Grüne Gentechnik


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Die Grüne Gentechnik oder Agrogentechnik ist die Anwendung gentechnischer Verfahren im Bereich der Pflanzenzüchtung. Die Ergebnisse gentechnischer Verfahren sind gentechnisch veränderte Pflanzen. Insbesondere bezeichnet der Begriff Verfahren zur Herstellung von pflanzlichen gentechnisch veränderten Organismen (GVO), in deren Erbgut gezielt einzelne Gene eingeschleust werden. Stammen diese Gene von anderen Arten, entstehen transgene Pflanzen. Die Grüne Gentechnik ist somit Bestandteil der Grünen Biotechnologie, wobei sich die Bezeichnung „grün“ in Abgrenzung zur „roten“ Biotechnologie und „weißen“ Biotechnologie auf die Anwendung an Pflanzen bezieht. Derzeit werden als gentechnisch veränderte Pflanzen insbesondere herbizid- und insektenresistente Pflanzensorten vermarktet.

Die Grüne Gentechnik unterscheidet sich von der herkömmlichen Züchtung, indem sie einzelne Gene gezielt transferieren und dabei Artgrenzen sowie andere Kreuzungshindernisse (wie etwa Unfruchtbarkeit) leichter überschreiten kann. Die herkömmliche Pflanzenzüchtung hingegen nutzt als Alternative meist spontane oder induzierte Mutationen, deren Ausprägungen weniger gezielt in der Zelle, sondern durch äußere Einflüsse (z. B. Kälteschocks oder radioaktive Bestrahlung) hervorgerufen werden. In beiden Fällen ist vor weiterer Züchtung eine selektive Sichtung der Mutationen erforderlich.

Die Frage, ob die Anwendung der Grünen Gentechnik wünschenswert oder abzulehnen sei, wird lebhaft und in verschiedenen Regionen der Welt unter vielen unterschiedlichen Gesichtspunkten diskutiert. Dabei spielen unter anderem Aspekte der Ernährungssicherheit, des Umweltschutzes, der Wirtschaftlichkeit und des Verhältnisses der Gentechnik zur „Natürlichkeit“ eine Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Forschung und Techniken

Gentechnik in der Forschung

Moderne Pflanzenphysiologie untersucht oft molekulare Vorgänge in Pflanzen. Die Gentechnik ermöglicht es, das Verhalten von Genen in der Pflanze gezielt zu beeinflussen. Pflanzenzellen enthalten zwischen 20.000 und 60.000 Gene, deren Funktion bisher nur zu einem Bruchteil bekannt ist. Selbst bei der bestuntersuchten Pflanze (Arabidopsis thaliana) ist noch mehr als die Hälfte der Gene ohne bekannte Funktion.

Um die Funktion eines Gens zu erkennen, ist es in der Regel nötig, die Steuerung des Gens zu modifizieren. Hierfür werden oft drei verschiedene Pflanzenpopulationen versucht. Die erste, unveränderte, Population wird als Wildtyp bezeichnet. Bei der zweiten Population wird das zu untersuchende Gen hinter einen viralen Promotor kloniert und in die Pflanze übertragen. Diese Population produziert vermehrt das Genprodukt des Gens (meist ein Protein). Diese Population besteht aus Überexpressoren. Eine dritte Population produziert das Genprodukt in geringerem Maße (Knockdown) oder gar nicht mehr (Knockout). Für „Knock down“ wird vorwiegend die Technik der RNA-Interferenz (RNAi) eingesetzt. Klassische „Knock out“-Pflanzen sind T-DNA-Insertionslinien, so dass entweder ein trunkiertes Protein entsteht, welches keine Funktion hat, oder der Promoter des Wildtyp-Gens ist durch die T-DNA-Insertion zerstört. Mit Hilfe der RNAi können „Knock down“-Pflanzen erzeugt werden, wenn zum Beispiel ein „Knock out“ im homozygoten Zustand letal ist. Ein „Knock down“ durch RNAi bietet die Möglichkeit, verschiedene Expressionslevel des Wildtyp-Gens auf Grund der unterschiedlichen Effizienz verschiedener RNAi-Konstrukte zu untersuchen.

Auch komplizierte Regulationsmechanismen sollen aufgeklärt werden, indem nicht nur das Genprodukt, sondern auch die gesamten Änderungen innerhalb der Zelle bzw. Pflanze betrachtet werden. Diese Methoden sollen das klassische Durchmustern von Mutanten um eine viel gezieltere Technik erweitern, mit der es möglich ist, den Effekt von gefundenen „Kandidatengenen“ direkt zu untersuchen.

Zusätzlich zu den oben genannten Techniken gehören auch deskriptive Techniken zur gentechnischen Pflanzenforschung. So werden über Polymerase-Kettenreaktionen (PCR) Gene kloniert, es werden Häufigkeiten von Transkripten (Bauanleitungen für Proteine) mittels quantitativer PCR bestimmt oder mittels so genannter DNA-Chips gleich die meisten Gene einer Pflanze in ihrer Ablesehäufigkeit bestimmt.

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Marc van Montagu und Jozef Schell entwickelten in den 1980er Jahren den Gentransfer mittels Agrobacterium tumefaciens

In der modernen Grünen Gentechnik ist der Agrobacterium-vermittelte horizontale Gentransfer eine wichtige Technik. Bei dieser gentechnischen Methode werden einzelne Erbfaktoren von Zellen eines Organismus in Zellen eines anderen Lebewesens übertragen. Sie wurde in den 1980er Jahren von Jozef Schell und Marc van Montagu entwickelt.

Die somatische Hybridisierung, eine weitere wichtige Methode, erlaubt es, gewünschte Merkmale verschiedener Elternpflanzen zu kombinieren. Im Vergleich zum Agrobacterium-vermittelten Gentransfer müssen hierbei keine spezifischen Gene identifiziert und isoliert werden. Außerdem wird damit die Einschränkung der Transformation überwunden, nur wenige Gene in ein vorgegebenes Erbgut einführen zu können. Auch kann bei der Zellfusion die Chromosomenzahl der Zellen multipliziert werden, also die Anzahl der Chromosomensätze (Ploidiegrad) erhöht werden. Dies kann die Ertragsfähigkeit von Pflanzen steigern (Heterosiseffekt). Molekulare Marker oder biochemische Analysen werden genutzt, um aus der somatischen Hybridisierung hervorgegangene Pflanzen zu charakterisieren und zu selektieren.

Gentechnik in der Pflanzenzüchtung

Es existieren eine Reihe von gentechnischen Methoden, die nicht alle die Herstellung transgener Pflanzen zum Ergebnis haben. Breite Anwendung haben seit Ende der 1990er Jahre drei Methoden gefunden, um transgene Pflanzen herzustellen (Gentransfer durch Agrobacterium tumefaciens, Biolistische Gentransfers, Protoplastentransformation).<ref>Frank Kempken, Renate Kempken: Gentechnik bei Pflanzen. 2. Auflage. 2003, ISBN 3-540-01216-8, S. 83.</ref> Daneben haben sich in den letzten Jahren verfeinerte gentechniche Methoden etabliert (Cisgenese, Intragenese, Genome Editing), bei denen weniger der Transfer artfremder Gene im Vordergrund steht<ref>Podevin, N., Devos, Y., Davies, H.V., and Nielsen, K.M. (2012). Transgenic or not? No simple answer! New biotechnology-based plant breeding techniques and the regulatory landscape. EMBO Rep 13, 1057-1061.</ref>. Schließlich lassen sich gentechnisch veränderte Pflanzen auch durch Pfropfung herstellen.

Transfer durch Agrobacterium tumefaciens

Agrobacterium tumefaciens ist ein Bodenbakterium, das ein spezielles Plasmid in das pflanzliche Genom integriert. Auf diesem Weg werden bei Pflanzen Gallen am Wurzelhals als Lebensraum und zugleich die Produktion bestimmter Nährstoffe, so genannter Opine, ausgelöst. Dies macht man sich in der Gentechnik zunutze, indem man das Plasmid, das Tumorbildung und Opinproduktion auslöst, stilllegt und um ein kleineres Plasmid mit Fremdgenen ergänzt, das zuvor in Escherichia coli zusammengesetzt wurde (binäres Vektorsystem).<ref name="Frame, B. R. 2002">Frame, B. R, H. X. Shou, u. a. (2002). „Agrobacterium tumefaciens-mediated transformation of maize embryos using a standard binary vector system.“ Plant Physiology 129(1): 13-22.</ref> Anschließend werden Pflanzenstücke mit diesen Bakterienstämmen infiziert, transgene Gewebe selektiert und mittels In-vitro-Kultur wieder zu vollständigen Pflanzen herangezogen.<ref name="Frame, B. R. 2002" /><ref name="Kempken">Frank Kempken, Renate Kempken: Gentechnik bei Pflanzen. 3. Auflage. 2006, ISBN 3-540-33661-3, S. 83–91.</ref><ref>Sidorov, V, L. Gilbertson, u. a. (2006). „Agrobacterium-mediated transformation of seedling-derived maize callus.“ Plant Cell Reports 25(4): 320-328.</ref>

Damit Agrobacterium tumefaciens Pflanzenzellen transformieren kann, müssen diese als Folge einer Verletzung phenolische Substanzen ausschütten, die als „Lockstoff“ für das Bakterium dienen. Da nur sehr wenige einkeimblättrige Pflanzen dies tun, ist der Einsatz weitgehend auf zweikeimblättrige Pflanzen begrenzt, allerdings konnte durch Zugaben entsprechender Stoffe (z. B. Acetosyringon)<ref>James, D. J, S. Uratsu, u. a. (1993). „ACETOSYRINGONE AND OSMOPROTECTANTS LIKE BETAINE OR PROLINE SYNERGISTICALLY ENHANCE AGROBACTERIUM-MEDIATED TRANSFORMATION OF APPLE.“ Plant Cell Reports 12(10): 559-563.</ref> das Anwendungsgebiet auf einige Einkeimblättrige und sogar Pilze vergrößert werden. Eine weitere Einschränkung ist, dass Agrobacterium tumefaciens sich ausschließlich zur Transformation der Chromosomen des Zellkerns eignet.<ref name="Kempken" />

Biolistische Transfers

Ein biolistischer Transfer ist im Gegensatz dazu eine rein mechanische Methode des Gentransfers. Hier wird DNA auf Gold- oder Wolframpartikel aufgebracht, die anschließend mit Geschwindigkeiten von mehr als 1.300 m/s in die Zellen geschossen werden.<ref name="Kempken" /> Dies wird mit Hilfe einer Genkanone durchgeführt.

Da die Partikel sehr klein sind, bleiben Zelle und Zellwand dabei weitgehend unbeschädigt. Weitere Vorteile sind, dass das Verfahren für Zellen jedweder Lebewesen geeignet ist, auch auf die DNA von Mitochondrien und Plastiden angewandt werden kann und dass die mögliche Anzahl der transferierten Gene relativ hoch ist. Problematisch ist allerdings, dass der Gentransfer relativ instabil ist, häufig kommt es nur zu einer sogenannten „transienten Expression“, die eingefügte DNA ist also nur vorübergehend aktiv und verliert sich später wieder, auch kommt es manchmal dazu, dass nur Teile des erzielten Gewebes aus transformierten Zellen bestehen.<ref name="Kempken" /><ref>Frame, B. R, H. Y. Zhang, u. a. (2000). „Production of transgenic maize from bombarded type II callus: Effect of gold particle size and callus morphology on transformation efficiency.“ In Vitro Cellular & Developmental Biology-Plant 36(1): 21-29.</ref><ref>Brettschneider, R, D. Becker, u. a. (1997). „Efficient transformation of scutellar tissue of immature maize embryos.“ Theoretical and Applied Genetics 94(6-7): 737-748.</ref>

Protoplastentransformation

Ein dritter möglicher Weg ist die Protoplastentransformation. Hierbei werden die Zellen des zu transformierenden Gewebes zuerst durch Pektinasen vereinzelt (siehe Protoplastenkultur) und anschließend durch Zellulasen die Zellwände aufgelöst (Protoplastenisolation). So erhält man nur noch durch die Zellmembran zusammengehaltene Protoplasten.<ref name="Kempken" />

Für den eigentlichen Gentransfer wird diesen Protoplasten entweder Polyethylenglykol hinzugefügt oder es erfolgt ein Transfer nach einem kurzen Stromstoß (Elektroporation), wodurch die Membran durchlässig für die DNA wird. Die Methode ist zwar bei allen Pflanzen anwendbar, allerdings ist es äußerst schwierig, anschließend aus den Protoplasten wieder Pflanzen zu regenerieren.<ref name="Kempken" />

Cisgenese

Transgene Pflanzen enthalten Gene anderer Arten, die durch natürliche Kreuzungen nicht in die Pflanze gelangen können. Es wird somit eine natürliche Barriere überschritten, deren langfristige Folgen nicht eindeutig gewertet werden können. Um diese Risiken auszuschließen, wurden sogenannte cisgene Pflanzen entwickelt, die nur Gene von kreuzbaren Arten enthalten <ref>Holme, I.B., Wendt, T., and Holm, P.B. (2013). Intragenesis and cisgenesis as alternatives to transgenic crop development. Plant BiotechnolJ 11, 395-407</ref>. Der Prozess wird als Cisgenese bezeichnet. Cisgene Pflanzen enthalten nur eine einzige integrierte DNA-Sequenz, die das proteincodiernde Gen mit seinen Regulationssequenzen (Promotor und Terminator) enthält. Eine solche cisgene Pflanze könnte auch durch natürliche Kreuzung entstehen, wobei aber langwierige Rückkreuzungen nötig wären, um unerwünschte Gene zu entfernen. Ein vielversprechendes Beispiel einer cisgenen Pflanze sind Kartoffeln, die gegen Kraut- und Knollenfäule resistent sind. Hierzu wurden Gene aus Wildkartoffeln isoliert und in beliebte Kartoffelsorten wie zum Beispiel Desirée eingefügt <ref>Jo, K.R., Kim, C.J., Kim, S.J., Kim, T.Y., Bergervoet, M., Jongsma, M.A., Visser, R.G., Jacobsen, E., and Vossen, J.H. (2014). Development of late blight resistant potatoes by cisgene stacking. BMC biotechnology 14, 50.</ref>. Die zunächst hergestellte Fortuna (Kartoffel) ist keine cisgene Kartoffel, da sie noch Fremd-DNA enthält, die aus Bakterien und Agrobacterium tumefaciens stammt.

Intragenese

Wenn das eingebrachte DNA-Stück aus einer kreuzbaren Art entstammt, aber aus mehreren Fragmenten zusammengesetzt ist, spricht man von einer intragenen Pflanze und der Prozess wird als Intragenese bezeichnet <ref>Holme, I.B., Wendt, T., and Holm, P.B. (2013). Intragenesis and cisgenesis as alternatives to transgenic crop development. Plant BiotechnolJ 11, 395-407.</ref>. Eine intragene Pflanze enthält zwar nur DNA-Stücke aus kreuzbaren Arten, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese Anordnung bei Kreuzung der verschiedenen Arten entstehen könnte.

