<ref>Wirtschaftskammer Österreich Länderprofil Slowakei: [1], Stand Februar 2010</ref> Die 2004 eingeführte Flat Tax behielt die Regierung Fico im Wesentlichen bei, es kam jedoch zum Stopp mehrerer Privatisierungsvorhaben,<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 202.</ref> die Regierung blockierte Gaspreiserhöhungen<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 204.</ref> und weitete Arbeiterrechte aus.<ref>Hofbauer: Slowakei, S. 205.</ref>
Oppositionsführer (2010–2012)
Bei den Parlamentswahlen in der Slowakei 2010 wurde die Smer-SD zwar sogar mit Stimmengewinnen als stärkste Partei bestätigt, die Regierungskoalition verlor jedoch ihre Mehrheit. Fico übernahm daraufhin das Amt des Vizepräsidenten des slowakischen Parlamentes.<ref>http://www.nrsr.sk/web/Default.aspx?sid=poslanci/poslanec&PoslanecID=40&CisObdobia=5</ref>
Zweite Amtszeit als Ministerpräsident (seit 2012)
Bei den Parlamentswahlen in der Slowakei 2012 im März 2012 erreichte die Smer-SD einen Stimmanteil von 44,4 Prozent, stellte 83 Abgeordnete im slowakischen Nationalrat mit 150 Sitzen und bildete allein die Regierung, vier Minister sind parteilos.<ref>Priebežné neoficiálne výsledky volieb do NR SR, nrsr2012.statistics.sk, abgerufen am 11.März 2012 um 02:20.</ref>
Fico kandidierte als Präsidentschaftskandidat für die Präsidentschaftswahl in der Slowakei 2014. Dabei versprach Fico den Wählern vor allem Stabilität in bevorstehenden schwierigen Zeiten sowie eine kontinuierliche Zusammenarbeit der drei höchsten Verfassungsträger im Land zugunsten aller Bürger und sozialen Frieden. Unterstützt wurde er von allen drei ehemaligen Präsidenten der Slowakei wie auch der Konföderation der Gewerkschaften im Land.<ref>Präsidentschaftsstichwahl in der Slowakei: Fico gegen Kiska. In: www.tt.com, am 24. März 2014, abgerufen am 28. März 2014 um 04:45.</ref> Darüber hinaus sprachen auch der französische Staatschef François Hollande, der Präsident des Europaparlaments Martin Schulz sowie der tschechische Präsident Miloš Zeman öffentlich ihre Unterstützung für Fico aus.<ref>Duell um die Präsidentschaft. In: www.wienerzeitung.at, vom 27. März 2014, abgerufen am 28. März 2014 um 04:49.</ref> Den ersten Wahlgang konnte Fico wie erwartet für sich entscheiden, unterlag aber in der Stichwahl dem parteilosen, jedoch von sämtlichen Oppositionsparteien unterstützten Kandidaten Andrej Kiska.
Kontroversen
Nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November 2015 kündigte Fico an, jeden Moslem innerhalb der Slowakei überwachen zu wollen, was seitens der islamischen Gemeinschaft des Landes und mehrerer Medien auf Kritik stieß. Sie warfen Fico „Geschmacklosigkeit“ und das Ausnützen fremdenfeindlicher Stimmungen im Interesse seines Wahlkampfs vor.<ref>Detlef Esslinger: Das Gift des Generalverdachts. www.sueddeutsche.de, 16. November, 2015</ref><ref>Slowakischer Regierungschef Fico will «alle Muslime überwachen». www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de, 16. November 2015</ref>
Weblinks
Einzelnachweise
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Charles Michel (Belgien) | Bojko Borissow (Bulgarien) | Lars Løkke Rasmussen (Dänemark) | Angela Merkel (Deutschland) | Taavi Rõivas (Estland) | Juha Sipilä (Finnland) | Manuel Valls (Frankreich) | Alexis Tsipras (Griechenland) | Enda Kenny (Irland) | Matteo Renzi (Italien) | Zoran Milanović (Kroatien) | Laimdota Straujuma (Lettland) | Algirdas Butkevičius (Litauen) | Xavier Bettel (Luxemburg) | Joseph Muscat (Malta) | Mark Rutte (Niederlande) | Werner Faymann (Österreich) | Beata Szydło (Polen) | António Costa (Portugal) | Dacian Cioloș (Rumänien) | Stefan Löfven (Schweden) | Robert Fico (Slowakei) | Miro Cerar (Slowenien) | Mariano Rajoy (Spanien) | Bohuslav Sobotka (Tschechien) | Viktor Orbán (Ungarn) | David Cameron (Vereinigtes Königreich) | Nikos Anastasiadis (Zypern)
Slowakischer Staat (1939–1945):
Jozef Tiso |
Vojtech Tuka |
Štefan Tiso
Slowakei innerhalb der ČSSR (1969–1990):
Štefan Sádovský |
Peter Colotka |
Ivan Knotek |
Pavel Hrivnák |
Milan Čič
Slowakei innerhalb der ČSFR (1990–1992):
Vladimír Mečiar |
Ján Čarnogurský |
Vladimír Mečiar
Slowakische Republik (seit 1993):
Vladimír Mečiar |
Jozef Moravčík |
Vladimír Mečiar |
Mikuláš Dzurinda |
Robert Fico |
Iveta Radičová |
Robert Fico
Personendaten | |
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NAME | Fico, Robert |
KURZBESCHREIBUNG | slowakischer Jurist und Ministerpräsident, Mitglied des Nationalrats |
GEBURTSDATUM | 15. September 1964 |
GEBURTSORT | Topoľčany |