Genome Editing

Eine gezielte Veränderung in der DNA-Sequenz an einem vorher bestimmten Gen wird als Genome Editing bezeichnet. Hierbei wird eine Endonuklease in die Zelle eingebracht, die die erwünschte DNA-Sequenz spezifisch erkennt und schneidet <ref name="Voytas, D.F. 2014">Voytas, D.F., and Gao, C. (2014). Precision genome engineering and agriculture: opportunities and regulatory challenges. PLOS Biol 12, e1001877.</ref>. Als Endonukleasen werden Zinkfingernukleasen, Transcription Activator-like Effector Nucleases (TALENs) oder das CRISPR/Cas-System eingefügt. Der entstandene Doppelstrangbruch wird von der Zelle erkannt und repariert (non-homologous end joining, NHEJ). Bei dieser Reparatur wird häufig ein Fehler gemacht, so dass an der reparierten Stelle eine Mutation erscheint. Damit ist eine gezielte Mutagenese von praktisch jedem Gen einer Pflanzenzelle möglich. Sofern die Endonuklease, die den gezielten Bruch in der DNA ausgelöst hat, in der Zelle nicht mehr vorhanden ist, kann die durch Genome Editing veränderte Pflanze von einer mit klassischen Verfahren mutierten Pflanze nicht unterschieden werden. Um die Reparatur des Doppelstrangbruchs zu beeinflussen, kann neben der sequenzspezifischen Nuklease eine kurze DNA zugegeben werden, die die Sequenz des Bruchpunktes umfasst <ref name="Voytas, D.F. 2014"/>. In diesem Fall wird die Reparatur diese DNA als Matrize verwenden. Bei diesem Prozess, der als homologe Rekombination bezeichnet wird, enthält die reparierte Stelle die Sequenz der zugegebenen DNA und somit eine gezielte Veränderung der DNA an einer wohl definierten Stelle. Diese Veränderung kann einen einzigen Basenaustausch in der DNA beinhalten aber auch eine Insertion eines ganzen Gens umfassen. Die Technik erlaubt somit eine Insertion eines Gens an einer genau definierten Stelle im Genom.

Pfropfen mit GVP

Das Pfropfen kann mit gentechnisch veränderten Pflanzen erfolgen, wobei entweder der Edelreiser oder die Unterlage das genveränderte Material enthält. Wenn die Unterlage genverändert ist, so werden die Früchte keinen gentechnisch veränderten Organismus darstellen <ref>Lusser, M., Parisi, C., Plan, D., and Rodriguez-Cerezo, E. (2012). Deployment of new biotechnologies in plant breeding. Nat Biotech 30, 231-239.</ref>.

Merkmale, Anwendungen

Datei:Züchtungsziele durch Gentechnik (2008-2015).PNG
Züchtungsziele durch Gentechnik (Stand: 2010)<ref name="global_pipeline">nature.com: International trade and the global pipeline of new GM crops (englisch)</ref>
Datei:Gv-Sorten (2008-2015).PNG
Gv-Sorten nach Pflanzenart (Stand: 2010)<ref name="global_pipeline" />
Datei:Gv-Sorten nach Ländern (2008 - 2015).PNG
Gv-Sorten nach Ländern (Stand: 2010)<ref name="global_pipeline" />

Die Ziele der Grünen Gentechnik unterscheiden sich prinzipiell nicht von denjenigen jahrtausendealter traditioneller Pflanzenzucht. Es geht um eine Verbesserung der Eigenschaften von Pflanzen. Im Mittelpunkt der bisherigen Anwendung der Grünen Gentechnik stehen weltweit vier Agrarpflanzen (Anteil GVO 2009 in %): Soja (77 %), Baumwolle (49 %), Mais (26 %) und Raps (21 %). In Nordamerika kommen noch Zuckerrüben hinzu (dort 95 %).<ref>Globale Anbauflächen 2009</ref><ref>Globale Anbauflächen 2013 und Vorjahre</ref>

Jeder Gentransfer wird mit dem Ziel ausgeführt, den Pflanzen ein gewünschtes Merkmal (englisch trait) zu übertragen. Man unterscheidet Input Traits, das sind Eigenschaften, die für den Anbau interessant sind, und Output Traits, welche den als Zielgruppe haben oder der Weiterverarbeitung dienen.

Input Traits

  • Schädlingskontrolle, *Fitness der Pflanze unter widrigen Bedingungen (Trocken-, Säure- und Salztoleranz, Widerstandsfähigkeit gegen extreme Temperaturen)

Output Traits

  • Verbesserung des Nährstoffgehalts, der Lagerfähigkeit oder der Verarbeitungsqualität (Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, Zuckergehalt, Vitamine/goldene Reis, Farbeigenschaften)
  • Herstellung von Industrierohstoffen (Biokraftstoffe, biologisch abbaubares Plastik, Enzyme oder Schmieröle) oder pharmazeutischen Produkten wie Hormone, Impfstoffe oder Antikörper.

Gelingt eine Transformation, so spricht man von einem Event (engl. für Ereignis). Verschiedene Events können zu demselben Merkmal führen. Zunehmend sind auch gv-Pflanzen mit Kombinationen mehrerer traits verfügbar. Man spricht hier von Stacked Events (engl. für gestapelt).<ref>European Commission, Joint Research Centre, Institute for Prospective Technological Studies The global pipeline of new GM crops: implications of asynchronous approval for international trade (englisch)</ref> Neue Sorten mit mehreren Traits können Ergebnis der Kooperation mehrerer Unternehmen sein. So haben z. B. Monsanto und Dow AgroSciences bei der Entwicklung von SmartStax-Maissorten zusammen gearbeitet.<ref>efsa.europa.eu: EFSA – Scientific Opinion of the GMO Panel: Scientific opinion on insect resistant and herbicide tolerant GM maize MON 89034 x 1507 x MON 88017 x 59122 for food EFSA Journal 2010; 8(9):1781 [37 pp.] doi:10.2903/j.efsa.2010.1781.</ref><ref>isaaa.org: MON89034 x TC1507 x MON88017 x DAS-59122-7</ref>

Übersicht über die Anwendungen

Pflanze Herbizidresistenz Insektenresistenz Virusresistenz Besondere Inhaltsstoffe Kommentar
gegen Glyphosat, Glufosinat oder 2,4-D durch Bt-Toxine
Luzerne Ja Nein Nein Nein
Apfel Nein Nein Nein Nein nicht-bräunend
Eukalyptus Nein Nein Nein Nein schneller wachsend
Baumwolle Ja Ja Nein Nein
Kürbisgewächse Nein Nein Ja Nein
Mais Ja Ja Nein Ja
Paprika Nein Nein Ja Nein
Raps Ja Nein Nein Ja
Reis Nein Nein Nein Ja Goldener Reis
Sojabohnen Ja Ja Nein Nein
Speisekartoffeln ? Ja Ja Nein
Stärkekartoffeln ? Nein Nein Ja Amflora
Tomaten Nein Nein Nein Ja Flavr Savr
Weizen Ja Nein Nein Nein
Zuckerrohr Ja Nein Nein Nein
Zuckerrübe Ja Nein Nein Nein

Eigenschaften, die die Agronomie betreffen

Herbizidresistenz

Die Bekämpfung von Unkräutern in Kulturpflanzen mit Herbiziden ist eine der wichtigsten Methoden, um einen möglichst hohen Ertrag zu erhalten. Durch Übertragung von Genen, die eine Resistenz gegen bestimmte Herbizide vermitteln, werden Nutzpflanzen erzeugt, die gegen diese Herbizide resistent sind. Der Einsatz solcher gentechnisch veränderter Nutzpflanzen ermöglicht eine einfache Unkrautbekämpfung, da durch den Einsatz des entsprechenden Herbizids, alle Unkräuter absterben, während die gentechnisch veränderten Pflanzen weiter wachsen.

Die Herbizidresistenz war im Jahr 2012 die mit Abstand am weitesten verbreitete genetische Veränderung beim kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, mit weltweit etwa 100 Millionen Hektar Anbaufläche herbizidresistenter Arten.<ref>GM crops: A story in numbers. Nature 497, 22–23 (02 May 2013) doi:10.1038/497022a</ref>

Der erste Durchbruch gelang durch die Übertragung des EPSPS-Gens (5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase) aus dem Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens, das eine Resistenz gegenüber dem Herbizid Glyphosat (Markenname Roundup von Monsanto) vermittelt. Diese Glyphosatresistenz wurde insbesondere in Mais, Raps, Soja, Baumwolle, Luzerne und Zuckerrüben übertragen.<ref>Duke, S.O., and Powles, S.B. (2008). Glyphosate: a once-in-a-century herbicide. PestManagSci 64, 319-325. doi:10.1002/ps.1518</ref>.

Entsprechend wurde das PAT-Gen (Phosphinothricin Acetyl-Transferase) aus Streptomyces viridochromogenes in Mais, Raps und Baumwolle übertragen, um eine Resistenz gegen Glufosinat (Markenname Liberty oder Basta von Bayer) auszulösen.<ref>Green, J.M., and Owen, M.D. (2011). Herbicide-resistant crops: utilities and limitations for herbicide-resistant weed management. JAgricFood Chem 59, 5819-5829.doi:10.1021/jf101286h</ref>

Da in den letzten Jahren durch den häufigen Einsatz von Glyphosat weltweit 24 Unkräuter resistent geworden sind und damit die selektive Wirkung des Herbizids teilweise dramatisch verloren gegangen ist,<ref>Heap, I. (2014). Global perspective of herbicide-resistant weeds. Pest ManagSci 70, 1306-1315. doi:10.1002/ps.3696</ref> werden Nutzpflanzen entwickelt, die Resistenzgene enthalten, die über einen anderen Mechanismus wirken. Im Vordergrund stehen Dicamba,<ref>Behrens, M.R., Mutlu, N., Chakraborty, S., Dumitru, R., Jiang, W.Z., LaVallee, B.J., Herman, P.L., Clemente, T.E., and Weeks, D.P. (2007). Dicamba Resistance: Enlarging and Preserving Biotechnology-Based Weed Management Strategies. Science 316, 1185-1188.doi:10.1126/science.1141596</ref> 2,4-D (2,4-Dichlorphenoxyessigsäure),<ref>Wright, T.R., Shan, G., Walsh, T.A., Lira, J.M., Cui, C., Song, P., Zhuang, M., Arnold, N.L., Lin, G., Yau, K., et al. (2010). Robust crop resistance to broadleaf and grass herbicides provided by aryloxyalkanoate dioxygenase transgenes. ProcNatlAcadSciUSA 107, 20240-20245.doi:10.1073/pnas.1013154107</ref> Imazapyr,<ref>Citadin, C.T., Cruz, A.R., and Aragao, F.J. (2013). Development of transgenic imazapyr-tolerant cowpea (Vigna unguiculata). Plant Cell Rep 32, 537-543. doi:10.1007/s00299-013-1385-6</ref> HPPD (Hydroxyphenylpyruvat Dioxygenase)-Hemmer,<ref>Matringe, M., Sailland, A., Pelissier, B., Rolland, A., and Zink, O. (2005). p-Hydroxyphenylpyruvate dioxygenase inhibitor-resistant plants. Pest Manag Sci 61, 269-276. doi:10.1002/ps.997</ref> ACCase (Acetyl-CoA-Carboxylase)-Hemmer<ref>Kaundun, S.S. (2014). Resistance to acetyl-CoA carboxylase-inhibiting herbicides. Pest Manag Sci 70, 1405-1417. doi:10.1002/ps.3790</ref> und ALS (Acetolactat Synthase)-Hemmer (Sulfonylharnstoffe).<ref>Endo, M., Shimizu, T., and Toki, S. (2012). Selection of transgenic rice plants using a herbicide tolerant form of the acetolactate synthase gene. Methods Mol Biol 847, 59-66. doi:10.1007/978-1-61779-558-9_6</ref>

Um das Entstehen von Resistenzen zu verzögern, werden zusätzlich Nutzpflanzen entwickelt, die gleichzeitig mehrere Resistenzgene enthalten.<ref>Waltz, E. (2010). Glyphosate resistance threatens Roundup hegemony. NatBiotechnol 28, 537-538.doi:10.1038/nbt0610-537</ref> Das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten (USDA) hat fünf Soja-, zwei Mais- und eine Baumwollsorte mit je zwei unterschiedlichen Resistenzgenen (Stand März 2015) für den kommerziellen Anbau (nonregulated status) zugelassen. <ref> (PDF, englisch)</ref> 0,654<ref>Bayer CropScience Key figures „BioScience“, M€ 503 (englisch)</ref> (2009) Marktanteil 18,1 % 12,6 % 6,7 % 3,0 % 2,3 % 1,6 % 55,7 %

Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf den jeweiligen Bereich Saatgut. Der Anteil an GVO-Saat wird von den Firmen in der Regel nicht gesondert angegeben. Der Weltmarkt für GVO-Saatgut wächst Jahr für Jahr kontinuierlich. 2013 betrug er 15,6 Mrd. $.<ref name="isaaa_brief_46">James, Clive: Global Status of Commercialized Biotech/GM Crops: 2013. ISAAA Brief No. 46. ISAAA: Ithaca, NY.</ref>

Anbau

Datei:Gmo acreage world 2009.PNG
Anbauflächen weltweit 2009

Seit 1996 werden gentechnisch veränderte Pflanzen kommerziell angebaut. Weltweit fand 2013 der Anbau in 27 Ländern durch 18 Millionen Landwirte (davon mehr als 90 % in Entwicklungsländern) auf 175,2 Millionen Hektar statt.<ref name="isaaa_brief_46" /> Das entspricht 11,7 % des weltweit nutzbaren Ackerlandes (laut FAO-Definition 1,5 Milliarden Hektar </ref>

Andere Länder

In den USA sind für die Regulation von Gv-Pflanzen das USDA, die EPA und die FDA verantwortlich. Die Gesetzgebung ist produktbezogen (product based), Kennzeichnungen sind freiwillig, und die Beimischungsgrenze beträgt 5 %.<ref name="intreg">Ramessar, K, Capell, T, Twyman, R, Quemada, H, Christou, P. (2009): Calling the tunes on transgenic crops: the case for regulatory harmony. Molecular Breeding, Vol. 23, S. 99–112. (PDF; 229 kB)</ref>

In Kanada, Taiwan, Bangladesch, auf den Philippinen sowie in Argentinien und Südafrika ist die Gesetzgebung ebenfalls produktbezogen (product based). Im Vereinigten Königreich, in Australien, Neuseeland, China, Japan, Indien, Brasilien, Mexiko, Burkina Faso, Ägypten, Kenia, Sambia und Nigeria ist die Gesetzgebung prozessbezogen (process based). Kennzeichnung ist freiwillig in Kanada, auf den Philippinen, in Argentinien und Südafrika; verpflichtend im Vereinigten Königreich, in Australien, Neuseeland, China, Japan, Taiwan, Chile, Brasilien und Mexiko. Die Beimischungsschwelle liegt bei 5 % in Kanada, Japan, Taiwan und auf den Philippinen. In anderen Ländern, für die Informationen vorliegen, liegt sie bei 1 %.<ref name="intreg" />

Viele Entwicklungsländer haben noch keine umfassenden gesetzlichen Grundlagen für die Zulassung von und den Verkehr mit transgenen Pflanzen geschaffen.

Internationale Abkommen

Die nationale Gesetzgebung bewegt sich innerhalb von Spielräumen, die durch internationale Abkommen abgesteckt sind, welche eine Harmonisierung vorantreiben sollen:<ref name="intreg" />

Unterschied zwischen USA und EU: Gründe

In den USA dauert der Zulassungsprozess eines transgenen Events durchschnittlich 15 Monate, in der EU 40.<ref>US Department of Agriculture. GAIN Report: EU-27 Biotechnology. GE Plants and Animals (USDA, Washington, DC, 2009). (PDF; 657 kB)</ref> Für die Unterschiede zwischen den USA und der EU bei der Regulierung der Grünen Gentechnik gibt es unterschiedliche wissenschaftliche Erklärungsansätze, die seit Jahren diskutiert werden. Einige gehen davon aus, dass die Konsumenten in der EU der Gentechnik gegenüber negativer eingestellt wären als US-Konsumenten, dass Lebensmittelskandale (z. B. BSE oder Dioxin) in den 1990er Jahren stärkere Regulierung zur Folge hatten oder dass das Vertrauen der Konsumenten in die Regulierungsbehörden in der EU niedriger ist. Andere Forscher argumentieren, dass die Regulierung in den USA deswegen weniger strikt ist, weil die dortigen Landwirte aus der Grünen Gentechnik einen größeren Nutzen ziehen könnten als EU-Landwirte. Ein weiterer Erklärungsansatz lautet, der Unterschied sei durch die relative Stärke europäischer Unternehmen auf dem traditionellen Pflanzenschutzmarkt begründet, zu dem die transgenen Pflanzen der ersten Generation in Konkurrenz stehen.<ref name="agbioforum.org">Johan F.M. Swinnen & Thijs Vandemoortele (2010): Policy Gridlock or Future Change? The Political Economy Dynamics of EU Biotechnology Regulation. AgBioForum, Band 13, Nr. 4.</ref> Eine weitere Erklärung zur restriktiven Haltung der EU sehen Tait und Barker (2011) in einer erheblichen Einflussnahme von Nichtregierungsorganisationen und Branchenvertretern der ökologischen Landwirtschaft, welche die Grüne Gentechnik ablehnen. Die Möglichkeit dieser Einflussnahme sei in den 1980er Jahren geschaffen worden, als Europa sich von einer Top-down-Regierung auf eine Bottom-up-Governance hinbewegte, in welcher der Staat nicht mehr primär der alleinige Macher von Politik ist, sondern die Interaktionen zwischen gesellschaftlichen Gruppen fördert. Mitte der 1980er Jahre wurde das in Deutschland geltende Vorsorgeprinzip zur Regulierung neuer Technologien in Europa übernommen.<ref name="taitbarker">Joyce Tait & Guy Barker (2011): Global food security and the governance of modern biotechnologies (PDF; 724 kB). EMBO reports 12: 763-768.</ref> Jeder dieser Erklärungsversuche weist jedoch Schwächen auf; es besteht kein wissenschaftlicher Konsens über die Ursachen für die Unterschiede.<ref name="agbioforum.org" />

Kritik der Restriktion

Viele Wissenschaftler kritisieren die starken rechtlichen Einschränkungen der Entwicklung und des Einsatzes von transgenen Pflanzen in einigen Ländern. Die Regulierung von Grüner Gentechnik im Gegensatz zu anderen Verfahren der Pflanzenzüchtung sei ungerechtfertigt, da das Endprodukt eines Züchtungsprozesses, nicht aber die Methode, ausschlaggebend sei.<ref></ref>

Koexistenz

Die EU-Richtlinien zur Koexistenz (2003/556/EC)<ref name="2003/556/EG" /> sehen vor, dass Abstandsregeln den wissenschaftlichen Kenntnisstand bezüglich der Beimischungswahrscheinlichkeit widerspiegeln sollen. Einige Wissenschaftler kritisieren, dass sich viele EU-Mitgliedsstaaten darüber hinwegsetzen und dass die Mindestabstände willkürlich, exzessiv und politisch motiviert seien.<ref name="lenghts" /><ref name="taitbarker" /><ref name="EUcoex" /> So gilt in Luxemburg ein Mindestabstand von 600 m für Mais, während er in den Niederlanden bei 25 m liegt. In Spanien sind 50 m vorgeschrieben, in Portugal 200 m.<ref>Coexistence of genetically modified crops with conventional and organic agriculture. Website der Europäischen Kommission. ec.europa.eu.</ref> In Lettland ist für Raps ein Abstand von 4 km (bzw. 6 km zu ökologischen Feldern) vorgeschrieben. Dies würde erhebliche Kosten für Landwirte darstellen, die transgenes Saatgut verwenden wollen, und ihre Wahlfreiheit unnötig einschränken. Eine Metaanalyse von Auskreuzungsstudien bei Mais kam zu dem Schluss, dass ein Abstand von 50 m ausreichen würde, um eine Auskreuzung unter 0,5 % sicherzustellen.<ref name="lenghts" />

Probleme im Agrarhandel

Die teils schnelle Einführung der Grünen Gentechnik in anderen Ländern der Welt und die Zulassungspraxis in Europa, die auf dem Vorsorgeprinzip beruht, soll nach Meinung einiger zu immer größeren Problemen im Agrarhandel führen. Die USA, Kanada und Argentinien hatten 2003 die EU vor der WTO verklagt und bekamen 2005 in den meisten Punkten Recht. Seither wird über eine Regelung verhandelt.<ref>WTO Dispute Settlement: EC — Approval and Marketing of Biotech Products. USA, Kanada, Argentinien, alle wto.org (englisch)</ref> Nachdem die EU im März 2009 die Einfuhr von gentechnisch verändertem T45-Raps als Lebens- und Futtermittel erlaubt hatte,<ref>EU erlaubt Einfuhr von gentechnisch verändertem T45-Raps. Transgen.de</ref> legten im Juli 2009 Kanada und die EU ihren Streit nieder und vereinbarten, sich zweimal jährlich zu weiteren Konsultationen zu treffen.<ref>EU and Canada settle WTO case on Genetically Modified Organisms. europa.eu (englisch).</ref>

Ein Gutachten der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission befürchtet, dass die Preise für Agrarprodukte ohne Beimischungen der zahlreichen Gv-Pflanzen, die in anderen Ländern angebaut werden, deutlich steigen werden. Bis 2015 wird ein Anstieg der kommerziell genutzten Gv-Merkmale von 30 auf 120 im Jahr 2009 erwartet.<ref>Regionale Unterschiede in der Gentechnik-Politik führen zu Problemen im Agrarhandel. Transgen.de.</ref> Eine Arbeitsgemeinschaft Innovativer Landwirte sieht sich gegenüber der Konkurrenz aus anderen Ländern zunehmend benachteiligt.<ref>Innovative Landwirte fordern Wahlfreiheit. mz-web.de.</ref>

Der europäischen Tierhaltung und Futtermittelbranche entstünde laut Deutscher Verband Tiernahrung e. V. ein Schaden von 3,5 bis 5 Mrd. €, da immer wieder Lieferungen mit Spuren von GVO zurückgewiesen werden müssten. Im außereuropäischen Ausland könnten dieselben Futtermittel verwendet werden und damit erzeugte tierische Lebensmittel hätten im Prinzip ungehindert Marktzutritt in Europa.<ref>Ungelöstes Problem GVO-Nulltoleranz belastet Futtermittelbranche und Veredlung. In: Agrar-Nachrichten, proplanta.de.</ref>

Neue Verfahren der Pflanzenzüchtung

Neue Verfahren der Pflanzenzüchtung, die seit der Etablierung der ersten Regulierungsmaßnahmen von gv-Pflanzen entwickelt wurden, stellen eine regulatorische Herausforderung dar, weil der Status der aus ihnen hervorgehenden Pflanzen häufig unklar ist. Ein Vergleich (2010) zwischen Argentinien, Australien, der EU, Japan, Kanada, Südafrika und den USA zeigt, dass sich Gesetzgebung, Definitionen und Regulierung zwischen den Ländern stark unterscheiden. Entscheidungen werden häufig auf der Basis unterschiedlicher Techniken oder sogar auf Einzelfallbasis getroffen. Auch haben manche Länder bereits eine klare Gesetzgebung fertig gestellt, werden in anderen erst die Diskussionen beginnt. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieselbe oder eine sehr ähnliche Züchtungsmethode in verschiedenen Ländern als GVO oder nicht-GVO eingestuft werden wird. Dies hat bereits zu asynchronen Zulassungen geführt, welche den internationalen Handel gestört haben.<ref> Maria Lusser, Howard V. Davies: Comparative regulatory approaches for groups of new plant breeding techniques. In: New Biotechnology. 30, Nr. 5, 2013, S. 437–446, doi:10.1016/j.nbt.2013.02.004.</ref>

Beispielsweise ist in der EU noch nicht geklärt, wie Genome Editing-Verfahren reguliert werden sollen. In den USA sind solche Pflanzen von der für GVO geltenden Regulierung ausgenommen, sofern sie keine fremde Erbsubstanz enthalten. In den EU-Mitgliedsländern gibt es unterschiedliche Auffassungen.<ref>Gentechnik-Gesetze und neue Züchtungsverfahren: Europa droht den Anschluss zu verlieren. Transgen.de, 30. März 2015.</ref> So hat das BVL im März 2015 eine durch Oligonukleotid-gerichtete Mutagenese (ODM) hergestellte Rapslinie als nicht-gv eingestuft. Die Entscheidung fiel auf Basis einer Stellungnahme der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit aus dem Jahr 2012.<ref>Neue Züchtungstechniken: Was eine Pflanze zu einer gentechnisch veränderten macht. Transgen.de, 10. März 2015.</ref>

Sozioökonomische Auswirkungen

2011 und 2012 veröffentlichte, länderübergreifende Metaanalysen zu Bt-Mais, Bt-Baumwolle und herbizidtoleranter Sojabohne ergaben, dass diese gv-Pflanzen konventionellen Pflanzen in agronomischer und ökonomischer Hinsicht überlegen sind. Diese Überlegenheit ist größer in Entwicklungs- als in Industrieländern und besonders groß bei Bt-Baumwolle.<ref>Robert Finger, Nadja El Benni, Timo Kaphengst, Clive Evans, Sophie Herbert, Bernard Lehmann, Stephen Morse, Nataliya Stupak: A Meta Analysis on Farm-Level Costs and Benefits of GM Crops. Sustainability 2011, 3(5), 743-762; doi:10.3390/su3050743</ref><ref>F.J. Areal, L. Riesgo, E. Rodríguez-Cerezo: Economic and agronomic impact of commercialized GM crops: a meta-analysis. The Journal of Agricultural Science, 2012.</ref>

Eine 2014 veröffentlichte Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass sich im Durchschnitt große und signifikante agronomische und ökonomischen Vorteile durch den Einsatz von gv-Pflanzen nachweisen lassen. Laut den Autoren besteht dabei insbesondere eine Varianz bzgl. der konkret veränderten Eigenschaften und der Anbaugebiete: Der Ertrag und die Reduktion der Pestizidmenge ist am größten bei insektenresistenten Pflanzen, der Ertrag und der Erzeugergewinn ist am größten in Entwicklungsländern.<ref>Wilhelm Klümper, Matin Qaim: A Meta-Analysis of the Impacts of Genetically Modified Crops. In: PLoS ONE. 9, 2014, S. e111629, doi:10.1371/journal.pone.0111629.</ref>

Produktivitätszuwachs

Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) waren 2010 etwa 925 Millionen Menschen unterernährt.<ref>FAO: Hunger (englisch)</ref> Aufgrund der steigenden globalen Bevölkerung von ca. 6,7 Mrd. Menschen 2008 auf ca. 8,3 Mrd. Menschen bis 2030<ref>United Nations: World Population Prospects (englisch)</ref>, einer zunehmenden Nachfrage nach Fleisch in den reicher werdenden Schwellenländern<ref>Alex Renton (2009): Our culture of wasting food will one day leave us hungry. The guardian. Sunday 8 February 2009.</ref> und der global begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche, wird es in unmittelbarer Zukunft zu steigender Nachfrage nach Lebensmitteln kommen. Eine steigende Nachfrage nach Lebensmitteln bei immer langsamer steigender Produktivität der konventionellen Züchtung führt zu steigenden Lebensmittelpreisen. Dies wiederum führte in den armen Regionen der Welt wie Afrika und Asien zu einem Anstieg der Zahl hungernder Menschen.<ref>FAO: Number of hungry people rises to 963 million (englisch)</ref><ref>Financial Times Deutschland: El Niño bedroht Konjunkturerholung (Memento vom 2. August 2012 im Webarchiv archive.is)</ref>

Angesichts von Ressourcenknappheit und wachsender Weltbevölkerung seien Produktivitätszuwächse somit unabdinglich für eine ausreichende Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und anderen Rohstoffen.<ref>von Braun, J. (2007): The world food situation: new driving forces and required actions. Food Policy Report 18. International Food Policy Research Institute. Washington, DC.</ref> Ertragszuwächse bei Pflanzen der ersten Generation wurden beobachtet für Baumwolle, Soja, Mais und Raps.<ref>Focus on yield – Biotech crops; evidence, outcomes and impacts 1996–2006 (englisch)</ref> Ein 2010 veröffentlichtes Review von 49 Studien ergab, dass in 74 % der Ergebnisse Ertragszuwächse beobachtet wurden. 19 % der Ergebnisse sind neutral und 7 % negativ. In Entwicklungsländern wurden dabei deutlich stärkere Ertragszuwächse (16-30 %) als in Industrieländern (0-7 %) festgestellt. Die negativen Ergebnisse traten dabei in den ersten Jahren nach der Zulassung auf und sind dadurch zu erklären, dass die transgenen Eigenschaften anfangs in nur wenige Sorten eingebracht wurden, die damit und aufgrund langer Zulassungsprozesse nicht mehr auf dem neuesten Züchtungsstand und nicht lokal angepasst waren. Nachdem die transgenen Eigenschaften nach einigen Jahren in einer weitaus größeren Zahl von Sorten verfügbar war, konnten auch kaum noch negative Ergebnisse beobachtet werden.<ref name="carpenter">Peer-reviewed surveys indicate positive impact of commercialized GM crops. Nature Biotechnology, Vol. 28, Nr. 4, April 2010, S. 319–321.</ref>

Dem Argument, Gentechnik zur Bekämpfung des Hungers einzusetzen, wird entgegnet, dass der Hunger nicht nur ein Produktions-, sondern vor allem ein Verteilungsproblem sei. Der Soziologe Jean Ziegler sagt unter Berufung auf Daten der FAO, dass mit derzeitigen und konventionellen Mitteln bis zu 12 Milliarden Menschen ausreichend ernährt werden könnten, und bezeichnet jeden Hungertod als Mord.<ref>„Dass ich hier bin, ist ein reines Wunder“ Interview von Rudolf Burger. Tagesanzeiger, 17. März 2009</ref>

Des Weiteren hat eine von den Vereinten Nationen in Auftrag gegebene Untersuchung ergeben, dass der ökologische Landbau in kleinbäuerlichen Strukturen bessere Resultate im Hinblick auf den Zugang zu Nahrung erzielt als eine konventionelle Agrarindustrie mit von Pestiziden und Düngemitteln abhängigen gentechnisch veränderten Pflanzen. Dies ist nachzulesen im 2008 veröffentlichten Weltagrarbericht, welchen Olivier de Schutter, UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Nahrung, 2009 in New York vorgestellt hat. Das englische Original des Weltagrarberichts IAASTD (International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development) ist hier zu finden: http://www.unep.org/dewa/Assessments/Ecosystems/IAASTD/tabid/105853/Default.aspx .

Die Auffassung, dass eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität keinen wichtigen Beitrag zur Hungerbekämpfung leiste, wird von Teilen der Wissenschaft nicht geteilt.<ref>Alston, J, Beddow, J, Pardey, P. (2009): Agricultural Research, Productivity, and Food Prices in the Long Run. Science, Vol. 325, S. 1209–1210.</ref> So zeigt die Erfahrung der Grünen Revolution, dass hierdurch geschätzte 187 Millionen Menschen vor Hunger bewahrt wurden.<ref>Evenson, R. & Gollin, D. (2003): Assessing the Impact of the Green Revolution, 1960 to 2000. Science, Vol. 300, Mai 2003, S. 758–762.</ref>

Wahrgenommener Nutzen für Konsumenten

Im internationalen Rahmen wurden mehrere Studien zur Reaktion von Konsumenten und Konsumentinnen auf Nahrungsmittel durchgeführt, die unter Verwendung von Rohstoffen aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden. Die Konsumenten kritisieren mehrheitlich aus ihrer Sicht derzeit unzureichende Kennzeichnungsvorschriften.<ref>Moon, W.; Balasubramaian, S. K. (2004) Public attitudes toward agrobiotechnology: The mediating role of risk perveptions on the impact of trust, awareness, and outrage. Review of Agricultural Economics 26(2):186-208</ref> Eine umfassende Übersichtsstudie kommt zum Ergebnis, dass ein um 5-110 % höherer Preis von Konsument/innen für ansonsten gleiche Produkte akzeptiert wird, die ohne Grüne Gentechnik hergestellt wurden.<ref>Costa-Font, Montserrat; Gil, Jose M.; Traill, W. Bruce (2007) Consumer acceptance, valuation of and attitudes towards genetically modified food: Review and implications for food policy. Food Policy 33:99–111</ref> Eine kürzlich veröffentlichte Studie zum großflächigen Anbau von Bt-Mais und HR-Raps in Deutschland zeigt, dass allein die Lebensmittelkennzeichnung „mit GVP“ (gentechnisch veränderten Pflanzen) zu einem Preisabschlag von etwa 1/3 führt. Wohlfahrtsökonomisch handelt es sich hier um eine Nutzeneinbuße seitens der Konsumenten. Betriebswirtschaftlichen Anbauvorteilen von weniger als 100 Mio. € stünden Nutzeneinbußen von 360 Mio. € bis zu knapp 6 Mrd. € pro Jahr gegenüber.<ref>Barkmann, J.; Gawron, C.; Marggraf, R.; Theuvsen. L.; Thiel, M. (2012) Großflächiger Anbau von Bt-Mais und HR-Raps: Zahlungsbereitschaft und Nutzen-Kosten-Analyse. In: Breckling, B.; Schmidt, G.; Schröder, W. GeneRisk – Systemische Risiken der Gentechnik: Analyse von Umweltwirkungen gentechnisch veränderter Organismen in der Landwirtschaft. S. 207–220.</ref>

Einkommensverbesserung

Einkommenszuwächse konnten bei transgener Baumwolle, transgenem Mais, transgenem Raps und transgener Sojabohne nachgewiesen werden. Ein 49 Studien umfassendes Review der wissenschaftlichen Literatur zu den Auswirkungen von transgenen Pflanzen auf landwirtschaftliche Einkommen zeigt in 72 % der Resultate einen positiven, in 11 % einen neutralen und in 16 % einen negativen Einfluss. In Entwicklungsländern ist der Anteil positiver Ergebnisse signifikant höher (ca. 75 %) als in Industrieländern (ca. 65 %). Hinzu kommen nicht-monetäre Nutzenzuwächse in Form von Arbeitseinsparungen, erhöhter Flexibilität, geringerem Risiko sowie größerer Sicherheit, die für die USA auf durchschnittlich $12 pro Hektar für herbizidresistente Pflanzen bzw. $10 für insektenresistente Pflanzen geschätzt wurden.<ref name="carpenter" /> Zudem profitierte der konventionelle Anbau vom Anbau insektenresistenter Pflanzen in seiner Umgebung (siehe Abschnitt Umweltschutz).

In Studien, die Einkommensverbesserungen durch Gv-Pflanzen entlang unterschiedlicher Betriebsgrößen gemessen haben, ergaben sich zumeist insbesondere Vorteile für Haushalte mit geringerem Landbesitz. Hinzu kommt eine Verringerung des Einkommensrisikos, das für Kleinbauern vergleichsweise wertvoller ist als für größere Betriebe, die über mehr Instrumente zur Risikoreduktion verfügen.<ref name="carpenter" />

Die FAO erwartet, dass transgene Pflanzen ebenso wie andere verbesserte Saatguttechnologien in der Vergangenheit in Zukunft eine wichtige Rolle bei ländlicher Einkommenssteigerung und Armutsbekämpfung spielen werden.<ref>Fan, S, Chan-Kang, C, Qian, K, Krishnaiah, K. (2005): National and international agricultural research and rural poverty: the case of rice research in India and China. Agricultural Economics. Vol. 33, S. 369–79.</ref><ref>Hazell, P, Ramasamy, C. (1991): The Green Revolution Reconsidered: The Impact of High-Yielding Rice Varieties in South India. Baltimore, MD: Johns Hopkins University Press.</ref><ref name="FAO2004">FAO (2004): The State of Food and Agriculture 2003-04; Agricultural Biotechnology: Meeting the Needs of the Poor? Rome: FAO.</ref>

Eine Langzeitstudie unter Leitung von Matin Qaim zeigt etwa, dass indische Kleinbauern, die Bt-Baumwolle anbauen, einen um 50 % höheren Gewinn erwirtschaften als Bauern, die konventionelle Baumwolle anbauen. Außerdem seien die „Vorteile im Zeitablauf sogar tendenziell weiter angestiegen“, sodass „Befürchtungen von Kritikern, die Gentechnik würde eine zunehmende Ausbeutung der Bauern durch Großkonzerne zur Folge haben“, widerlegt worden seien.<ref>Gentechnik erhöht Erträge und Lebensstandard von Kleinbauern. Informationsdienst Wissenschaft. 2. Juli 2011. Abgerufen am 4. Juli 2012.</ref>

Eine Studie unter der Mitarbeit von Justus Wesseler untersuchte die Akzeptanz einer hypothetisch eingeführten gentechnisch veränderten Banane. Insbesondere Kleinbauern zeigten mehr Akzeptanz gegenüber der veränderten Banane. Die besser verdienende urbane Bevölkerung stand dieser kritischer gegenüber.<ref name="Kikulve-2011">Kikulwe, Enoch, Ekin Birol, Justus Wesseler, José Falck-Zepeda (2011): A Latent Class Approach to Investigating Developing Country Consumers’ Demand for Genetically Modified Staple Food Crops: The Case of GM Banana in Uganda. Agricultural Economics</ref><ref name="Kikulve-2011a">Kikulwe, Enoch, Justus Wesseler, José Falck-Zepeda (2011): Attitudes, Perceptions, and Trust: Insights from a Consumer Survey Regarding Genetically Modified Banana in Uganda. Appetite 57(2):401-413</ref>

Dominanz multinationaler Konzerne

Heute befinden sich mehr als 75 % aller Patente der Grünen Biotechnologie in privater Hand, größtenteils von wenigen multinationalen Konzernen.<ref>Graff, G, Cullen, S, Bradford, K, Zilberman, D, Bennett, A. (2003): The public-private structure of intellectual property ownership in agricultural biotechnology. Nature Biotechnology, Vol. 21, S. 989–95.</ref> Die Möglichkeit, Patente gewinnbringend auszubeuten, stellt einen Anreiz für die Forschung dar. Gleichzeitig hat dies dazu geführt, dass die Entwicklung neuer transgener Sorten durch Nichtinhaber relevanter Patente häufig mit hohen Transaktionskosten und Lizenzgebühren verbunden ist.<ref>Santaniello, V, Evenson, R, Zilberman, D, Carlson, G. (hrsg.) (2000): Agriculture and Intellectual Property Rights: Economic, Institutional and Implementation Issues in Biotechnology. Oxfordshire, UK: CABI Publishing.</ref> Dies könnte den Konzentrationsprozess weiter verstärken. Durch eine sinkende relative Bedeutung von öffentlicher Forschung und Entwicklung könnte insbesondere die gentechnische Verbesserung von weniger verbreiteten Pflanzenarten sowie in kleinen Entwicklungsländern vernachlässigt werden.<ref name="FAO2004" /><ref>Lipton, M. (2001): Reviving global poverty reduction: what role for genetically modified plants? Journal of International Development, Vol. 13, S. 823–46.</ref><ref>Qaim, M, Krattiger, A, von Braun, J. (hrsg.) (2000): Agricultural Biotechnology in Developing Countries: Towards Optimizing the Benefits for the Poor. New York: Kluwer.</ref>

Tewolde Berhan Gebre Egziabher wirft Saatgutherstellern vor, sie würden Landwirte in eine Abhängigkeit von ihren Produkten zwingen, und bezeichnet dies als effektiven Kolonialismus.<ref>Interview mit Tewolde Egziabher, 23. Oktober 2002, veröffentlicht von: Greenpeace Redaktion/</ref> Ronald Herring hat während der raschen Adoption von Bt-Baumwolle in Indien beobachtet, dass legale Bt-Saaten unter starken Konkurrenzdruck gerieten, wenn die Preise zu hoch waren oder die Beschaffung zu bürokratisch. Die massenhafte unautorisierte Vermehrung von Bt-Pflanzen und Einkreuzung in lokale Sorten durch die Landwirte widersetze sich den „europäischen Erzählungen von Macht über Bio-Eigentum“.<ref>upenn.edu: Suicide Seeds? Biotechnology Meets the Developmental State (englisch)</ref>

Den Fragen, ob die grüne Gentechnik Konzentrationsprozesse in der Saatgutindustrie verstärkt hat und ob Konzentrationsprozesse die Innovation verlangsamt haben, ging eine Untersuchung (2011) im Auftrag der niederländischen Kommission für genetische Modifikation (COGEM) nach. Eine deutliche Konsolidierung hat in den letzten Jahren stattgefunden, so lag der Marktanteil der neun größten Saatgutunternehmen 1985 bei 12,7 % und 1996 bei 16,7 %, während der Marktanteil der drei größten Saatgutunternehmen 2009 auf 34 % angestiegen war. Neben Fortschritten der Pflanzenwissenschaften und -züchtung haben geistige Eigentumsrechte im Bereich der Pflanzenzüchtung und Biotechnologie sowie steigende Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu diesem Konsolidierungsprozess beigetragen. Da sich auch in Märkten mit von der Gentechnik nicht berührten Züchtungstechnologien Konzentrationen ereigneten, variiert die Bedeutung der Gentechnik als Treiber dieser Prozesse. Befragungen von 11 Topmanagern der Saatgutindustrie ergaben, dass geistige Eigentumsrechte und Patente von einigen als förderlich und von anderen als behindernd für Innovation gesehen werden. Einer ökonomischen Analyse der relativ stark konzentrierten Saatgutmärkte für Baumwolle, Mais und Sojabohne in den USA zufolge hatte die Konzentration keine negativen Auswirkungen auf die Innovationsraten. Die Autoren der Studie erwarten, dass hohe Kosten für Forschung und Entwicklung sowie für Zulassungen, Monitoring und Beimischungen kleinere Unternehmen und öffentliche Forschungseinrichtungen behindern und weitere Konzentration der Saatgutindustrie befördern werden.<ref>Drivers of Consolidation in the Seed Industry and its Consequences for Innovation (CGM 2011-01). COGEM, 29. März 2011.</ref>

Lebensmittelpreise

Yu u. a. (2010) gehen davon aus, dass Ertragssteigerungen durch Grüne Gentechnik die Lebensmittelpreise senken können, was positive sozioökonomische Folgen für Konsumenten haben kann. Sie schätzten die Höhe der globalen Preisminderungen im Jahr 2007 auf 5,8 % (Mais), 9,6 % (Sojabohnen) bzw. 3,8 % (Raps) ein. Substitute dieser Getreide und Ölsaaten seien ihrer Analyse zufolge dadurch ebenfalls um 3-4 % billiger geworden.<ref>Graham Brookes, Tun Hsiang "Edward" Yu, Simla Tokgoz, Amani Elobeid (2010): [The Production and Price Impact of Biotech Corn, Canola, and Soybean Crops http://www.agbioforum.org/v13n1/v13n1a03-brookes.htm]. AgBioForum 13: 25-52.</ref>

Aufgrund einer Simulation schätzten Sexton und Zilberman (2012) für das Jahr 2008 die Preissenkung folgendermaßen ein: Ohne die Grüne Gentechnik wären die Weltmarktpreise um 35 % (Mais), 43 % (Sojabohnen), 27 % (Weizen) und 33 % (Raps) höher gewesen.<ref>Steven Sexton, David Zilberman (2012): Land for Food and Fuel Production: The Role of Agricultural Biotechnology. In (Joshua S. Graff Zivin, Jeffrey M. Perloff, Hrsg.): The Intended and Unintended Effects of U.S. Agricultural and Biotechnology Policies. University Of Chicago Press, 2012, ISBN 0-226-98803-1, S. 269–288.</ref>

Resistenzbildung

Ein bekanntes Problem des Pflanzenschutzes ist die Resistenzbildung von Schädlingen gegen Pflanzenschutzmittel über den natürlichen Mechanismus von Mutation und Selektion. Dass Schadinsekten bzw. Unkräuter auch bei Einsatz der grünen Gentechnik Resistenzen gegen Bt-Toxine bzw. Herbizide entwickeln können, ist wissenschaftlich unbestritten. Verschiedene Gegenmaßnahmen, wie Refugienflächen und die Kombination mehrerer Wirkstoffe, erschweren die Resistenzbildung.<ref>Tabashnik, Bruce E.; Van Rensburg, J.B.J.; Carrière, Yves. Field-Evolved Insect Resistance to Bt Crops: Definition, Theory, and Data. Journal of Economic Entomology, Volume 102, Number 6, December 2009 , S. 2011–2025(15)</ref><ref>agbioforum.org: Herbicide Resistant Crops--Diffusion, Benefits, Pricing, and Resistance Management</ref>

Es besteht die Möglichkeit, dass Gene transgener Nutzpflanzen auf ihre wilden Verwandten übergehen. Manche Pflanzen gehen schnell Hybridisierungen mit ihren wilden Verwandten ein. Im Fall von gentechnisch veränderten Pflanzen sehen Wissenschaftler die Möglichkeit, dass durch Auskreuzung der transgenen Eigenschaft sogenannte Superunkräuter entstehen können. Dies betrifft nicht nur die Übertragung der Eigenschaft der Herbizidresistenz, sondern auch Merkmale wie Trockentoleranz, Krankheits- und Schädlingsresistenz oder auch erhöhte Erträge. Weiterhin wird die Möglichkeit gesehen, dass gentechnisch veränderte Pflanzen selbst zu einem Unkraut werden. Ein Beispiel hierfür ist herbizidresistenter Raps, der u.a. aufgrund der Langlebigkeit seiner Samen bei einem Fruchtwechsel ein Unkrautproblem für den Landwirt werden kann.<ref>Murray W. Nabors: Botanik. Pearson Studium, ISBN 978-3-8273-7231-4, S. 579.</ref> Laut einer 2011 erschienenen Übersichtsarbeit (Kwit et al., 2011) sind mögliche negative Folgen einer Auskreuzung transgener Eigenschaften auf verwandte Unkräuter bisher nicht nachgewiesen.<ref name="kwit"> Charles Kwit, Hong S. Moon, Suzanne I. Warwick, C. Neal Stewart Jr.: Transgene introgression in crop relatives: molecular evidence and mitigation strategies. In: Trends in Biotechnology. 29, Nr. 6, 2011, S. 284–293, doi:10.1016/j.tibtech.2011.02.003.</ref>

Resistenz gegen Glyphosat

Eine zwischen 2000 und 2004 durchgeführte britische Studie untersuchte, inwiefern herbizidresistenter Raps seine Resistenzeigenschaft auf verwandte Arten überträgt. Im ersten Versuchjahr konnte bei einer Untersuchung von 95.459 artverwandten Pflanzen eine Auskreuzung des Resistenzgens auf zwei Rübsenpflanzen festgestellt werden. Im Folgejahr konnte in den Versuchsfeldern die Auskreuzung der Resistenz auf eine Acker-Senf-Pflanze nachgewiesen werden.<ref name="defra">Monitoring movement of herbicide resistant genes from farm-scale evaluation field sites to populations of wild crop relatives (englisch)</ref> Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler betonen hingegen, dass keine zweite Studie eine Auskreuzung feststellen konnte, dass die Wahrscheinlichkeit einer Auskreuzung sehr gering sei und dass die Auskreuzung in wilde Verwandte kein Problem darstelle, da Herbizidresistenz in der Wildnis keinen Fitnessgewinn bringe.<ref name="defra" /> Sie weisen aber darauf hin, dass der Anbau herbizidresistenter Raps-Sorten dazu führen könne, dass herbizidresistenter Durchwuchsraps (d.h. Rapspflanzen, die als Folge des Überlebens von Rapssamen in Folgekulturen wieder heranwachsen) die Unkrautbekämpfung bei der Folgefrucht erschweren könnte, insbesondere, wenn in der Fruchtfolge andere herbizidresistente Ackerfrüchte verwendet werden.<ref name="defra" /> Die Schweizer Arbeitsgruppe Gentechnik (SAG) fügt hinzu, dass mehrfach resistenter Raps (d.h. Rapssorten, die nach der Übertragung von Genen aus anderen Sorten neue und damit mehrfache Resistenzen gegen Herbizide ausgebildet haben) ebenfalls agronomische Probleme bereiten könne, und behauptete 2003, dass transgener Durchwuchsraps in manchen Gegenden Kanadas schon zu den häufigsten Unkräutern gehöre.<ref name="SAG">Schweizerische Arbeitsgruppe Gentechnologie (PDF; 14 kB)</ref> Drei Viertel der kanadischen Landwirte, die transgenen Raps anbauen, gaben 2005 in einer Umfrage an, dass die Kontrolle von Durchwuchs bei gentechnisch verändertem Raps kein größeres Problem darstellt als bei konventionellem Raps.<ref>biosicherheit.de: Gentechnisch veränderter Raps in Kanada: Zehn Jahre Anbau – eine Bilanz</ref>

Wahrscheinlicher als eine Auskreuzung des für die Herbizidresistenz verantwortlichen Gens von transgenen Nutzpflanzen auf Unkräuter ist die Herausbildung von Resistenzen durch zufällige Mutation und natürliche Selektion von Unkräutern. Resistenzen gegen Glyphosat in Feldern mit herbizidresistenten transgenen Nutzpflanzen wurden bis 2008 bei 9 Arten beobachtet, davon fast alle in den USA. In argentinischen Sojaanbau kam es seit 2002 zu einer Ausbreitung von Populationen glyphosatresistenter Wilder Mohrenhirse, was in der Zukunft eventuell den Einsatz stärker toxischer Herbizide zur Folge haben kann.<ref>Binimelis, R.; Pengue, W.; Monterroso, I.: "Transgenic treadmill": responses to the emergence and spread of glyphosate-resistant johnsongrass in Argentina. In: Geoforum 2009, Vol. 40, Nr. 4, S. 623–633, doi:10.1016/j.geoforum.2009.03.009</ref> Resistenzen gegen Glyphosat in Feldern ohne herbizidresistente transgene Nutzpflanzen wurden bis 2008 bei 6 Arten in 12 Ländern auf allen Kontinenten beobachtet.<ref name="powles08">Stephen B Powles: Evolved glyphosate-resistant weeds around the world: lessons to be learnt. In: Pest Management Science. 64, 2008, S. 360–365, doi:10.1002/ps.1525. PMID 18273881.</ref> Laut der Organisation WeedScience gibt es weltweit 19 glyphosatresistente Unkräuter (Stand: 2010). Mit 107 resistenten Unkrautarten ist die Gruppe der ALS-Inhibitoren (Acetolactat-Synthase), welche die Grundlage für andere häufig verwendete chemische Unkrautbekämpfungsmittel sind, am stärksten betroffen. Bei allen Herbizidkategorien zusammengenommen sind es 347 (Stand: 2010).<ref>Herbicide Resistant Weeds Summary (englisch)</ref> Wissenschaftler fordern eine stärkere Diversifikation der Unkrautbekämpfung, etwa mithilfe von Herbiziden, in denen Glyphosat mit anderen Wirkstoffen kombiniert wird, mithilfe von transgenen Nutzpflanzen mit entsprechend zusätzlichen Herbizidresistenzen, und nicht-Herbizid-basierten Unkrautbekämpfungsmaßnahmen. So soll die Resistenzentwicklung von Unkräutern verlangsamt werden, damit Glyphosat weiter effektiv verwendet werden kann.<ref name="powles08" /> Die in den USA beobachtete Glyphosatresistenz des Unkrauts Amaranthus palmeri beruht auf einer starken Genamplifikation des EPSPS-Gens und nicht auf einer Auskreuzung des Transgens.<ref>Powles SB. Gene amplification delivers glyphosate-resistant weed evolution, Proc Natl Acad Sci U S A. 2010 Jan 19;107(3):955-6</ref>

Resistenz gegen Bt-Toxine

Ebenso wie sich in der Vergangenheit Resistenzen von Schadinsekten gegen chemische Insektizide gebildet haben, könnten sich in Zukunft Resistenzen gegen Bt-Toxine entwickeln. Im Feld wurde diese Möglichkeit 2002 für Schmetterlinge dokumentiert. In Mississippi und Arkansas hat die Empfindlichkeit des Baumwollkapselbohrers gegenüber dem in den ersten Bt-Sorten vorrangig eingesetzten Bt-Toxin Cry1Ac bereits deutlich abgenommen. Eine Resistenzbildung wurde nicht in anderen Regionen der USA oder in China, Spanien oder Australien festgestellt. Auch bei 5 anderen wichtigen Schädlingen wurden bisher keine Resistenzen gegen Bt-Toxine beobachtet.<ref name="tabashnik08">Bruce E Tabashnik, Aaron J Gassmann u. a.: Insect resistance to Bt crops: evidence versus theory. In: Nature Biotechnology. 26, 2008, S. 199–202, doi:10.1038/nbt1382.</ref><ref>[16] Bruce E. Tabashnik, Aaron J. Gassmann, David W. Crowder, Yves Carrière: Field-Evolved Insect Resistance to Transgenic Bt Crops</ref>

Um Resistenzbildungen zu verzögern, werden sogenannte „refuge strategies“ (Zuflucht-Strategien) empfohlen. So schreibt die EPA die Entwicklung und Umsetzung von Resistenzvermeidungsstrategien bei Bt-Pflanzen vor. Auch in Indien wird die Einhaltung von Refugienflächen empfohlen. Hierbei wird auf einem Teil des Bt-Felds (5-20 %) konventionelles Saatgut gesät. Hierdurch können Bt-empfindliche Individuen überleben und sich mit Bt-resistenten Individuen paaren, womit die Entwicklung von Resistenzen verlangsamt wird.<ref name="tabashnik08" /><ref>Hurley, T. (2005): Bacillus thuringiensis resistance management: experiences from the USA. In: Wesseler, Justus (Hrsg.): Environmental Costs and Benefits of Transgenic Crops. Springer: Dordrecht, the Netherlands.</ref> Eine weitere Option zur Unterdrückung der Resistenzbildung ist die Freisetzung von sterilen Schadinsekten, was laut Computersimulationen möglich ist und in einem vierjährigen Feldversuch bestätigt wurde.<ref>Bruce E Tabashnik, Mark S Sisterson, Peter C Ellsworth, Timothy J Dennehy, Larry Antilla, Leighton Liesner, Mike Whitlow, Robert T Staten, Jeffrey A Fabrick, Gopalan C Unnithan, Alex J Yelich, Christa Ellers-Kirk, Virginia S Harpold, Xianchun Li, Yves Carrière: Suppressing resistance to Bt cotton with sterile insect releases. In: Nature Biotechnology. 7. November 2010 (online veröffentlicht)</ref>

In vier Distrikten des indischen Bundesstaats Gujarat wurden Anfang 2010 erstmals Resistenzen des Roten Baumwollkapselwurms gegen Bt-Baumwollsorten der ersten Generation (Bollgard I, seit 2002) beobachtet. Dies könnte auf die mangelhafte Einhaltung von Refugienflächen oder auch auf den illegalen Anbau von Bt-Sorten mit geringerem Toxingehalt zurückzuführen sein. Für die zweite Generation von Bt-Sorten (Bollgard II, seit 2006), die zwei Bt-Gene enthält, wurden keine Resistenzen festgestellt. Derzeit entwickelt wird Bollgard III, das drei Bt-Gene aufweist. Mehrere voneinander unabhängige Insektizide erschweren die Resistenzbildung.<ref>Resistente Schädlinge in Indien nachgewiesen. Trangen, 16. März 2010.</ref>

Der Mechanismus der Resistenzbildung ist wissenschaftlich noch unzureichend geklärt. Im Falle einer unspezifischen Resistenz gegen alle Bt-Toxine müssten Landwirte Bt-Pflanzen und konventionelle Pflanzen abwechselnd verwenden, damit die Resistenz in den Schädlingspopulationen zurückgeht. Falls sich Resistenzen spezifisch gegen einzelne Bt-Toxine entwickeln, könnte eine Bt-Maissorte mit einer anderen der über 200 Cry Proteine genutzt werden. Sorten mit mehreren Cry Proteinen (stacked traits) könnten in diesem Fall möglicherweise ebenfalls helfen.<ref>Stockstad, E. (2001): First Light on Genetic Roots of Bt Resistance. Science. Vol. 293, August 3, 2001, S. 778.</ref><ref name="fedoroff" />

Eine im Juni 2011 veröffentlichte Untersuchung von seit 1996 weltweit aufgetretenen Resistenzen kommt zu dem Schluss, dass eine high-dose/refuge-Strategie, also die Kombination aus Pflanzen, welche eine hohe Dosis bt-Proteine exprimieren, mit Refugien nichtexprimierender Pflanzen die Resistenzbildung erfolgreich verhindern kann. Besondere Bedeutung sollte in einer Fortführung dieser Strategie Pflanzen zukommen, welche mehrere bt-Proteine kombinieren.<ref>Fangneng Huang, David A. Andow, Lawrent L. Buschman: Success of the high-dose/refuge resistance management strategy after 15 years of Bt crop use in North America. In: Entomologia Experimentalis et Applicata. 140, 2011, S. 1–16, doi:10.1111/j.1570-7458.2011.01138.x.</ref>

Umweltauswirkungen

Positiv bewertete Wirkungen

Globale Einsparungen von Pestiziden und Kraftstoffen durch transgene Pflanzen nach einer Studie von Barfoot und Brookes, 1996–2008<ref name="env1966–2008">Brookes, G, & Barfoot, P. (2010). Global impact of biotech crops: Environmental effects, 1996–2008. AgBioForum, 13(1), 76-94.</ref>
Pflanze Einsatz von
Pestiziden
(Millionen kg)
Umweltbelastung
durch
Pestizide (%)
Verbrauch von
Kraftstoff
(Millionen Liter)
Herbizidresistente Sojabohne -50,45 -16,6 -835 (USA) /
-1.636 (Argentinien) /
-196 (Rest)
Herbizidresistenter Mais -111,58 -8,5
Herbizidresistenter Raps -13,74 -24,3 -347 (Kanada)
Herbizidresistente Baumwolle -6,29 -5,5
Bt-Mais -29,89 -29,4
Bt-Baumwolle -140,60 -24,8 -125
Herbizidresistente Zuckerrübe +0,13 -2,0
Gesamt -352,42 -16,3 -3.139

Transgene Pflanzen können einigen Studien zufolge positive Auswirkungen auf die Umwelt haben. Durch die Verwendung von transgenen Pflanzen konnten demnach im Zeitraum 1996–2008 Pflanzenschutzmitteln um geschätzte 352 Millionen kg (8,4 %) eingespart werden, was einer verringerten Umweltbelastung durch Pestizide in diesen Pflanzen um 16,3 % entspräche. Dabei spielte einerseits die Einsparung der ausgebrachten Menge eine Rolle als auch die Reduktion der Toxizität der ausgebrachten Mittel. Die Einsparung der Emissionen von Treibhausgasen wäre 2008 äquivalent zum Ausstoß von 6,9 Millionen Autos.<ref name="env1966–2008" /> Die Adoption von herbizidresistenten Pflanzen führte zu einer verstärkten Ausbringung von Herbiziden geringer Toxizität (v.a. Glyphosat, WHO Toxizitätsstufe IV) bei gleichzeitiger Reduktion stärker toxischer Wirkstoffe (der WHO-Toxizitätsstufen II und III) und damit verbunden einer Ausweitung der pfluglosen Bewirtschaftung, wodurch Bodenerosion, Kraftstoffverbrauch und Treibhausgasemissionen zurückgingen.<ref>Vgl. Qaim, M. & Traxler, G. (2005): Roundup Ready soybeans in Argentina: farm level and aggregate welfare effects. Agricultural Economics, Vol. 32, S. 73–86.</ref><ref name="NRC2010">National Research Council (2010): The Impact of Genetically Engineered Crops on Farm Sustainability in the United States. Washington, D.C.: The National Academies Press.</ref> In der Studie von Barfoot und Brookes geht es allerdings nicht um tatsächliche Reduktion, vielmehr wird der aktuelle Verbrauch bei grüner Gentechnik mit dem hypothetischen Verbrauch der gleichen Fläche bei konventionellem Anbau verglichen. Nach einer argentinischen Studie in der Pampas-Region hat die Einführung der pfluglosen Bewirtschaftung aber zu einer starken Ausweitung und Intensivierung landwirtschaftlicher Nutzung geführt, so dass es in der Folge im Ergebnis zu einer verstärkten Ausbringung von Herbiziden, Bildung von Resistenzen, einer Erhöhung des Energieverbrauchs und einem Rückgang der Biodiodiversität kam.<ref>Walter Alberto Pengue: Transgenic Crops in Argentina and its Hidden Costs. In Ortega, E. & Ulgiati, S. (editors): Proceedings of IV Biennial International Workshop “Advances in Energy Studies”. Unicamp, Campinas, SP, Brazil. June 16-19, 2004, S. 91–101.</ref> In Indien wurden anlässlich der Beobachtung von Resistenzbildung des Roten Baumwollkapselwurms gegen Bt-Baumwollsorten als geeignete Vorkehrungen u.a. tiefes Pflügen, eine breit angelegte Fruchtfolge sowie die Entfernung von Ernterückständen als notwendig erachtet.<ref name="bis">Resistente Schädlinge in Indien nachgewiesen. in Biosicherheit vom 16. März 2010)</ref><ref name="tabashnik2010">Bruce E. Tabashnik, Yves Carrière: Field-Evolved Resistance to Bt Cotton: Bollworm in the U.S. and Pink Bollworm in India. In: Southwestern Entomologist. Band 35, Nummer 3, 2010, S. 417–424, doi:10.3958/059.035.0326.</ref>

Die Adoption von Bt-Pflanzen führte zu einem starken Rückgang des Insektizideinsatzes, insbesondere dem der giftigsten Substanzen. So wird geschätzt, dass zwischen 1996 und 2008 durch den Einsatz von Bt-Baumwolle 140 Millionen kg an Pestiziden eingespart wurden, was einem Rückgang der Umweltbelastungen durch Pestizidanwendungen bei Baumwolle von knapp 25 % gleichkommt.<ref name="env1966–2008" /> Ein 2010 veröffentlichtes Review der wissenschaftlichen Literatur ergab, dass die Insektizidanwendungen durch insektenresistente Pflanzen um 14-75 % zurückgingen und in keinem Fall stiegen. Häufig wurden auch weniger giftige Insektizide und Herbizide ausgebracht als in konventionellen Feldern.<ref name="carpenter" />

Durch den geringeren Insektizideinsatz bei Bt-Pflanzen überleben mehr Nichtzielorganismen. Eine Metastudie von 42 Feldexperimenten kommt zu dem Schluss, dass wirbellose Nichtzielorganismen in Bt-Mais und -Baumwollfeldern häufiger vorkommen als in Feldern, die mit Insektiziden behandelt werden (jedoch seltener als in Feldern, die nicht mit Insektiziden behandelt werden).<ref>Marvier, M, McCreedy, C, Regetz, J, Kareiva, P. (2007): A Meta-Analysis of Effects of Bt Cotton and Maize on Nontarget Invertebrates. Science. Vol. 316, June 2007, S. 1475–1477. (PDF; 181 kB)</ref>

Zudem kann die Grüne Gentechnik die Sortenvielfalt fördern, da sich einzelne Eigenschaften relativ leicht in lokal angepasste Sorten einbauen lassen. Die konventionelle Züchtung benötigt für einen ähnlichen Prozess mehr Zeit und finanziellen Aufwand. Anstatt lokal angepasste Sorten zu ersetzen, erhöhte sich in den Anbauländern die Zahl der Sorten mit transgenen Eigenschaften schnell.<ref>Qaim, M, Pray, C, Zilberman, D. (2008): Economic and social considerations in the adoption of Bt crops. Kapitel 12 in: Romeis, J, Shelton, A, Kennedy, G. (hrsg.) (2008): Integration of Insect-Resistant Genetically Modified Crops within IPM Programs. New York: Springer.</ref>

Längerfristige Beobachtungen von Schädlingspopulationen in den USA und China haben ergeben, dass die Verwendung von Bt-Baumwolle nicht nur zu einem geringeren Schädlingsbefall in den Bt-Feldern, sondern auch zu einem geringeren Schädlingsbefall in konventionellen Baumwoll- und anderen Nutzpflanzenfeldern geführt hat (Positive Externalität).<ref name="NRC2010" /> US-amerikanische Maisbauern, die keinen Bt-Mais anbauten, haben auf diese Weise massiv vom Anbau des Bt-Mais durch andere Bauern profitiert.<ref>W. D. Hutchison, E. C. Burkness, P. D. Mitchell, R. D. Moon, T. W. Leslie, S. J. Fleischer, M. Abrahamson, K. L. Hamilton, K. L. Steffey, M. E. Gray, R. L. Hellmich, L. V. Kaster, T. E. Hunt, R. J. Wright, K. Pecinovsky, T. L. Rabaey, B. R. Flood, E. S. Raun: Areawide Suppression of European Corn Borer with Bt Maize Reaps Savings to Non-Bt Maize Growers. In: Science. 8. Oktober 2010.</ref> Andererseits zeigten Untersuchungen in China beim Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle, dass Nichtzielorganismen sich zeitweise ausbreiten konnten und zu einer Schädigung bei Bt-Baumwolle als auch konventionellen Anbaufrüchten geführt haben (Negative Externalität).<ref name="Lu">Yanhui Lu, Kongming Wu, Yuying Jiang, Bing Xia, Ping Li, Hongqiang Feng, Kris A. G. Wyckhuys † and Yuyuan Guo: Mirid Bug Outbreaks in Multiple Crops Correlated with Wide-Scale Adoption of Bt Cotton in China in Science 28 May 2010, Vol. 328 no. 5982 pp. 1151-1154. doi:10.1126/science.1187881</ref>

Ein 2011 veröffentlichtes Review der Auswirkungen der grünen Gentechnik auf die Biodiversität kommt zu dem Schluss, dass die bisher angebauten Gv-Pflanzen die negativen Effekte der Landwirtschaft auf die Biodiversität reduziert haben, und zwar durch die verstärkte Anwendung konservierender Bodenbearbeitung, die Reduzierung des Insektizideinsatzes und die Nutzung umweltfreundlicherer Herbizide sowie die Schonung von nichtlandwirtschaftlichen Flächen durch Ertragssteigerungen.<ref>Janet E. Carpenter, 2011: Impact of GM crops on biodiversity (PDF; 5,5 MB). GM Crops 2: 7-23.</ref>

Umweltrisiken

Wissenschaftlicher Konsens

2010 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Kompendium, in dem sie die Ergebnisse von EU-finanzierten Studien durch über 400 unabhängige Arbeitsgruppen aus dem Zeitraum 2001–2010 zusammentrug.<ref name="EUcompendium2010">Europäische Kommission (2010): A decade of EU-funded GMO research (2001–2010).</ref> Seit über 25 Jahren Forschung gibt es bisher keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen mit höheren Risiken für die Umwelt verbunden seien als konventionelle.<ref name="EUcompendiumPM">Kommission veröffentlicht Sammlung von Ergebnissen EU-unterstützter Forschung über genetisch veränderte Nutzpflanzen. 9. Dezember 2010</ref> Ein 2007 veröffentlichtes Review von wissenschaftlicher Literatur und Studien internationaler Organisationen aus 10 Jahren kam zu dem Schluss, dass bisher keine wissenschaftlichen Beweise für Umweltschäden durch die bisher kommerzialisierten transgenen Pflanzen existierten.<ref name="env_review">Sanvido O, Romeis J, Bigler F.(2007): Ecological impacts of genetically modified crops: ten years of field research and commercial cultivation. Advances in biochemical engineering/biotechnology. Vol 107, S. 235–278.</ref> Vor der Zulassung einer neuen transgenen Sorte zum Anbau sind umfangreiche Sicherheitsstudien erforderlich, die in der Regel mehrere Jahre dauern. Eine neue Sorte darf nur dann zugelassen werden, wenn eine Unbedenklichkeit für die Umwelt bestätigt wurde. Nach dem Beginn des kommerziellen Anbaus einer neuen Sorte ist in der EU zudem ein anbaubegleitendes Monitoring vorgesehen.<ref name="Btsicher">Bt-Mais: Sicher für Mensch und Umwelt? Biosicherheit.de 14. Mai 2008</ref>

Die Bundesregierung förderte seit 1987 über 140 Projekte zur Sicherheitsbewertung von gv-Pflanzen (insbesondere Mais, Kartoffeln, Getreide, Raps), an der über 60 Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen beteiligt waren. Neben Laborexperimenten wurden auch zahlreiche Freilandversuche durchgeführt. Das BMBF veröffentlichte nach 25 Förderjahren eine Bilanz. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen für den Anbau gv-Pflanzen im Vergleich zu konventionell gezüchteten Pflanzen kein höheres Risiko für Umweltbeeinträchtigungen.<ref> BMBF: 25 Jahre BMBF-Forschungsprogramme zur biologischen Sicherheitsforschung. Bonn 2014.</ref>

Kontroversen

Nichtzielorganismen

Das Bt-Toxin Cry1Ab ist für einige Arten der Ordnung Schmetterlinge giftig. Anders als der Maiszünsler ernähren sich nur sehr wenige Schmetterlingsarten von Mais, könnten aber theoretisch indirekt über Bt-Maispollen geschädigt werden, die auf ihrer Nahrung landen. Eine 1999 veröffentlichte Laborstudie stellte eine Schädigung von Monarchfaltern fest, wenn sie mit Bt-Maispollen des Events 11 gefüttert wurden.<ref>Losey, J, Rayor, L, Carter, M. (1999): Transgenic pollen harms monarch larvae. Nature, Vol. 399, S. 214. (PDF; 158 kB)</ref> Seitens Teilen der Wissenschaft wurde dargestellt, dass das Fütterungsexperiment diese Befürchtungen nicht rechtfertige. Weitere Laborexperimente fanden, dass Pollen des Events 176 Monarchfalterlarven schädigen, woraufhin das Event vom Markt genommen wurde. Feldstudien hingegen fanden keine Effekte auf Larven durch die verbreiteten Bt-Maisevents (MON810 und Bt 11), die 80-mal weniger Toxin produzieren als Event 176. Feldstudien zeigten zudem, dass die in den Laborstudien verwendeten Pollenmengen unter Feldbedingungen unrealistisch hoch seien, und legten nahe, dass die Pollen von Event 11 möglicherweise mit anderen Pflanzenteilen vermischt wurden. Für die derzeit zugelassenen Events seien extrem hohe Pollendichten notwendig, um eine Schädigung von Larven zu erreichen. Felduntersuchungen zeigten, dass ein geringer Anteil von 0,8 % der Monarchfalterpopulation Bt-Maispollen ausgesetzt sei. Die natürliche Mortalität von 80 % während der Larvenphase müsse zudem berücksichtigt werden, ebenso wie andere Faktoren, wie Verluste durch Habitatzerstörung, Einsatz von Insektiziden sowie Kollisionen mit Autos.<ref name="env_review" /> Eine 2010 veröffentlichte Simulation zeigt, dass selbst unter pessimistischen Annahmen ein flächendeckender Anbau von Bt-Mais in Europa kaum negative Effekte auf Schmetterlingsarten hätte. In allen Regionen war die maximale errechnete Sterblichkeitsrate bei Tagpfauenauge und Admiral weniger als einer von 1572 Schmetterlingen, bei der Kohlmotte eine von 392. Im Mittel aller Regionen lag sie für Tagpfauenauge und Admiral bei einem von 5000, für die Kohlmotte bei einer auf 4367.<ref>J. N. Perry, Y. Devos, S. Arpaia, D. Bartsch, A. Gathmann, R. S. Hails, J. Kiss, K. Lheureux, B. Manachini, S. Mestdagh, G. Neemann, F. Ortego, J. Schiemann, J. B. Sweet (2010): A mathematical model of exposure of nontarget Lepidoptera to Bt-maize pollen expressing Cry1Ab within Europe. Proceedings of the Royal Society, online veröffentlicht.</ref><ref>Selbst bei flächendeckendem Anbau von Bt-Mais kaum Gefährdung für Schmetterlinge. Biosicherheit.de, 7. Juni 2010.</ref>

Zudem wurden die Auswirkungen auf Nützlinge wie natürliche Feinde und Bestäuber untersucht. Bt-Mais gilt als unbedenklich für gesunde Honigbienen. Weiterer Forschungsbedarf zu der Wirkung des Bt-Toxins auf Bienen, die an Mikrosporidien erkrankt sind, wird aus den Ergebnissen eines Forschungsprojekts abgeleitet.<ref name="env_review" /><ref>Projektleiter: Prof. Dr. Hans-Hinrich Kaatz: Auswirkungen von BT-Maispollen auf die Honigbiene- Schlussbericht 2004 (PDF; 520 kB)</ref><ref>Biosicherheit.de – Honigbiene</ref> In Labor- und Gewächshausstudien waren natürliche Feinde wie Florfliegen dann negativ betroffen, wenn ihre Beute durch Bt-Toxine geschädigt wird. Feldstudien zeigten, dass natürliche Feinde aufgrund der geringeren Beuteverfügbarkeit in Bt-Feldern seltener vorhanden waren, diese Reduktion jedoch keine Auswirkungen auf die Population habe. Florfliegen und andere natürliche Feinde sind polyphag und daher von der Reduktion bestimmter Beutearten nicht stark betroffen.<ref name="env_review" /> Zudem würden auch andere Instrumente der Schädlingsbekämpfung das Nahrungsangebot von natürlichen Feinden beeinflussen, und die meisten gegenwärtig genutzten Insektizide (vor allem Breitbandinsektizide wie Pyrethroide und Organophosphate) hätten stärkere negative Auswirkungen auf natürliche Feinde als Bt-Toxine. Bei zahlreichen Untersuchungen konnten keine negativen Effekte von Bt-Pflanzen auf Bodenmakroorganismen (Fadenwürmer, Springschwänze, Landasseln, Milben und Regenwürmer) festgestellt werden.<ref name="env_review" /><ref>Langzeit-Studie: Anbau von Bt-Mais ohne Einfluss auf Regenwürmer. Biosicherheit.de, 18. Mai 2010.</ref><ref>FAL-Daten zeigen keine Gefahr von Gen-Mais für Bodenmikroorganismen</ref>

Auskreuzung auf wilde Artverwandte und Biodiversität

Es wird behauptet, der Anbau von transgenen Pflanzen könne durch Auskreuzungen auf wilde Artverwandte die Biodiversität verringern.<ref>A. Wegier, A. Pineyro-Nelson, J. Alarcon, A. Galvez-Mariscal, E. R. Álvarez-Buylla, D. Pinero: Recent long-distance transgene flow into wild populations conforms to historical patterns of gene flow in cotton (Gossypium hirsutum) at its centre of origin. In: Molecular Ecology Volume 20, Issue 19, pages 4182–4194, October 2011 doi:10.1111/j.1365-294X.2011.05258.x</ref>

In Mexiko ist der Anbau von transgenem Mais seit 1998 verboten, um Landrassen und wilde Verwandte vor möglichen Auskreuzungen zu schützen. 2001 veröffentlichte Nature eine kontroverse Studie, die über einen Fund von Transgenen in mexikanischen Mais-Landrassen berichtete. Nature zog die Veröffentlichung wenige Monate später zurück, da „die Datenlage die Veröffentlichung nicht rechtfertige“.<ref>Transgenic DNA discovered in native Mexican corn, according to a new study by UC Berkeley researchers. Press Release, 29. November 2001, UC Berkeley.</ref> Eine 2009 veröffentlichte Studie fand in 1 % von über 100 untersuchten Feldern in Mexiko Bt-Gene in Mais-Landrassen. Dabei ist unklar, ob eine gentechnische Einbringung des Bt-Gens in Landrassen illegalerweise vorgenommen wurden oder ob die Gene von regulären, illegal angebauten Bt-Maissorten unbeabsichtigt ausgekreuzt wurden.<ref>Dalton, R. (2008): Modified genes spread to local maize. Nature, Vol. 456, published online 12. November 2008</ref><ref>Mexiko: Spuren von gentechnisch verändertem Mais bestätigt. Biosicherheit, 11. März 2009</ref> Im Oktober 2009 wurden zwei Genehmigungen für den Versuchsanbau von transgenem Mais auf knapp 13 ha erteilt. Thema der Untersuchungen ist unter anderem die Frage, ob Mexiko mit transgenen Sorten seine Abhängigkeit von Importen verringern kann.<ref>Mexico issues first permits to grow GM corn (englisch)</ref> Fast 2000 Wissenschaftler protestierten in einer Petition gegen die Genehmigungen, da ihrer Ansicht nach Auskreuzungen auf Landrassen nicht verhindert werden können.<ref name="underfire">Mexico's transgenic maize under fire. Nature, Vol. 462, Nr. 404, 2009.</ref> Die Zulassungsbehörden gaben an, dass ein Abstand von 500 m zu konventionellen Feldern eingehalten wird. Zudem soll die Aussaat zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden und umliegende Bauern bezüglich möglicher Auskreuzung befragt werden.<ref name="underfire" /> Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass eine mögliche Auskreuzung von Transgenen die Biodiversität des Mais verringern könnte. Der Genfluss, der Austausch von Genen zwischen Kultur- und Wildsorten, ist ein natürlicher Vorgang. Ob sich Gene aus konventionellen Hochleistungssorten oder transgenen Sorten in Landsorten dauerhaft etablieren und dadurch die Biodiversität verringern, hängt letztlich davon ab, ob sie den Nachkommen einen Selektionsvorteil verleihen. Laut dem internationalen Mais- und Weizenforschungsinstitut nimmt die Vielzahl der Maisrassen in Mexiko allein durch Einkreuzungen aus Kultursorten nicht ab.<ref>Fremdgene in Landsorten: Gefahr für die biologische Vielfalt? 10. Februar 2003.</ref>

Laut einer 2011 erschienenen Übersichtsarbeit (Kwit et al., 2011) sind mögliche negative Folgen einer Auskreuzung transgener Eigenschaften auf wilde Artverwandte, etwa das Aussterben wilder Populationen, bisher nicht nachgewiesen.<ref name="kwit" />

Gesundheitliche Auswirkungen

Gesundheitsschutz

Durch die verminderte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln hat sich bei transgenen Pflanzen der ersten Generation die Zahl der Vergiftungsfälle durch direkten Kontakt mit Pestiziden reduziert. Dieser Effekt ist besonders stark in Ländern wie China, Südafrika und Indien, wo Pestizide häufig mit Gartenspritzen ausgebracht werden.<ref>Huang, J, Hu, R, Pray, C, Qiao, F, Rozelle, S. (2003): Biotechnology as an alternative to chemical pesticides: a case study of Bt cotton in China. Agricultural Economics, Vol. 29, S. 55–68.</ref><ref>Bennett, R, Morse, S, Ismael, Y. (2003): Bt cotton, pesticides, labour and health: a case study of smallholder farmers in the Makhathini Flats, Republic of South Africa. Outlook Agriculture, Vol. 32, S. 123–128.</ref><ref>Shahzad Kousera & Matin Qaim: Impact of Bt cotton on pesticide poisoning in smallholder agriculture: A panel data analysis. (PDF; 477 kB) Ecological Economics 70: 2105–2113.</ref>

Auch kann die grüne Gentechnik die Lebensmittelqualität erhöhen. So wurden für Bt-Mais signifikant geringere Spuren von Mykotoxinen gefunden, was auf die verbesserte Schädlingskontrolle zurückzuführen ist.<ref>F. Wu: Bt corn's reduction of mycotoxins: regulatory decisions and public opinion. Kapitel 9 In: R. Just, J. Alston, D. Zilberman (hrsg.): Regulating Agricultural Biotechnology: Economics and Policy. New York, Springer, 2006.</ref>

Mithilfe der grünen Gentechnik kann der Gehalt von Allergenen in Nahrungsmitteln vermindert werden, was bereits für Tomaten und Erdnüsse ohne Ertragseinbußen möglich ist.<ref>Singha, M. & P. Bhallaa: Genetic engineering for removing food allergens from plants. In: Trends in Plant Science, Volume 13, Issue 6, 2008, S. 257–260.</ref>

Mangelernährung

Ernährungsphysiologisch verbesserte Pflanzen können die Gesundheit von Konsumenten erhöhen.<ref>Bouis, H. (2007): The potential of genetically modified food crops to improve human nutrition in developing countries. Journal of Developmen Studies. Vol. 43, S. 79–96.</ref><ref>Unnevehr, L, Pray, C, Paarlberg, R. (2007): Addressing micronutrient deficiencies: alternative interventions and technologies. AgBioForum, Vol. 10, S. 124–134.</ref> Es wird geschätzt, dass der Anbau von goldenem Reis die Kosten der Vitamin A-Versorgung in Indien um bis zu 60 % senken könnte.<ref>Stein, A, Sachdev, H, Qaim, M. (2008): Genetic engineering for the poor: Golden Rice and public health in India. World Development, Vol. 36, S. 144–158.</ref> Übersetzt man eine gesteigerte Gesundheit in Arbeitsproduktivität, wird ein globaler Wohlfahrtszuwachs von 15 Milliarden US$ pro Jahr geschätzt, das meiste davon in Asien. In China würde der goldene Reis einen Wachstumseffekt von schätzungsweise 2 % bedeuten.<ref>Anderson K, Jackson L,, Nielsen, C. (2005): Genetically modified rice adoption: implications for welfare and poverty alleviation. Journal of Economic Integration, Vol. 20, S. 771–788.</ref> Auch für transgene Pflanzen mit erhöhtem Gehalt an Nährstoffen wie Eisen oder Zink sowie erhöhtem Gehalt an essentiellen Aminosäuren werden positive ökonomische und gesundheitliche Effekte erwartet.<ref>Qaim, M, Stein, A, Meenakshi, J. (2007): Economics of biofortification. Agricultural Economics, Vol. 37, S. 119–133.</ref>

Gesundheitsrisiken

Wissenschaftlicher Konsens

Es existiert ein weitgehender wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die Anwendungen der Grünen Gentechnik nicht mit höheren Risiken verbunden sind als konventionelle Verfahren der Pflanzenzüchtung. Dem New Scientist zufolge wird diese Position von allen größeren wissenschaftlichen Einrichtungen und Akademien weltweit vertreten. Dieser Konsens werde lediglich von Anti-GVO-Lobbygruppen geleugnet, die einen alternativen „Konsens“ behaupten, sowie von einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die sich jenseits des wissenschaftlichen Mainstreams bewegen.<ref>“This is a position supported by every major scientific institution in the world, and all the scientific academies of countries and regions, but denied by the anti-GMO lobby, which promotes its own alternative "consensus" of a small ragtag group of academics out on the fringes of the mainstream.” Síle Lane: Don’t scrap Europe’s chief scientific adviser. In: New Scientist Online vom 15. Juli 2014, URL: [17]</ref>

Ein 2001 veröffentlichtes Review der Europäischen Kommission von 81 Studien aus 15 Jahren fand keine Hinweise auf Gesundheitsrisiken durch transgene Pflanzen. 2010 veröffentlichte die Europäische Kommission erneut ein Kompendium, in dem sie die Ergebnisse von EU-finanzierten Studien durch über 400 unabhängige Arbeitsgruppen aus dem Zeitraum 2001–2010 zusammentrug.<ref name="EUcompendium2010" /> Seit über 25 Jahren Forschung gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen mit höheren Risiken für die menschliche Gesundheit verbunden seien als konventionelle.<ref name="EUcompendiumPM" /> Die American Association for the Advancement of Science, die American Medical Association, das National Institute of Medicine, der National Research Council und die National Academy of Sciences vertreten ebenfalls diese Auffassung.<ref>Statement by the AAAS Board of Directors On Labeling of Genetically Modified Foods (PDF; 68 kB). AAAS, 20. Oktober 2012.</ref><ref>Safety of Genetically Engineered Foods: Approaches to Assessing Unintended Health Effects. NAP, 2004.</ref><ref>Introduction of Recombinant DNA-Engineered Organisms into the Environment: Key Issues (PDF; 24,0 MB). NAP, 1987.</ref> Die FAO, WHO, OECD sowie deutsche, französische und britische Wissenschaftsakademien und die US-amerikanische FDA kamen zum selben Ergebnis. Zukünftige Gesundheitsschäden vollständig auszuschließen, sei wissenschaftlich unmöglich. Kritiker fordern häufig einen „Beweis“ der Sicherheit. Dies ist laut Befürwortern jedoch unverhältnismäßig, nach einem derart strengen Standard dürfte keine Technologie zugelassen werden, weder neue noch existierende.<ref name="paarlberg">Paarlberg, R. (2008): Starved for Science: How Biotechnology is Being Kept Out of Africa. Cambridge, MA: Harvard Univ. Press.</ref><ref>Thompson, L. (2000): Are Bioengineered Foods Safe? FDA Consumer magazine. January-February, 2000.</ref>

Eine 2014 erschienene Übersichtsarbeit fasst die wissenschaftliche Literatur bezüglich der Auswirkungen von gv-Futtermitteln auf die Leistung und Gesundheit von Nutztieren zusammen (Eenennaam & Young, 2014). Danach kommen zahlreiche experimentelle Studien zu dem konsistenten Ergebnis, dass kein Unterschied zwischen gv- und konventionellen Futtermitteln hinsichtlich dieser Auswirkungen auf Nutztiere besteht. Des Weiteren habe keine Studie signifikante Auswirkungen von gv-Futtermitteln auf das Nährstoffprofil der tierischen Endprodukte gefunden. Auch ließen sich gv-Komponenten in Milch, Fleisch und Eiern nicht nachweisen oder zuverlässig quantifizieren.<ref> A.L. Van Eenennaam, A.E. Young: Prevalence and impacts of genetically engineered feedstuffs on livestock populations. In: Journal of Animal Science. 2014, doi:10.2527/jas.2014-8124.</ref>

Bis 2007 gab es weltweit über 270 Studien zur Sicherheit von GVO.<ref>270+ published safety assessments on GM foods and feeds (englisch)</ref> Für die Überwachung zuständige Behörden belegen mit umfangreichen Untersuchungen die Umweltsicherheit, und Politiker wie die ehemalige Bundesforschungsministerin Schavan oder Forscher wie die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard vertreten die Ansicht, dass es nach 20 Jahren Forschung keine wissenschaftlichen Hinweise für eine Gefährdung durch die Gentechnik gäbe.<ref>Stellungnahme des BVL</ref><ref>Vorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatSchavan – Gentechnik muss sein. In: Financial Times Deutschland. 18. Mai 2009, archiviert vom Original am 11. November 2012, abgerufen am 4. April 2013.</ref><ref>Vorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatTill Behrend: Interview: Die setzen auch Menschenleben aufs Spiel. In: Focus Online. 24. November 2008, abgerufen am 4. April 2013.</ref> Dies wurde auch in einer Anfang 2014 veröffentlichen Meta-Studie bestätigt.<ref>Nicolia, A. et al. (2014): An overview of the last 10 years of genetically engineered crop safety research. In: Crit Rev Biotechnol. 34(1); 77–88; PMID 24041244; doi:10.3109/07388551.2013.823595</ref> Diese hat 1783 Publikationen bezüglich der Sicherheitsforschung an gentechnisch veränderten Pflanzen im Zeitraum von 2002 bis 2012 ausgewertet und dabei keine Hinweise auf ernstzunehmende Risiken gefunden.

Kontroversen

Einige Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen befürchten, dass transgene Pflanzen Gesundheitsrisiken bergen, wie zum Beispiel verminderten Nährstoff- oder erhöhten Toxingehalt. Transgene Pflanzen könnten bisher unbekannte Allergene produzieren oder den Gehalt von bekannten Allergenen verändern. Auch könnte der Einsatz von Antibiotika-Resistenzgenen als Marker Antibiotikaresistenzen bei pathogenen Bakterien nach sich ziehen.<ref name="CI" />

Während der Erforschung möglicher Transgene für die Kartoffelzüchtung Ende der 1990er Jahre führte der britische Forscher Árpád Pusztai Fütterungsversuche durch. Es sollte getestet werden, ob transgene Kartoffeln, die Schneeglöckchen-Lektin bilden, ein mögliches Gesundheitsrisiko darstellten. Schneeglöckchen-Lektin ist ein gegen Schadinsekten wirksames Protein, das für den Menschen als unbedenklich angesehen wird. Pusztai erklärte, dass die mit den transgenen Kartoffeln gefütterten Ratten weniger gesund seien als die übrigen Versuchstiere. Dies löste eine Kontroverse unter Wissenschaftlern aus. Dabei wurde die statistische Signifikanz der Ergebnisse infrage gestellt, auf mögliche Fehler im Versuch hingewiesen und die Erklärung der Ergebnisse in anderen Faktoren als dem Gentransfer vermutet. Pusztai blieb in der Folge bei seiner Interpretation, dass der Gentransfer zur Produktion neuer Toxine geführt hätte.<ref>Stanley Ewen & Arpad Pusztai (1999): Effect of diets containing genetically modified potatoes expressing Galanthus nivalis lectin on rat small intestine. (PDF; 42 kB) The Lancet 354, S. 1353–1354.</ref><ref>Irrtum der Wissenschaftler oder Beweis für Sicherheitslücken. Transgen, 20. Dezember 2002.</ref>

Prinzipiell können mithilfe der Gentechnik Allergene in andere Organismen übertragen werden. Dadurch können bislang ungefährliche Lebensmittel Allergien auslösen, ohne dass die Ursache für den Verbraucher erkennbar wäre.<ref>Patrick Schwan: Der informierte Verbraucher?: Das verbraucherpolitische Leitbild auf dem Prüfstand. Eine Untersuchung am Beispiel des Lebensmittelsektors. Springer DE, 2009, ISBN 3-531-16400-7, S. 125.</ref> In der Entwicklungsphase einer transgenen Sojabohne mit erhöhtem Methioningehalt stellte der Hersteller Pioneer Hi-Bred im Jahr 1996 beispielsweise fest, dass es sich bei dem aus der Paranuss eingebrachten Gen um das bis dato nicht identifizierte Hauptallergen der Paranuss handelte. Die Produktentwicklung wurde daraufhin abgebrochen.<ref>Goodman, R, Vieths, S, Sampson, H, Hill, D, Ebisawa, M, Taylor, S,van Ree, R. (2008): Allergenicity assessment of genetically modified crops—what makes sense? Nature Biotechnology, Vol. 26, Nr. 1.</ref> Neue gv-Pflanzen werden daher in einem von der WHO entwickelten Verfahren auf ihr Allergiepotenzial geprüft. Bisher ist kein Fall einer Einbringung eines Allergens in zugelassene transgene Pflanzen bekannt geworden. Bei herkömmlichen Züchtungen, bei denen durch Mutationen ungeplante Veränderungen bereits vorhandener Gene hervorgerufen werden oder durch Kreuzungen bereits im Genpool einer Art vorhandene Gene rekombiniert werden, sind keine derartigen Prüfungen vorgeschrieben. Daher schätzt die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften das Allergenitäts-Risiko bei gv-Pflanzen deutlich geringer ein als bei Produkten einer konventionellen Züchtung.<ref>Gibt es Risiken für den Verbraucher beim Verzehr von Nahrungsprodukten aus gentechnisch veränderten Pflanzen? (PDF; 75 kB) Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.</ref> Insgesamt erscheint es nach dieser Studie „äußerst unwahrscheinlich, dass beim Verzehr der in der Europäischen Union zugelassenen GVO-Nahrungsmittel ein höheres Gesundheitsrisiko besteht als beim Verzehr herkömmlicher Nahrungsmittel.“

Laut einigen Wissenschaftlern sei es extrem unwahrscheinlich, dass sich die in der Grünen Gentechnik als Marker verwendeten Antibiotika-Resistenzgene auf Krankheitserreger des Menschen übertragen könnten, da ein entsprechendes Resistenzgen erstens im Verdauungstrakt nicht zersetzt werden dürfe, zweitens in Kontakt mit einem körpereigenen Bakterium kommen müsse, ohne von dessen Restriktionsenzymen zerschnitten zu werden, und drittens sich mit dem Bakterienchromosom rekombinieren müsse, und zwar an einer ganz bestimmten Stelle und auf eine ganz bestimmte Weise. Viertens müsse das körpereigene Bakterium dann noch das Antibiotika-Resistenzgen auf ein krankheitserregendes Bakterium übertragen. Jeder einzelne dieser Schritte sei für sich genommen schon sehr unwahrscheinlich, die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens aller Schritte extrem gering.<ref name="fedoroff" /><ref>Gentransfer: Von Pflanze zu Bakterien: 1:100000000000000000000. Transgen. 26. Oktober 2007.</ref><ref>Gutachten des Wissenschaftlichen Gremiums für gentechnisch veränderte Organismen über die Verwendung von Antibiotikaresistenzgenen als Markergene in gentechnisch veränderten Pflanzen (PDF; 48 kB)</ref> Andere Wissenschaftler beurteilen eine Übertragung dieser Resistenzen auf Bakterien, die Krankheiten bei Pflanzen und Tieren auslösen können, als selten, aber im Bereich des Möglichen. Zum Beispiel könnte eine solche Übertragung im Darm von Bienen, die den Pollen einer transgenen Pflanze fressen, stattfinden.<ref>Murray W. Nabors: Botanik. Pearson Studium, ISBN 978-3-8273-7231-4, S. 368.</ref> Um dieses Risiko auszuschalten, geben Zimmermann u.a. an, dass keine Antibiotika-Resistenzgene mehr eingesetzt würden. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gibt an, dass in gentechnisch veränderten Nutzpflanzen trotz risikoärmeren Verfahren noch Gene mit Antibiotikaresistenz eingebaut werden würden.<ref name="zimmermann">Zimmermann, M. & Porceddu, E. (2005): Agricultural Biotechnology: Concepts, Evolution, and Applications. In: Cooper, J, Lipper, L, Zilberman, D. (Hrsg.): Agricultural Biodiversity and Biotechnology in Economic Development. Springer: New York.</ref><ref>Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion vom 9. April 2014</ref>

Ähnlich gering sei das Risiko des Einsatzes von Promotoren. Promotoren müssen verwendet werden, um ein Gen zu aktivieren. So wird ein Promotor eines Blumenkohlvirus verwendet, um das Bt-Gen zu aktivieren. Dieser Promotor funktioniert jedoch nur in Pflanzen, Hefe und Bakterien und wird in menschlichen Zellen nicht aktiv. Da Menschen seit Jahrtausenden Viren und Bakterien sowie Blumenkohl zu sich nehmen, ohne dass deren Promotoren einen negativen Einfluss gehabt hätten, seien die Bedenken fehl am Platz.<ref name="fedoroff" /> Um dieses Risiko auszuschalten, würden ab der zweiten Generation nur noch artenspezifische Promotoren verwendet.<ref name="zimmermann" />

Wissenschaftler erklären zudem, die Gentechnik sei nicht so künstlich oder unpräzise wie oft angenommen. Es würden Verfahren genutzt, die auch in der Natur vorkommen, und diese würden ständig verbessert.<ref>Agrobakterien: Natürlicher Austausch von Genen über Artgrenzen</ref><ref>Rekombination: Neue Arrangements der Gene</ref> Auch die Eigenschaften der Zielgene seien sehr genau bekannt, und die resultierenden Pflanzen würden strenger überwacht als die konventionell erzeugten, und Sorten, die nicht die gewünschten oder gar negative Eigenschaften besitzen, würden nicht weiterentwickelt.<ref name="gr_faq">Addressing safety concerns (englisch)</ref><ref>Pflichtaufgabe: Monitoring</ref>

Ethische Aspekte

Laut Joachim von Braun ist es im Kampf gegen den Welthunger ethisch erforderlich, die grüne Gentechnik Bauern in Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen.

Der Nuffield Council on Bioethics kam in Bezug auf eine möglicherweise unethische Unnatürlichkeit von transgenen Pflanzen zu dem Schluss, dass der Unterschied zur konventionellen Züchtung nicht groß genug sei, um eine inhärente moralische Fragwürdigkeit der grünen Gentechnik festzustellen. In Bezug auf das Vorsorgeprinzip sei es angebracht, die Risiken des Status quo zu berücksichtigen. Da der Status quo erheblichen Schaden unter Hungernden und Armen anrichte und die Grüne Gentechnik Chancen biete, diesen Schaden zu verringern, sei eine Einschränkung der grünen Gentechnik nicht unbedingt konsistent mit dem Vorsorgeprinzip.

Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich geht einstimmig von dem Beurteilungsmodell aus, das grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sieht, dass GV-Pflanzen unbeabsichtigte und unerwartete Wirkungen zeigen hinsichtlich pleiotroper, epigenetischer oder kumulativer Effekte. Entscheidungen werden daher im Kontext einer typischen Risikosituation auf der Basis unvollständigen Wissens getroffen. Die Konsequenz daraus ist, dass für eine GV-Pflanze eine abschließende Bewertung als sicher oder nicht sicher nicht möglich ist. Lediglich Angaben zur Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses sind möglich. Die Entscheidung über die versuchsweise Freisetzung einer Gv-Pflanze ist daher abhängig von der Qualitätseinschätzung des unvollständigen Wissens sowie den Möglichkeiten, diese Unvollständigkeit zu reduzieren. Eine kleine Minderheit dieses Gremiums schätzt die Auswirkungen eines gentechnischen Eingriffs so komplex ein, dass eine Freisetzung bis auf Weiteres nicht vertretbar erscheint.<ref>Bericht der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen – ethische Anforderungen</ref>

Rezeption in der Öffentlichkeit

Im Gegensatz zur Roten Biotechnologie trifft die Grüne Gentechnik insbesondere in der Öffentlichkeit von Industriestaaten auf Ablehnung. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder Friends of the Earth verstehen sich als grundsätzliche Gegner dieser Technik. Verbände der ökologischen Landwirtschaft treten für eine gentechnikfreie Landwirtschaft ein. Auch innerhalb der Parteienlandschaft wird das Thema „Grüne Gentechnik“ kontrovers diskutiert. Der Protest gegen gentechnisch veränderte Pflanzen kommt unter anderem in sogenannten Feldbefreiungen zum Ausdruck, wobei entsprechende Anbaugebiete rechtswidrig von Umweltaktivisten besetzt oder beschädigt werden.

In einer Meinungsumfrage von 2000 in 35 Ländern wurden 35.000 Menschen gefragt, ob die Vorteile von transgenen Nahrungspflanzen größer als die Risiken seien. Transgene Nahrungspflanzen fanden wenig Zustimmung bei Bürgern reicher Nationen wie Japan und Frankreich mit nur 22 %. In Indien und China lag die Zustimmung mit über 65 % deutlich höher, am höchsten war sie in Kuba und Indonesien mit etwa 80 %.<ref>Thomas J. Hoban (2004):Public Attitudes towards Agricultural Biotechnology. ESA Working Paper No. 04-09. Agricultural and Development Economics Division. FAO.</ref> Einer 2006 durchgeführten Befragung von Menschen, die sich der Existenz GVO bewusst waren, zufolge glaubten 89 % der Griechen, dass GVO schädlich seien, hingegen nur 33 % der Südafrikaner.<ref name="paarlberg" /> Umfragen (2001, 2003) ergaben, dass in den USA die Akzeptanz von gv-Lebensmitteln geringer ist bei Menschen über 64, bei Frauen und bei Personen mit niedrigerem Bildungsabschluss. Ablehnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln zeigte sich positiv korreliert mit vegetarischer/veganer Ernährungsweise. Die Akzeptanz von Gv-Lebensmitteln ist etwas geringer bei Menschen, die eine gesundheitsbewusste Ernährung sowie naturbelassene und wenig verarbeitete Lebensmittel bevorzugen. Die Ablehnung von Gv-Lebensmitteln ist am geringsten bei Menschen mit postgradualen Abschlüssen. 94 % der Amerikaner sprachen sich 2003 für eine Kennzeichnung von Gv-Lebensmitteln aus.<ref>Hallman, W. u. a. (2003): Public Perception of Genetically Modified Foods: A National Study of American Knowledge and Opinion (PDF; 908 kB). Food Policy Institute, Cook College, Rutgers University.</ref> Dem Eurobarometer 1999 zufolge nahm die Ablehnung von gv-Lebensmitteln in allen 16 europäischen Ländern gegenüber 1996 zu. Am stärksten war die Ablehnung 1999 in Griechenland (81 %), am schwächsten in den Niederlanden (25 %). Gegenüber gv-Pflanzen war die Zustimmung in Portugal und Spanien am höchsten und in Norwegen, Luxemburg und Österreich am geringsten. Gegner von gv-Lebensmitteln gaben zu über 80 % an, Gv-Lebensmittel gefährdeten die „natürliche Ordnung“, seien „fundamental unnatürlich“, mit „unakzeptablen Risiken“ und „Gefahren für zukünftige Generationen“ verbunden.<ref>Gaskell, G. u. a. (2000): Biotechnology and the European public (PDF; 139 kB). Nature Biotechnology, Vol. 18, S. 935–938.</ref> Laut dem Eurobarometer 2010 ist die Bevölkerung in allen EU-Ländern gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln überwiegend negativ eingestellt. Mit wenigen Ausnahmen hat die Ablehnung in den letzten Jahren zugenommen. Als wichtigste Gründe, Gv-Lebensmittel abzulehnen, werden angeführt, sie seien „nicht sicher“ und „unnatürlich“.<ref>Europäische Kommission. Eurobarometer Spezial- Biotechnologie-Bericht (PDF; 8,6 MB)</ref><ref>Gaskell u. a. (2010): Europeans and Biotechnology in 2010. Winds of change? (PDF; 1,5 MB) European Union, 2010.</ref>

Einige Wissenschaftler sehen eine Teilerklärung für diese Auffassung, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel ein Gesundheitsrisiko darstellen, in einem Mangel an Wissen über die Grüne Gentechnik.<ref name="fedoroff">Fedoroff, N. & Brown, N. (2004): Mendel in the Kitchen. John Henry Press: Washington, D.C.</ref> Umfragen Ende der 90er Jahre ergaben, dass 35 % der EU-Bürger und 65 % der US-Amerikaner glaubten, dass nicht-transgene Tomaten keine Gene enthielten.<ref>Hoban, T. (1998): Trends in Consumer Attitudes about Agricultural Biotechnology. Ag-BioForm. Vol. 1, No. 1, S. 3–7.</ref> Eine andere Umfrage zeigte, dass ein Viertel der Europäer glaubte, dass der Verzehr einer transgenen Pflanze eine Veränderung der menschlichen Gene nach sich ziehen könne.<ref>Marchant, R. (2001): From the Test Tube to the Table. European Molecular Biology Organization Reports. Vol. 2, No. 5.</ref> Die Ablehnung der Grünen Gentechnik in reicheren Ländern sei deswegen stärker, weil sich aus der ersten Generation gentechnisch veränderter Pflanzen hauptsächlich Nutzen für Landwirte in Entwicklungsländern, aber kaum Vorteile für reiche Konsumenten ergeben würden.<ref name="paarlberg" /><ref>Miller, H. & Conko, G. (2004): The Frankenfood Myth—How Protest and Politics Threaten the Biotech Revolution. Westport, CT: Praeger.</ref>

Seitens Teilen der Wissenschaft wird die Vorgehensweise der Kritiker selbst kritisiert. So kommt die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften zu dem Schluss, Kampagnen gegen die Grüne Gentechnik mangele es an wissenschaftlicher Grundlage.<ref>„Kampagnen gegen die Grüne Gentechnik entbehren wissenschaftlicher Grundlage” – Stellungnahme der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften</ref>

2009 gab es eine «Gemeinsame Erklärung der Wissenschaftsorganisationen zur Grünen Gentechnik»<ref>Gemeinsame Erklärung der Wissenschaftsorganisationen zur Grünen Gentechnik</ref> (eine Erklärung der Allianz der Wissenschaftsorganisationen) und eine «Stellungnahme der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina»,<ref>Für eine neue Politik in der Grünen Gentechnik</ref> in denen von der Politik gefordert wurde, für eine Versachlichung der Diskussion einzutreten und verlässliche Rahmenbedingungen für die Forschung zu schaffen. Eine von der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Mai 2009 einberufene Expertenrunde hält es für einen moralischen Imperativ, den Nutzen der Grünen Gentechnik einer größeren Zahl von Armen zugänglich zu machen, und erinnert die Gegner an den Schaden, die ein Vorenthalten der Technologien für die Bedürftigsten bedeute.<ref name="pontifical" /> (Der Vatikan erklärte, das Abschlussdokument dürfe nicht als Erklärung der päpstlichen Akademie der Wissenschaften oder des Vatikans verstanden werden, und er distanzierte sich von der Befürwortung des Anbaus gentechnisch veränderter Nutzpflanzen durch die Expertenrunde.<ref name="oecumene.radiovaticana.org" />)

Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde legte in einem Positionspapier dar, dass bereits heute Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Inhaltsstoffen in deutschen Supermärkten weit verbreitet seien. Schätzungen zufolge seien 60 % bis 70 % aller Lebensmittel in ihrer Produktion mit Gentechnik in irgendeiner Weise in Kontakt gekommen.<ref>bll.de: Grundsatzposition der deutschen Lebensmittelwirtschaft zur Grünen Gentechnik</ref>

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

<references />